Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 02.05.2024 – 202 ObOWi 374/24
Leitsatz des Gerichts:
Nach derzeit unverändert gültiger Rechtslage besteht keine Veranlassung, von dem nach ständiger obergerichtlicher Rspr. maßgeblichen sog. analytischen Nachweisgrenzwert für THC bzw. Cannabisprodukte von 1 ng/ml THC im Blutserum zugunsten einer ggf. de lege ferenda mit Blick auf § 44 KCanG gesetzlichen Implementierung eines höheren gesetzlichen Wir-kungsgrenzwertes von 3,5 ng/ml im Rahmen des als abstraktes Gefährdungsdelikts ausgestal-teten Tatbestandes des § 24a StVG abzuweichen.
In pp.
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Passau vom 23. Oktober 2023 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 23.10.2023 wegen einer am 04.05.2023 als Führer eines Pkws begangenen Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 StVG entsprechend lfd. Nr. 242.1 BKat (Eintragung bereits einer rechtskräftigen Entscheidung nach § 24a StVG im Fahreignungsregister) eine Regelgeldbuße von 1.000 Euro festgesetzt sowie ein (Regel-) Fahrverbot von drei Monaten angeordnet.
II.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der mit der ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründeten Rechtsbeschwerde hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
Dies gilt insbesondere auch, soweit das Amtsgericht keine Veranlassung gesehen hat, von dem gesetzlichen Regelfahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG (i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV) oder seiner Dauer, etwa aus Gründen des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes oder eines anderen anerkannten Privilegierungstatbestandes ausnahmsweise abzusehen bzw. hinsichtlich der Regeldauer zu Gunsten des Betroffenen abzuweichen (vgl. hierzu u.a. OLG Bamberg, Beschl. v. 02.07.2018 – 3 Ss OWi 754/18 = Blutalkohol 55, [2018] 369 = NStZ-RR 2018, 325; OLG Celle, Beschl. v. 18.12.2019 – 2 Ss [OWi] 338/19 = Blutalkohol 57, [2020] 47 = NZV 2020, 255 = VerkMitt 2020, Nr 26 = OLGSt StVG § 24a Nr 24 und OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.06.2021 - 1 OWi 2 SsBs 40/21 = Blutalkohol 58 [2021], 338 = VerkMitt 2021, Nr 65 = ZfSch 2021, 650 u. BayObLG, Beschl. v. 28.09.2023 – 202 ObOWi 780/23 bei juris = NZV 2024, 146 = BeckRS 2023, 31054 jeweils m.w.N.; zum Fahrlässigkeitsmaßstab bei Drogenfahrten vgl. neben BGH, Beschl. v. 14.02.2017 – 4 StR 422/15 bei juris = BGHSt 62, 42 = NJW 2017, 1403 = NStZ 2017, 480 = ZfSch 2017, 292 = NZV 2017, 227 = BA 54 [2017], 200 = DAR 2017, 331 auch OLG Bamberg, Beschl. v. 11.12.2018 – 3 Ss OWi 1526/18 bei juris = DAR 2019, 157 = Blutalkohol 56 [2019], 46 = VerkMitt 2019, Nr 17 = BeckRS 2018, 33057, jeweils m.w.N.).
Randnummer4
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers besteht nach derzeit unverändert gültiger Rechtslage keine Veranlassung, von dem nach ständiger obergerichtlicher Rspr. maßgeblichen sog. analytischen Nachweisgrenzwert für THC bzw. Cannabisprodukte von 1 ng/ml THC im Blutserum (vgl. neben OLG Bamberg, Beschl. v. 11.12.2018 – 3 Ss OWi 1526/18 = DAR 2019, 157 = Blutalkohol 56 [2019], 46 = VerkMitt 2019, Nr 17 und schon OLG Bamberg, Beschl. v. 27.02.2007 – 3 Ss OWi 688/05 = DAR 2007, 272 = ZfSch 2007, 287 = VRS 112 [2007], 262 = BA 44, 255 = OLGSt StVG § 24a Nr 10 = VM 2007 Nr 73 = VRR 2007, 270 u.a. OLG Hamm, Beschl. v. 03.08.2021 - 5 Rbs 157/21 = Blutalkohol 58 [2021], 419 = ZfSch 2021, 708, jeweils m.w.N.) zugunsten einer gegebenenfalls de lege ferenda mit Blick auf § 44 KCanG v. 27.03.2024 [BGBl. 2024 I Nr. 109] gesetzlichen Implementierung eines höheren gesetzlichen Wirkungsgrenzwertes von 3,5 ng/ml im Rahmen des als abstraktes Gefährdungsdelikts ausgestalteten Tatbestandes des § 24a StVG abzuweichen (zur aktuellen Diskussion vgl. u.a. Felz ARP 2024, 92; Oglakcioglu/Sobota ZRP 2023, 194; Wagner NZV 2023, 385 und die „Empfehlungen der interdisziplinären Expertengruppe für die Festlegung eines THC-Grenzwertes im Straßenverkehr“ [abrufbar unter: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/cannabis-expertengruppe_langfassung.pdf?__blob=publicationFile]).
2. Wenn auch in Bußgeldsachen an die Abfassung der Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind und gerade im Hinblick auf eine Fahrverbotsanordnung für eine der strafprozessualen Einzelfallprüfung entsprechende Prüfungs- und Darstellungsdichte (§ 267 Abs. 3 StPO) regelmäßig nur begrenzt Raum sein wird, kann auch in den Fällen des § 24a StVG auf eine aussagekräftige, nämlich vollständige und präzise Mitteilung der noch verwertbaren und aus dem Fahreignungsregister ohne weiteres zu entnehmenden Vorahndungen in den Urteilsgründen insbesondere mit Angaben zu den Tatzeiten und den jeweiligen Zeitpunkten des Rechtskrafteintritts der früheren Zuwiderhandlungen sowie der ihretwegen erkannten Rechtsfolgen grundsätzlich nicht verzichtet werden. Dies gilt erst recht dann, wenn – wie hier – dem Rechtsfolgenausspruch ein qualifizierter Fall im Sinne von lfd. Nr. 242.1 BKat (Eintragung bereits einer rechtskräftigen Entscheidung nach § 24a StVG) zugrunde liegt.
Wegen der weiteren Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden, auch durch die Gegenerklärungen des Betroffenen vom 29.04.2024 und vom 30.04.2024 nicht entkräfteten, mit der obergerichtlichen Rechtsprechung im Einklang stehenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft München in deren Antragsschrift vom 04.05.2024 Bezug.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
IV.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.
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