Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Billigung von Straftaten, Ukraine-Krieg, Buchstabe "Z-Symbol", "Bravo Putin"

Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 26.01.2024 – 206 StRR 362/23

Leitsatz des Gerichts:

1. Allein die Wendung „Bravo Putin“ im Kontext einer Stellungnahme zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zwingt ohne weitere eindeutige Anhaltspunkte nicht zu der Auslegung, es liege darin die Billigung einer Straftat gemäß §§ 140 Nr. 2, 138 Nr. 4 StGB i.V.m. § 13 VStGB. Die Wertung einer Äußerung als tatbestandsmäßige Billigung setzt deren sorgfältige Auslegung unter Berücksichtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG voraus. Ein Billigen ist nur dann anzunehmen, wenn die Äußerung für einen normalen Durchschnittsempfänger eindeutig eine die Straftat gutheißende Haltung erkennen lässt. In Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fehlt es daran, wenn Argumente für und wider den Krieg vorgebracht werden, ohne dass den ersteren unmissverständlich der Vorrang zukommt.
2. Ob die Verwendung des Buchstabens „Z“ die Billigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zum Ausdruck bringt, ist Frage des Einzelfalls. Anhand allgemeiner Auslegungsgrundsätze ist das Gutheißen eines Geschehens von dessen bloßer Beschreibung abzugrenzen. Auf die innere Gesinnung des Äußernden kommt es dabei nicht an. Eine Fotocollage, in die ein „Z“ in stilisierter und nicht besonders hervorgehobener Form eingefügt ist, ist nicht schon deshalb, weil sie bei einem durchschnittlichen Betrachter Assoziationen an den Krieg hervorruft, als dessen Billigung zu werten.


In pp.

I. Auf die Revision der Angeklagten werden die Urteile des Landgerichts München I vom 2. August 2023 und des Amtsgerichts München vom 16. Mai 2023 aufgehoben.
II. Die Angeklagte wird freigesprochen.
III. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Das Amtsgericht München hat die Angeklagte mit Urteil vom 16. Mai 2023 der Billigung von Straftaten in zwei mehrheitlichen Fällen schuldig gesprochen und sie deswegen zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 45,00 Euro verurteilt.

Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht München I mit Urteil vom 2. August 2023 auf eine Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 15,00 Euro erkannt und das Rechtsmittel im Übrigen verworfen.

Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 24. Oktober 2023, das Urteil auf die allgemeine Sachrüge hin aufzuheben und an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

II.

Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Das Berufungsurteil hat folgende Feststellungen getroffen, auf die es den Schuldspruch stützt.

a) Die Angeklagte habe am 1. April 2022 in einer öffentlich einsehbaren Unterhaltung auf Facebook einen eigenen Beitrag, der „Bravo Putin“ gelautet habe, mit den folgenden Worten kommentiert: „[…] Krieg ist schrecklich, aber ohne dieser Krieg die Killerviren von Biolaboren und Ukrainien hätten schon 2 Kontinenten getötet. […]“. Die sprachlichen Mängel waren, da es sich um ein wörtliches Zitat handelt, ersichtlich bereits in der Äußerung der Angeklagten enthalten.

b) Am 9. Mai 2022 habe die Angeklagte auf ihrem öffentlich einsehbaren Facebook- Profil eine Abbildung in Form einer Fotocollage gepostet. Unter einer Abbildung Putins sei der Buchstabe „Z“, stilisiert in Form des orange-schwarzen „St.-Georgs-Bandes“, auf einer Flagge der russischen Föderation abgebildet. Neben weiteren Zeichen des russischen Staates seien im unteren Abschnitt der Collage auf einer in den weiß-blau-roten Nationalfarben gehaltenen Karte des russischen Staatsgebiets Soldaten mit einer Fahne der russischen Föderation abgebildet, die – mit Blick auf die Karte im Hintergrund – „westwärts“ marschieren würden.

2. Diese Feststellungen tragen den jeweiligen Schuldspruch nicht. Der Senat kann ausschließen, dass ergänzende Feststellungen, die die Verwirklichung des angenommenen oder eines anderen Straftatbestandes begründen könnten, noch getroffen werden können.

Ungeachtet weiterer Tatbestandsmerkmale des § 140 Nr. 2 StGB i.V.m. § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB, mit deren Verwirklichung sich das Berufungsurteil weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht auseinandersetzt, kann bei einer der Bedeutung des Grundrechts des Art. 5 GG Rechnung tragenden Auslegung weder der textlichen Äußerung vom 1. April 2022 noch der bildlichen Darstellung vom 9. Mai 2022 die Billigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sicher entnommen werden. Andere, straflose Auslegungsvarianten sind zumindest möglich. Ihnen gebührt bei der Beurteilung, ob eine strafbare Äußerung vorliegt, der Vorrang.

a) Tatbestandshandlung des § 140 Nr. 2 StGB stellt das Billigen einer Straftat im Sinne des § 138 StGB dar, wobei, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, als Vortat der Angriffskrieg der russischen Föderation auf die Ukraine im Februar 2022 als völkerrechtswidriges Aggressionsverbrechen gemäß § 13 Abs. 1 VStGB in Betracht kommt.

aa) „Billigen“ bedeutet „Gutheißen“, womit verschiedene Stufen des Beifalls umschrieben sind (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1968, 1 StR 161/68, BGHSt 22, 282, juris Rn. 11; s. auch OVG Magdeburg, Beschluss vom 27. April 2022, 3 M 45/22, NVwZ-RR 2022, 715 Rn. 9; st. Rspr.). Dies ist gegeben, wenn der Billigende eindeutig seine Zustimmung dazu kundgibt, dass die Tat begangen worden ist (LK-StGB/Krauß, 13. Aufl. 2021, § 140 Rn. 11 m.w.N.), gleich ob ausdrücklich oder konkludent. Die Vorschrift will jedoch nicht eine Gesinnung bestrafen. Strafbar kann demnach nur eine erklärte Billigung und damit eine für andere wahrnehmbare Zustimmung sein (BGH a.a.O. Rn. 12). Das Billigen muss zudem eine eigene Erklärung des Äußernden enthalten (LK-StGB/Krauß a.a.O.). Es muss als persönliche Stellungnahme erkennbar sein (MünchKomm-StGB/Hohmann, 4. Aufl. 2021 Rn. 17). Eine ausdrückliche Billigung ist insoweit nicht verlangt, es genügt vielmehr auch ein anderes unmissverständliches äußeres Verhalten. Die zustimmende Kundgebung muss jedoch immer aus sich heraus verständlich sein; sie muss als solche unmittelbar ohne Deuteln als Befürwortung der Straftat erkannt werden (BGH a.a.O. Rn. 13; OLG Hamburg, Beschluss vom 31. Januar 2023, 5 Ws 5-6/23, NStZ 2023, 421 Rn. 21; MünchKomm-StGB/Hohmann a.a.O.). Erforderlich ist die eindeutig, aus sich verständliche Kundgebung eigener Zustimmung. Dabei kommt es darauf an, dass ein Erklärungsempfänger mit normalem Durchschnittsempfinden zu der Schlussfolgerung kommen würde, durch dieses Verhalten solle eine positive Bewertung der Straftat zum Ausdruck gebracht werden (BGH a.a.O.; OLG Hamburg a.a.O.).

bb) Bei der Ermittlung des Sinngehalts einer Äußerung unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Strafbarkeit ist zudem stets die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit des Art. 5 GG zu berücksichtigen.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Bei Meinungen handelt es sich um Äußerungen, die durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt sind. Diese fallen stets in den Schutzbereich von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2018, 1 BvR 673/18, NJW 2018, 2858 Rn. 19; st. Rspr. des BVerfG). Soweit es sich nach diesen Maßgaben um eine von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Äußerung handelt, ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Artikel 5 Abs. 2 GG unterliegt dieses Grundrecht insbesondere den Schranken, die sich aus den allgemeinen Gesetzen ergeben, wozu auch §§ 140, 138 StGB zählen.

Art. 5 Abs. 1 und 2 GG schützen die Meinungsfreiheit als Geistesfreiheit unabhängig von der inhaltlichen Bewertung ihrer Richtigkeit, rechtlichen Durchsetzbarkeit oder Gefährlichkeit. Sie erlauben nicht den staatlichen Zugriff auf die Gesinnung, sondern ermächtigen erst dann zum Eingriff, wenn Meinungsäußerungen die rein geistige Sphäre des Für-richtig-Haltens verlassen und in Rechtsgutverletzungen oder erkennbar in Gefährdungslagen umschlagen (BVerfG a.a.O. Rn. 24).

Um dem Grundrecht der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG angemessen Rechnung zu tragen, ist bei der Prüfung der Strafbarkeit einer Äußerung zunächst deren objektiver Sinn zu ermitteln, wobei nicht die subjektive Absicht des sich Äußernden und nicht das subjektive Verständnis eines von einer Äußerung Betroffenen maßgeblich ist, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Dabei ist, wenn es sich um eine wortgebundene Äußerung handelt, vom Wortlaut auszugehen, zudem sind der sprachliche Kontext, in dem die Äußerung steht und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, zu berücksichtigen; fernliegende Deutungen sind auszuschließen (BVerfG, Kammerbeschl. v. 19. Dezember 2021, 1 BvR 1073/20, NJW 2022, 680 Rn. 28; BVerfG, Beschl. v. 10. Oktober 1995, 1 BvR 1476/91, BvR 1980/91, BvR 102/92 und BvR 221/92, NJW 1995, 3303, 3305). Im Falle von mehrdeutigen Äußerungen ist maßgeblich, ob eine der nicht auszuschließenden Bedeutungsvarianten straffrei wäre (BVerfG NJW 1995, 3303, 3305).

Diese für Fälle beleidigender Äußerungen vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Auslegungsgrundsätze sind auch für die Auslegung von Äußerungen, deren Strafbarkeit nach anderen Strafnormen in Betracht kommt, maßgeblich.

b) Diesen Grundsätzen wird zunächst die vom Berufungsgericht vorgenommene Deutung der Äußerung der Angeklagten vom 1. April 2022 als Billigung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs nicht gerecht.

aa) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Bezeichnung des „Kriegs“ in der zitierten Konversation sich nach dem textlichen und situativen Kontext nur auf den vorbezeichneten Angriffskrieg beziehen kann. Der Senat vermag jedoch unter Zugrundelegung der Sicht eines Erklärungsempfängers mit normalem Durchschnittsempfinden aus einer Analyse des Wortlauts nicht unmittelbar und „ohne Deuteln“ zu erkennen, dass die Auslegung, die Angeklagte heiße den Angriff gut, die einzig mögliche sei. Die Angeklagte bezeichnet den Krieg zunächst als „schrecklich“; soweit sie sodann alternative Entwicklungen, die aus ihrer Sicht ohne diesen eingetreten wären, benennt, stellt sie letztlich Argumente für und wider den Krieg einander gegenüber. Darauf, ob die von ihr vorgebrachten alternativen Szenarien rational, tatsachenbasiert und nachvollziehbar sind oder der Mehrheitsmeinung entsprechen, kommt es nicht an. Äußerungen, bei denen sich Verständnis mit und Kritik an einer Tat mischen, enthalten nur dann ein tatbestandsmäßiges Billigen, wenn die Zustimmung zur Tat so im Vordergrund steht, dass sich mit der erforderlichen Eindeutigkeit ein Gutheißen erkennen lässt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Mai 2017, 2 Rv 9 Ss 177/17, BeckRS 2017, 113382 Rn. 11; LK-StGB/Krauß, 13. Aufl. 2021, § 140 Rn. 14; MünchKomm-StGB Hohmann, 4. Aufl. 2021, § 140 Rn.17.). Eine solche, den Angriffskrieg eindeutig billigende Wertung lässt sich dem Text auch unter Berücksichtigung des Ausdrucks „Bravo Putin“ – dessen Stellung im Text (als Überschrift?) das Landgericht nicht beschreibt – nicht entnehmen.

bb) Der Senat kann ausschließen, dass zu der Frage der Auslegung der gegenständlichen Äußerung weitere Feststellungen getroffen werden können. Die Straflosigkeit der Angeklagten ergibt sich damit bereits aus dem Fehlen des Tatbestandsmerkmals des „Billigens“.

Darauf, dass das Berufungsurteil keine Feststellungen dazu getroffen hat, inwieweit die im Rahmen einer Konversation gefallene Äußerung in der von ihm angenommenen Auslegung geeignet gewesen wäre, den öffentlichen Frieden zu stören, was keineswegs auf der Hand liegt, kommt es damit nicht mehr an.

c) Auch die Auslegung der von der Angeklagten am 9. Mai 2022 geposteten Fotocollage durch das Landgericht als Billigung des russischen Angriffskriegs begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

aa) Einer Auslegung der Collage als tatbestandsmäßige Handlung gemäß § 140 Nr. 2 StGB steht entgegen der Bedenken der Generalstaatsanwaltschaft nicht entgegen, dass die Abbildung keinen Text aufweist. Die Art der Kundbarmachung ist nicht an Worte gebunden (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1968, 1 StR 161/68, BGHSt 22, 282, juris Rn. 13). Nach allgemeinen Grundsätzen genügt für die Annahme des Vorliegens einer Meinungsäußerung auch schlüssiges Verhalten und die Verwendung von Symbolen und bildhaften Darstellungen (vgl. auch OVG Magdeburg, Beschluss vom 27. April 2022, 3 M 45/22, NVwZ-RR 2022, 715 Rn. 9).

bb) Dem Senat ist zwar die Beurteilung des Bedeutungsgehalts der Collage anhand des in den Akten enthaltenen Ausdrucks verschlossen, da das Landgericht davon abgesehen hat, gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung wegen der Einzelheiten Bezug zu nehmen, was möglich und sachgerecht gewesen wäre.

cc) Die Beschreibung des Erscheinungsbildes der Collage in den Feststellungen des Berufungsurteils erlaubt dem Senat indessen die sichere Beurteilung, dass ihr nicht zwingend die Bedeutung der Billigung des russischen Angriffskriegs beizulegen ist, sondern sie stattdessen einer Auslegung zugänglich ist, die nicht strafbar und daher für die Durchsetzung der Meinungsfreiheit der Angeklagten günstiger ist.

(1) Das Landgericht hat zuvörderst darauf abgestellt, dass auf der Collage der Buchstabe „Z“, stilisiert in Form des orange-schwarzen „St-Georgs-Bandes“ abgebildet sei (UA S. 4); der Buchstabe werde als Propagandasymbol für den Angriffskrieg genutzt und diene als Zeichen der Unterstützung der russischen Kriegshandlungen in der Ukraine. Diesen Kontext stelle die Angeklagte zudem mit den gezeigten „westwärts“ in Richtung Ukraine marschierenden Truppen bewusst her. Das St.-Georgs-Band stelle ein militärisches Abzeichen der ehemals sowjetischen Streitkräfte dar, das in der Zivilbevölkerung als Unterstützung der Politik Putins genutzt werde (UA S. 5).

(2) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob bzw. in welchen Fallgestaltungen die Verwendung des Buchstabens „Z“ die (konkludente) Billigung des russischen Angriffskriegens beinhalten kann (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 31. Januar 2023, 5 Ws 5-6/23, NStZ 2023, 421; OVG Magdeburg, Beschluss vom 27. April 2022, 3 M 45/22, NVwZ- RR 2022, 715). Dies lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. OLG Hamburg a.a.O. Rn. 10, 44) und hängt von der Würdigung der tatrichterlich festgestellten Tatsachen, insbesondere des Äußerungskontextes, ab.

(3) Der Senat geht als offenkundig, da allgemeinbekannt, davon aus, dass auf manchen russischen Panzern, die am Angriffskrieg teilnehmen, ein großes, weit sichtbares, wie mit Pinselstrichen aufgetragenes weißes „Z“ angebracht ist bzw. war (vgl. OLG Hamburg a.a.O. Rn. 23), und dieses Symbol im Einzelfall von Unterstützern des Angriffskrieges auch in anderen Kontexten und inzwischen in Abwandlungen verwendet wird.

(4) Nach der vom Landgericht in Worten beschriebenen Beschaffenheit der Collage ist indessen die Auslegung, es handle sich dabei um den Ausdruck der Billigung der völkerrechtswidrigen russischen Aggression, wenn auch nicht ausgeschlossen, so doch nicht die einzige und zudem nicht die naheliegendste Auslegungsvariante.

Die Collage weist nach den Feststellungen eine Vielzahl von Einzelelementen auf, darunter das Porträt Putins, Soldaten, eine Fahne, eine Landkarte und „weitere Zeichen des russischen Staates“ (UA S. 4). Das „Z“ befindet sich lediglich in der oberen Hälfte der Collage, und dort zudem noch „unter einer Abbildung Putins“, kann also nur einen Teil der oberen Hälfte einnehmen. Es hat folglich bereits nach seiner Größe keine auffällige oder hervorgehobene Position. Hinzu kommt, dass es nicht wie das obenstehend beschriebene Symbol „pinselstrichartig“ gestaltet ist, sondern „stilisiert“ in Form eines Bandes; dieses nicht in weiß, sondern in den Farben des „St-Georgs-Bandes“. Damit unterscheidet es sich bereits in seinem Erscheinungsbild erheblich von dem auf Panzern angebrachten und in der Folge als Propagandasymbol genutzten Symbol. Der Senat kann ferner ausschließen, dass dem Durchschnittsbetrachter die Farben des verwendeten Bandes als „Farben des St-Georgs- Bandes“ geläufig sind und ihm die Bedeutung eines entsprechenden militärischen Abzeichens bekannt ist.

Die Feststellungen ergeben damit insgesamt, dass eine aus mehreren bildlichen Einzelelementen und Symbolen zusammengesetzte Darstellung vorliegt, hierunter ein gleichsam verfremdetes, nach seiner Größe nicht besonders hervorgehobenes „Z“. Der Senat hält eine Deutung dieser Darstellung dahingehend für möglich, bzw. sogar naheliegend, dass es sich dabei um eine rein beschreibende Darstellung handelt, die zwar Assoziationen zum russischen gegen die Ukraine gerichteten Aggressionsverbrechen nach § 13 VStGB weckt, aber keine für den verständigen Durchschnittsbetrachter erkennbare Billigung, Gutheißung oder Rechtfertigung beinhaltet. Auf eine etwaige den Krieg billigende innere Gesinnung der Angeklagten kommt es nicht an.

dd) Auch hinsichtlich des Erscheinungsbildes der Collage ist nicht zu erwarten, dass von einem neuen Tatgericht weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Tat unter irgendeinem Gesichtspunkt als strafbare Handlung erscheinen lassen könnten. Mit Blick auf die vom Berufungsgericht in Worten beschriebene Darstellung ist auch von einer etwaigen Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO keine – über nicht entscheidungserhebliche Einzelheiten hinausgehende - abweichende Erkenntnis zu erwarten.

3. Die Angeklagte hat sich damit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt strafbar gemacht. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, waren die verurteilenden Erkenntnisse des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I aufzuheben und war die Angeklagte gemäß § 354 Abs. 1 StPO freizusprechen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

5. Eine Grundentscheidung gemäß §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 8 StrEG über eine Entschädigung der Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen, insbesondere die Beschlagnahme ihres Mobiltelefons, wird nach Anhörung der Beteiligten durch gesonderten Beschluss ergehen.

6. Hinweis für das weitere Verfahren:

Es wird eine Entscheidung über den Verbleib des sichergestellten Mobiltelefons der Angeklagten zu treffen sein.


Einsender: RiBayObLG Dr. G. Gieg, Bamberg

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".