Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2024 – 19 W 21/24 (Wx)
Leitsatz des Gerichts:
Eine Eventualeinberufung zur Mitgliederversammlung für den Fall fehlender Beschlussfähigkeit ist nur bei entsprechender Satzungsgrundlage zulässig (Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 1998 – 2 T 736/98).
In pp.
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim - Registergericht - vom 12.02.2024, Az. VR xxx, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert der Beschwerdeinstanz wird auf EUR 5.000 festgesetzt
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung der Anmeldung einer Satzungsänderung des Vereins.
Die Satzung des Vereins enthält in der seit Dezember 1991 geltenden Fassung unter anderem folgende Regelungen:
§ 7
….
(5) Die Mitgliederversammlung ist, soweit es die Satzung nicht anders bestimmt, ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig. (...)
8
…
(3) Den Verein vertritt gerichtlich und außergerichtlich der/die Vorsitzende und sein/e ihr/e Stellvertreter/in. Jeder ist allein vertretungsberechtigt.
§ 16
(1) Über Satzungsänderungen entscheidet die Mitgliederversammlung
a) auf Antrag des Vorstands
b) auf schriftlichen Antrag von mindestens 1/4 der Mitglieder.
(2) Die Änderung bedarf der Zustimmung von 2/3 der in der Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder und der beiden Gemeinden. Die Hälfte der Mitglieder muss anwesend sein. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine weitere Mitgliederversammlung einzuberufen, die berechtigt ist, die Satzung ohne Mitgliedermindestanzahl zu ändern.
Durch unterschriftsbeglaubigte Erklärung der Frau D. vom 22. Dezember 2023 meldete der Antragsteller zur Eintragung in das Vereinsregister an, dass § 16 der Satzung des Vereins geändert sei. Dem lag nach den vorgelegten Unterlagen folgendes zugrunde:
Mit Schreiben vom 27. Juni 2023 lud der Vorsitzende des Antragstellers zur Jahreshauptversammlung auf den 11. Juli 2023, 18.00 Uhr, ein. Weiter heißt es:
„Sollte die erforderliche Anzahl von der Hälfte der Mitglieder nicht anwesend sein und wir somit nicht beschlussfähig sein, erfolgt eine weitere ordentliche Jahreshauptversammlung im Anschluss am 11. Juli 2023, 18.15 Uhr“
In der auf 18 Uhr geladenen Versammlung waren von 72 Vereinsmitgliedern nur 18 erschienen; Beschlüsse wurden nicht gefasst. In der auf 18.15 Uhr anberaumten Versammlung wurde eine Änderung des § 16 der Satzung einstimmig beschlossen.
Das Amtsgericht hat die Anmeldung - nach vorhergehendem Hinweis, dem der Antragsteller entgegengetreten ist - mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der satzungsändernde Beschluss sei nicht wirksam gefasst worden, weil die zu diesem Zeitpunkt geltende Satzung vom 12. Dezember 1991 keine Regelung zu einer Eventualeinberufung vorsehe und die Anmeldung daher unter einem nicht behebbaren Mangel beruhe.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, die seinem Prozessbevollmächtigten am 12. März 2024 zugestellt worden ist, richtet sich die am 8. April 2024 erhobene Beschwerde des Antragstellers. Er ist der Auffassung, dem Amtsgericht stehe bei der Prüfung der Anmeldung nur eine beschränkte Überprüfungskompetenz zu. Das Registergericht dürfe im Hinblick auf die Vereinsautonomie keine Satzungsregelungen prüfen, die lediglich vereinsinterne Bedeutung hätten.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ergänzend bemerkt, dass die anmeldende Person hierzu nicht befugt gewesen sei.
II.
Die Beschwerde ist nach §§ 382 Absatz 3, 58 Absatz 1, 63 Absatz 1 FamFG in Verbindung mit § 11 Absatz 1 RPflG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg; das Amtsgericht hat die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen.
1. Das Amtsgericht hat im Nichtabhilfebeschluss zutreffend festgestellt, dass die Anmeldung der Satzungsänderung nicht durch eine hierzu befugte Person erfolgt ist. Satzungsänderungen sind nach § 71 Absatz 1 Satz 2 BGB vom Vorstand zur Eintragung anzumelden; hierzu bestimmt § 77 Absatz 1 Satz 1 BGB, dass die Anmeldung durch die vertretungsberechtigten Mitglieder des Vorstands erfolgen muss. Vertretungsberechtigt sind nach § 8 Absatz 3 der Satzung der Vorsitzende des Vereins und seine Stellvertreterin. Diese Funktionen haben nach den Registerakten Herr U. und Frau K. inne. Diese haben die Satzungsänderung aber nicht angemeldet. Die Namensunterschrift unter dem Anmeldeformular ist nicht lesbar; aus der Unterschriftsbeglaubigung ist aber ersichtlich, dass die Anmeldung von Frau D. vorgenommen worden ist, die kein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied ist. Auf die fehlende Anmeldebefugnis hat das Registergericht den Verein mit Schreiben vom 8. April 2024 hingewiesen.
2. Auch der ursprüngliche Grund für die Zurückweisung der Anmeldung ist tragfähig.
a) Wird eine Satzungsänderung angemeldet, hat das Registergericht nicht nur die formelle Ordnungsmäßigkeit zu prüfen, sondern auch, ob der satzungsändernde Beschluss mit der nach dem Gesetz oder der Satzung erforderlichen Mehrheit gefasst worden ist (BeckOGK/Geißler, 1.3.2024, BGB § 71 Rn. 22 m. w. N.). Inwieweit das Registergericht berechtigt und verpflichtet wäre, von Amts wegen Ermittlungen über die Ordnungsmäßigkeit der Einladung zur Mitgliederversammlung und der Beschlussfassung einzuholen, bedarf hier keiner Vertiefung. Dass der Beschluss über die Satzungsänderung nicht ordnungsgemäß gefasst worden ist, ergab sich - wie nachfolgend ausgeführt - bereits aus den vom Verein bei der Anmeldung vorgelegten Unterlagen.
b) Das Amtsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Satzungsänderung nicht ordnungsgemäß beschlossen worden ist.
aa) Wie auch der Antragsteller nicht in Zweifel zieht, war die nach § 16 Absatz 2 Satz 2 der bisherigen Satzung (in der Fassung vom 12. Dezember 1991) für einen Beschluss über eine Satzungsänderung erforderliche Zahl von Vereinsmitgliedern nicht anwesend. Das Protokoll gibt die Mitgliederzahl mit 72 an. Erforderlich gewesen wäre daher die Anwesenheit von mindestens 36 Mitgliedern; es sind aber nur 18 stimmberechtigte Personen erschienen.
bb) Die Satzungsänderung konnte auch nicht in der zweiten Mitgliederversammlung vom 11. Juli 2023 ohne Mindestanwesendenzahl beschlossen werden. Die Satzung des Vereins sah zum Zeitpunkt der Beschlussfassung für diese Situation vor, dass eine „weitere Mitgliederversammlung“ einzuberufen sei, die dann auch für Satzungsänderungen ohne Mitwirkung eines bestimmten Quorums von Mitgliedern beschlussfähig war. Eine Eventualeinberufung - also eine bereits mit der ursprünglichen Einladung verbundene vorsorgliche Einladung zu einer zweiten Versammlung - sah die Satzung dagegen nicht vor, sondern sollte mit der streitigen Änderung gerade erst eingeführt werden.
(1) Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass das Verfahren der Eventualeinberufung nur dann zulässig ist, wenn die Satzung dies vorsieht (vgl. etwa BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 12; LG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 1998 – 2 T 736/98 –, juris [Ls.]; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 83. Auflage, § 32, Rn. 6; Krafka, Registerrecht, 12. Auflage 2024, Teil 4, Rn. 2182a; Schuller in: Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, 3. Auflage 2022, § 7 Rn. 254; BeckOK BGB/Schöpflin, 69. Ed. 1.2.2024, BGB § 32 Rn. 11).
(2) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. Oktober 1988 – II ZR 51/88 –, juris), auf die sich der Antragsteller beruft, folgt nichts anderes. Diese befasst sich vielmehr mit einem Verein, dessen Satzung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Eventualeinberufung bereits vorsah. Die von dem Antragsteller angenommene Divergenz zwischen den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bayerischen Obersten Landesgerichts besteht vor diesem Hintergrund nicht.
(3) Beschlüsse, die in einer Mitgliederversammlung gefasst wurden, die auf Grund einer nicht durch die Satzung zugelassenen Mitgliederversammlung gefasst worden sind, sind grundsätzlich nichtig (BayObLG, Beschluss vom 18. September 2002 – 3Z BR 148/02 –, juris, Rn. 14 ff.); das Registergericht hat eine Eintragung daher (auch) aus diesem Grunde zu Recht verweigert.
3. Ob die vorgesehene Satzungsänderung inhaltlichen Bedenken begegnet, bedarf wegen der formellen Mängel bei Beschlussfassung und Anmeldung keiner Vertiefung.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 84 FamFG.
2. Als Beschwerdewert wird, da genügende anderweitige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind, der Regelwert des § 36 Absatz 3 GNotKG angenommen (vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei Vereinsregisteranmeldungen Korintenberg/Bormann, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 36 Rn. 102a).
3. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Absatz 2 Satz 1 FamFG) liegen nicht vor, insbesondere wirft das Verfahren keine grundsätzlichen oder einer Rechtsfortbildung zugänglichen Fragen auf. In Rechtsprechung und Schrifttum ist hinreichend geklärt, dass die Eventualeinberufung zu einer Mitgliederversammlung nur auf geeigneter satzungsrechtlicher Grundlage stattfinden darf.
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