Gericht / Entscheidungsdatum: AG Itzehoe, Beschl. v. 27.02.2024 - 40 Gs 579/24
Eigener Leitsatz:
1. Lässt sich aus der Verfahrensakte nicht ermitteln, wie die Schadenshöhe eines bei einem Verkehrsunfall verursachten Schadens ermittelt wurde, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Schaden über der Erheblichkeitsgrenze liegt.
2. Hat sich der Beschuldigte zwar zunächst - ggf. aus Panik - vorn Unfallort entfernt, wurde dann aber die Leitstelle der Polizei sehr zeitnah über den Unfall informiert und hat sich der Beschuldigte zum Unfallort zurückbegeben und hat dort gegenüber der Polizei den Unfall und seine Beteiligung eingeräumt, liegt eine charakterliche Ungeeignetheit, die die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendig macht, liegt nicht vor.
40 Gs 579/24
Amtsgericht Itzehoe
Beschluss
In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort
hat das Amtsgericht Itzehoe durch die Richterin am Amtsgericht pp. am 27. Februar 2024
beschlossen:
Der Antrag der Staatsanwaltschaft, der Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen und die Durchsuchung zum Zweck der Beschlagnahme des Führerscheins anzuordnen, wird abgelehnt.
Gründe:
Nach den polizeilichen Ermittlungen führte die Beschuldigte am 23.12.2023 gegen 20:55 Uhr in Wilster ein Kraftfahrzeug Seat Ibiza mit dem amtlichen Kennzeichen pp. und verursachte einen Verkehrsunfall. Sie fuhr in einem Kurvenbereich über die Leitlinie und touchierte das Fahrzeug des Zeugen pp. an dem die vordere und hintere Tür beschädigt wurden. Zeugen beobachteten diesen Vorgang und hörten dabei einen lauten Knall.
Obwohl die Beschuldigte den Unfall bemerkt hatte und zumindest damit rechnete, dass ein bedeutender Fremdsachschaden verursacht worden sein konnte, entfernte sie sich sogleich von der Unfallstelle, um sich sämtlichen erforderlichen Feststellungen zu entziehen.
Dies ist strafbar als unerlaubtes Entfernen vorn Unfallort gem. § 142 Abs. 1 Ziff. 1 StGB.
Gem. § 111 a StPO kann die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Fahrerlaubnis entzogen werden wird, § 69 StGB. Gem. § 69 StGB wird die Fahrerlaubnis entzogen, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Beschuldigte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn er sich vorn Unfallort unerlaubt entfernt und weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.
Nach Aktenlage soll der Schaden an den Fahrzeugtüren des Zeugen pp. EUR 1.350,00 betragen, ohne dass sich aus der Akte bisher ergibt, wie diese Schadenshöhe ermittelt wurde. Es ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass der Schaden über der Erheblichkeitsgrenze liegt.
Darüber hinaus liegen bei einer Gesamtwürdigung der Umstände Anhaltspunkte dafür vor, dass die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB nicht besteht und im vorliegenden Fall nicht von einer charakterlichen Ungeeignetheit auszugehen ist. Die Beschuldigte hat sich zwar zunächst - ggf. aus Panik - vorn Unfallort entfernt. Die Leitstelle wurde aber dann sehr zeitnah über den Unfall informiert (BI. 9 d.A.). Die Beschuldigte begab sich zum Unfallort und räumte dort gegenüber der Polizei den Unfall und ihre Beteiligung ein. Die notwendigen Feststellungen wurden daher zeitnah nach dem Unfall ermöglicht. Eine charakterliche Ungeeignetheit, die die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendig macht, liegt daher nicht vor.
Es sind derzeit keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden, dass der Beschuldigten die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen wegen Ungeeignetheit demnächst entzogen werden wird (§ 69 StGB).
Die Entziehung ist deshalb nicht nach § 111a StPO in Verbindung mit § 69 StGB anzuordnen.
Einsender: RA T. Frings, Itzehoe
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