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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Bestellung, Erstreckung, psychische Erkrankung/Verhaltensstörung, Jugendlicher

Gericht / Entscheidungsdatum: LG München II, Beschl. v. 12.12.2023 - 1 J Qs 13/23 jug

Eigener Leitsatz:

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist geboten bei einem gerade 15 Jahre alten Angeklagte, bei dem eine psychische Erkrankung/Verhaltensstörung vorliegt, weswegen er in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist.


Landgericht München II

1 J Qs 13/23 jug

In dem Strafverfahren
gegen pp.

hier: sofortige Beschwerde der Wahlverteidigerin

erlässt das Landgericht München II -1. Jugendkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 12. Dezember 2023 folgenden

Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Miesbach vom 17.10.2023 aufgehoben.

2. Dem Angeklagten wird pp. als Pflichtverteidigerin beigeordnet.
3. Die Kosten-des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstan-denen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 17.10.2023, zugestellt am 20.10.2023, hat das Amtsgericht Miesbach die beantragte Beiordnung von Frau Rechtsanwältin pp. als Pflichtverteidigerin abgelehnt.

Gegen den Beschluss wendet sich der Angeklagte mit Schreiben seiner Wahlverteidigerin vom 26.10.2023, eingegangen beim Amtsgericht am 26.10.2023.

Der Beschwerde hat das Amtsgericht Miesbach nicht abgeholfen.

1. Die Beschwerde des Angeklagten ist nach § 304 Abs.1 StPO statthaft und auch sonst gemäß § 306 Abs. 1 StPO zulässig.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, da die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 68 Nr. 1 JGG i.V.m. § 140 Abs.2 StPO gegeben sind.

Nach § 140 Abs.2 StPO bestellt der Vorsitzende des Gerichts auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder ersichtlich ist, dass sich der Angeklagte nicht selbst verteidigen kann.

Im vorliegenden Fall ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers geboten, weil sich der Angeklagte nicht in ausreichendem Maße selbst verteidigen kann. Er ist erst kürzlich 15 Jahre alt geworden, und zudem besteht eine psychische ErkrankungNerhaltensstörung, weswegen er in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist. Sowohl sein jugendliches Alter als auch sein Gesundheitszustand legen im Rahmen einer Gesamtwürdigung nahe, dass eine erhöhte individuelle Schutzbedürftigkeit vorliegt und er im Strafverfahren daher anwaltlicher Unterstützung bedarf; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, 66. Auflage, Rdnr. 30 zu § 140.

Zudem gibt der Angeklagte an, zur Tatzeit ein „Blackout" gehabt und keine Erinnerung an die Tat zu haben. Dieser Umstand begründet eine gesteigerte Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, da unter Umständen im Verfahren auch Fragen der Schuldfähigkeit zu klären sein werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 464 Abs.1, Abs.2, 473 StPO.


Einsender: RAin J. Braun, München

Anmerkung:


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