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Entscheidungen

OWi

Akteneinsicht, Bußgeldverfahren, Messreihe, Herausgabe, Token

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Köln, Beschl. v. 09.01.2024 - 811 OWi 225/23 (b)

Eigener Leitsatz:

1. Dem Verteidiger ist auf seinen Antrag die vollständige Messreihe zu einer Geschwindigkeitsmessung zur Verfügung zu stellen, das ohne die Herausgabe der entsprechenden Daten der Anspruch auf des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt würde.
2. Die Herausgabe des (öffentlichen) Token kann hingegen nicht verlangt werden.


Amtsgericht Köln

Beschluss

In dem Verfahren
gegen

Verteidiger:

Der Bußgeldstelle der Stadt Köln wird aufgegeben, dem Verteidiger des Betroffenen oder einem von diesem beauftragten Sachverständigen Einsicht in die vollständige Messreihe vom Tattag zu gewähren, indem die maßgeblichen Datenträger kopiert werden und an ihn übersandt werden.
Der Antrag auf Herausgabe des Token wird abgelehnt.
Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Stadtkasse, soweit der Antrag abgelehnt wurde, trägt der Betroffene die Kosten und notwendigen Auslagen selbst.
Gründe:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist begründet, soweit die Herausgabe der gesamten Messreihe begehrt wird.

Dem Verteidiger ist auf. Antrag die vollständige Messreihe zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus § 46 OWiG in Verbindung mit § 147 StPO. Ohne die Herausgabe der entsprechenden Daten würde der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Wird ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, muss der Betroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorbringen. Das standardisierte Messverfahren bewirkt in diesem Sinne eine Beweislastumkehr, da der Betroffene konkret die Richtigkeit der Messung entkräften muss. Dies ist ihm nicht möglich, wenn er keine vollständige Überprüfung der Messung durchführen kann, was wiederum voraussetzt, .dass ihm alle vorhandenen Daten, insbesondere die gesamte Messreihe, zugänglich gemacht werden. Auch ist eine Begrenzung der herauszugebenden Datensätze, bspw. auf fünf oder acht weitere Messungen aus der Messreihe, nicht statthaft. Der Betroffene muss selbst die Messreihe sichten können, um entscheiden zu können, welche anderen Messungen er anführen möchte um die Fehler in seiner Messung belegen zu können. Eine Vorauswahl durch das Gericht, indem dem Betroffenen nur eine bestimmte Anzahl anderer Messungen oder nur Messungen an bestimmten Positionen der Messreihe zugänglich gemacht werden, würden eine weitere Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten darstellen, da andere Messungen, ohne dass diese hätten geprüft werden können, von vorne herein aus der möglichen Beweisführung ausgenommen werden.

Die Stellungnahme der PTB vom 30.03.2020 ändert hieran nach Auffassung des Gerichts nichts. Soweit die PTB anführt, dass die gesamte Messreihe sehr lang sein könnte und daher praktisch nicht auswertbar sei, stellt dies keinen Grund gegen die Herausgabe dar. Die Auswertung, auch wenn sie ggf. lange dauert oder umfangreich ist, ist die Entscheidung des Betroffenen. Hinsichtlich der weiteren dort aufgeführten Punkte haben gerichtliche Sachverständige in der Vergangenheit die gesamte Messreihe untersucht und vorgetragen, diese zur Auswertung zu benötigen. Diese sachverständige Auskunft kann das Gericht mangels technischer Kenntnisse nicht überprüfen. Sie erscheint aber auch nicht von vorneherein unplausibel.

Gründe des Datenschutzes sprechen nicht gegen die Herausgabe, da die Interessen des Betroffenen ohne die Messreihe nicht gewahrt werden können und zudem die Möglichkeit besteht, die Messreihe zu anonymisieren. Die Daten werden zudem nur einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Personenkreis (Rechtsanwalt und Sachverständiger) zur Verfügung gestellt. Letztlich handelt es sich um Daten, die durch die freiwillige Teilnahme am Straßenverkehr entstanden sind.

Diese Rechtsauffassung wird auch vom OLG Köln geteilt, Beschluss vom 30.05.2023, Az.: 111-1 RBs 288/22.


Soweit Herausgabe des Token begehrt wird, war der Antrag abzulehnen. Die Stadt Köln könnte nur den öffentlichen Token herausgeben. Dieser wäre jedoch potentiell geeignet, die Daten der Messreihe zu verändern, weshalb der öffentliche Token nur an Behörden herausgegeben wird. Der Betroffene ist gehalten, sich an die Hessische Eichdirektion zu wenden. Dort kann er einen Token erhalten. Darüber hinaus besteht nach der Erfahrung des Gerichts auch keine Notwendigkeit zur Herausgabe des Token, da die Sachverständigen die üblicherweise im hiesigen Bezirk mit der Prüfung der Messreihe beauftragt werden, bereits über einen Token verfügen. Dies dürfte bei anderen Sachverständigen nicht anders sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. §§ 467, 465 StPO.

Köln, 09.01.2024
Amtsgericht


Einsender: RA D. Anger, Bergisch Gladbach

Anmerkung:


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