Gericht / Entscheidungsdatum: LG Köln, Beschl. v. 16.4.2024 – 323 Qs 32/24
Eigener Leitsatz:
Die erlangten Erkenntnisse aus mittels Sky-ECC geführter Kommunikation sind auch nach Änderung der Gesetzeslage durch das Inkrafttreten des KCanG verwertbar. Ein Beweisverwertungsverbot besteht nicht.
Landgericht Köln
Beschluss
In dem Ermittlungsverfahren gegen
Verteidiger: Rechtsanwalt
wegen Handeltreibens mit Cannabis hat die 23. große Strafkammer des Landgerichts Köln
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht und den Richter am 16.04.2024 beschlossen
Die Beschwerde des Beschuldigten vom 22.03.2024 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 11.08.2023 (Az. 505 Gs 1911/23) wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt. Gründe:
Der Beschuldigte befindet sich seit dem 07.11.2023 in Haft aufgrund des mit der Beschwerde angegriffenen Häftbefehls des Amtsgerichts Köln vom 11.08.2023 (Az. 505 Gs 1911/23). Seit dem 09.11.2023 befindet er sich wieder im Maßregelvollzug zur Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Köln vom 16.12.2021 angeordneten Unterbringung gemäß § 64 StGB, die seit dem 19.05.2022 vollstreckt wird und in deren Rahmen er seit dem 12.06.2023 dauerbeurlaubt war.
In dem Haftbefehl wird ihm Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in dreizehn Fällen vorgeworfen. Konkret soll er im Zeitraum zwischen dem 25.01. und dem 02.08.2020 unter Nutzung der SkyECC-Kennung 148LC5 mit in der Summe ca. 1.812 kg Cannabis befasst gewesen sein, wovon ca. 567 kg auch umgesetzt wurden bzw. der Beschuldigte über sie verfügen konnte. Die Betäubungsmittel wurden dabei jedenfalls teilweise aus Spanien nach Deutschland geliefert. Als Haftgrund wird Fluchtgefahr und subsidiär Wiederholungsgefahr angenommen.
Der Beschuldigte ist mehrfach auch einschlägig erheblich vorbestraft und hat mehrere Jahre Strafhaft wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz verbüßt, vor dem ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Tatzeitraum hatte er sich zuletzt bis zum September 2019 in Haft befunden. Er stand im Tatzeitraum unter laufender Bewährung.
Gegen den Haftbefehl richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten vom 22.03.2024, die durch seine beiden Verteidiger und den Beschuldigten persönlich umfangreich begründet worden ist, und mit der die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen Außervollzugsetzung beantragt wird. Im Wesentlichen stützt sie sich darauf, dass die SkyECC-Daten nach Inkrafttreten des KCanG und der Herausnahme von Cannabis aus dem BtMG nicht mehr verwertbar seien, zudem bestehe keine Fluchtgefahr angesichts der deutlichen niedrigeren Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG. Eine Wiederholungsgefahr sei ebenfalls nicht gegeben.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig gemäß § 304 Abs. 1 StPO, hat in der Sache indes keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Haftbefehls liegen vor.
1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Taten des Handeltreibens mit Cannabis in dreizehn Fällen, nach Inkrafttreten des KCanG strafbar gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und Nr. 4 KCanG, dringend verdächtig.
Die im Haftbefehl dargestellten Fälle lassen sich im Sinne eines dringenden Tatverdachts anhand der in den Sonderheften dargestellten SkyECC-Chatinhalte zu der Kennung nachvollziehen. Der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte der — ausschließliche — Nutzer des SkyECC-Accounts war ergibt sich aus den in den Identifizierungsvermerken vom 11.05.2023 und vom 07.06.2023 dargelegten Umständen.
2. Die erlangten Erkenntnisse aus mittels Sky-ECC geführter Kommunikation sind auch nach Änderung der Gesetzeslage durch das Inkrafttreten des KCanG verwertbar.
a) Bisher existiert keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Verwertbarkeit der mittels „SkyECC" versandten Daten (vgl. aber Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 15. November 2021 - 2 HEs 24-30/21; juris; OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2023 — 111-5 Ws 341 - 344/22 juris). Orientiert an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwertbarkeit von EncroChat-Daten (BGH, Beschluss vom 2. März 2022 — 5 StR 457/21 —, juris; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2022 — 6StR 639/21 juris; BGH, Beschluss vom 5. Juli 2022 — 4 StR 61/22 juris; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 31. März 2021 — 2 Ws 118/21, juris) ist die Kammer indes bislang durchgängig von der Verwertbarkeit der SkyECC-Daten ausgegangen.
b) Die Einführung des KCanG ändert im Ergebnis nichts an der Verwertbarkeit von SkyECC-Daten.
Geändert hat sich die Rechtslage, soweit für die Frage der Verwertbarkeit von Interesse, infolgedessen in zweierlei Hinsicht: Zum einen sieht § 100b StPO Abs. 2 Nr. 5 a. StPO lediglich noch für Straftaten nach § 34 Abs. 4 KCanG die Möglichkeit einer Online-Durchsuchung vor, also nur noch bei bandenmäßigem oder bewaffneten Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge. Zum anderen ist der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG mit drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe deutlich geringer als der des § 29a Abs. 1 BtMG, der ein Jahr bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe vorsieht.
aa) Die für die in Rede stehenden Taten nicht mehr gegebene Möglichkeit einer Online-Durchsuchung nach § 100b StPO steht der Verwertbarkeit nicht entgegen.
(1) Für die über den kryptierten Nachrichtendienst „EncroChat" versandten Daten hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 02. März 2022 — 5 StR 457/21, juris auf Grundlage einer umfassenden — an verfassungsrechtlichen Maßstäben — vorgenommenen Prüfung entschieden, dass diese in einem deutschen Strafverfahren verwertbar sind.
Die Frage, ob im Wege der Rechtshilfe erlangte Beweise verwertbar sind, richtet sich danach ausschließlich nach dem nationalen Recht des um Rechtshilfe ersuchenden Staates, soweit — wie hier — der um Rechtshilfe ersuchte Staat die unbeschränkte Verwendung der von ihm erhobenen und übermittelten Beweisergebnisse gestattet hat (BGH aaO. Rn. 26). Im Rechtshilfekontext sei es gerade nicht ausgeschlossen, von anderen Mitgliedstaaten ausdrücklich zu Zwecken der Strafverfolgung übermittelte Daten aus Maßnahmen zu verwenden, die keine Entsprechung in der StPO haben (BGH aaO. Rn. 73, unter ausdrücklicher Ablehnung der anderweitigen Auffassung des von der Verteidigung zitierten Singelnstein). Verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die Verwertung in der Hauptverhandlung erhobener Beweise ist danach § 261 StPO, unabhängig davon, ob diese zuvor im Inland oder auf sonstige Weise - etwa im Wege der Rechtshilfe - erlangt worden sind (BGH aaO. Rn. 25). Entscheidender Zeitpunkt für die Frage der Verwertbarkeit auf den Zeitpunkt der Verwertung, nicht der der Erlangung der Daten (vgl. zum Zeitpunkt der Verwertbarkeit BGH aaO. Rn. 69).
Hinsichtlich der Verwertbarkeit der im Wege europäischer Rechtshilfe erlangten .Beweisergebnisse hat der 5. Strafsenat ausgeführt, dass auf die in strafprozessualen Verwendungsbeschränkungen verkörperten Wertungen zurückgegriffen werden könne, mit denen der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei vergleichbar eingriffsintensiven Mitteln Rechnung trägt (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 19. Mai 2020 - 1 11./R 2835/17, BVerfGE 154, 152 ff. Rn. 216 ff.). In dem von ihm zu entscheidenden Fall hat er aufgrund des Gewichts der Maßnahme zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes — auch um jede denkbare Benachteiligung auszuschließen — die Grundgedanken der Verwendungsschranke mit dem höchsten Schutzniveau (§ 100e Abs. 6 StPO) fruchtbar gemacht (BGH aaO. Rn. 68) und damit an die Voraussetzungen des § 100b StPO angeknüpft.
(2) Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze sind für die Verwertbarkeit der aus Sky-ECC geführten Kommunikation erlangten Daten übertragbar.
Ebenso wie die Encrochat-Daten sind diese in einem französischen Ermittlungsverfahren erhoben worden und auch die wesentlichen Rahmenbedingungen stimmen zwischen den beiden Anbietern überein. Insbesondere befand sich - ausweislich der vorliegenden Beschlüsse des in beiden Fällen zuständigen Gerichts in Lille - bei beiden Anbietern der Server, über den die Kommunikation erfolgte, an einem Standort in Frankreich und das Angebot sowohl von „Encrochat" als auch von „SkyECC" war dadurch gekennzeichnet, dass die Geräte nicht über legale Vertriebswege verkauft wurden und für die verschlüsselten Geräte ein außergewöhnlich hoher Preis - etwa 1.500 Euro für eine sechsmonatige Nutzung - zu zahlen war, obwohl die Geräte selbst nur über einen sehr eingeschränkten Funktionsumfang verfügten (so OLG Celle, Beschluss vom 15.11.2021 - 2 HEs 24 - 30/21 - juris Rn. 22 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2023 — 111-5 Ws 341 ¬344/22 —, Rn. 42, juris).
(3) Unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 02. März 2022 aufgestellten Grundsätzen, sind die erlangten SkyECC-Daten auch nach Inkrafttreten des KCanG verwertbar.
Ein absolutes Beweisverwertungsverbot liegt schon wegen des Inhalts der überwachten Kommunikation nicht vor (BGH aaO. Rn. 62.) Aber auch ein relatives Beweisverwertungsverbot ist nicht gegeben.
(a) So hat der 5. Strafenat des Bundesgerichtshofs zwar in dem von ihm entschiedenen Fall die Grundgedanken der Verwendungsschranke mit dem höchsten Schutzniveau (§ 100e Abs. 6 StPO) fruchtbar gemacht (vgl. BGH aaO. Rn. 68).
Dies bedeutet allerdings nicht, dass Daten unterhalb dieses Schutzniveaus in keinem Fall verwertbar sind. Gegen diesen, in der Beschwerdebegründung und offenbar auch durch das Landgericht Mannheim (Az. 5 KLs 804 Js 28622/21, vgl. die Pressemitteilung des LG Mannheim) und das Landgericht Darmstadt gezogenen Schluss sprechen vielmehr schon die soeben wiedergegebene Formulierung als auch die im Zusammenhang damit stehenden Passagen des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 02. März 2022.
Der Bundesgerichtshof stellt mit der wiedergegebenen Formulierung klar, dass § 100e Abs. 6 StPO nicht unmittelbar anwendbar ist (so auch schon BGH aa0. Rn. 25 und 65), lediglich dessen Grundgedanke ist anwendbar, und dies auch nur, um jede denkbare Beeinträchtigung auszuschließen. Daraus ergibt sich sehr deutlich, dass nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Daten im Grundsatz immer verwertbar sind, wenn die Voraussetzungen des § 100e Abs. 6 StPO vorliegen, unter die in den folgenden Absätzen des Beschlusses des Bundesgerichtshofs subsumiert wird. Es ergibt sich daraus aber nicht der Umkehrschluss, dass sie anderenfalls nicht verwertbar sind.
Vielmehr kommen dem Kernbereichsschutz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Bedeutung zu (BGH aa0. Rn. 67). Hierfür kann auf die in strafprozessualen Verwendungsbeschränkungen verkörperten Wertungen zurückgegriffen werden, mit denen der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei vergleichbar eingriffsintensiven Mitteln Rechnung trägt (BGH aaO. Rn. 68).
In dem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die vorgenommene Maßnahme nach deutschem Recht jedenfalls teilweise nach § 100a Abs. 1 StPO gerechtfertigt wäre, also gemäß § 100a Abs. 2 Nr. 7a. a) StPO auch beim Vorwurf des gewerbsmäßigen Handeitreibens mit Cannabis in Betracht kommt. Denn § 100a Abs. 1 S. 2 und 3 StPO erlaubt die Quellen-TKÜ und damit auch den Zugriff auf laufende und hinzukommende —hingegen nicht bereits vorhandene — Kommunikationsinhalte auf dem Endgerät des Betroffenen (Meyer-Goßner/Schmitt/Köh/er, StPO, 66. Auflage, § 100a, Rn. 14a, 14b; KK-StPO/Henrichs/Weingast, 9. Aufl. 2023, StPO § 100a Rn. 42). Die Aufnahme des gewerbsmäßigen Handeltreibens in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO demonstriert, dass der Gesetzgeber auch nach Inkrafttreten des KCanG zur Aufklärung derartiger Straftaten sehr eingriffsintensive Ermittlungsmaßnahmen wie eben auch die Quellen-TKÜ als zulässig erachtet. Dies fügt sich dazu, dass die Eindämmung der organisierten Kriminalität gerade Ziel der Einführung des KCanG war, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat.
Der Bundesgerichtshof fordert im Ergebnis daher eine restriktive Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität, der Schwere der Straftat, der Intensität des Tatverdachts und des staatlichen Aufklärungsinteresses (vgl. BGH aaO. Rn. 43f.). Als Ausdruck der „Abwägungslehre" (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt aaO. Einl. Rn. 55c ff.) ist danach vom Einzelfall auszugehen und nach der Sachlage und der Art des Verbotes zu unterscheiden, wobei stets das Interesse des Staates an der Tataufklärung gegen das Individualinteresse des Bürgers an der Bewahrung seiner Rechtsgüter abzuwägen ist.
(b) Gemessen daran und der danach vorzunehmenden Abwägung im konkreten Einzelfall sind die erlangten Daten aus der vom Beschuldigten geführten Sky-ECC Kommunikation nach Auffassung der Kammer weiterhin verwertbar.
Zunächst betreffen die Daten keine Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung (vgl. § 100 d Abs. 2 S. 1 StPO). Auch stehen andere Beweismittel nicht zur Verfügung, mithin ist eine Erforschung des Sachverhalts ohne diese Beweismittel nicht möglich. Die Sky-ECC Protokolle sind besonders ergiebig, da darin offen über Drogengeschäfte in erheblichem Umfang kommuniziert wird, wofür gerade zur Verschleierung der Straftaten ein entsprechend kryptierter Kommunikationsweg genutzt wurde.
Es besteht ferner mit einem dringenden Tatverdacht die höchste Verdachtsintensität. Dieser dringender Tatverdacht bezieht sich des Weiteren auf schwere Straftaten. Auch nach der Reduzierung des Strafrahmeris stellt das Handeltreiben mit Cannabis in § 34 Abs. 3 KCanG im Grundsatz eine solche schwere Straftat dar, wie bereits die Aufnahme der Vorschrift in die „schweren Straftaten" des § 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 7a. a) StPO demonstriert.
Es steht zudem außer Frage, dass es sich bei den dem Beschuldigten zur Last liegenden Taten konkret überwiegend um sehr schwerwiegende Taten handelt. Der Beschuldigte war im Sinne eines dringenden Tatverdachts bereits bei den einzelnen Taten jeweils für sich genommen mit ganz erheblichen Mengen befasst, die teilweise im dreistelligen Kilogrammbereich lagen und einen Verkaufswert im hohen sechsstelligen Bereich repräsentieren. Die vorliegenden Chatverläufe belegen nicht nur, dass der Beschuldigte mit grenzüberschreitende Drogenhandel von Spanien nach Deutschland (Fälle 3, 4; 7, 8) befasst war, sondern' über Kontakte in weitere europäische und außereuropäische Länder verfügte. Er war Teil eines Netzwerkes aus Lieferanten, Logistikem, Investoren und Verkäufern. Es steht außer Frage, dass diese Taten nicht nur auch nach Inkrafttreten des KCanG noch strafbar sind, es handelt sich bei ihnen auch um Taten der organisierten Kriminalität, deren Bekämpfung die Einführung des KCanG dienen soll, worauf die Staatsanwaltschaft zurecht hinweist.
Weiter ist im Rahmen der im Einzelfall zu erfolgenden Abwägung der Umfang des erfolgten Eingriffs aufgrund der Verwendung der Daten abzustellen. Die Daten wurden durch die französischen Behörden nur für einen begrenzten Zeitraum erhoben. Der damit verbundene Eingriff in die Rechte der Betroffenen war zeitlich überschaubar und im Hinblick auf die dadurch gewonnenen Erkenntnisse in jeder Form verhältnismäßig.
bb) Wie bereits dargelegt, handelt es sich auch bei Verstößen gegen § 34 Abs. 3 Nr. 1 und 4 KCanG um im Grundsatz schwere Straftaten und gilt dies für die dem Beschuldigten zur Last liegenden Taten in besonderem Maße.
c) Zu weiteren Ausführungen gibt das Vorbringen in den Beschwerdebegründungen keinen Anlass. Es stellt im Wesentlichen die Wiederholung von Argumenten dar, die schon vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs am 02. März 2022 vorgebracht wurden. Wegen der euoparechtlichen Fragestellungen verweist die Kammer zudem auf den Schlussantrag der Generalanwältin Capeta vom 26.10.2023, in dem den Bedenken gegen die Verwertbarkeit insbesondere seitens des Landgerichts Berlin deutlich entgegengetreten worden ist.
3. Es liegt ferner — jedenfalls — der Haftgrund der Fluchtgefahr vor, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Dem Beschuldigten wird eine Vielzahl von gravierenden Taten zur Last gelegt. Die Vorwürfe beziehen sich auf Handeltreiben mit bereits einzeln genommen erheblichen Mengen an Marihuana (so z.B. Fall 2 und 5: 60 kg, Fall 4: 120 kg, Fall 7: 100 kg, Fall 8: 1.200 kg, Fall 13: 143, 51 kg) und insgesamt über 1,8 Tonnen.
Angesichts der hier umgesetzten Mengen an Marihuana ist weiterhin in allen Fällen der Grenzwert zur nicht geringen Menge (deutlich) überschritten, ungeachtet dessen, wie dieser nach Inkrafttreten des KCanG im Einzelnen festzulegen sein wird.
Ein Abweichen von der Regelwirkung ist nach derzeitigem Verfahrensstand nach der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände fernliegend. Dies angesichts der in den allermeisten Fällen in Rede stehenden Mengen an Cannabis sowie den zahlreichen, auch einschlägigen Vorstrafen sowie der Hafterfahrung des Beschuldigten, der sich auch von der nur wenige Monate zuvor erfolgten Entlassung aus mehrjähriger Strafhaft und laufender Bewährung nicht von der Begehung der im Haftbefehl dargestellten Taten hat abhalten lassen. Die Verwendung von speziellen und sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt kostspieligen Kryptohandys stellt eine professionelle und gut organisierte Vorgehensweise bei den Taten dar. Der Beschuldigte hat danach nicht nur jedenfalls in den Fällen, in denen er mit zumindest dreistelligen Kilogrammmengen befasst war, eine Strafe am oberen Ende des Strafrahmens zu gegenwärtigen, sondern er muss auch mit dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der noch offenen Reststrafen rechnen. Darüber hinaus sind soweit ersichtlich die durch das Landgericht Köln im Urteil vom 16.12.2021 verhängten Einzelstrafen in eine Verurteilung einzubeziehen nach § 55 StGB. Insgesamt hat er damit für den Fall einer Verurteilung mit einer sehr empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen, von der ein so gravierender Fluchtanreiz ausgeht, dass diesem keine ausreichenden fluchthemmenden Umstände entgegenstehen, mag der Beschuldigte auch über familiäre Bindungen im Bundesgebiet verfügen. Andererseits verfügte er in der Vergangenheit jedenfalls auch über eine Fluchtperspektive nach Spanien.
4. Die Aufrechterhaltung (der Anordnung) der Untersuchungshaft ist angesichts der dem Beschuldigten zur Last liegenden Taten und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Gesamtfreiheitsstrafe auch weiterhin verhältnismäßig. Welche milderen Maßnahmen der Verteidigung vorschweben, vgl. den Schriftsatz von Rechtsanwältin
vom 12.04.2024, ist nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.
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