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Entscheidungen

Zivilrecht

Reinigung eines Kraftstofftanks, Verkehrssicherungspflicht, vertragliche Nebenpflicht, Werkvertrag, technische Regeln für Betriebssicherheit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Urt. v. 07.02.2024 - 14 U 113/23

Leitsatz des Gerichts:

1. Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Kraftstofftanks besteht eine Schutzpflicht des reinigenden Fachunternehmens, die Rechtsgüter des Auftraggebers vor Beschädigungen beim Reinigungsvorgang zu bewahren. Es handelt sich dabei um einen Unterfall einer Verkehrssicherungspflicht als vertraglicher Nebenpflicht.
2. Der Auftragnehmer genügt grundsätzlich seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn die von ihm übernommenen Arbeiten den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
3a) Die Beweislast für die objektive Pflichtverletzung, für den eingetretenen Schaden und für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt zwar im Grundsatz der Gläubiger. Etwas Anderes kann allerdings dann gelten, wenn als Schadensursache nur solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommen. Steht demnach fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten.
3b) Diese Beweislastverteilung gilt auch bei einer Schadensersatzhaftung, wenn die genaue Ursache nicht aufgeklärt werden kann.
4a) Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS 1112 Teil 1) zu Explosionsgefährdungen bei und durch Instandhaltungsarbeiten (Beurteilung und Schutzmaßnahmen) können zur Beurteilung der Sicherheit der durchgeführten Arbeiten herangezogen werden.
4b) Die technischen Regelungen zum Betriebsschutz geben im Anwendungsbereich als Zusammenfassung die für den Umgang mit Explosionsgefahren geltenden anerkannten Regeln der Technik und den Stand der geforderten Schutz- und Gefahrenbeurteilungsmaßnahmen wieder und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen geeignet.


In pp.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen Schadensersatzansprüchen des Herr pp. aus Anlass der Zerstörung bzw. Beschädigung der auf dem Grundstück pp. gelegenen Tankstelle durch das Schadensereignis am 11. September 2018 freizustellen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.474,89 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreites und die Kosten des Streithelfers zu 41 % und die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites zu 59 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 54.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund einer Explosion der kleinen privaten Tankstelle auf dem Grundstück der Klägerin, welche sich am 11. September 2018 ereignete.

Die Klägerin betreibt ein mittelständisches Tischlereiunternehmen, welches über mehrere Firmenfahrzeuge verfügt. Um diese besser bewirtschaften zu können, beabsichtigte die Klägerin, eine auf ihrem Firmengelände befindliche kleine private Tankstelle vom Eigentümer, Herrn H., zu pachten und eigenständig zu betreiben. Allerdings war diese seit Jahren bereits nicht mehr in Betrieb, als sich die Klägerin entschloss, die Tankstelle zu pachten. Mit Mietvertrag vom 30. Juni 2016 (BL. 6 ff d. A., Anlage K1) mietete sie die auf ihrem Firmengelände befindliche Tankstelle zum eigenständigen Betrieb sowie eine Lagerhalle zu einer monatlichen Miete von 300 € zzgl. 19 % MwSt. Die auf die Tankstelle entfallende Miete betrug dabei 150 € zzgl. 19 % MwSt (178,50 €). Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit E-Mail vom 30. Juli 2018 (Bl. 8 d.A., Anlage K 2) mit der fachgerechten Reinigung der zwei Tankstellentanks aus Kunststoff mit je 2x 2.000 l Fassungsvermögen zu einem Preis von 496 € netto. Zur Ausführung der Tankreinigung beauftragte die Beklagte wiederum die Firma des Streithelfers, Pe. D. Tankschutzbetrieb. Die Mitarbeiter des Streithelfers, die Zeugen D.-D. und D., führten am 11. September 2018 die Reinigungsarbeiten auf dem Grundstück der Klägerin aus, nachdem sie die Stromzufuhr der Pumpe der Tanks von der Klägerin unterbrechen ließen. Es kam zu einer Explosion eines Tanks der Tankstelle – wobei die Ursache, Zeitpunkt und das Ausmaß der Explosion zwischen den Parteien streitig ist. Personen wurden nicht verletzt. Die Klägerin zahlt an den Eigentümer die vereinbarte Miete weiter.

Die Klägerin hat behauptet, die Tankstelle sei als eine „kleine“ Firmentankstelle entworfen, errichtet, geprüft und zugelassen worden. Sie sei seit etwa 20 Jahren nicht mehr in Betrieb. Es sei während der von den Mitarbeitern des Streithelfers ausgeführten Tankreinigung wegen fehlerhafter Ausführung der Reinigungsarbeiten zu der Explosion des Tanks gekommen, als der Zeuge D. die Verkleidung für die Kraftstoffpumpe wieder angebaut habe. Die Zeugen hätten Lösungsmittel zur Reinigung des Tankinneren eingesetzt, wobei ein Schmierfilm zurückgeblieben sei. Die Explosion sei erfolgt, als auf die Bitte eines der Zeugen die Stromzufuhr zur Tankstelle wieder eingeschaltet worden sei. Die Kosten für die Wiedererrichtung der Tankstelle seien mit 42.086,73 €, in jedem Fall zumindest mit 25.000 €, zu beziffern. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr sei ein Schaden von mehr als 10.000 € entstanden, da sie die monatliche Miete i.H.v. 178,50 € (brutto) – 61 Monate lang – vergeblich für die zerstörte Tankstelle zahle. Sie habe mit dem Eigentümer vereinbart, dass sie sicherstelle, dass die Tankstelle neu errichtet und zum Ende der Mietzeit herausgegeben werde. Neben dieser vergeblich aufgebrachten Miete sei ihr zudem die entgangene Nutzungsmöglichkeit der Tankstelle zu ersetzen. Dieser entgangene Nutzungsvorteil sei zumindest auf weitere 5.000 € zu beziffern.

Die Beklagte und der Streithelfer haben behauptet, die Zeugen D.-D. und D., hätten eine Tankstellenreinigung nach den anerkannten Regeln der Technik und den gesetzlichen Vorschriften durchgeführt. Erst nach Abschluss der Tankstellenreinigung sei es zu einer Explosion gekommen, wobei die Tankstellenreinigung für die erfolgte Explosion nicht ursächlich gewesen sei. Die Explosion sei vielmehr auf eine unsachgemäße Inbetriebnahme durch die Klägerin zurückzuführen. Das Anstellen des Stromes und ein Defekt an der Pumpe kämen als Ursache ebenso in Betracht.

Mit am 21. Juli 2023 verkündeten Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, des Vorbringens der Parteien im Einzelnen und der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D.-D. und D. und Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Anhörung des Gutachters die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die Feststellungsklage zulässig, die Klage insgesamt aber unbegründet sei. Der Klägerin stehe ein Anspruch aus §§ 280, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem geschlossenen Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB nicht zu. Ihr sei der Nachweis einer Pflichtverletzung der Mitarbeiter der Streithelfer, die gegebenenfalls der Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen wäre, nicht gelungen. Als Schadensursache komme auch nicht nur eine solche aus dem Obhut- und Gefahrenbereich der Beklagten bzw. des Streithelfers in Betracht, da die Ursache der Explosion schon nicht festgestellt werden konnte. Die Klägerin müsse den vollen Nachweis einer ursächlichen schuldhaften Pflichtverletzung führen, was ihr nicht gelungen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen stehe zur Überzeugung des Einzelrichters fest, dass die Zündquelle nicht ermittelt werden könne. Als mögliche Zündquelle kämen entweder die Pumpe selbst, das Wiedereinschalten des Stromes, die Montagearbeiten an der Pumpe, ein Erdungsfehler, ein Defekt der Pumpe, ein durch die Montagearbeiten verursachter Potentialausgleich oder eine Funkenbildung durch die Arbeiten an der Pumpe mit dem Schraubenschlüssel in Betracht. Die konkrete Ursache sei nicht feststellbar. Auch wenn der Sachverständige zudem ausgeführt habe, dass es ohne die Reinigungsarbeiten und der damit verbundenen Öffnung der Tanks nicht zu einer Explosion gekommen wäre, vermöge diese Einschätzung des Sachverständigen den Beweis einer unsachgemäßen Tankstellenreinigung des Streithelfers nicht zu begründen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgt. Das Landgericht sei im Rahmen der Beweiswürdigung unter grobem Verstoß gegen allgemeine Denkgrundsätze und einer unzulässigen Überspannung von Wahrscheinlichkeitsbestimmungen zu der Annahme gelangt, es sei nicht zweifelsfrei erwiesen, dass die streitgegenständliche Explosion der Tankstelle durch die Reinigungsarbeiten der Mitarbeiter des Streithelfers kausal verursacht worden seien. Dies sei bei lebensnaher Betrachtung des Sachverhaltes vielmehr die einzig denkbare Erklärung der Explosion. Die Tankstelle habe über Jahre unbenutzt leer gestanden, ohne explodiert zu sein. Aus dem Umstand, dass die Tankstelle erst explodiert sei, als die Mitarbeiter des Streithelfers im Auftrag der Beklagten die Reinigung vorgenommen haben, sei zu schließen, dass nur diese Arbeiten kausal sein könnten. Ferner hätten die Mitarbeiter des Streithelfers dabei mit brennbaren Lösungsmitteln gereinigt. Ohne die Rückstände der unzulässig verwendeten Lösungsmittel hätte keine Explosion erfolgen können. Die Umstände der Explosion würden belegen, dass die der Beklagten übertragenen Arbeiten nicht fachgerecht ausgeführt worden sein könnten. Der Beklagten hätte es oblegen, sicherzustellen, dass die Reinigungsarbeiten so durchgeführt würden, dass eine derartige Explosion nicht erfolgen könne. Es liege auf der Hand, dass während der Arbeiten etwas passiert sein müsse, das die Explosion ausgelöst habe. Daraus ließe sich wiederum schließen, dass die Zeugen gegen Sorgfaltspflichten verstoßen haben müssen. Schließlich habe die Beweisaufnahme in erster Instanz ergeben, dass bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt eine derartige Explosion vermieden worden wäre.

Nachdem die Klägerin mit der Berufung ursprünglich unter Ziffer 1 der Berufungsbegründung einen Freistellungsanspruch geltend gemacht hat, hat sie diesen Antrag auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024 auf eine Feststellungklage umgestellt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, die angefochtene Entscheidung des Landgerichtes Verden vom 21. Juli 2023 zum Az.: 2 O 417/21 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen Schadensersatzansprüchen des Herrm pp.. aus Anlass der Zerstörung bzw. Beschädigung der auf dem Grundstück pp. gelegenen Tankstelle durch das Schadensereignis am 11. September 2018 freizustellen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.000,00 € nebst Jahreszinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden aus Anlass der Zerstörung bzw. Beschädigung der auf dem Grundstück Z. 5, … W. OT H. gelegenen Tankstelle durch das Schadensereignis am 11.09.2018 zu ersetzen sowie
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.590,91 € zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragten, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte und der Streithelfer verteidigen das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, da eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht nachgewiesen sei. Zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, dass ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Tankstellenreinigung und Explosion nicht nachgewiesen worden sei, genauso wenig wie eine Pflichtverletzung der Beklagten. Die Beklagte sei – anders als die Klägerin meint – lediglich mit Reinigungsarbeiten und nicht mit der Planung und Beratung bei der Wiederinbetriebnahme der Tankstelle betraut gewesen. Einen derartigen Vertrag lege die Klägerin auch nicht vor. Zu der Explosion sei es jedoch erst nach Abschluss der Reinigung und nicht während der Tankstellenreinigung gekommen. Die Tankstellenreinigung sei nicht für die erfolgte Verpuffung ursächlich gewesen. Zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Behauptung, dass die Tankstelle durch eine unsachgemäße Ausführung der Tankreinigung zerstört worden sei, beweisfällig geblieben sei. Der Sachverständige habe insofern die Ursächlichkeit der durchgeführten Tankstellenreinigung für die Explosion nicht feststellen können. Nach den Ausführungen des Sachverständigen könne die Explosion auch auf technische Mängel/ Defekte zurückzuführen sein. Dass bei der Reinigung brennbare Lösungsmittel benutzt worden seien, werde von der Klägerin lediglich behauptet, sei aber nicht nachgewiesen. Vielmehr habe der Zeuge D. die Verwendung brennbarer Lösungsmittel verneint. Auch aus dem Vorhandensein von einem zündfähigen Gasgemisch ergebe sich keineswegs eine unsachgemäße Durchführung der Tankstellenreinigung. Dieses entstehe bereits durch die Öffnung des Tanks. Das Öffnen der Tanks sei jedoch für eine Reinigung des Innenraumes logischerweise immer notwendig und indiziere keine unsachgemäße Reinigung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. M.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024 (Bl. 318ff. d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden. Die Klageänderung war gemäß § 264 Nr. 2 ZPO auch in der Berufungsinstanz zulässig. In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg.

1. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz bereits eingetretener und künftiger Schäden zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (Senat, Urteil vom 24. August 2022 – 14 U 22/22, Rn. 62, juris, mwN). Zwar ist eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Klage unzulässig, wenn dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist und diese das Rechtsschutzziel erschöpft, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Es ist anerkannt, dass der Kläger grundsätzlich nicht gehalten ist, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14, Rn. 6, juris). Ein solcher Fall liegt hier vor, da für die Klägerin die Inanspruchnahme durch den Eigentümer und die Kosten für einen Wiederaufbau der Tankstelleneinrichtung zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht vorhersehbar und abschließend bezifferbar waren und es daher insoweit an der Zumutbarkeit der Erhebung einer Leistungsklage fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 – IV ZR 255/17 -, juris Rn. 19 f.).

2. Die Klägerin hat gemäß § 256 Abs. 1 ZPO einen Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Eigentümer der privaten Hoftankstelle freizustellen, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, §§ 631, 249 ff. i.V.m. § 257 BGB (dazu unter a)) sowie auf Zahlung ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € (dazu unter b)). Darüber hinaus steht der Klägerin weder der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 10.000 € (dazu unter c)) noch ein Anspruch gemäß § 256 Abs. 1 ZPO auf Feststellung, dass die Beklagte für weitere zukünftige Schäden aus dem Explosionsvorfall am 11. September 2018 haftet (dazu unter d)), zu.

a) Auf die Berufung der Klägerin war die Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO) auszusprechen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von etwaigen Schadensansprüchen des Eigentümers der explodierten Tankstelle freizustellen, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 257 BGB.

Die Beklagte ist gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, §§ 631, 249 ff. BGB zum Schadensersatz verpflichtet, da sie sich das schuldhafte pflichtwidrige Handeln der Mitarbeiter des Streithelfers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss und diese für die Explosion und Zerstörung der kleinen Tankstelle verantwortlich waren.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat mit dem Maß des § 286 Abs. 1 ZPO zu der Überzeugung gelangt, dass es der insoweit beweisbelasteten Beklagten nicht gelungen ist, zu beweisen, dass die Explosion der kleinen Tankstelle auf dem Grundstück der Klägerin nicht auf eine durch den von ihr beauftragten Streithelfer nicht fachgerechte Reinigung der Tankbehälter zurückzuführen ist. Vielmehr kommen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nach der Überzeugung des Senats nur Explosionsursachen in Betracht, die dem Gefahrenbereich der Beklagten bzw. dem Streithelfer zuzuordnen sind.

aa) Die Beklagte war (vertraglich) verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) zu treffen, um Schäden anderer – insbesondere ihres Vertragspartners – zu verhindern (§§ 280, 823 BGB). Eine Haftung der Beklagten kann sich sowohl aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen privatrechtlichen Benutzungsvertrag i.S.d. §§ 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB als auch aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht i.S.d. § 823 Abs.1 BGB ergeben. Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Kraftstofftanks besteht eine Schutzpflicht des reinigenden Fachunternehmens, die Rechtsgüter des Auftraggebers vor Beschädigungen beim Reinigungsvorgang zu bewahren. Es handelt sich dabei um einen Unterfall einer Verkehrssicherungspflicht als vertraglicher Nebenpflicht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17, Rn. 11 f. mwN für die Reinigung eines Fahrzeugs). Die vertraglichen Schutzpflichten zielen hierbei – ebenso wie die Verkehrssicherungspflichten – darauf ab, eine Verletzung der Rechtsgüter des Vertragspartners zu vermeiden und dadurch sein Integritätsinteresse zu erhalten. Sie entsprechen mithin inhaltlich den Verkehrssicherungspflichten, so dass die dazu entwickelten Grundsätze auch im Rahmen der vertraglichen Haftung anwendbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, Rn. 9; BGH – VII ZR 251/17 aaO). Insofern haftet der Unternehmer nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung demnach für Schäden, die bei der Ausführung der Reinigung entstanden sind. Der Verkehrssicherungspflichtige muss zwar nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind solche Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der Verkehrskreise für notwendig und ausreichend erachtet, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Der Auftragnehmer genügt grundsätzlich seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn die von ihm übernommenen Arbeiten den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (BGH, Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06, Rn. 9; BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17, Rn. 25).

Die Beweislast für die objektive Pflichtverletzung, für den eingetretenen Schaden und für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt zwar im Grundsatz der Gläubiger (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1958 – VII ZR 22/58, BGHZ 28, 251-254, Rn. 20, juris; MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 280 Rn. 84). Etwas Anderes kann allerdings dann gelten, wenn als Schadensursache nur solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommen. Steht demnach fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 148/06, Rn. 16). Verkehrssicherungspflichten innerhalb eines Vertragsverhältnisses – um nichts anderes geht es bei der oben umschriebenen Schutzpflicht der Beklagten gegenüber ihrer Auftraggeberin – sind zugleich Vertragspflichten (BGH, Urteile vom 19.07.2018 – VII ZR 251/17 – Rn. 12 und vom 14.03.2013 – III ZR 296/11 – Rn. 25). Diese Beweislastverteilung gilt auch bei einer Schadensersatzhaftung, wenn die genaue Ursache nicht aufgeklärt werden kann (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 148/06, Rn. 17).

(1) So liegt der Fall hier. Nach der Überzeugung des Senats kommt eine solche Beweislastumkehr vorliegend zur Anwendung, da alle vom Sachverständigen festgestellten Explosionsursachen dem Gefahren- und Obhutsbereich der Beklagten zuzuordnen sind. Alle für die Explosion der Tankstelle als ursächlich in Betracht zu ziehenden Zündquellen stammen aus dem Risikoreich der Beklagten und wären bei Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik im Umgang mit explosionsfähigen Gemischen vermieden worden. Aufgrund mehrerer hier gegebener Umstände ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt mit denjenigen Sachverhalten vergleichbar, in denen die Rechtsprechung zu einer Umkehr der Beweislast gelangt. Auch hier spricht alles dafür, dass die Schadensursache aus der Sphäre bzw. dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Streithelfers stammte, was sich die Beklagte gem. § 287 BGB zurechnen lassen muss.

Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. sei zwar der genaue Geschehensvorgang nicht mehr zu ermitteln. In seinem Gutachten vom 16. Dezember 2022 hat der Sachverständige dann aber plausibel unter Berücksichtigung des Akteninhaltes und des Ergebnisses der Zeugenvernehmung erläutert, wie es technisch zu der unstreitig erfolgten Explosion des Kraftstofftanks gekommen sein könnte. Aus dem erkennbaren Schadensbild ergebe sich, dass es innerhalb eines der Tanks zu einer schlagartigen Volumenausdehnung gekommen sei, wie sie typischerweise bei einer Explosion auftrete. Damit es zu einer solchen Explosion kommen könne, seien vier Voraussetzungen erforderlich. Die erste Voraussetzung sei das Vorhandensein eines brennbaren Gases und Sauerstoff. Diese müssten durchmischt sein, und die Gaskonzentration müsse innerhalb der Explosionsgrenze liegen. Als dritte Voraussetzung müsse eine Zündquelle vorhanden sein. Und zuletzt müsse die Zündquelle innerhalb der explosionsfähigen Atmosphäre wirksam werden (vgl. Seite 3 des Gutachtens vom 16. Dezember 2022). Auch wenn der Tank vor der Reinigung nur festere Rückstände enthalten habe, seien darin noch Reste von Flüssigkeiten und Gasen eingeschlossen, die bei dem mechanischen Aufbrechen der Ablagerungen freigesetzt werden könnten und sich im Tank wieder anreicherten (vgl. auch Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024).

Der Sachverständige Dr. M. gelangt überzeugend zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich mehrere technisch darstellbare Möglichkeiten in Betracht zu ziehen seien. Es sei technisch darstellbar, dass die Kraftstoffpumpe selbst, das Wiedereinschalten des Stromes, die Montagearbeiten an der Pumpe, ein Erdungsfehler, ein Defekt der Pumpe, ein durch die Montagearbeiten verursachter Potentialausgleich oder eine Funkenbildung durch die Arbeiten an der Pumpe mit einem Schraubenschlüssel die Gase zur Zündung gebracht haben könnten. Da sich aus dem Akteninhalt nicht entnehmen ließe, dass Entladungsmaßnahmen an der Tankstelle bzw. bei den Arbeiten erfolgt seien, habe er auch das Vorhandensein einer Potenzialdifferenz in Betracht gezogen. Es sei schließlich auch eine Initialzündung außerhalb des Tankers vorstellbar, da durch die Arbeiten Luftströme entstehen, die das brennbare Gas durch die Tanköffnung nach außen transportiert haben könnten. Letztlich sei die konkrete Zündquelle nicht mehr zu ermitteln.

Der Sachverständige Dr. M. hat überzeugend schriftlich und mündlich erläutert, dass zwar mehrere Zündquellen als Ursache der Explosion darstellbar und plausibel seien. Da aber insbesondere unter Berücksichtigung der ergänzenden mündlichen Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024 zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die in Betracht zu ziehenden Ursachen ausnahmslos dem Gefahren- und Obhutsbereich der mit der Reinigung beauftragten Beklagten bzw. ihres Erfüllungsgehilfen zuzurechnen sind, kommt es letztlich im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich darauf an, welche der technisch darstellbaren Zündquellen die Explosion konkret verursacht hat. Die Beklagte hatte den Streithelfer mit ihren vertraglich übernommenen Aufgaben betraut. Die Explosion geschah in unmittelbarem Zusammenhang mit den Reinigungsarbeiten des Streithelfers, kurz nachdem der Zeuge D. der Klägerin aufgetragen hat, den Strom der Tankstelle wieder anzustellen. Hierbei hätte es der Beklagten oblegen, durch geeignete Vorkehrungs- und Sicherheitsmaßnahmen eine Verpuffung zu verhindern. Diesen Anforderungen wurden die Reinigungsarbeiten des Streithelfers nicht gerecht. Das oberste Gebot sei laut den Ausführungen des Sachverständigen das Vermeiden einer Zündquelle. Ohne eine Zündquelle hätten sich freigesetzte brennbare Gasgemische nicht entzündet. Weiter hat der Sachverständige belastbar ausgeführt, dass es arbeitsbegleitend und auch nach der Reinigung einer Feststellung der Gaskonzentration bedurft hätte. Ohne eine solche Messung könne objektiv nicht festgestellt werden, ob Gase ausgetreten seien oder sich ausreichend verflüchtigt hätten. Läge Gasfreiheit vor, könne eine Explosion auch nicht durch einen Erdungsfehler oder einen technischen Defekt an der Kraftstoffpumpe verursacht worden sein. Aus seiner fachlichen Sicht sei die Anweisung, den Strom wieder anzustellen, ohne zuvor die Gasfreiheit zu kontrollieren, nicht in Ordnung. Entsprechende Vorkehrungsmaßnahmen zur Messung der Gasfreiheit wurden weder vorgetragen noch waren sie aus dem Akteninhalt ersichtlich.

(2) Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. M., dass die Mitarbeiter des Streithelfers den Anforderungen zur Vermeidung von Explosionen nicht gerecht geworden sind, wird durch die rechtlichen Vorgaben der Explosionsschutz-Regeln (EX-RL) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, DGUV Regel 113-001, insbesondere durch die Vorschriften der TRBS 3151/ TRGS 751 und der TRBS 1112 Teil 1, gestützt. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. zu der Erkennbarkeit brennbarer Gasgemische und der notwendigen Gasfreiheitsmessung (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2023) stimmen insofern mit den „Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) 1112 Teil 1“ überein. Die TRBS 1112 Teil 1 nennt beispielhaft Maßnahmen zur Vermeidung der hierdurch erzeugten Explosionsgefährdung und konkretisiert dabei die Gefahrenstoffverordnung (§§ 7, 11 GefStoffVO). Nach den Regelungen zur Vermeidung von Brand-, Explosions- und Druckgefährdungen an Tankstellen und Gasfüllanlagen zur Befüllung von Landfahrzeugen ist gem. Ziffer 4.1.10.1 Abs. 1 TRBS 3151/ TRGS 751 mit der Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in der Regel an Teilen von Tankstellen und Gasfüllanlagen für Kraftstoffe und Betriebsstoffe mit Flammpunkt ≤ +55 °C zu rechnen, da diese nicht sicher verhindert werden könne. Darüber hinaus sind gemäß Ziffer 4 Abs. 3 TRBS 1112 Teil 1, sofern in einem explosionsgefährdeten Bereich Zündquellen durch Maßnahmen nicht vermieden werden können, die Instandhaltungsarbeiten unter lokaler Überwachung der Konzentration brennbarer Stoffe nach Nummer 4.4 durchzuführen, sofern die Zündquellen bei Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären unwirksam gemacht werden. Zur Überwachung der Konzentration brennbarer Stoffe sind geeignete Messverfahren (kontinuierlich oder wiederholt) anzuwenden, Ziffer 4.4 Abs. 2 TRBS 1112 Teil 1. Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Stoffe kann gemäß Ziffer 4.2.2. durch geeignete Lüftungsmaßnahmen vermieden oder eingeschränkt werden, wobei die Wirksamkeit der Lüftung während der Arbeiten durch Konzentrationsmessungen zu überwachen ist (Ziffer 4.2.2. Abs. 2). Ferner erfordert die Regelung der Ziffer 4.3.2. Abs. 2 TRBS 3151/ TRGS 751 i.V.m. Ziffer 5.2. Abs. 1 TRBS 1112 Teil 1 für Arbeiten an Betankungsanlagen in den explosionsgefährdeten Bereichen die Messung der Gasfreiheit. Diese technischen Vorgaben zum fachgerechten Umgang mit Explosionsgefahren entsprechen den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat. Übereinstimmend mit diesen Sicherheitsvorgaben hat der Sachverständige ein fachgerechtes Vorgehen und solche Maßnahmen zur Vermeidung einer Explosion als fachlich und technisch geboten beschrieben (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024; Bl. 319 ff. d. A.). Darüber hinaus wären zudem neben einer Messung der Gasfreiheit gefährliche elektrostatische Aufladungen bei den Arbeiten an der Betankungsanlage generell zu vermeiden gewesen (Ziffer 4.3.3 TRBS 3151/ TRGS 751).

(3) Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) zu Explosionsgefährdungen bei und durch Instandhaltungsarbeiten (Beurteilung und Schutzmaßnahmen) können zur Beurteilung der Sicherheit der durchgeführten Arbeiten des Streithelfers herangezogen werden. Die technischen Regelungen zum Betriebsschutz geben im Anwendungsbereich als Zusammenfassung die für den Umgang mit Explosionsgefahren geltenden anerkannten Regeln der Technik und den Stand der geforderten Schutz- und Gefahrenbeurteilungsmaßnahmen wieder und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen geeignet. Zwar ist den mündlichen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers insoweit zuzustimmen, dass diese Regelungen als Arbeitsschutzvorschriften in erster Linie das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber betreffen und auf das Vertragsverhältnis zur Klägerin unmittelbar keine Anwendung finden. Allerdings beschreiben diese Regelungen die Sicherheits- und Vorkehrungsmaßnahmen, die aus Gründen der Betriebssicherheit nach „dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene“ einzuhalten sind (vgl. Vorbemerkung TRBS 1112 Teil 1). Sie umschreiben, welcher Standard an welcher Stelle aus wissenschaftlicher und technischer Sicht unter dem Gesichtspunkt der Arbeitssicherheit für notwendig erachtet wird, um Unfälle, hier insbesondere durch Brand- und Explosionsgefahren, nach Möglichkeit zu vermeiden. Fraglos sind allgemeine Regeln der Technik bei Ausführung der werkvertraglichen Pflichten von jedem Werkunternehmer zum Schutz seines Vertragspartners einzuhalten (vgl. so wohl auch: BGH, Urteil vom 2. April 2014 – VIII ZR 19/13, Rn. 15; Vorinstanz: LG Berlin, Urteil vom 21. Dezember 2012 – 65 S 200/12, beide juris).

(4) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die Regelungen zur Betriebssicherheit beachtet und umgesetzt wurden. Ob und inwieweit vorliegend durch die Mitarbeiter des Streithelfers überhaupt Explosionsschutzmaßnahmen getroffen oder wenigstens bedacht wurden, trägt die Beklagte hingegen weder vor noch hat sie eine entsprechende Behauptung unter Beweis gestellt. Zudem hat der Zeuge D. im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Landgericht einen Arbeitsablauf geschildert, der – mit Ausnahme des Abstellens des Stromes für die Kraftstoffpumpe – keine der beschriebenen Anforderungen an den Explosionsschutz beinhaltet hat (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2022; Bl.111 ff. d.A). Der Zeuge hat weder hinreichende Schutzmaßnahmen angegeben noch bekundet, dass die Gaskonzentration überhaupt kontrolliert worden sei.

bb) Die im Streit stehende Explosion hat sich zur Überzeugung des Senats bei den Reinigungsarbeiten des Streithelfers ereignet. Die Arbeiten waren kausal. Die Explosion ist nicht allein durch einen unabhängigen technischen Defekt an der Kraftstoffpumpe verursacht worden. Die technisch darstellbaren Explosionsursachen fallen wegen nicht fachgerechter Ausführung der Reinigungsarbeiten der Betankungsanlage ausnahmslos in die Risikosphäre der Beklagten, so dass das pflichtwidrige Unterlassen der Sicherheitsmaßnahmen – insbesondere der Messung der Gasfreiheit – für die unstreitige Beschädigung der Betankungsanlage ursächlich geworden ist. Ohne das Vorhandensein eines brennbaren Sauerstoffgasgemisches in ausreichender Konzentration wäre trotz Schaffung einer Zündquelle, die auf einem technischen Defekt beruhen mag, eine Explosion der Gase nicht erfolgt. Der Sachverständige Dr. M. hat insoweit nachvollziehbar vor dem Senat ausgeführt, dass durch die Messung und Feststellung der Gasfreiheit eine Explosion vermieden worden wäre (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2024).

cc) Das besondere Gefahrenpotential der von der Beklagten zu verantwortenden Reinigung eines Tankstellentanks war für einen Fachunternehmer, wie dem Streithelfer, auch im Hinblick auf leicht entzündliche Gasgemische erkennbar und vermeidbar. Insoweit bestätigte der Sachverständige Dr. M., dass bei der systembedingten Öffnung des Kraftstofftanks Gase, die noch enthalten waren oder durch das Aufbrechen der Ablagerungen freigesetzt wurden, entweichen können.

b) Vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren sind nach einem Gegenstandswert des Feststellungsantrages zu Ziffer 1 bis 32.000 € in Höhe von 1.474,89 € erstattungsfähig.

c) Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der werkvertraglichen Schutzpflichten wegen nutzlos aufgewendeter Miete in Höhe von 10.000 € gem. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 631 BGB.

aa) Zwar hat der Streithelfer schuldhaft und pflichtwidrig die Ursache für die Explosion der Tankstelle gesetzt, was sich die Beklagte gem. § 287 BGB zurechnen lassen muss (s.o. unter 2a)). Die bezogen auf die Ausfallzeit (61 Monate) der Betankungsanlage nach Ansicht der Klägerin vergeblich aufgewendete Mietzahlung in Höhe von 178,50 € (brutto) monatlich ist unabhängig vom haftungsbegründenden Schadensereignis angefallen und zu diesem nicht kausal. Diese Zahlungen begründen keinen kausalen erstattungsfähigen Schaden gem. § 249 BGB.

Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten und des Streithelfers grundsätzlich verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Miete für die Tankstellenanlage an deren Eigentümer gemäß mietvertraglicher Vereinbarung zu begleichen. Ist die Mietsache durch einen unbehebbaren Schaden untergegangen, z.B. durch Zerstörung der Mietsache (durch Brand, Explosion, Einsturz o.ä.), der nicht auf einem Sachmangel beruht, gelten die allgemeinen Vorschriften über die Unmöglichkeit, da ein Fall vollständiger oder teilweiser Unmöglichkeit vorliegt (BGH, Urteil vom 26. September 1990 – VIII ZR 205/89, juris; BeckOK BGB/Wiederhold, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 536 Rn. 11). Für die Rechtsfolgen kommt es allein darauf an, wer die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Hat keine Vertragsseite die Unmöglichkeit zu vertreten, so erlischt das Mietverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf (BeckOK BGB/Wiederhold, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 536 Rn. 11). Vorliegend hat die Klägerin den Untergang der Mietsache zu vertreten, da sie sich das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten (s.o.) im Verhältnis zum Eigentümer der Tankanlage im Sinne des § 278 BGB zurechnen lassen muss.

Allerdings stellen die Mietzahlungen an den Eigentümer sog. „Sowiesokosten“ dar, die nicht erstattungsfähig sind. Bei Kosten die auch bei ordnungsgemäßer Leistung angefallen wären, fehlt ein Schaden, sofern diese Aufwendungen nicht gerade durch die Nicht- oder Schlechterfüllung entwertet worden sind (vgl. Staudinger/Kaiser (2012) Vorbem. zu §§ 346–354, Rn. 54). Die Klägerin hat mit dem Mietvertrag aus dem Jahr 2016 zwei Jahre vor dem Schadensereignis die streitbetroffene, unstreitig über Jahre nicht betriebene, sondern stillgelegte Tankstelle gemietet. Es fehlt trotz Einwand der Beklagten an konkreten Angaben zu einer geplanten Wiederinbetriebnahme der Betankungsanlage und deren Voraussetzungen. Selbst wenn die Kraftstoffbehälter erfolgreich gereinigt worden wären, hätte dies allein nicht für eine Wiederaufnahme des Betriebes ausgereicht. Belastbarer Vortrag der Klägerin fehlt. Sie mietete eine stillgelegte Tankstelle, die auch zum Zeitpunkt des Schadensereignisses unstreitig nicht betriebsbereit gewesen ist. Die Tankstelle wäre trotz erfolgreicher Reinigung bis zur Erteilung einer Genehmigung nicht nutzbar gewesen. Zu etwaigen Planungen der Inbetriebnahme, der Genehmigung und zu den Anforderungen einer solchen, insbesondere der Eignungsfeststellung, Baugenehmigung oder Erlaubnis nach der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF), trägt die Klägerin nicht vor, so dass davon auszugehen ist, dass die monatliche Miete ebenso für eine nicht funktionstüchtige Tankstelle angefallen wäre, wie ohne das Schadensereignis.

bb) Infolgedessen besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen gem. § 291, § 288 Abs. 1 BGB.

d) Hinsichtlich des weiteren Feststellungsantrages zu Ziffer 3 war die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen. Weitere Schäden der Klägerin sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine (abstrakte) Nutzungsausfallentschädigung kann die Klägerin nicht verlangen, weil es sich bei der beschädigten Betankungsanlage nicht um eine private, eigenwirtschaftlich, sondern ausschließlich erwerbswirtschaftlich genutzte Sache handelt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 – VII ZR 285/17, BGHZ 220, 270-280; Senat, Urteil vom 7. Juni 2023 – 14 U 137/22 –, Rn. 33, juris).

3. Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 25. Januar 2024, mit dem die Klägerin zur Beweisaufnahme und zum begehrten Nutzungsausfall Stellung genommen hat, wurde vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt, gibt aber keinen Anlass zu einer abweichenden Wertung. Das gilt entsprechend für den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Streithelferin der Beklagten vom 01. Februar 2024 (Eingang beim Oberlandesgericht am 06. Februar 2024).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO).

V.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren auf insgesamt 54.000 € folgt aus §§ 3, 5 HS 1 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG: Dabei entfallen auf den Feststellungstenor zu 1, der ursprünglich als Freistellungsanspruch formuliert war, 40.000 €. Eine spätere Ermäßigung hat auf die Wertbestimmung keine Auswirkung (BeckOK KostR/Schindler, 43. Ed. 1.10.2023, GKG § 47 Rn. 4). Auf den bezifferten Schadensersatzanspruch entfallen 10.000 € und auf den Feststellungsanspruch für zukünftige Schäden 4.000,00 €, da für die Feststellungsklage ein Abschlag in Höhe von 20 % gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen war.


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