Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 07.08.2023 - 3 Ws 81/23
Leitsatz des Gerichts:
1. Grundsätzlich scheidet bei fehlender Wahrung der Umgrenzungsfunktion der Anklage die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens aufgrund fehlenden hinreichenden Tatverdachts aus, weil es insoweit an der erforderlichen Prüfungsgrundlage fehlt. Eine Ausnahme liegt jedoch vor, wenn der Tatverdacht von einer Voraussetzung abhängt, deren Nichtvorliegen sich unabhängig von dem Mangel der Anklage beurteilen lässt.
2. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass Sammlermünzen nicht als Tatobjekte der Geldfälschung (§ 146 StGB) in Betracht kommen, weil sie trotz ihrer Anerkennung als gesetzliche Zahlungsmittel zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr weder bestimmt noch geeignet sind und daher die herkömmliche Definition von „Falschgeld“ auf sie nicht anwendbar ist.
3. Sieht man Sammlermünzen als taugliche Tatobjekte der Geldfälschung an, so ist als Vergleichsmaßstab nicht der „gewöhnliche Zahlungsverkehr“, sondern der „gewöhnliche Markt für Sammlermünzen“ heranzuziehen.
4. Bei der Prüfung, ob Medaillen oder Münzstücke eine Verwechselungsgefahr mit echten Sammlermünzen begründen, kommt den Vorschriften der Medaillenverordnung und der Verordnung (EU) Nr. 651/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Ausgabe von Euro-Münzen (Amtsblatt L 201/135 vom 27. Juni 2012) eine indizielle Bedeutung dahin zu, dass bei deren Einhaltung eine Verwechselungsgefahr regelmäßig zu verneinen ist.
Oberlandesgericht Celle
Beschluss
3 Ws 81/23
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Geldfälschung
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss der 16. großen Strafkammer des Landgerichts Hildesheim vom 8. Mai 2023 durch den Richter am Oberlandesgericht XXX, die Richterin am Oberlandesgericht XXX und den Richter am Oberlandesgericht XXX am 7. August 2023 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeschuldigten und der Nebenbeteiligten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
Gründe:
I.
Mit Anklage vom 9. Oktober 2022 wirft die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten vor, sich in der Zeit vom 7. November 2018 bis zum 30. September 2020 wegen gemeinschaftlich begangener Geldfälschung (§§ 146 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB) strafbar gemacht zu haben. Konkret wird den Angeschuldigten zur Last gelegt, als Geschäftsführer der B. V. GmbH die Herstellung und den Vertrieb von 750 Exemplaren eines Metallstücks mit der Prägung „250. Geburtstag Alexander von Humboldt“ veranlasst zu haben, wobei das Metallstück durch seine optische Gestaltung den Eindruck erweckt habe, dass es sich um von einer staatlichen Prägeanstalt herausgegebenes Münzgeld in Form einer Gedenk- und Sammelmünze handele, die im Zahlungsverkehr auch Zahlungsmittelfunktion erfülle.
Mit Beschluss vom 8. Mai 2023 hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten der Landeskasse auferlegt. Seine Entscheidung hat das Landgericht damit begründet, dass ein hinreichender Verdacht wegen Geldfälschung nicht bestehe, weil das in der Anklage beschriebene Metallstück nicht geeignet sei, mit echtem Geld verwechselt zu werden, und sich zudem das Vorliegen des subjektiven Tatbestands nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen lassen werde. Die Frage, ob die Anklageschrift unwirksam sei, weil der in ihr dargestellte Sachverhalt nicht alle gesetzlichen Merkmale des angeklagten Tatbestandes, nämlich keine näheren Angaben zu einem gemeinsamen Tatentschluss bzw. einem arbeitsteiligen Vorgehen der Angeschuldigten, enthalte, hat das Landgericht ausdrücklich dahinstehen lassen.
Gegen die ihr am 10. Mai 2023 zugestellte Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16. Mai 2023, das per Fax am gleichen Tag beim Landgericht Hildesheim eingegangen ist, sofortige Beschwerde erhoben und diese mit Schreiben vom 17. Mai 2023 begründet. Sie macht insbesondere geltend, dass wegen der zentral auf dem Revers aufgebrachten Zahl „20“, die der Höhe des Verkaufspreises entspreche, und der weiteren Symbole und Beschriftungen „Adler, Deutschland, Europa, etc“, die in keinem Zusammenhang zu dem Medaillenthema ständen, die Gefahr der Verwechslung mit Sammlermünzen bestehe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hält die sofortige Beschwerde mit der Maßgabe für unbegründet, dass die Anklageschrift allein wegen Nichtwahrung der Umgrenzungsfunktion unwirksam und damit wegen formeller Mängel nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen sei. Aufgrund dieses Mangels sei es dem Landgericht allerdings verwehrt gewesen, eine Entscheidung über den hinreichenden Tatverdacht zu treffen, den die Generalstaatsanwaltschaft als gegeben ansieht.
II.
Die statthafte und zulässig erhobene (§§ 210 Abs. 2, 311 StPO) sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Recht abgelehnt, weil nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens die Angeschuldigten einer Straftat nicht hinreichend verdächtig sind. Hinreichender Tatverdacht besteht bei vorläufiger Tatbewertung nur dann, wenn die Verurteilung der oder des Angeschuldigten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 64. Aufl. § 203 Rn. 2 mwN). Das ist hier nicht der Fall.
Das Beschwerdevorbringen greift demgegenüber nicht durch.
1. Dabei war es dem Landgericht im vorliegenden Fall nicht verwehrt, trotz der erkannten Lücken in der Sachverhaltsdarstellung der Anklage den hinreichenden Tatverdacht zu verneinen. Zwar muss zur Wahrung der Umgrenzungsfunktion bei einem – wie hier – gegen mehrere Angeschuldigte gerichteten Vorwurf der gemeinschaftlichen Begehungsweise anhand der Anklage erkennbar sein, welcher individuelle Tatbeitrag dem einzelnen Angeschuldigten vorgeworfen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 1986 – 1 StR 646/85, NStZ 1986, 329; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, NJW 2010, 308). Zudem scheidet bei fehlender Wahrung der Umgrenzungsfunktion der Anklage die Prüfung des Vorliegens eines hinreichenden Tatverdachts grundsätzlich aus, weil es insoweit an der erforderlichen Grundlage für die Prüfung fehlt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 8. Juni 2020 – 2 Ws 63/20). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Anklagevorwurf mit der Beschaffenheit eines bestimmten Tatobjekts – nämlich der Einordnung der in der Anklage beschriebenen 750 Metallstücke als Falschgeld – steht und fällt. Da diese Beschaffenheit gänzlich unabhängig von den Tatbeiträgen der Angeschuldigten zu beurteilen ist, fehlt es insoweit nicht an der notwendigen Prüfungsgrundlage für den hinreichenden Tatverdacht.
2. Das Landgericht hat aus zutreffenden Gründen, die der Senat sich in vollem Umfang zu eigen macht und auch seiner Entscheidung zugrunde legt, darauf erkannt, dass es sich bei den in der Anklage beschriebenen Metallstücken nicht um Falschgeld handelt.
a) Geld ist jedes von einem in- oder ausländischen Staat oder einer durch ihn ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf einen allgemeinen Annahmezwang (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1983 – 1 StR 274/83, BGHSt 32, 198 mwN). Falschgeld im Sinne des § 146 Abs. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn es den Anschein gültigen Geldes erweckt, also seiner Beschaffenheit nach geeignet ist, im gewöhnlichen Zahlungsverkehr Arglose zu täuschen. Da erfahrungsgemäß selbst mit schlechtesten Fälschungen Täuschungen gelingen, sind dabei an die Ähnlichkeit mit echtem Geld keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Maßgeblich ist, ob im normalen Geldverkehr die Unechtheit unschwer erkannt werden kann, ohne dass eine nähere Prüfung erforderlich ist. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass Falschgeld oft unter Umständen abgegeben wird, die eine Täuschung erleichtern, etwa an dunklen Orten oder an geschäftsunerfahrene Personen. Falsches Geld kann nicht nur bei einer Imitation gültigen Geldes vorliegen, sondern auch dann, wenn - wie bei einem Phantasieprodukt - sich entsprechendes Geld nicht im Umlauf befindet. Entscheidend ist danach das Gesamtbild des nachgemachten Geldes (BGH, Urteil vom 7. Februar 1995 – 1 StR 681/94, BGHR StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2 Falsches Geld 2; BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 – 3 StR 472/02, BGHR StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2 Falsches Geld 3; jew. mwN).
Die vorstehende Definition von Falschgeld knüpft an die Funktion von Geld als Zahlungsmittel an. Bezieht sich der Tatvorwurf – wie hier – auf das Nachmachen von Münzgeld, so ist zwischen Umlaufmünzen und Sammlermünzen zu unterscheiden.
Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 651/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Ausgabe von Euro-Münzen (Amtsblatt L 201/135 vom 27. Juni 2012) können die Mitgliedstaaten zwei Arten von Euro-Münzen ausgeben, nämlich Umlaufmünzen und Sammlermünzen. Letztere gelten nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung nur im Ausgabemitgliedstaat als gesetzliches Zahlungsmittel. Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung müssen sie leicht von Umlaufmünzen unterschieden werden können, wobei als Kriterien ein abweichender Nennwert, eine abweichende Darstellung der Seiten, Abweichungen von Farbe, Durchmesser und Gewicht sowie eine abweichende Randprägung aufgeführt werden. Ferner ist in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung bestimmt, dass die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen treffen, damit kein Anreiz besteht, Sammlermünzen als Zahlungsmittel zu verwenden. Dementsprechend bestimmt § 2 Abs. 1 MünzG, dass der Bund als Sammlermünzen auf Euro lautende Gedenkmünzen (deutsche Euro-Gedenkmünzen) und deutsche Euro-Münzen in Sonderausführung ausprägen kann. Diese sind nach § 2 Abs. 2 MünzG nach Maßgabe des Münzgesetzes zwar gesetzliche Zahlungsmittel im Inland. Nach § 5 Satz 1 Halbsatz 2 MünzG müssen sich die deutschen Euro-Gedenkmünzen aber hinreichend von den Euro-Münzen unterscheiden. Das Bundesministerium der Finanzen kann für diese Sammlermünzen einen über dem Nennwert liegenden Verkaufspreis festlegen (§ 2 Abs. 3 MünzG).
b) Nach diesem Maßstab sind die verfahrensgegenständlichen Metallstücke nicht als Falschgeld einzuordnen. Es handelt sich vielmehr um Medaillen, die nicht den Anschein gültigen Geldes erwecken und nicht geeignet sind, im gewöhnlichen Zahlungsverkehr Arglose zu täuschen.
aa) Eine Verwechselungsgefahr mit Umlaufmünzen ist bereits aufgrund des Durchmessers und des Gewichts der Metallstücke ohne jeden Zweifel von vornherein auszuschließen. Die Medaillen sind mit einem Durchmesser von 40 mm in etwa doppelt so groß wie 2-Euro-Münzen und mit einem Gewicht von 28 g mehr als dreimal so schwer wie die größten Euro-Umlaufmünzen. Die Medaillen weisen auch im Übrigen keine Ähnlichkeit mit Euro-Umlaufmünzen auf. Die aufgeprägte Zahl „20“ liegt deutlich über dem Nennwert von Euro-Umlaufmünzen. Das auf der Zahlseite im Hintergrund geprägte Portal findet sich so oder in ähnliche Form auf keiner Euro-Umlaufmünze. Die Medaillen tragen weder die Aufschrift „Euro“ oder „Euro Cent“ oder eine ähnliche Aufschrift noch das Euro-Zeichen „€“ oder ein diesem ähnliches Zeichen. Die aufgeprägten Worte „Deutschland“ und „Europa“ finden sich so auf offiziellen Münzen nicht. Zudem entspricht die Gestaltung der Medaillen mit zwei kleinen silberfarbenen Einlassungen in dem ansonsten goldfarbenen Münzkörper keiner Gestaltung, die auf Umlaufmünzen zu finden ist. Die auf den Medaillen in einer der kleinen Einlassungen im Hintergrund erkennbare Adlerdarstellung weist insbesondere mit einer entgegengesetzten Blickrichtung und mit den im Vordergrund eingeprägten Landeswappen so deutliche Abweichungen zum Bundesadler auf, das eine Verwechselung mit diesem oder dem Bundeswappen ausgeschlossen ist (vgl. hierzu näher VG Frankfurt, Urteil vom 24. April 2008 – 1 E 4183/07, juris). Schließlich haben die verfahrensgegenständlichen Medaillen glatte Ränder, tragen also nicht wie Euro-Umlaufmünzen eine Rändelung oder Randinschrift.
bb) Es kommt hiernach allenfalls der Anschein in Betracht, es könne sich um Sammlermünzen handeln. Allerdings ist fraglich, ob Sammlermünzen überhaupt unter den Schutz des § 146 StGB fallen.
(1) Dagegen könnten die Gründe sprechen, derentwegen Sammlermünzen im Zivilrecht nicht unter den Begriff des Geldes subsumiert werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2013 – V ZR 108/12, NJW 2013, 2888). Denn Sammlermünzen sind zwar als offizielles Zahlungsmittel zugelassen. Sie sind aber nach ihrer Gestaltung (unüblicher Nominalwert, besonderes Material, unübliche Prägung oder Herstellungsart) nicht für diese Funktion gedacht, sondern dienen als Anlage- oder Sammelobjekte. Hinzu kommt, dass derartige Münzen, wenn sie ausnahmsweise als Zahlungsmittel verwandt werden, in aller Regel nicht zu dem ausgewiesenen Nennwert hingegeben werden. Ein wirtschaftlich vernünftig Denkender wird für diese vielmehr den aktuellen, am Markt erzielbaren Verkaufswert einfordern, was eine aktuelle Wertermittlung bedingt. Diese aber steht einer raschen Abwicklung von Bargeldgeschäften im täglichen Leben entgegen. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass sich Sammlermünzen in ihrer äußeren Gestaltung von den Umlaufmünzen unterscheiden. Ist dem Geschäftspartner die Anerkennung der Sammlermünzen als offizielles Zahlungsmittel nicht bekannt, so wird er ihre Entgegennahme bei Massengeschäften oft verweigern (BGH aaO). Die mit der obigen Definition von Falschgeld in Rechnung gestellten tatsächlichen Umstände, die im herkömmlichen Zahlungsverkehr auch Täuschungen durch „schlechteste Fälschungen“ gelingen lassen, dürften daher bei Sammlermünzen nicht zum Tragen kommen.
Hinzu kommt, dass geschütztes Rechtsgut der Falschgelddelikte die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs sowie das Vertrauen der Allgemeinheit in diesen ist (BGH, Urteil vom 7. Februar 1995 – 1 StR 681/94, NJW 1995, 1844), nicht hingegen der Schutz des Marktes für Sammlermünzen. Das bereits dargestellte Regelungswerk zeigt, dass die als Sammlermünzen herausgegebenen Geldstücke trotz ihrer offiziellen Anerkennung als Zahlungsmittel weder zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt noch hierzu geeignet sind. Ihre Zulassung beruht nicht auf währungspolitischen Gründen, sondern ist dem Interesse der angesprochenen Verkehrskreise an der Sammlung besonders ausgeprägter Münzen, die auch als Zahlungsmittel anerkannt sind, geschuldet. Von ihrer Zwecksetzung her dienen sie als Anlage- und Sammelobjekte. Sie sollen entweder einer Sammlung hinzugefügt werden oder aber, wie bei der Prägung von Geldstücken aus Edelmetallen, als Anlageobjekte dienen, bei denen die Erwartung besteht, dass sie gerade wegen des Edelmetallanteils im Wert gegenüber dem ausgewiesenen Nominalwert oder aber den ohnehin schon höheren Ausgabewert steigen. Beide Aspekte, die sich durchaus überlagern können, haben aber den Effekt, dass diese Münzen - auch wenn sie in einer höheren Stückzahl herausgegeben werden - gerade dem Kreislauf des Geldes entzogen sind (BGH aaO).
(2) Der Senat kann diese Frage indes dahingestellt lassen. Denn auch wenn Sammlermünzen als Geld im Sinne des § 146 StGB anzusehen sind, besteht im vorliegenden Fall keine Verwechselungsgefahr der verfahrensgegenständlichen Medaillen mit solchen. Auch insoweit nimmt der Senat zunächst auf die ausführliche Begründung durch das Landgericht Bezug.
Dies gilt selbst dann, wenn man – unter Anpassung der obigen Definition von Falschgeld – als Maßstab nicht den „gewöhnlichen Zahlungsverkehr“ oder den „normalen Geldverkehr“ anlegt, sondern den gewöhnlichen Markt für Sammlermünzen. Die Ausgestaltung dieses Marktes und das zu erwartende Verhalten der beteiligten Verkehrskreise hat der Bundesgerichtshof in seinem bereits zitierten Urteil vom 14. Juni 2013 – V ZR 108/12 – dargelegt. Dem folgend geht der Senat weiter davon aus, dass die durchschnittlichen Marktteilnehmer auch die Merkmale kennen, die Sammlermünzen von bloßen Medaillen unterscheiden. Insoweit teilt der Senat auch die Auffassung des Landgerichts, dass den Vorschriften, die diese Unterscheidungsmerkmale regeln, wenn auch keine tatbestandsausschließende, so doch eine indizielle Bedeutung dahin zukommt, dass bei deren Einhaltung – wie im vorliegenden Fall – eine Verwechselungsgefahr mit echten Sammlermünzen regelmäßig zu verneinen ist.
Medaillen haben keine Zahlungsverkehrseigenschaft und sind daher kein Geld. Gleichwohl können sie mit Münzgeld verwechselt werden. Daher wird das Bundesministerium der Finanzen durch § 10 MünzG ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu versagen oder unter Bedingungen zuzulassen, dass Medaillen und Münzstücke, bei denen die Gefahr einer Verwechslung mit deutschen Euro-Gedenkmünzen besteht, hergestellt, verkauft, eingeführt oder zum Verkauf oder anderen kommerziellen Zwecken verbreitet werden. Die hiernach erlassene Verordnung über die Herstellung und den Vertrieb von Medaillen und Münzstücken zum Schutz der deutschen Euro-Gedenkmünzen (MedaillenV) verbietet die Herstellung, den Verkauf die Einführung oder kommerzielle Verbreitung von Medaillen oder Münzstücken, soweit eines der in § 2 MedaillenV bezeichneten Münzcharakteristika auch auf die Medaillen/Münzstücke zutrifft. Dies gilt z. B. für die Währungsbezeichnung Euro, den Bundesadler, die Rändelung, das Münzbild, das Münzzeichen und einen Durchmesser innerhalb der vorgegebenen Referenzspanne von 26 Millimeter bis 35 Millimeter.
Auf europäischer Ebene besteht für die Euro-Münzen ein ähnlicher Schutz vor Medaillen und Münzstücken. Mit der Verordnung (EG) 2182/2004 des Rates vom 6. Dezember 2004 über Medaillen und Münzstücke mit ähnlichen Merkmalen wie Euro-Münzen in der durch Verordnung (EG) 46/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 geänderten Fassung soll der Euro als gesetzliche Währung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten und den Drittländern, die mit der Gemeinschaft ein Abkommen über die Einführung des Euro geschlossen haben, geschützt werden. Nach Art. 2 der Verordnung dürfen Medaillen und Münzstücke vorbehaltlich der Art. 3 und 4 nicht hergestellt, verkauft, eingeführt und zum Verkauf oder anderen kommerziellen Zwecken verbreitet werden, wenn sie die Aufschrift Euro, Euro-Cent oder das Euro-Zeichen tragen, ihre Größe innerhalb der Referenzspanne (für den Durchmesser 19 bis 28 mm) liegt oder sie ein Münzbild aufweisen, das ganz oder teilweise dem der Euro-Münzen ähnelt. Das Verbot gilt auch, wenn das Münzbild Symbole erfasst, die die Staatshoheit der Mitgliedstaaten in der Weise, wie sie auf den Euro-Münzen abgebildet sind, zum Ausdruck bringen oder das Münzbild eine ähnliche Gestaltung der Ränder oder eine ähnliche Rändelung wie Euro-Münzen hat oder dem Euro-Zeichen ähnelt.
In der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht bereits ausführlich und zutreffend dargelegt, dass die verfahrensgegenständlichen Medaillen die vorstehend aufgeführten Regelungen einhalten. Während die 20-Euro-Gedenkmünzen komplett in Silber gehalten sind, weisen die Medaillen einen goldfarbenen Körper mit zwei runden, silberfarbenen Einlassungen auf einer Seite auf. Der Durchmesser der Medaillen liegt nicht nur außerhalb der Referenzspanne, sondern übersteigt den der 20-Euro-Gedenkmünzen um ein Drittel. Das Gewicht der Medaillen beträgt nahezu das Doppelte der 20-Euro-Gedenkmünzen. Auch die sonstige Gestaltung der Medaillen verstößt aus den bereits oben im Rahmen des Vergleichs mit Umlaufmünzen näher dargelegten Gründen nicht gegen die Verbotsnormen des § 2 Abs. 2 MedaillenV und des Art. 2 der Verordnung (EG) 2182/2004.
cc) Vor diesem Hintergrund besteht kein hinreichender Tatverdacht, dass mit der Herstellung und dem Vertrieb der in der Anklage beschriebenen Metallstücke Geld in der Absicht nachgemacht worden ist, dass es als echt in Verkehr gebracht oder dass ein solches Inverkehrbringen ermöglicht werde. Auch eine Verurteilung wegen bloßen Versuchs ist nicht wahrscheinlich. Zwar ist anerkannt, dass auch Phantasieprodukte ohne echtes Vorbild als Falschgeld hergestellt und in den Verkehr gebracht werden können. Erforderlich ist jedoch, dass eine zur Verwechslung ausreichende Geldähnlichkeit angestrebt und - wenn die Tat als vollendet angesehen werden soll - tatsächlich erreicht wird (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1983 – 1 StR 274/83, BGHSt 32, 198). Daran fehlt es hier.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO analog.
Einsender: 3. Strafsenat des OLG Celle
Anmerkung:
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