Gericht / Entscheidungsdatum: LG Gera, Beschl. v. 20..02.2024 – 11 Qs 3/24
Eigener Leitsatz:
Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn dem Beschuldigten drei Fälle der Leistungserschleichung vorgeworfen werden und im Fall der Verurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist.
In pp.
Auf die sofortige Beschwerde des Beschuldigtem gegen den Beschluss des AG Gera vom 07.12.2023 wird dieser Beschluss aufgehoben und dem Beschuldigten Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger bestellt.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels einschließlich der dem Beschuldigten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde des Beschuldigten ist fristgerecht, statthaft und auch sonst zulässig, §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der in- Sache Erfolg. Die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung liegen vor, § 140 Abs. 2 StPO.
Die Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen gebietet die Mitwirkung eines Pflichtverteidigers.
Zar ist im vorliegenden Verfahren keine höhere Freiheitsstrafe zu erwarten, eine Verurteilung würde jedoch mit hinreichenden Wahrscheinlichkeit einen Bewährungswiderruf im Verfahren 953 Js 3499/20 nach sich ziehen. Der-Beschwerdeführer ist erheblich, insbesondere einschlägig, vorbestraft. Die Staatsanwaltschaft Gera hat in einem weiteren Verfahren mit Datum vom 19.10.2023 wegen Erschleichens von Leistungen in zwei Fällen Anklage zum Amtsgericht Gera unter dem Aktenzeichen 230 Js 7317/23 erhoben. Termin zur Hauptverhandlung ist bereits bestimmt worden auf Montag, 05.08.2024: Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat daher bereits den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung der mit Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichtes Torgau vorn 20.09.2022 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr in dem Verfahren 953 Js :3459/20 beintragt. Aus diesem Grund wurde dem Beschuldigten im Verfahren 230 Js 7317/23 Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger bestellt.
Nichts anderes kann im vorliegenden Verfahren gelten. Dem Beschuldigten werden drei weitere Fälle des Erschleichens von Leistungen - begangen innerhalb laufender Bewährungszeit – zur Last gelegt.
Somit ist der hiesige Verfahrensausgang mittelbar mit einer drohenden Freiheitsstrafe von über einem Jahr verbunden, was die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erforderlich macht (vgl. OLG Naumburg BeckRS 2013, 00134; OLG München NJW 2006, 789; OLG Düsseldorf NStZ 1995, 147; BayObLG NStZ 1990, 142; LG Koblenz StV 2009, 237; Meyer-Goßner/Schmitt 65. Auflage, § 140 StPO, Rn. 23a mwN).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 StPO analog.
Einsender: RA J.-R. Funck, Braunschweig
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