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Entscheidungen

Vereinsrecht

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.01.2024 – 19 W 80/23 (Wx)

Gericht / Entscheidungsdatum: Anmeldung eines Vereins, gemeinnützige Zwecke, Anmeldevoraussetzungen, finanzamtliche Bescheinigung

Leitsatz des Gerichts:

Die Anmeldung eines Vereins kann zurückgewiesen werden, wenn die Satzung auf die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verweist, ein dies anerkennender Bescheid des Finanzamts aber nicht vorliegt.


In pp.

1. Die sofortige Beschwerde des Vereins gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim - Registergericht - vom 13. September 2023 - 00 AR 2924/22 - wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 5.000 festgesetzt.

Gründe

I.

Die in der Gründungsversammlung vom 20. Juli 2022 gewählte Vorsitzende und ihre zweite Stellvertreterin meldeten mit unterschriftsbeglaubigter Erklärung vom 19. August 2022 unter Beifügung von Gründungsprotokoll und Satzung den Verein zur Eintragung an. Die Satzung enthält in § 2 Absatz 1 den Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge. Eine finanzamtliche Bescheinigung über die (vorläufige) Anerkennung der Gemeinnützigkeit war nicht beigefügt.

Mit Schreiben vom 22. August 2022 beanstandete das Registergericht, dass es an einer vorläufigen Bescheinigung des Finanzamtes über die Gemeinnützigkeit fehle; ferner wurden eine Satzungsregelung in § 13 Absatz 3 zur Einberufung der Mitgliederversammlung auf Minderheitenantrag und der - das Existenzrecht Israels in Frage stellende - Vereinsname beanstandet. Der Verein teilte darauf hin mit Schreiben vom 21. Oktober 2022, dass er seinen Vereinsnamen beibehalten werde. Die Satzung sei in § 13 Absatz 3 geändert worden; hierzu wurde ein Protokoll „Orga Gruppe […]“ vom 16. Oktober 2022 beigefügt. An dieser Mitgliederversammlung nahmen 12 - nur mit ihrem Vornamen bezeichnete - Personen teil, unter denen jedenfalls nicht die in der Erstversammlung gewählte Vorsitzende war. Vom Finanzamt habe man bisher keine Rückmeldung erhalten, weshalb man die gerichtlichen Gebühren für die Eintragung selbst tragen werde. Das Amtsgericht wies hierzu mit Schreiben vom 26. Oktober 2022 darauf hin, dass die Mitgliederversammlung vom 16. Oktober 2022 nicht fristgerecht einberufen worden sei; die Regelungen in § 2 und § 15 der Satzung bedürften wegen der fehlenden Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Änderung. Für den Verein meldete sich daraufhin deren Verfahrensbevollmächtigter, der mitteilte, eine Satzungsänderung zu der Frage der Gemeinnützigkeit sei nicht beabsichtigt; es sei die Entscheidung des Finanzamts abzuwarten. Es gebe keinen Grund, warum die Gemeinnützigkeit nicht zuerkannt werden könnte. Eingereicht wurde außerdem das Protokoll einer Mitgliederversammlung vom 12. Februar 2023; in dieser wurde erneut die Änderung von § 13 Absatz 3 der Satzung, nicht aber weiterer Satzungsbestimmungen beschlossen.

Mit Beschluss vom 13. September 2023 wies das Registergericht den Eintragungsantrag zurück. Die Satzung sei zu beanstanden, weil sie auf eine - tatsächlich weder vorläufig noch endgültig bestätigte - Gemeinnützigkeit Bezug nehme. Ferner verweise die Satzung noch auf das Datum einer nicht formgerecht abgehaltenen Mitgliederversammlung. Entsprechende Monierungen seien ohne Erfolg geblieben. Die Entscheidung wurde am 13. September 2023 an den Verein gegen Postzustellungsurkunde und gegen Empfangsbekenntnis an deren Verfahrensbevollmächtigten herausgegeben. Ein Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten ist nicht zu den Akten gelangt; die Zustellung an den Verein ist ausweislich der Zustellungsurkunde am 15. September 2023 erfolgt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 16. Oktober 2023 durch den Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Beschwerde; eine - zunächst angekündigte - Begründung des Rechtsmittels ist nicht erfolgt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beschwerde sei verspätet eingelegt. Zwar sei mangels Empfangsbekenntnis nicht bekannt, wann dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschluss zugestellt worden sei. Da jedoch die Anschrift des Vereins mit derjenigen des Anwalts übereinstimme, sei davon auszugehen, dass dieser den Beschluss - wie in der Zustellungsurkunde des Vereins angegeben - am 15. September 2023 erhalten habe. In der Sache sei die Beschwerde nicht begründet, weil die Regelungen zum Vereinszweck und zum Datum der satzungsändernden Mitgliederversammlung nicht geändert worden seien.

Während des Beschwerdeverfahrens hat das Finanzamt M. mitgeteilt, dass der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit am 14. Dezember 2023 zurückgewiesen worden sei. Der hierzu angehörte Verein hat keine Stellungnahme abgegeben.

II.

Die nach § 58 FamFG in Verbindung mit § 11 RPflG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

A.

1. Es ist allerdings - entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung - von einer fristgerechten Beschwerdeeinlegung auszugehen. Der angefochtene Beschluss war, da er dem erklärten Willen der Beteiligten nicht entsprach, gemäß § 41 Absatz 1 Satz 2 FamFG zuzustellen, wobei sich die Zustellung gemäß § 15 Absatz 2 Satz 1 FamFG nach den §§ 166 ff. ZPO richtet. Das hat zur Folge, dass die Zustellung in einem anhängigen Verfahren an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat, § 172 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Die Zustellung an Prozessbevollmächtigte erfolgt grundsätzlich gegen Empfangsbekenntnis, § 175 Absatz 1 ZPO. Ein solches Empfangsbekenntnis ist hier nicht abgegeben worden; das Amtsgericht hätte daher - da auch eine Anmahnung des Empfangsbekenntnisses erfolglos geblieben ist - eine Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten gegen Zustellungsurkunde bewirken müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anschriftenidentität zwischen Verein und Verfahrensbevollmächtigten die Annahme rechtfertigt, dass diesem die an ihn gerichtete Sendung an demselben Tage zugegangen ist, was zwar nicht fernliegt, aber wegen möglicher Störungen im Postlauf keineswegs zwingend erscheint. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügt für die Wirksamkeit einer in dieser Form vorgenommenen Zustellung jedenfalls nicht der tatsächliche Zugang des Schriftstücks. Hinzukommen muss vielmehr die Äußerung des Willens, das zur Empfangnahme angebotene Schriftstück dem Angebot entsprechend als zugestellt entgegenzunehmen (BGH NJW 2011, 3581 Rn. 16). Dass ein solcher Empfangswille hier (bereits) am 15. September 2023 vorlag, ist nicht festgestellt.

2. Dass die Beschwerde weder in der Rechtsmittelschrift selbst noch später mit Gründen versehen ist, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zwar sieht § 65 Absatz 1 FamFG vor, dass die Beschwerde mit Gründen versehen werden soll; bei ihrem Fehlen darf sie indes nicht (allein) aus diesem Grunde verworfen werden (BeckOK FamFG/Obermann, 48. Ed. 1.11.2023, FamFG § 65 Rn. 2 m. w. N.).

B.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Anmeldung nach § 60 BGB zu Recht zurückgewiesen,

1. Eine Vereinsanmeldung kann zurückgewiesen werden, wenn die in §§ 56 bis 59 BGB genannten Bestimmungen verletzt sind oder andere Vorschriften des zwingenden öffentlichen oder privaten Vereinsrechts verletzt sind. Alle Rechtsverhältnisse des Vereins müssen in der Satzung ohne Gesetzesverstoß geregelt sein. Es kommt nicht darauf an, ob die verletzte Vorschrift eine Soll- oder Mussvorschrift ist. (D. U. Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 60 BGB, Rn. 2).

2. Zu den in § 57 Absatz 1 geregelten Mindestanforderungen an die Vereinssatzung gehört es, dass diese den Vereinszweck wiedergibt. Die Vorschrift dient - neben der Ermöglichung der Vereinsaufsicht - auch dem Verkehrsschutz (MüKoBGB/Leuschner, 9. Auflage, BGB § 57 Rn. 1). Wer daher von dem in § 79 Absatz 1 BGB einschränkungslos gewährten Recht auf Einsicht in das Vereinsregister und die eingereichten Unterlagen Gebrauch macht, muss aus der Satzung ein zutreffendes Bild von den Verhältnissen des Vereins gewinnen können. Dazu gehört für potentielle Spender auch die Information, ob ein Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt und dies von der zuständigen Finanzbehörde anerkannt ist; hiervon hängt nämlich ab, ob die Spende nach § 10b Absatz 1 Satz 1 EStG steuermindernd geltend gemacht werden kann. Hier enthält die Satzung des Vereins zwar nicht die ausdrückliche Behauptung, dass die Gemeinnützigkeit des Vereins vom Finanzamt anerkannt worden sei. Der in § 2 enthaltene Hinweis, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolge, erweckt aber den Eindruck einer solchen Anerkennung und ist daher geeignet, bei Dritten einen entsprechenden Eindruck einer Anerkennung zu erwecken. Eine solche ist aber tatsächlich nicht erfolgt; der entsprechende Antrag ist - wie das Finanzamt mitgeteilt hat - zurückgewiesen worden. Dass gegen den entsprechenden Bescheid Einspruch (§ 347 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO) eingelegt worden ist oder dies noch innerhalb der Einspruchsfrist (§ 355 Absatz 1 Satz 1 AO) beabsichtigt sei, hat der zu der Mitteilung des Finanzamts angehörte Verein nicht geltend gemacht. Unabhängig davon kann die Eintragung des Vereins jedenfalls nicht erfolgen, solange über einen etwaigen Widerspruch nicht im Sinne des Vereins entschieden ist.

3. Es kann daher offenbleiben, ob das Gebot zutreffender Darstellung der Verhältnisse auch - wie vom Amtsgericht angenommen - deshalb verletzt ist, weil die Satzung das Datum der (wirksamen) Beschlussfassung über die Satzungsänderung falsch angibt.

3. Ob darüber hinaus - wie im ursprünglichen Beanstandungsschreiben des Registergerichts ausgeführt - der Name des Vereins unzulässig ist, bedarf vor diesem Hintergrund ebenfalls keiner Vertiefung.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG.

2. Als Beschwerdewert wird, da genügende anderweitige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind, der Regelwert des § 36 Absatz 3 GNotKG angenommen (vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei Vereinsregisteranmeldungen Korintenberg/Bormann, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 36 Rn. 102a).

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Absatz 2 FamFG) liegen nicht vor, insbesondere wirft die Rechtssache keine grundsätzlichen oder der Rechtsfortbildung zugänglichen Fragen auf.


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