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Entscheidungen

KCanG u.a.

KCanG, Pflichtverteidigung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Braunschweig, Beschl. v. 10.05.2024 - 9 Qs 105/24

Eigener Leitsatz:

1. Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn die drohenden Rechtsfolgen einschneidend sind, insbesondere bei drohenden längeren Freiheitsstrafen um 1 Jahr.
2. Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers in den Fällen des § 34 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 KCanG.


9 Qs 105/24

Landgericht Braunschweig

Beschluss

In der Strafsache

gegen

Verteidiger:

wegen Verstoßes gegen das KCanG

hat das Landgericht Braunschweig durch die unterzeichnenden Richter am 10.05.2024 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 11.04.2024 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.04.2024 (3 Gs 731/24) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Gegen den Beschuldigten wird wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Cannabis in nicht geringer Menge ermittelt. Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung bei dem Beschuldigten am 13.01.2024 wurden 20 teilweise mit Cannabisblüten befüllte Einmachgläser und in einem Aufzuchtraum 44 kleine und 42 große Cannabispflanzen sowie Aufzuchtutensilien sichergestellt. Ein Wirkstoffgutachten liegt bislang nicht vor.

Auf Antrag des Verteidigers hat das Amtsgericht Braunschweig dem Beschuldigten mit Beschluss vom 09.04.2024 Herrn Rechtsanwalt Funck als Pflichtverteidiger beigeordnet, da die Schwere der Tat und die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage dies gebietet, § 140 Abs. 2 StPO. Zur näheren Begründung führt der Beschluss aus, dass die Beiordnung im Hinblick auf die Menge der aufgefundenen Substanzen und der Neuregelungen im KCanG geboten erscheint.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Braunschweig vorn 11.04.2024, die sie dahingehend begründet hat, dass die Voraussetzungen des § 140 Abs. 1, 2 StPO nicht vorlägen. In § 34 Abs. 3 5. 2 Nr. 4 KCanG sei der Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge explizit geregelt, weshalb keine schwierige Rechtslage bestehe. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die nicht geringe Menge durch die Rechtsprechung neu festzulegen sein dürfe. Der Beschuldigte sei auch in der Lage, sich selbst zu verteidigen.

Die gem. § 142 Abs. 7 StPO statthafte und zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO erhobene sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat dem Beschuldigten im Ergebnis zu Recht Herrn Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger beigeordnet. Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge gebietet die Beiordnung, § 140 Abs. 2 StPO. Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn die drohenden Rechtsfolgen einschneidend sind, insbesondere bei drohenden längeren Freiheitsstrafen um 1 Jahr (vgl. Willnow, in: Karlsruher Kommentar StPO, 9. Aufl. 2023, § 140, Rn. 27).

Der Strafrahmen des für die Beurteilung des Falls maßgeblichen § 34 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 KCanG droht für jeden Fall des unerlaubten Handeltreibens mit Cannabis in nicht geringer Menge Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren an. Da derzeit nicht abgesehen werden kann, welche Wirkstoffmengen sichergestellt worden sind, die Polizei aber allein aufgrund des Inhalts der Einmachgläser von 7,5g THC ausgeht (BI. 13 d.A.), dabei also die aufgefundenen Pflanzen aus dem Aufzuchtraum noch nicht berücksichtigt hat, erscheint im Fall der Verurteilung eine Freiheitsstrafe um 1 Jahr oder darüber als wahrscheinlich. Der Bundesgerichtshof hat die nicht geringe Menge von THC auch nach der neuen Rechtslage auf 7,5g THC festgesetzt (Beseht. v. 18.04.2024 —1 StR 106/24), sodass der Beschuldigte derzeit befürchten muss, dass die nicht geringe Menge deutlich überschritten wird. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte zugleich gegen § 34 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG verstoßen und damit ein weiteres Regelbeispiel erfüllt haben könnte.

Diese Umstände rechtfertigen die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im hiesigen Fall auch nach der neuen Rechtslage.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.


Einsender: RA J.-R. Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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