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Entscheidungen

Haftfragen

Verkündung eines Haftbefehls, Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Bautzen, Beschl. v. 26.02.2024 – 47 Gs 123/24

Eigener Leitsatz:

Zur Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens zur Verkündung eines Haftbefehls, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist.


In pp.

Das Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts Oranienburg zur Eröffnung des Haftbefehls des Amtsgerichts Oranienburg vom 02.10.2023 (Az. 18 Ds 6/23) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Oranienburg hat gegen den Verfolgten am 02.10.2023 gemäß § 230 Abs. 2 StPO Haftbefehl erlassen, da dieser in dem dort anhängigen Strafverfahren zu einer Hauptverhandlung am 20.09.2023 wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte u.a. unentschuldigt fernblieb. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den bezeichneten Haftbefehl des Amtsgerichts Oranienburg Bezug genommen.

Der Verfolgte befindet sich derzeit in anderer Sache in Haft in der JVA B. Das Amtsgericht Bautzen wurde ersucht, dem Verfolgten den Haftbefehl zu eröffnen. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Jena vom 28.09.2020 - 1 Ws 290/20 hat das Gericht Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtshilfeersuchens erhoben und dem Amtsgericht Oranienburg Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme hat das Amtsgericht Bautzen nicht erreicht.

II.

Das Ersuchen auf Rechtshilfe war gemäß § 158 Abs. 2 S. 1 GVG zurückzuweisen.

Grundsätzlich besteht die Pflicht des Amtsgerichts Bautzen zur Leistung von Rechtshilfe in Strafsachen nach §§ 156, 157 Abs. 1 GVG. Das Ersuchen eines nicht vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist, § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG. Das Amtsgericht Bautzen ist - sich dem OLG Jena und dem OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 23.06.1988 - 3 Ws 575/88) anschließend - der Auffassung, dass die ersuchte Rechtshilfe unzulässig ist, da die erbetene Amtshandlung (derzeit) ausschließlich dem ersuchenden Amtsgericht Oranienburg als dem nach §§ 115 Abs. 1, 126 Abs. 1 StPO zuständigen Gericht zugewiesen ist. Nach § 115 Abs. 1 StPO ist der Haftbefehl dem Beschuldigten von dem zuständigen Gericht zu verkünden. Dies ist das Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat oder nach der Anklageerhebung mit der Sache befasst ist. Die Übertragung dieser Zuständigkeit im Wege der Rechtshilfe ist nach Ansicht des Amtsgerichts Bautzen unzulässig, da die §§ 115, 115a StPO eng auszulegende spezielle Zuständigkeitsnormen sind, die (insbesondere auch) dem Schutz der Rechte des Beschuldigten dienen. Dies folgt daraus, dass das nächste Amtsgericht im Sinne des § 115a StPO nur eine eingeschränkte Prüfungs- und Entscheidungkompetenz hat. Nichts anderes würde letztlich auch für das - mit der zugrundeliegende Sache nicht vertraute - Rechtshilfegericht gelten, dem die Zuständigkeit nach § 115 StPO übertragen werden würde. Denn der Kenntnismangel des Rechtshilfegerichts ermöglicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sache und den persönlichen Umständen des Beschuldigten nur sehr eingeschränkt. Zudem wäre dem Beschuldigten bei einer Verkündung des Haftbefehls im Wege der Rechtshilfe nach § 115 StPO, anders als bei § 115a StPO (dort vorgesehen in Abs. 3), das Recht genommen, dem mit der Sache vertrauten Gericht bei der Vorführung seine Argumente vorzutragen. Er wäre dazu auf den Rechtsbehelf der Haftbeschwerde oder auf das Haftprüfungsverfahren beschränkt.

Da sich der Verfolgte derzeit in Strafhaft (Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe) befindet und nicht vorläufig festgenommen wurde, laufen auch keine Vorführungsfristen, die (derzeit) eine Vorführung nach § 115a StPO vor das Amtsgericht Bautzen rechtfertigen würden. Zudem ist für den Verfolgten Überhaft notiert. Bei der zu erwartenden Haftentlassung am 18.03.2024 kann die Vollstreckung der Haft noch im Anschluss eingeleitet werden. Hierfür ist die derzeitige Vorführung und Verkündung des Haftbefehls jedoch nicht erforderlich.


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Anmerkung:


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