Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 28.05.2024 - 204 StObWs 140/24
Leitsatz des Gerichts:
1. Der Strafgefangene ist für die Einhaltung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde selbst verantwortlich.
2. Deshalb genügt es nicht, wenn er zwar einen Entwurf der Rechtsbeschwerde dem zuständigen Rechtspfleger zur Überprüfung zuleitet, es aber unterlässt, den Rechtspfleger auf den Fristablauf hinzuweisen und den Rechtspfleger rechtzeitig vor Fristablauf zur Niederschrift anzufordern.
In pp.
1. Der Antrag des Strafgefangenen K. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen K. gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 14.02.2024 wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
4. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 200 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing hat mit Beschluss vom 14.02.2024 den Antrag des Strafgefangenen auf gerichtliche Entscheidung vom 21.11.2023 als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Beschwerdeführer zusammen mit dem Formblatt „RechtsmittelbelehrungF_909“ am 23.02.2024 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 25.02.2024, gerichtet an das Amtsgericht Straubing, legte der Beschwerdeführer hiergegen Rechtsbeschwerde ein, die gemäß Verfügung der erstinstanzlich zuständigen Richterin der Strafvollstreckungskammer vom 28.02.2024 an die Generalstaatsanwaltschaft M. weitergeleitet wurde.
Die Generalstaatsanwaltschaft M. beantragte mit Schreiben vom 19.03.2024 die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die gesetzlich vorgeschriebene Form für die Einlegung der Rechtsbeschwerde, nämlich Einlegung durch eine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle, nicht gewahrt wurde.
Nach Mitteilung des Schreibens der Generalstaatsanwaltschaft M. vom 19.03.2024 wandte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.04.2024 an das Bayerische Oberste Landesgericht und teilte mit, dass es sich bei dem Schreiben vom 25.02.2024 um einen Entwurf der Rechtsbeschwerde gehandelt habe, die dem Amtsgericht Straubing zugeleitet werden sollte, um sie im formellen Verfahren aufnehmen zu lassen. Der Entwurf habe nicht der Weiterleitung an die Generalstaatsanwaltschaft M. gedient, das Schreiben solle umgehend an das Amtsgericht Straubing, zu Händen des Urkundsbeamten H. zur ordnungsgemäßen Aufnahme zugeleitet werden.
Nach Rückleitung der Akten an das Amtsgericht Straubing legte der Strafgefangene zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Straubing am 22.04.2024 Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 14.02.2024 ein und rügte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Die Generalstaatsanwaltschaft nahm mit Schreiben vom 25.04.2024 erneut Stellung und hielt an ihrem bereits gestellten Antrag fest. Der Hinweis des Beschwerdeführers, es habe sich lediglich um einen Entwurf gehandelt, sei unbehelflich. Wiedereinsetzung in die versäumte Frist komme nicht in Betracht. Im Übrigen fehle es an der Glaubhaftmachung und die Säumnis sei ersichtlich verschuldet.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 StVollzG nach der am 23.02.2024 erfolgten Zustellung des angegriffenen Beschlusses bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, eingelegt worden ist. Die Frist lief gemäß Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, § 43 Abs. 1, Abs. 2 StPO wegen des davor liegenden Wochenendes am 25.03.2024, einem Montag, ab. Es handelt sich um eine gesetzliche Frist, deren Verlängerung nicht möglich ist. Die am 22.04.2024 erfolgte Niederschrift war somit verspätet.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zu verwerfen, weil er zu spät gestellt wurde und im Übrigen auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen (§ 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG i.V.m. § 44 StPO).
a) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.04.2024 war verspätet. Gemäß Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 43 Abs. 1, Abs. 2 StPO ist dieser binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Nach seinem eigenen Vortrag sei der Strafgefangene davon ausgegangen, dass sein Schreiben vom 25.02.2024 nur ein Entwurf gewesen sei und damit in keinem Fall eine Rechtsbeschwerde eingelegt worden sein konnte, sondern dies nur im Rahmen einer Protokollierung beim Amtsgericht Straubing hätte erfolgen können. Spätestens mit Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde am 25.03.2024 hätte dem Strafgefangenen damit klar sein müssen, dass die fristgemäße Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht mehr erfolgen konnte und er deshalb etwas unternehmen müsse. Somit hätten der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des Feiertags am 01.04.2024 also bis zum 02.04.2024 gestellt werden müssen sowie die versäumte Handlung, also die formgerechte Einlegung der Rechtsbeschwerde, nachgeholt werden müssen. Der Strafgefangene hätte demgemäß beim Urkundsbeamten nachfragen müssen und um eine umgehende Nachholung ersuchen müssen. Dies ist aber nicht geschehen. Stattdessen teilte er den Sachverhalt erst mit Schreiben vom 05.04.2024, also über eine Woche nach Ablauf der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist, dem Rechtsbeschwerdegericht mit und bat um Rücksendung der Akten zur Nachholung der Aufnahme der Einlegung der Rechtsbeschwerde.
Umstände, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
b) Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet, weil der Strafgefangene keine Tatsachen dargelegt hat, aus denen sich eine nicht schuldhafte Fristversäumnis ergeben könnte. Der Strafgefangene ist selbst für die Einhaltung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde verantwortlich und deshalb gehalten, nicht nur den Rechtspfleger des Amtsgerichts Straubing zur Aufnahme einer Niederschrift über die Rechtsbeschwerde anzufordern, sondern diesem auch mitzuteilen, wann die Rechtsbeschwerdefrist abläuft, um zu gewährleisten, dass die Niederschrift der Rechtsbeschwerde fristgerecht hätte aufgenommen werden können (BayObLG, Beschluss vom 29.04.2024 – 204 StObWs 185/24 –, nicht veröffentlicht, aber den Beschwerdeführer betreffend). Beides hat er nicht getan. Das Schreiben vom 25.02.2024 enthält erkennbar keinen Hinweis darauf, dass er den Rechtspfleger damit zur Niederschrift über die Rechtsbeschwerde anfordern wollte.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG.
Die Entscheidung über den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus § 1 Abs. 1 Nr. 8, § 52 Abs. 1, §§ 60, 65 GKG.
Einsender: 4. Strafsenat des BayObLG
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".