Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 12.04.2024 – 206 StRR 122/24
Leitsatz des Gerichts:
1. Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch kann dann keinen Bestand haben, wenn es sich bei dem angewendeten Gesetz um eine nichtige oder – wie seit Inkrafttreten des CanG für Delikte mit Cannabis – nicht mehr geltende Strafvorschrift handelt. Das Revisionsgericht trifft gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Verpflichtung und Befugnis, bei seiner Prüfung das erst im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getretene (mildere) Recht anzuwenden. Dies führt dazu, dass die eingetretene Rechtskraft des Schuldspruchs zu durchbrechen ist.
2. Stellt das Revisionsgericht fest, dass die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, kann es den Schuldspruch selbst ändern, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Berufungsgericht denselben Sachverhalt wie das Amtsgericht festgestellt hätte. Das ist vorliegend der Fall, denn die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen die Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen sowohl des damals maßgeblichen § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch des nun anzuwendenden § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG lückenlos erkennen.
In pp.
I. Auf die Revision des Angeklagten wird
1. das Urteil des Amtsgerichts München vom 29. Juni 2023 im Schuldspruch und in der Liste der angewendeten Strafvorschriften wie folgt geändert:
„Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Besitzes von Cannabis.
Angewandte Vorschriften: § 1 Nrn. 4 und 8, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit.b) KCanG“,
2. das Urteil des Landgerichts München I vom 28. November 2023 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht – Schöffengericht – München hat mit Urteil vom 29. Juni 2023 gegen den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten verhängt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung sichergestellter Anbauutensilien angeordnet.
Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, dass der Angeklagte am 4. März 2022 in seiner Wohnung wissentlich die tatsächliche Sachherrschaft über 522,13 Gramm Marihuana ausübte, mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 32,8 Gramm Tetrahydrocannabinol, den der Angeklagte für möglich hielt und in Kauf nahm. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana selbst zu konsumieren.
Auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die jeweils die Beschränkung ihres Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch erklärt hatten, hat das Landgericht München I das Ersturteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass es eine Freiheitsstrafe in gleicher Höhe verhängt und sowohl die Maßregel der Unterbringung als auch die Einziehung – wegen insoweit erklärten Verzichts des Angeklagten auf Rückgabe – in Wegfall gebracht hat.
Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, die mit der nicht ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 6. März 2024, die Revision kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
II.
Der aus dem Beschlusstenor ersichtliche Erfolg der Revision beruht maßgeblich auf der zum 1. April 2024 in Kraft getretenen Änderung der anwendbaren Normen durch das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 27. März 2024 (CanG; Bundesgesetzblatt 2024 Teil I Nr. 109), welchen das Revisionsgericht gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Rechnung zu tragen hatte. Darüber hinaus zwingt auch eine durchgreifende Erörterungslücke in den Gründen zur Strafzumessung zur Aufhebung des Strafausspruchs.
1. Der rechtskräftige Schuldspruch des Ersturteils und die Rechtsfolgenbestimmung des Berufungsurteils stützen sich auf rechtliche Grundlagen, die infolge der seit 1. April 2024 geänderten Gesetzeslage für den Besitz von Marihuana nicht mehr anwendbar sind.
8a) Das Landgericht ist, zum Entscheidungszeitpunkt ohne Rechtsfehler, aufgrund der gemäß § 318 StPO wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen von der Teilrechtskraft des Schuldspruchs aus dem Urteil des Amtsgerichts und seiner Bindung an die zugrundeliegenden Feststellungen ausgegangen. Nach diesen Feststellungen war der Angeklagte zum Tatzeitpunkt im Besitz von 522,13 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 32,8 Gramm Tetrahydrocannabinol und war damit schuldig des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß dem Qualifikationstatbestand § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Das Landgericht hat seiner Strafzumessung den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht, zugrunde gelegt und die Anwendung des Strafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG für minder schwere Fälle, der von drei Monaten bis zu fünf Jahren reicht, abgelehnt.
b) Zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung entspricht dies nicht mehr geltendem Recht. Artikel 3 des CanG hat die Anlage I zum BtMG dahingehend geändert, dass die Position „Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen)“ gestrichen wurde. Das BtMG ist damit auf den gegenständlichen Fall nicht mehr anwendbar. Es gilt nunmehr statt dessen das unter Artikel 1 des CanG beschlossene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG). Gemäß § 1 Nr. 4 KCanG erstreckt sich dessen Anwendung auf Marihuana, verstanden als die getrockneten Blüten und die blütennahen Blätter der Cannabispflanze. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 KCanG ist der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis (Gewicht nach dem Trocknen) durch Erwachsene an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt – wie es gegenständlich der Fall war – erlaubt. Der Besitz von mehr als 60 Gramm der bezeichneten Substanz unter den bezeichneten Voraussetzungen erfüllt den Straftatbestand des § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG, der als Rechtsfolge Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe androht. Bezieht sich der Besitz auf eine nicht geringe Menge, kommt, ausgestaltet als Strafzumessungsnorm, die Annahme eines besonders schweren Falls mit einer Strafandrohung von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe in Betracht, § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG. Einen Qualifiktionstatbestand für den Fall des Besitzes von Cannabis in nicht geringer Menge, der sich im Schuldspruch niederzuschlagen hätte, sieht das KCanG nicht vor.
2. Das Revisionsgericht hat auf die vom Revisionsführer erhobene Sachrüge hin den Schuldspruch, auf den das Erstgericht erkannt hat, an die geänderte, dem Angeklagten günstigere Rechtslage angepasst.
a) Die infolge der beschränkten Berufung eingetretene Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils im Schuldspruch steht dem nicht entgegen.
Das Revisionsgericht hat auch ohne entsprechende Rüge von Amts wegen zu prüfen, ob eine Beschränkung des Rechtsmittels, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, wirksam ist (KK-StPO/Paul, 9. Aufl. 2023, § 318 Rn. 11 m.w.N.). Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch kann dann keinen Bestand haben, wenn es sich bei dem angewendeten Gesetz um eine nichtige oder – wie vorliegend – nicht mehr geltende Strafvorschrift handelt (BayObLG, Urteil vom 26. September 1962, RevReg 1 St 156/62, BayObLGSt 1962, 216, 217 = NJW 1962, 2213; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl. 2023, § 318 Rn. 17; MünchKomm-StPO/Quentin, 2. Aufl. 2024, § 318 Rn. 52, je m.w.N.; für den Fall einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision vgl. KK-StPO/Gericke a.a.O. § 354 Rn. 16; MünchKomm-StPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl. 2019, § 354a Rn. 6; BGH, Urteil vom 12. Februar 1974, 1 StR 610/73, juris Rn. 7; Urteil vom 22. Januar 1974, 1 StR 490/73, juris Rn. 4).
Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht ist dieses zutreffend von einer wirksamen Rechtsmittelbeschränkung ausgegangen und hat zurecht davon abgesehen, eigene Feststellungen zu treffen und eine neue Entscheidung über den Schuldspruch zu treffen. Insoweit kann auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft (Vorlageschreiben S. 2 f.) Bezug genommen werden.
Das Revisionsgericht trifft jedoch gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Verpflichtung und Befugnis, bei seiner Prüfung das erst im Laufe des Revisionsverfahrens, und im Übrigen erst nach Abfassung der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in Kraft getretene (mildere) Recht anzuwenden. Dies führt dazu, dass die eingetretene Rechtskraft des Schuldspruchs zu durchbrechen ist.
b) Der Senat kann aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls den Schuldspruch des Erstgerichts selbst ändern.
aa) Stellt das Revisionsgericht fest, dass die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, ist die Sache regelmäßig gemäß § 354 Abs. 2 StPO an das Berufungsgericht zur Nachholung der unterlassenen Entscheidung zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung über den verwirklichten Straftatbestand ist dem Revisionsgericht in einem solchen Fall grundsätzlich nicht möglich, denn das Berufungsgericht hat sich an die Feststellungen des Erstgerichts gebunden erachtet und keine eigenen Feststellungen zur Schuldfrage, die das Rechtsmittelgericht zugrunde legen könnte, getroffen.
bb) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in seinem Urteil vom 26. September 1962, ebenfalls für den Fall einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung, erwogen, ob von einer Zurückverweisung abgesehen und die Schuldfrage durch das Revisionsgericht entschieden werden kann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Berufungsgericht denselben Sachverhalt wie das Amtsgericht festgestellt hätte. Da im konkreten Fall jedoch die Gründe des Berufungsurteils keine ausreichende Grundlage für eine solche Annahme boten, hat es die Frage offengelassen. (BayObLG a.a.O., BayObLGSt 1962, 216, 218).
Für die vorliegende Sache bejaht der Senat die eigene Entscheidungszuständigkeit. Die Feststellungen des Amtsgerichts zum Tathergang sind, ungeachtet eines noch aufzuzeigenden geringfügigen Darstellungsfehlers, widerspruchsfrei und vollständig. Sie lassen die Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen sowohl des damals maßgeblichen § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch des nun anzuwendenden § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG lückenlos erkennen. Das Landgericht hat diese Feststellungen erkennbar einer eigenen Prüfung und Beurteilung unterzogen, denn es hat eine geringfügige Berechnungsungenauigkeit hinsichtlich des Wirkstoffgehalts verschiedener vom Angeklagten aufbewahrter Betäubungsmittel-Teilmengen aufgezeigt und zutreffend dargelegt, dass dies die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung nicht hindere (UA S. 4 f.). Wiedergegeben ist zudem die Einlassung des Angeklagten, in der er regelmäßigen Cannabiskonsum sowie den Anbau von Cannabis-Pflanzen einräumt (UA S. 17), der Umstand, dass die gegenständliche Menge bei einer Durchsuchung aufgefunden worden war (UA S. 18) sowie das vom Angeklagten bereits in erster Instanz abgegebene Geständnis (UA S. 19). Der Senat hat, auch im Hinblick auf die Überschaubarkeit des maßgeblichen Sachverhalts, unter diesen Umständen keine Zweifel, dass das Berufungsgericht, hätte es eigene Erhebungen getroffen, dieselben Umstände festgestellt hätte. Da die maßgeblichen Elemente des Tatgeschehens – Art des Betäubungsmittels, Menge, Wirkstoffgehalt, Ort der Aufbewahrung und Tatvorsatz – auch für die Beurteilung der Strafbarkeit nach der geänderten Rechtslage ausreicht und keine ergänzenden Feststellungen notwendig sind, legt der Senat im Wege des Durchgriffs auf das Ersturteil dessen festgestellten Sachverhalt seiner rechtlichen Wertung zugrunde.
Er stellt für das weitere Verfahren vorsorglich klar, dass damit auch die Fortgeltung der innerprozessualen Bindungswirkung dieser Feststellungen unberührt bleibt.
c) Die Formulierung des verwirklichten Tatbestandes, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, ergibt sich aus § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b KCanG. Der Zusatz „in nicht geringer Menge“ ist entfallen, denn ein entsprechender Qualifikationstatbestand ist im KCanG nicht vorgesehen; bei § 34 Abs. 3 KCanG handelt es sich um eine bloße Strafzumessungsnorm.
Da im KCanG, anders als im BtMG, der Besitz von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, hält es der Senat zur Klarstellung zudem für erforderlich, anders als bei den Straftatbeständen nach dem BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2020, 3 StR 353/19, BeckRS 2020, 10148), in den Schuldspruch aufzunehmen, dass es sich um „unerlaubten“ Besitz handelt.
3. Der Strafausspruch des Berufungsurteils kann indessen keinen Bestand haben. Zum einen sind die von § 34 KCanG für den Regelfall und auch für den besonders schweren Fall vorgesehenen Strafrahmen erheblich milder als der vom Landgericht gewählte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG. Zum anderen erweisen sich die Urteilsgründe zur Nichtanwendung des § 21 StGB als lückenhaft.
a) Das Landgericht hat seiner Strafbemessung den Strafrahmen des Qualifikationstatbestandes des § 29a Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt, der eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG hat es nicht angenommen.
aa) Nach § 34 Abs. 3 KCanG beträgt die Strafdrohung selbst bei Annahme eines besonders schweren Falls Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu 5 Jahren. Die vom angegriffenen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten übersteigt diese Mindeststrafe so erheblich, dass das Revisionsgericht, nicht ausschließen kann, dass die Strafe selbst bei Anwendung dieses erhöhten Strafrahmens nach der geänderten Gesetzeslage milder ausgefallen wäre.
bb) Soweit das Landgericht in den Gründen vorsorgliche Ausführungen dahin gemacht hat, dass auch der mildere Strafrahmen nicht zu einer geringeren Strafe geführt hätte, halten diese (nicht näher begründeten) hypothetischen Erwägungen angesichts der beträchtlichen Höhe der verhängten Freiheitsstrafe rechtlicher Überprüfung nicht stand. Sie entsprechen nicht den Anforderungen, die nach der neuen Rechtslage gelten. Bei § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG handelt es sich lediglich um ein Regelbeispiel, das schon nach allgemeinen Regeln eine Gesamtabwägung aller im Einzelfall maßgeblichen subjektiven und objektiven Umstände voraussetzt. Zudem geht der Gesetzgeber davon aus, dass – infolge einer „geänderten Risikobewertung“, die dem CanG zugrunde liegt (BT-Drucksache 20/8704 S. 69) – die Höhe der nicht geringen Menge für Cannabisprodukte nach Inkrafttreten des KCanG deutlich höher liegen werde als nach der bisherigen Rechtsprechung (BT-Drucksache 20/10426 S. 140). Es liegt zwar nicht fern, dass die festgestellte Wirkstoffmenge von 32,8 Gramm THC die Grenze zur nicht geringen Menge überschreitet, gleichwohl wird eine Gesamtwürdigung der relevanten Strafzumessungstatsachen unter Berücksichtigung auch aller gewichtigen Milderungsgründe anzustellen sein.
b) Die Urteilsgründe zur Strafzumessung weisen zudem einen durchgreifenden Erörterungsmangel zur Frage der Anwendung der § 21, § 49 StGB auf.
Nach den zum persönlichen Werdegang und zur Persönlichkeit des Angeklagten getroffenen Feststellungen (UA S. 7 ff.) drängt sich eine Erörterung der Voraussetzungen des § 21 StGB auf; dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2014 zutreffend dargelegten engen Voraussetzungen für die Annahme eingeschränkter Schuldfähigkeit bei Betäubungsmittelabhängigkeit (Vorlageschreiben S. 4 f.). Das Landgericht hat gesehen, dass die Anwendung des § 21 StGB der Prüfung bedarf, doch greift der bloße Hinweis darauf, der Angeklagte sei bereits für die erste Instanz zur Klärung der Schuldfähigkeit begutachtet worden (UA S. 5 f.) insoweit zu kurz. Weder das Ergebnis des Gutachtens, noch die Anknüpfungstatsachen, von denen der Sachverständige ausgegangen ist, noch seine Schlussfolgerungen werden mitgeteilt (zur Erforderlichkeit entsprechender Darlegungen vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Auflage 2023, § 267 Rn. 13 m.w.N.)
Unter den bindend gewordenen Feststellungen des Amtsgerichts zitieren die Urteilsgründe aus dem Urteil des Amtsgerichts, dass die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, weder aufgehoben noch erheblich beeinträchtigt gewesen sei (UA S. 16). Dies lässt besorgen, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer innerprozessualen Bindungswirkung dieser Feststellungen ausgegangen ist. Feststellungen des Erstgerichts zur Verminderung der Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB gehören jedoch nur zum Rechtsfolgenausspruch, über den das Berufungsgericht eigenständig und ohne Bindung zu befinden hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015, 3 StR 363/15, BeckRS 2015, 20784 Rn. 11).
Auch auf diesem Erörterungsmangel beruht die Bemessung der Strafhöhe. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei der gebotenen Erörterung der Voraussetzungen des § 21 StGB zur Anwendung eines milderen Strafrahmens und zur Festsetzung einer geringeren Strafe gelangt wäre.
4. Von der Aufhebung der Rechtsfolgenentscheidung ist auch die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB erfasst.
Für sich gesehen weisen die Urteilsgründe insoweit zwar keine Rechtsfehler auf. Die Aufhebung erfolgt, weil im vorliegenden Fall ein untrennbarer Zusammenhang mit der auszusprechenden Strafe besteht, und um dem neuen Tatgericht insoweit eine widerspruchsfreie Entscheidung auf der Grundlage der gesetzgeberischen Wertungen, die dem KCanG zugrunde liegen, zu ermöglichen.
III.
Auf die Revision des Angeklagten war daher der Schuldspruch an die geänderte Gesetzeslage anzupassen und das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
Die Sache wird im aufgehobenen Umfang an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der nunmehr geltenden Strafvorschriften des KCanG zurückverwiesen.
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Anmerkung:
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