Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2023 - 15 U 99/22
Eigener Leitsatz:
Ist der gerichtliche Hinweis, dass ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist, möglicherweise nicht unverzüglich i. S. d. § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO erfolgt ist, gereicht dies der nachreichenden Partei nicht zum Nachteil, indem durch den verspäteten Hinweis die Heilungsmöglichkeiten entfielen.
In pp.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.08.2022 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagtenwegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für die erste Instanz und zweite Instanz wird auf 10.000.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 982 XXA B1 (Anlage TRI1; Klagepatent). Wegen Verletzung dieses Schutzrechts nimmt sie die Beklagten noch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung wurde am 10.06.1999 unter Inanspruchnahme zweier deutscher Prioritäten vom 25.08.1998 und 15.04.1999 eingereicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 25.05.2005 im Patentblatt bekannt gemacht. Das Klagepatent ist mit Ablauf des 10.06.2019 erloschen. Wegen des Wortlauts des erteilten Anspruchs 1 des Klagepatents wird auf die Klagepatentschrift (Anlage TR1) verwiesen.
Auf eine von der Beklagten zu 1. erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 19.04.2021 (Az.: 2 Ni 30/20 (EP); Anlage B1; GRUR-RS 2021, 16453 - Schlossgehäuse) das Klagepatent in eingeschränktem Umfang mit folgendem Patentanspruch 1 aufrechterhalten:
"Schlossgehäuse (3) für einen Kraftfahrzeug-Türverschluss aus Spritzguss-Kunststoff, mit einem oder mehreren elektrischen sowie als Mikro-Schalter (6) ausgebildeten Bauteilen (6), denen elektrische Leitungen (7) mit Anschlusseinrichtungen (8) zugeordnet sind, wobei die elektrischen Leitungen (7) mit dem Schlossgehäuse (3) durch Spritzgießen fest verbunden und in das Schlossgehäuse (3) eingebettet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
die an die elektrischen Leitungen (7) anzuschließenden Mikro-Schalter (6)
einen oder mehrere federnde Anschlussleiter (9) zur endseitigen Kontaktierung mit den Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) aufweisen,
wobei die federnden Anschlussleiter (9) als Leiterblechstreifen (9) ausgebildet sind und in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A) aus dem Mikro-Schalter (6) austreten,
und wobei die federnden Anschlussleiter (9) der Mikro-Schalter (6) derart ausgebildet sind, dass die Federwirkung (Pfeil B) der Anschlussleiter (9) in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A) der Mikro-Schalter (6) ausgerichtet ist, und dadurch auftretende Kräfte nicht oder nur unwesentlich auf den Vergussbereich und das Innere der Mikro-Schalter (6) übertragen werden
und die Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) als senkrecht aufstehende Kontaktstege (10) ausgebildet sind,
wobei die elektrischen Anschlussleiter (9) als Spreizelemente mit Kontaktflächen (11) ausgebildet sind, welche auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar sind,
und wobei die federnden Anschlussleiter (9) ein in etwa parallel zur Fügerichtung (Pfeil A) abgewinkeltes Kontaktende (12) aufweisen, welches eine auffedernde sowie Ω-förmig ausgebildete Klemmausnehmung (13) aufweist, die auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar ist."
Die gegen diese Entscheidung von der Beklagten zu 1. eingelegte Berufung hat der Bundesgerichtshof - im Verlaufe des vorliegenden Berufungsverfahrens - durch Urteil vom 13.06.2023 (Az. X ZR 51/21, Anlage B18, GRUR-RS 2023, 19614 - Schlossgehäuse) zurückgewiesen.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 einen schematischen Vertikalschnitt durch ein Kraftfahrzeugtürschloss mit einem Schlossgehäuse aus Kunststoff zeigt. Figur 2 zeigt einen Teil des Schlossgehäuses mit Anschlusseinrichtungen und einem Mikroschalter als elektrisch anzuschließendes Bauteil (6) in perspektivischer Darstellung.
Die Beklagte zu 1. gehört zur A -Unternehmensgruppe, an deren Spitze die B steht. Sie entwickelte zur Ausrüstung der 7er-Baureihe der C AG (nachfolgend auch nur: C) auf der Grundlage eines mit dieser abgeschlossenen Rahmenentwicklungsvertrags (Anlage B13) ein Heckklappenschloss mit der dortigen Teilenummer D (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) und lieferte ein Muster an C. Die Beklagte zu 2., deren Muttergesellschaft die E GmbH ist, ist ein in Portugal geschäftsansässiges Unternehmen. Sie stellt die angegriffene Ausführungsform gemäß einem mit C abgeschlossenen Langzeitliefervertrag (Anlage B14) in Serie für C her. C ist der einzige Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform. Diese wird von C in Portugal am Werkstor der Beklagten zu 2. abgeholt.
Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einem Schlossgehäuse aus Spritzguss-Kunststoff. Im Gehäuse des Heckklappenschlosses ist ein Schalter mit zwei aus diesem herausragenden Anschlussleitern angeordnet. Die Anschlussleiter kontaktieren Anschlusseinrichtungen elektrischer Leitungen, die mit dem aus Kunststoff bestehenden Gehäuse fest verbunden und in dieses eingebettet sind. Die Anschlusseinrichtungen sind als senkrecht aufstehende Kontaktstege ausgebildet. Die Anschlussleiter sind auf diese Kontaktstege aufgesteckt, und zwar in senkrechter Fügerichtung. Sie treten in etwa orthogonal zur Fügerichtung aus dem Schalter aus und sind als Leiterblechstreifen ausgebildet. Sie weisen ferner ein in etwa parallel zur Fügerichtung abgewinkeltes Kontaktende auf, welches eine Klemmausnehmung aufweist, die auf die Kontaktstege aufsteckbar ist.
Hinsichtlich der (weiteren) konkreten Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird auf das von der Klägerin vorgelegte Muster sowie auf die Anlagen TRI6 und TRI7 Bezug genommen. Letzterer ist das zwecks Veranschaulichung nachfolgend wiedergegebene, von der Klägerin mit Bezugszeichen versehene Bild (vgl. auch Bl.12 LG-Akte) entnommen.
Die Ausgestaltung der Klemmausnehmung der Kontaktenden der Anschlussleiter ist auf den nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (Bl. 94 und 167 LG-Akte) zu erkennen.
Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Verletzung des eingeschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs 1 des Klagepatents während dessen Laufzeit. Mit ihrer Klage hat sie deshalb die Beklagten auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung einer gesamtschuldnerischen Entschädigungs- und Schadenersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Beklagte zu 1. hat sie zudem zunächst auch auf Unterlassung sowie Rückruf und Vernichtung in Anspruch genommen. Den Unterlassungsantrag haben die Parteien in erster Instanz im Hinblick auf den Zeitablauf des Klagepatents in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die die Beklagte zu 1. betreffenden Anträge auf Rückruf und Vernichtung hat die Klägerin im ersten Rechtszug mit Zustimmung der Beklagten zu 1. zurückgenommen.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht im Wesentlichen geltend gemacht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des eingeschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere seien die Anschlussleiter der angegriffenen Ausführungsform als federnde Spreizelemente im Sinne des Klagepatents ausgestaltet und wiesen Omegaförmige Klemmausnehmungen auf. Diese setzten eine geschlossene, rund ausgebildete Oberseite und eine offene Unterseite, die wiederum eine abgerundete Engstelle habe, die sich in einer Rundung nach außen wieder öffne, voraus. Ob der dazwischen liegende Bereich bauchig sei, sei weder begrifflich noch technisch funktional von Bedeutung. Die Beklagten hafteten als Gesamtschuldner, da sie bei der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform an C in Deutschland arbeitsteilig zusammenarbeiteten. Der Entwicklungsvertrag (Anlage B13) und der Langzeitliefervertrag über die Serienfertigung (Anlage B14) stellten eine untrennbare Einheit dar. Die Benutzung der patentgemäßen Lehre erfolge unberechtigt. Die Rechte aus dem Klagepatent seien hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform nicht aufgrund der der F GmbH erteilten Lizenz erschöpft. Der zugelieferte Schalter betreffe nur das elektrische Bauteil und führe nicht zur Erschöpfung am Gesamtgegenstand, d.h. der angegriffenen Ausführungsform.
Die Beklagten, die Klageabweisung und hilfsweise Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung der gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage beantragt haben, haben erstinstanzlich geltend gemacht, die Anschlussleiter der angegriffenen Ausführungsform seien nicht federnd und spreizend ausgebildet. Sie seien U-förmig, wobei die U-förmigen Enden der Anschlussleiter starr ausgebildet seien und in das Material der elektrischen Leiter einschnitten. Der Abstand der U-Form sei so gewählt, dass er minimal unter dem Durchmesser der nach oben stehenden elektrischen Leiter liege. Die Schenkel würden daher gerade nicht aufgeweitet und elastisch verformt. Auch der obere Bereich der Anschlussleiter sei nicht federnd. Ebenso fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform an einer Omegaförmigen Klemmausnehmung. Die Klemmausnehmung weise vielmehr eine U-Form mit senkrechten, steil verlaufenden Seitenwänden auf.
Da - insoweit unstreitig - die in der angegriffenen Ausführungsform verbauten Schalter von der F GmbH bezogen werden, der die Klägerin eine Lizenz an dem Klagepatent zum Vertrieb dieser Schalter erteilt hat, scheide eine Verletzung auch wegen dieser Lizenzierung aus. Als Abnehmer der F GmbH gelte die Lizenz auch für sie.
Die Beklage zu 2. stelle - insoweit unstreitig - ausschließlich in Portugal her, so dass diese keine inländischen Patentverletzungen begehe. C sei für die Entwicklung der angegriffenen Ausführungsform ausschließlich an die Beklagte zu 1. herangetreten und für die Serienproduktion ausschließlich an die Beklagte zu 2. Mit der Entwicklung der angegriffenen Ausführungsform und der Bemusterung sei die Tätigkeit der Beklagten zu 1. beendet gewesen.
Die Beklagten haben sich außerdem auf Verjährung berufen. Die Klägerin hätte problemlos herausfinden können, dass die Beklagte zu 2. Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform war.
Mit Urteil vom 25.08.2022 (4a O 70/18) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verwirkliche nicht das Merkmal, wonach die federnden Anschlussleiter der Mikro-Schalter ein in etwa parallel zur Fügerichtung abgewinkeltes Kontaktende aufwiesen, welches eine auffedernde sowie "Ω-förmig" (Omegaförmig) ausgebildete Klemmausnehmung aufweise. Nach dem Verständnis des Fachmanns sei eine Omega-Form bauchig und an der geschlossenen Oberseite rund ausgebildet und weise an der offenen Unterseite eine abgerundete Engstelle auf, die sich in einer Rundung nach außen wieder öffne. Bei der angegriffenen Ausführungsform fehle es an bauchigen Seitenwänden. Diese seien vielmehr nahezu parallel.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 4 - 28 eGA) Bezug genommen, § 540 ZPO.
Gegen das am 25.08.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.09.2022, beim Oberlandesgericht am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt, wobei sie diese über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) im Dateiformat .docx (im Folgenden auch: Word-Datei) übermittelt hat. Auf einen Hinweisbeschluss des Senats vom 20.03.2023 hat sie mit Schriftsatz vom selben Tag die Berufungsschrift vom 08.09.2022 nochmals im Dateiformat PDF eingereicht, wobei ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx mit derjenigen im Dateiformat PDF inhaltlich übereinstimmt.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht sie im Wesentlichen geltend:
Das Landgericht habe die Ausführungen des Bundespatentgerichts missverstanden und fälschlich angenommen, bauchige Seitenwände seien konstitutiv für eine Omega-Form zur Erreichung der klagepatentgemäßen Aufgabe. Das im Nichtigkeitsurteil erwähnte Wort "bauchig" könne dem Zusammenhang nach allenfalls eine graduelle Abstufung im Sinne von "steiler" bis "senkrecht" bedeuten und liege auch dann vor, wenn die Oberseite gerundet sei und im Verlauf bis zur Engstelle mehr oder minder gerade Seiten beobachtet würden. Festzuhalten sei weiter, dass das Bundespatentgericht zur Erreichung einer "guten Kontaktierung" gerade keine bauchigen Seitenwände voraussetze, sondern - gegenteilig - gerade und parallele Seitenwände wie in Figur 3 der NKL 17 hierfür als geeignet ansehe. Hieraus und aus der Erwähnung der "Rechteckigkeit" folge die Abgrenzung der Omega-Form gegenüber nicht patentgemäßen Klemmausnehmungen. Dass es auf die Form des Zwischenbereichs zwischen dem Ende der rund ausgestalteten Oberseite bis zum Erreichen der abgerundeten Engstelle (= Seitenwände) technischfunktional nicht ankomme, entspreche auch der ausdrücklichen und wiederholten Einlassung/Argumentation der Beklagten im Nichtigkeitsberufungsverfahren. Dass eine Fortsetzung der gerundeten Oberseite bis zur Engstelle zusätzlich zu der gerundeten Oberseite selbst Materialspannungen weiter reduziere ("optimiere"), sei von ihr in erster Instanz ausdrücklich bestritten worden. Auch habe die Beklagte im Nichtigkeitsberufungsverfahren darauf hingewiesen, dass man die Figur 3 der NKL17 auch ohne Weiteres als Omega-Form bezeichnen könne.
Hiervon ausgehend sei auch das Teilmerkmal "Omegaförmig ausgebildete Klemmausnehmung" wortsinngemäß verwirklicht. Das gelte auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Nichtigkeitsberufungsurteil. Der Bundesgerichtshof habe auch langgestreckte Omega-Formen mit zumindest teilweise geradlinigen Seitenbereichen als Omegaförmig im Sinne des Merkmals angesehen, dies ausdrücklich bei Figur 3, aber auch bei Figur 1 der NKL22 und bei Figur 4 der NKL6. Zumindest teilweise geradlinige Seitenbereiche führen somit nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents. Dies sei auch ohne weiteres nachvollziehbar, da die Federkraft im Ausgangspunkt durch die runde Oberseite erzeugt werde, an die sich eine gebogene Seitenfläche mit anschließend geradlinigem Bereich und hieran wiederum ein gebogener Seitenbereich bis zur Engstelle anschließen. Die teilweise geraden Seitenwände seien für die Erzeugung der Federkraft hingegen ohne Belang. Sie profitierten allerdings offensichtlich von diesen - im oberen Bereich erzeugten - Vorteilen bzw. der gleichmäßigen Kraftverteilung. Für die Länge des geradlinigen Teil-Seitenbereichs - absolut und/oder im Verhältnis zu den weiteren Bereichen des Anschlussleiters - enthalte das Klagepatent keine einschränkenden oder ausschließenden Vorgaben. Entscheidend sei, dass das Auftreten von Rissen beim Auffedern mittels der runden Gestaltung und eines homogenen, gleitenden Übergangs vermieden werde.
Der Anschlussleiter der angegriffenen Ausführungsform weise eine geschlossene runde Oberseite auf. Hieran schließe sich ein runder Seitenbereich an. Der weitere Seitenbereich verjünge sich dann in gebogener Form zu einer Engstelle, die sich im weiteren - runden - Verlauf wieder öffne. Der Durchmesser vergrößere sich mithin ab der Engstelle in Richtung Oberseite über einen ausgeprägten Bereich hin. Wie in erster Instanz dargetan, seien bei der angegriffenen Ausführungsform die Anschlussleiter auch "federnd" ausgebildet.
Die Klägerin beantragt,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und
I. die Beklagten jeweils zu verurteilen,
1. ihr, der Klägerin, unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten jeweils in der Zeit vom 25.05.2006 bis 10.06.2019
Schlossgehäuse (3) für einen Kraftfahrzeug-Türverschluss aus Spritzguss-Kunststoff mit einem oder mehreren elektrischen sowie als Mikro-Schalter (6) ausgebildeten Bauteilen (6), denen elektrische Leitungen (7) mit Anschlusseinrichtungen (8) zugeordnet sind, wobei die elektrischen Leitungen (7) mit dem Schlossgehäuse (3) durch Spritzgießen fest verbunden und in das Schlossgehäuse (3) eingebettet sind, die an die elektrischen Leitungen (7) angeschlossenen Mikro-Schalter (6) einen oder mehrere federnde Anschlussleiter (9) zur endseitigen Kontaktierung mit den Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) aufweisen, wobei die federnden Anschlussleiter (9) als Leiterblechstreifen (9) ausgebildet sind und in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A der Figur 2 des Klagepatents gem. Anlage TRI1) aus dem Mikro-Schalter (6) austreten und wobei die federnden Anschlussleiter (9) der Mikro-Schalter (6) derart ausgebildet sind, dass die Federwirkung (Pfeil B der Figur 2 des Klagepatents gem. Anlage TRI1 ) der Anschlussleiter (9) in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A der Figur 2 des Klagepatents gem. Anlage TRI1) der Mikro-Schalter (6) ausgerichtet ist und dadurch auftretende Kräfte nicht oder nur unwesentlich auf den Vergussbereich und das Innere der Mikro-Schalter (6) übertragen werden und die Anschlusseinrichtungen (8) der elektrischen Leitungen (7) als senkrecht aufstehende Kontaktstege ausgebildet sind, wobei die elektrischen Anschlussleiter als Spreizelemente mit Kontaktflächen (11) ausgebildet sind, welche auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar sind und wobei die federnden Anschlussleiter (9) ein in etwa parallel zur Fügerichtung (Pfeil A der Figur 2 des Klagepatents gem. Anlage TRI1) abgewinkeltes Kontaktende (12) aufweisen, welches eine auffedernde sowie Ω-förmig ausgebildete Klemmausnehmung (13) aufweist, die auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar ist,
in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, angeboten und/oder in den Verkehr gebracht haben und/oder zu diesen Zwecken eingeführt und/oder besessen haben oder Vorstehendendes jeweils haben tun lassen,
was auch dann gilt, wenn diese Produkte von der Beklagten zu 2. im Ausland an Unternehmen des C-Konzerns (§§ 15 ff. AktienG) ausgeliefert worden sind und die Beklagten zu 1. und zu 2. infolge des Entwicklungsvertrags der Beklagten zu 1. mit der C AG vom 10.06.2013 und des Langzeitliefervertrages der Beklagten zu 2. mit der C AG vom Wirkung vom 26.03.2013 wussten oder für diese infolge der Abmahnung der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1. vom 17.10.2016 konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die abnehmende C-Gesellschaft die Produkte weiter nach Deutschland liefern oder liefern lassen und dort besitzen und/oder anbieten würde
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der nach Deutschland eingeführten und/oder hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsdürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen und
wobei Angaben zu den "Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren" und zu den "Preisen, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden" erst für Handlungen ab dem 30.04.2006 zu machen sind und
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses in elektronischer Form Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I.1. bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 01.04.2000 bis 10.06.2019 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten deren Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage hin mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
und wobei die Angaben zu d) bezüglich der zu I.1. bezeichneten Handlungen nur für die Zeit seit dem 25.06.2005 zu machen sind;
II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind,
1. ihr, der Klägerin, für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 01.04.2000 bis 24.06.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 25.06.2005 bis 10.06.2019 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend, wobei sie im Wesentlichen geltend machen:
Aus technischen Gründen sei es bereits unzutreffend, die drei Unterscheidungskriterien der Omega-Form, Glockenform und Tulpenform (Oberseite, Längsseiten und Unterseite) auf zwei Teilmerkmale zu verkürzen. Alle drei Teilmerkmale trügen zur vorteilhaften Kraftverteilung und Federwirkung bei und seien deshalb für die Gestaltung der Klemmausnehmung maßgeblich. Kerbwirkungen, wie sie an den Ecken auftreten würden, sollten vermieden werden. Die Klägerin stelle zudem die beiden nach ihrer Ansicht ausreichenden Merkmale unzutreffend dar. Denn hinsichtlich der Tulpe beschränke die Klägerin die Oberseite der Tulpe auf eine "gerade" Ausgestaltung, wohingegen bereits das Bundespatentgericht ausgeführt habe, dass die Unterseite wie bei der Omega-Form eine entsprechende Engstelle aufweisen könne. Was die Figur 3 des Klagepatents anbelange, seien die Flanken der in dieser Figur gezeigten Ausführungsform eben nicht senkrecht. Das Bundespatentgericht habe die aus dem Stand der Technik vorbekannte Tulpenform mit ihren steileren und senkrechten Seitenbereichen explizit von der Omega-Form ausgeschlossen. Dem sei der Bundesgerichtshof nicht entgegen getreten. Er habe sich ausschließlich mit der Omega-Form befasst und für diese die drei Gestaltungsmerkmale - runde Oberseite, runde Seiten, Engstelle, die sich im weiteren Verlauf wieder öffnet - als notwendig angesehen. Auch aus seinen Ausführungen zur Abgrenzung zum Stand der Technik lasse sich nichts anderes entnehmen, wobei darauf hinzuweisen sei, dass die NKL 21 und NKL 22 des Nichtigkeitsberufungsverfahrens nicht in das hiesige Verfahren eingeführt worden seien. Der Fachmann erkenne, dass der eingeschränkte Anspruch eine konkrete Auswahl auf eine bestimmte Form, nämlich die Omega-Form sei.
Außerdem werde an dem erstinstanzlichen Vorbringen zur Nichtverwirklichung der die federnde Ausbildung der Anschlussleiter betreffenden Anspruchsmerkmale festgehalten. Ebenso hielten sie an dem Einwand der Erschöpfung (Lizenzerteilung) und der Einrede der Verjährung fest.
Die Anträge auf Auskunft und Rechnungslegung könnten nicht so formuliert werden, dass die Beklagte zu 1. Auskunft bzw. Rechnungslegung für Handlungen der Beklagten zu 2. zu erteilen hätte. Die Beklagte zu 1. sei eine (untergeordnete) Unternehmenseinheit, die sich im Streitfall ausschließlich mit Entwicklungstätigkeiten befasst habe. Mit der Fertigstellung der Entwicklung sei die Tätigkeit der Beklagten zu 1. beendet. Die Beklagte zu 2. sei nicht der Beklagten zu 1. unterstellt oder sonst wie untergeordnet. Auch sei eine gesamtschuldnerische Haftung nicht ersichtlich, weil beide Beklagten völlig unterschiedliche Handlungen auf unterschiedlichen "Vertriebsstufen" begingen, die eben nicht ein- und denselben Schaden verursachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
A. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.
Dabei kann dahinstehen, ob die am 08.09.2022 eingegangene Berufung aus den Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 20.03.2023 (Bl. 127-130 eA), auf die Bezug genommen wird, zunächst nach § 130a ZPO i. V. m. § 2 ERRV wegen Nichteinhaltung der Form unzulässig gewesen ist, weil die ursprüngliche Übermittlung der Berufung nicht in dem zugelassenen Dateiformat PDF, sondern als Word-Datei erfolgt ist (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2023 - I-6 U 184/22; Siegmund, NJW 2023, 1681 Rn. 35; Bader, NZA 2023, 403). Denn die Klägerin hat einen (etwaigen) Mangel jedenfalls i. S. v. § 130a Abs. 6 ZPO geheilt.
Nach § 130a Abs. 6 ZPO hat das Gericht, wenn sich ein elektronisches Dokument nicht zur Bearbeitung eignet, dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und der geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen (S. 1). Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt (S. 2). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin hier erfüllt, als sie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.03.2023 ihre Berufung noch am selben Tag im Dateiformat PDF hat einreichen lassen und ihr Prozessbevollmächtigter versichert hat, dass die nunmehr eingereichte Berufungsschrift im Dateiformat PDF mit der zuerst eingereichten Berufungsschrift vom 08.09.2022 im Dateiformat .docx inhaltlich übereinstimmt. Unschädlich ist, dass der gerichtliche Hinweis möglicherweise selbst nicht unverzüglich i. S. d. § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO erfolgt ist. Denn dies kann der nachreichenden Partei nicht zum Nachteil gereichen, indem durch den verspäteten Hinweis die Heilungsmöglichkeiten entfielen. Die betreffende Partei ist durch die (möglicherweise) verzögerte Handlung des Gerichts zwar nicht von ihrer Obliegenheit entbunden, nach dem erteilten Hinweis ihrerseits unverzüglich die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Heilung eines Formverstoßes zu ergreifen, was die Klägerin hier getan hat. Die Unverzüglichkeit des gerichtlichen Hinweises ist aber keine Voraussetzung für die Notwendigkeit der Fristwahrung der Partei nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO. Der Hinweis dient ausschließlich dazu, ein Handeln der Partei innerhalb der noch nicht abgelaufenen Frist oder aber nach § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO zu ermöglichen. Die Position der Gegenpartei ist insoweit nicht schutzbedürftig. Sie kann daher im Fall eines nicht mehr unverzüglichen Hinweises des Gerichts nicht darauf vertrauen, der Formfehler wirke sich zu ihren Gunsten aus (vgl. BAG NJW 2022, 1832 Rn. 28 zu § 130a Abs. 6 ZPO aF; BAG, NJW 2023, 623 Rn. 50 zu § 46c Abs. 6 ArbGG; BeckOK ZPO/von Selle, 49. Ed. Stand: 01.07.2023 ZPO § 130a Rn. 26.1).
B. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die (noch) geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte technischen Lehre in der Fassung des - nach Zurückweisung der Nichtigkeitsberufung durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.06.2023 - rechtskräftigen Urteils des Bundespatentgerichts vom 19.04.2021 nicht.
1. Das Klagepatent betrifft ein Schlossgehäuse für einen Kraftfahrzeug-Türverschluss aus Kunststoff mit einem oder mehreren elektrischen Bauteilen, denen elektrische Leitungen mit Anschlusseinrichtungen zugeordnet sind, wobei die elektrischen Leitungen mit dem Gehäuse fest verbunden sind. Elektrische Bauteile sind z.B. Mikroschalter für die Ansteuerung einer Zentralverriegelung.
Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung angibt, ist ein derartiges Schlossgehäuse aus der DE-A-4 306 XXB (Anlage TRI3 / KAP3 = NKL2) bekannt (Anlage TRI1, Abs. [0001]; die nachfolgenden Bezugnahmen betreffen jeweils die Klagepatentschrift). Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift werden solche Schlossgehäuse bewehrt, indem die elektrischen Leitungen und die Kontaktvorrichtungen in eine Spritzgießform eingelegt und auf diesem Wege in das Gehäuse eingebettet oder eingespritzt werden. Die eingebetteten Leitungen bestünden regelmäßig aus einem galvanisch leitenden Kunststoff oder einer galvanisch leitenden Kunststoffschicht und seien mit einer metallisch leitenden Auflage versehen. Die Anschlusseinrichtungen seien als Lothülsen oder als Taschen mit federnden Lippen ausgebildet (Abs. [0002]).
Zur besseren Veranschaulichung des Standes der Technik wird nachfolgend die Figur 3 der DE 43 06 XXB A1 wiedergegeben.
Es sind elektrische Bauteile (6) vorgesehen, bei denen es sich z.B. um Schalter handeln kann. Diese sind über elektrische Leitungen (7) mit einer - nicht dargestellten - Kontaktvorrichtung (8) verbunden. Die elektrischen Leitungen (7) sind in aus Spritzgießkunststoff bestehende Bereiche des Schlossgehäuses (3) im Wege des Spritzgießens eingebettet. Sie sind im Bereich der angeschlossenen elektrischen Bauteile (6) mit Anschlussausbildungen (10) oder Anschlusseinrichtungen für die Anschlussleiter (9) der elektrischen Bauteile (6) versehen, wobei Figur 3 eine Ausführungsform mit "federnden Lippen" (10) zeigt (NKL2, Sp. 2 Z. 61 - Sp. 3 Z. 8).
Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, ein Gehäuse zur Verfügung zu stellen, das einfach zu montieren ist, allen Anforderungen an die Stabilität genügt, einen einwandfreien elektrischen Kontakt gewährleistet und auftretende Federkräfte möglichst nicht auf die elektrischen Bauteile überträgt (Abs. [0002]; BGH, Urt. v. 13.06.2023 - X ZR 51/21, GRUR-RS 2023, 19614 [nachfolgend: NU] Rn. 8; BPatG, Urt. v. 19.04.2021 - 2 Ni 30/20 (EP), Anlage B1, S. 12, GRUR-RS 2021,16453 [nachfolgend: NU] Rn. 25).
Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 in seiner rechtskräftigen Fassung ein Schlossgehäuse mit folgenden Merkmalen vor:
1. Schlossgehäuse (3) für einen Kraftfahrzeug-Türverschluss
1.1 aus Spritzguss-Kunststoff
1.2 mit einem oder mehreren elektrischen sowie als Mikroschalter ausgebildeten Bauteilen (6).
2. Den Mikroschaltern (6) sind elektrische Leitungen (7) mit Anschlusseinrichtungen (8) zugeordnet.
3. Die elektrischen Leitungen (7) sind mit dem Schlossgehäuse (3) durch Spritzgießen fest verbunden und in das Schlossgehäuse (3) eingebettet.
4. Die Mikroschalter (6) weisen einen oder mehrere federnde Anschlussleiter (9) zur endseitigen Kontaktierung mit den Anschlusseinrichtungen (8) auf.
5. Die Anschlusseinrichtungen (8) sind als senkrecht aufstehende Kontaktstege (10) ausgebildet.
6. Die Anschlussleiter (9)
6.1 treten in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A) aus dem Mikro-Schalter (6) aus,
6.2 sind als Leiterblechstreifen (9) ausgebildet,
6.3 sind als Spreizelemente mit Kontaktflächen (11) ausgebildet, welche auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar sind,
6.4 weisen ein in etwa parallel zur Fügerichtung (Pfeil A) abgewinkeltes Kontaktende (12) auf, welches eine auffedernde sowie Ω-förmig ausgebildete Klemmausnehmung (13) aufweist, die auf die Kontaktstege (10) aufsteckbar ist,
6.5 sind derart ausgebildet, dass ihre Federwirkung (Pfeil B) in etwa orthogonal zur Fügerichtung (Pfeil A) der Mikro-Schalter (6) ausgerichtet ist und
6.6 dadurch auftretende Kräfte nicht oder nur unwesentlich auf den Vergussbereich und das Innere der Mikro-Schalter (6) übertragen werden.
Zum Verständnis des Patentanspruchs 1 sind folgende Bemerkungen veranlasst:
a) Unter Schutz gestellt ist ein Schlossgehäuse aus Spritzguss-Kunststoff für einen Kraftfahrzeug-Türverschluss. In dem Gehäuse sind ein oder mehrere elektrische sowie als Mikroschalter ausgebildete Bauteile (6) angeordnet. Diesen sind elektrische Leitungen (7) mit Anschlusseinrichtungen (8) zugeordnet, wobei die elektrischen Leitungen (7) mit dem Schlossgehäuse durch Spritzgießen fest verbunden und in das Schlossgehäuse eingebettet sind.
Um eine stabile und gegen Erschütterungen unempfindliche elektrische Verbindung zwischen den im Schlossgehäuse angeordneten Mikroschaltern (6) und den zugehörigen Anschlusseinrichtungen (8) zu gewährleisten, sehen die Merkmale 4 bis 6.6 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung eine besondere Ausgestaltung der Anschlussleiter (9) und eine darauf abgestimmte Ausgestaltung der Anschlusseinrichtungen (8) vor.
Nach Merkmal 4 sind die Anschlussleiter (9) federnd ausgebildet. Das Klagepatent wählt damit einen anderen Ansatz als die einleitend in der Beschreibung erwähnte DE-A-4 306 XXB (NKL2), bei der - als Option - die Anschlusseinrichtungen (und nicht die Anschlussleiter) federnd ausgebildet sind (vgl. auch BGH, NU Rn. 16). Das Klagepatent geht insoweit nach der Patentbeschreibung von der Erkenntnis aus, dass Kontaktprobleme zwischen elektrischen Bauteilen (Mikroschaltern) und elektrischen Leitungen durch Verformungen oder sonstige Veränderungen des metallisierbaren Kunststoffs nicht zu befürchten sind, wenn die Anschlussleiter der elektrischen Bauteile federnd ausgebildet sind, weil die Anschlusseinrichtungen der elektrischen Leitungen im Schlossgehäuse dann als gleichsam starre Anschlusseinrichtungen ausgebildet sein können, so dass Verformungen unproblematisch sind (Abs. [0004], Sp. 1 Z. 53 - Sp. 2 Z. 5). Die Anordnung der Elemente mit Federwirkung im Bereich der Anschlussleiter der elektrischen Bauteile ermöglicht nach der Klagepatentbeschreibung zudem eine besonders einfache Fertigung des Gehäuses (Abs. [0004], Sp. 2 Z. 5-10).
Eine zusätzliche Maßnahme, um die Verbindung und die Mikroschalter vor auftretenden Erschütterungen zu schützen, bildet die in den Merkmalen 6.1, 6.2 und 6.4 definierte Ausgestaltung der Anschlussleiter, die als Leiterblechstreifen ausgebildet sind, orthogonal aus dem Mikroschalter austreten und ein in etwa parallel zur Fügerichtung abgewinkeltes Kontaktende mit einer auffedernden Klemmausnehmung (13) aufweisen, wobei mit Fügerichtung die Richtung gemeint ist, in welcher die Mikroschalter in das Gehäuse eingesetzt werden (Abs. [0004], Sp. 1, Z. 48-50). Durch diese Ausgestaltung können die Anschlussleiter (9) Kräfte, die senkrecht zur Fügerichtung wirken, auffangen und von den Anschlusseinrichtungen (8) sowie den Mikroschaltern (6) fernhalten. Beschädigungen der Mikroschalter sind nach der Patentbeschreibung nicht zu befürchten, weil die auftretenden Kräfte nicht oder nur unwesentlich auf den Vergussbereich und das Innere der elektrischen Bauteile übertragen werden. Der Anschlussleiter wird zwar beim Fügen kurzzeitig belastet, anschließend werden die Belastungen jedoch weitestgehend unterdrückt, weil die Federwirkung der Anschlussleiter in etwa senkrecht zur Fügerichtung der Mikroschalter ausgerichtet ist. Es besteht damit nicht die Gefahr, dass die empfindlichen Schaltwerke der Mikroschalter beschädigt werden (Abs. [0004], Sp. 2 Z. 10-22).
Die nach Merkmal 6.5 in etwa orthogonal zur Fügerichtung ausgerichtete Federwirkung der Anschlussleiter (9) ermöglicht eine sichere Verbindung mit den Anschlusseinrichtungen (8), die gemäß Merkmal 5 als senkrecht aufstehende Kontaktstege (10) ausgebildet sind (vgl. auch BGH, NU Rn. 19).
Die am Kontaktende (12) der Anschlussleiter (9) ausgebildete auffedernde Klemmausnehmung (13) im Sinne von Merkmal 6.4 ist ein offener Bereich am Ende des Leiterblechstreifens (9), der so ausgestaltet ist, dass das die Ausnehmung (13) umgebende Material eine Klemmwirkung entfalten kann (vgl. auch BGH, NU Rn. 19). Eine solche Ausgestaltung ist beispielhaft in der zur besseren Veranschaulichung nachfolgend nochmals koloriert wiedergegebenen Figur 2 der Klagepatentschrift gezeigt.
Wie hieraus zu ersehen ist, weisen die Anschlussleiter (9; gelb) an ihrem parallel zur Fügerichtung (Pfeil A) abgewinkelten Kontaktende (12) jeweils eine (auffedernde) Ausnehmung (13) auf, die auf die Kontaktstege (10; grün) aufsteckbar ist (vgl. Abs. [0012]).
Merkmal 6.4 grenzt den Gegenstand des Klagepatents von einer Ausgestaltung ab, wie sie beispielhaft in der - später wiedergegebenen - Figur 3 der Klagepatentschrift dargestellt ist (vgl. BGH, NU Rn. 23). Bei der in dieser Figur gezeigten Ausführungsform sind die Leiterblechstreifen (9) über ihre gesamte Länge hinweg ohne Ausnehmung ausgestaltet. Die Klemmwirkung wird dadurch erzielt, dass die Anschlussstreifen eine Biegung aufweisen, die einen in Fügerichtung geöffneten Klemmbereich (14) ausbilden (Abs. [0012]; BGH, NU Rn. 24). Diese Ausgestaltung ist Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 7 (vgl. BGH, NU Rn. 2).
b) Gemäß Merkmal 6.4 ist die auffedernde Klemmausnehmung "Ω-förmig" (Omegaförmig) ausgebildet.
aa) Der Begriff "Omegaförmig" wird in der Patentschrift nicht ausdrücklich definiert. In der Klagepatentbeschreibung heißt es in Absatz [0006] lediglich, dass die (federnde) Kontaktausnehmung "tulpenförmig", "glockenförmig" oder "Omegaförmig" ausgebildet sein kann, womit der Inhalt des erteilten Patentanspruchs 6 wiedergegeben wird, der Schutz für ein Gehäuse beansprucht, bei dem die federnde Klemmausnehmung "tulpenförmig", "glockenförmig" oder "Omegaförmig" ausgebildet ist. Diese Ausgestaltungen zeichnen sich nach der Patentbeschreibung allesamt durch ihren einfachen Aufbau und ein hohes Maß an Stabilität aus (Abs. [0006], Sp. 2 Z. 50-54). Nach der Neufassung, die der Patentanspruch 1 im Nichtigkeitsverfahren erfahren hat, haben die Anschlussleiter (9) ein in etwa parallel zur Fügerichtung abgewinkeltes Kontaktende, welches die auffedernde Klemmausnehmung aufweist, wobei die Klemmausnehmung zwingend "Omegaförmig" ausgebildet sein muss (Merkmal 6.4). Was die Form der Klemmausnehmung (13) anbelangt, hat sich der geänderte Patentanspruch 1 damit auf eine ganz bestimmte Form festgelegt. Die Ausnehmung ist danach nicht "tulpenförmig", glockenförmig" oder "U-förmig" (vgl. Abs. [0006], Sp. 2 Z. 56; Abs. [0007], Sp. 3 Z. 10, jeweils betreffend die Anschlussleiter), sondern "Omegaförmig" ausgebildet.
bb) Unter der hiernach allein beanspruchten "Omegaförmigen" Klemmausnehmung versteht der Fachmann - als solcher kann hier nach den unbeanstandeten Ausführungen des Landgerichts in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht (NU, S. 14) ein mit der Entwicklung von KFZ-Schließsystemen betrauter Mechatronik-Ingenieur mit Hochschulabschluss angesehen werden - eine Klemmausnehmung, die eine geschlossene, runde Oberseite und zwei ebenfalls runde Seitenbereiche aufweist und an der Unterseite eine abgerundete Engstelle hat, die sich im weiteren Verlauf wieder öffnet (vgl. auch BGH, NU Rn. 26; BPatG, NU S. 16).
(1) Das fachkundige Bundespatentgericht hat in seinem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsurteil (S. 16) ausgeführt, dass der Begriff "Omegaförmig" nach fachmännischem Verständnis eine Klemmausnehmung umschreibt, die bauchig und an der geschlossenen Oberseite rund ausgebildet ist sowie an der offenen Unterseite eine abgerundete Engstelle aufweist, die sich in einer Rundung nach außen wieder öffnet. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem nachfolgenden Nichtigkeitsberufungsurteil nicht nur nicht beanstandet, sondern ausdrücklich gebilligt. Denn er hat ausgeführt, dass das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, dass die Klemmausnehmung Omegaförmig im Sinne von Merkmal 6.4 (= Merkmal l'' gemäß der Merkmalsgliederung des BGH) ausgebildet ist, wenn sie eine geschlossene, runde Oberseite und zwei ebenfalls runde Seitenbereiche aufweist und an der Unterseite eine Engstelle vorhanden ist, die sich im weiteren Verlauf wieder öffnet (BGH, NU Rn. 26).
Dem tritt der erkennende Senat bei. Erforderlich ist danach, dass die Klemmausnehmung, (1.) eine geschlossene, runde Oberseite und (2.) zwei ebenfalls runde Seitenbereiche aufweist und (3.) an der Unterseite eine (abgerundete) Engstelle vorhanden ist, die sich im weiteren Verlauf wieder öffnet.
Eine solche, dem griechischen Großbuchstaben Omega (Ω) nachgebildete Form ist in der oben wiedergegeben Figur 2 des Klagepatents dargestellt (vgl. BGH, NU Rn. 27). Die dort gezeigte Klemmausnehmung (13) ist ersichtlich Omegaförmig im vorbeschriebenen Sinne. Sie weist nicht nur eine geschlossene, runde Oberseite auf und hat an der Unterseite eine abgerundete Engstelle, die sich im weiteren Verlauf nach außen wieder öffnet, sondern sie weist augenscheinlich auch zwei ebenfalls runde Seitenbereiche auf. Im Hinblick auf diese beiden runden Seitenbereiche hat das Bundespatentgericht die Omegaförmige Klemmausnehmung im Sinne des Klagepatents treffend als eine "bauchige" Klemmausnehmung beschrieben (BPatG, NU S. 16, S. 26). Der Bundesgerichtshof, der das vom Bundespatentgericht dargetane Verständnis des Begriffs "Omegaförmig" ausdrücklich als zutreffend beurteilt hat, hat zwar in Bezug auf die beiden Seiten der Klemmausnehmung selbst "nur" von zwei runden Seitenbereichen gesprochen. Dass er die Beschreibung der Klemmausnehmung als "bauchig" damit abschwächen oder relativieren wollte, lässt sich seinen Ausführungen aber nicht entnehmen. Der Bundesgerichtshof hat im Gegenteil auch betont, dass es für die geforderte Omegaförmige Ausgestaltung nicht ausreicht, wenn die Seitenbereiche im Wesentlichen gerade verlaufen (BGH, NU S. 10).
(2) Das dargetane Verständnis des Merkmals 6.4 bzw. des Begriffs "Omega-Förmig" wird bestätigt durch die Figuren 3 und 4 (vgl. auch BGH, NU Rn. 30; BPatG, NU S. 16). Die in Figur 3 gezeigten federnden Anschlussleiter (9) bezeichnet das Klagepatent in seiner Beschreibung ausdrücklich als "Omegaförmig" gebogene Anschlussstreifen (9) mit in Fügerichtung geöffnetem Klemmbereich (Abs. [0012], Sp. 5 Z. 4-7). Auch wenn das Klagepatent dies in Bezug auf die in Figur 4 im Querschnitt dargestellte abgewandelte Ausführungsform des Gegenstandes nach Figur 3 nicht ausdrücklich wiederholt, gilt für die in dieser Zeichnung dargestellte Ausführungsform nichts Anderes. Denn diese Ausführungsform unterscheidet sich nach der Patentbeschreibung von der Ausführungsform gemäß Figur 3 nur dadurch, dass zusätzlich eine an dem anzuschließenden Bauteil (6) angeformte - im vorliegenden Zusammenhang nicht relevante - Abstützung (17) vorgesehen ist, die eine Belastung des Anschlussleiters im Zuge des Fügens verhindern oder zumindest erschweren soll, wobei Figur 4 den bereits montierten Zustand zeigt (Abs. [0012], Sp. 5 Z. 19-23). Der in der Patentbeschreibung als "Omegaförmig" beschriebene Verlauf der Anschlussleiter (9) ist in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 3 und 4 kenntlich gemacht.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die in diesen Zeichnungen dargestellten Ausführungsformen keine Klemmausnehmung im Sinne von Merkmal 6.4 aufweisen und der Omegaförmige Querschnitt in einer anderen Ebene verläuft als bei dem in Figur 2 dargestellten Ausführungsbeispiel. Ausschlaggebend ist, dass auch in den Figuren 3 und 4 der Bereich, mit dem die Federkraft erzeugt wird, die oben genannten Formelemente eines Omega aufweist, ohne dass insoweit relevante Unterschiede zu der Form der Klemmausnehmung in Figur 2 zu erkennen sind (vgl. BGH, NU S. 31).
(3) Zwar scheinen bei der in Figur 3 gezeigten Ausführungsform die Seiten der Anschlussstreifen (9) eine deutlich weniger bauchige Form zu haben als die Klemmausnehmung bei dem in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiel. Die Seiten verlaufen dort geneigt und gerade von der abgerundeten Unterseite zu der abgerundeten Oberseite des Anschlussleiters. Wirft man allerdings einen Blick auf die Figur 4, die eine abgewandelte Ausführungsform des Gegenstandes gemäß Figur 3 zeigt, die sich - wie ausgeführt - von der in Figur 3 dargestellten Ausführungsform nur dadurch unterscheidet, dass eine angeformte Abstützung (17) vorgesehen ist, so ist wiederum eine typische (klassische) Omega-Form mit bauchigen Seitenbereichen zu erkennen. Der Fachmann wird vor diesem Hintergrund, wie das Landgericht im Ergebnis mit Recht angenommen hat, davon ausgehen, dass die Darstellung in Figur 3, nach denen die Anschlussleiter deutlich weniger bauchige Seitenbereiche aufzuweisen scheint, schlicht der unterschiedlichen Perspektive geschuldet ist und/oder darauf zurückzuführen ist, dass es sich um eine schematische Darstellung handelt, die nur das Prinzip des von Patentanspruch 7 beanspruchten Gegenstandes, nicht aber exakte Formen verdeutlichen soll. Jedenfalls ist der Figur 4 zu entnehmen, dass in dem - in dieser Figur gezeigten - montierten Zustand eine typische Omega-Form mit bauchigen Seitenbereichen vorliegt.
(4) Dass die Klagepatentschrift die in der Figur 2 des Klagepatents gezeigte Form der Klemmausnehmung in ihrer Beschreibung als "tulpenförmig" bezeichnet (Abs. [0011], Sp. 5 Z. 1-3), obwohl die Form dieser Ausnehmung offensichtlich der Form des griechischen Großbuchstabens Omega (Ω) nachgebildet und damit augenscheinlich "Omegaförmig" ist, ist unerheblich (vgl. BGH, NU Rn. 28).
Das Klagepatent schlägt in seinem erteilten Patentanspruch 6 und in seiner Beschreibung (Abs. [0005]) vor, die federnde Klemmausnehmung "tulpenförmig", "glockenförmig" oder "Omegaförmig" auszubilden. Aus den unterschiedlichen Bezeichnungen und ihrer Oder-Verknüpfung folgt, dass es sich hierbei nach dem Sprachgebrauch des Klagepatents um unterschiedliche Formen / Ausgestaltungen handelt. Was das Klagepatent unter "tulpenförmig", "glockenförmig" und "Omegaförmig" konkret versteht, wird in der Klagepatentschrift nicht näher erläutert. Der Senat erachtet es allerdings für plausibel und zutreffend, dass der Fachmann, wovon das Bundespatentgericht ausgegangen ist (NU, S. 16), mangels anderweitiger Anhaltspunkte unter einer "glockenförmigen" Klemmausnehmung eine Ausnehmung versteht, die im Vergleich zu einer "Omegaförmigen" Klemmausnehmung an den Seiten steiler verläuft, während sie an der Oberseite ebenfalls abgerundet ist und sich an der offenen Unterseite ohne Engstelle nach außen hin öffnet. Ebenso erscheint es mangels anderweitiger Anhaltspunkte plausibel, dass der Fachmann bei einer "tulpenförmig" ausgebildeten Ausnehmung von einem noch steileren, ggf. geraden und senkrechten Verlauf an den Seiten der Ausnehmung und einer geringen Abrundung an der Oberseite bis hin zu einem geraden und waagerechten Verlauf ausgehen wird, wobei an der Unterseite - wie bei der Omega-Form - eine Engstelle vorhanden ist (vgl. BPatG, NU S. 16).
Im Unterschied hierzu bezeichnet das Klagepatent die in Figur 2 dargestellte Klemmausnehmung (13) in seiner Beschreibung zwar als "tulpenförmig". Diese Angabe wird der Fachmann aber entweder als eine offensichtliche Falschbezeichnung ansehen, wozu der Senat neigt, oder er wird den Begriff "tulpenförmig" (nicht: den Begriff "Omegaförmig") dahin interpretieren, dass er breiter und als eine Art Oberbegriff für verschiedenartig ausgebildete Ausnehmungen zu verstehen ist und sowohl bauchige, Omegaförmige Klemmausnehmungen als auch solche mit gerade verlaufenden und ggf. parallel zueinander angeordneten Seiten umfasst (so BPatG, NU S. 16 und S. 24). Er wird hiervon ausgehend annehmen, dass bei einer "tulpenförmigen" Ausgestaltung die Seiten der Ausnehmung steiler verlaufen bzw. verlaufen können als bei einer "Omegaförmigen" Ausgestaltung, und dass bei einer "glockenförmigen" Ausbildung ein noch steilerer, ggf. sogar gerader und senkrechter Verlauf an den Seiten gegeben ist.
Entscheidend kommt es hierauf allerdings nicht an. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob und wie der Begriff "tulpenförmig" im Sprachgebrauch des Klagepatents von der Bezeichnung "Omegaförmig" abgegrenzt werden kann. Maßgeblich ist letztlich allein, wie der für den eingeschränkten Anspruch allein entscheidende Begriff "Omegaförmig" zu verstehen ist. Hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Eine "Omega-Form" erfordert demnach zwingend auch zwei runde Seitenbereiche.
(5) Soweit die Klägerin vorbringt, es komme aus technischen Gründen auf die Form des Zwischenbereichs zwischen dem Ende der rund ausgestalteten Oberseite bis zum Erreichen der abgerundeten Engstelle nicht an, bleibt dies ohne Erfolg.
Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der eingeschränkte Anspruch 1 eine bestimmte Form der Klemmausnehmung beansprucht, nämlich eine Omega-Form. Der Begriff Omega-Form erfordert indes, wie ausgeführt, aus fachmännischer Sicht als zwingendes Teilmerkmal auch das Vorhandensein zweier runder Seitenbereiche (Seiten). Angesichts der Festlegung auf diese bestimmte Form reicht es nicht, nur auf die technische Funktion der Klemmausnehmung zu blicken, die vermeintlich nur darin bestehen soll, eine ausreichende Federwirkung und Klemmkraft zu erzielen und Kerbwirkungen zu vermeiden, damit beim Aufspreizen keine Risse entstehen.
Der Fachmann geht davon aus, dass mit der geforderten, bewusst aus mehreren im Klagepatent erwähnten Formen ausgewählten Omega-Form ein bestimmter technischer Effekt angestrebt wird. Dieser kann nicht nur in der Gewährleistung eines hohen Maßes an Stabilität und der Ermöglichung eines einfachen Aufbaus bestehen, da das Klagepatent diese Vorteile auch einer "glockenförmigen" sowie einer "tulpenförmigen" Klemmausnehmung zuschreibt (Abs. [0005], Sp. 2 Z. 50-54), welche jedoch beide von Patentanspruch 1 nicht beansprucht werden. Infolge dessen erkennt der Fachmann, dass der technische Grund für die zwingend geforderte Omega-Form in einer ganz bestimmten Beeinflussung der Klemmkraft liegt. Auch wenn Art und Maß dieser nicht allein durch die Form der Ausnehmung bestimmt werden, sondern zusätzlich durch eine Vielzahl anderer Parameter wie etwa die Art und die Stärke des Materials, so gehört die Form gleichwohl zu denjenigen Parametern, denen insoweit Bedeutung beizumessen ist (vgl. BGH, NU Rn. 78). Die für ein Omega typischen Rundungen - auch an den Seitenbereichen - führen aus Sicht des angesprochenen Fachmanns demnach zu einer besonderen Art der Kraftverteilung, die bei anderen Formen nicht in gleicher Weise auftritt (BGH, NU Rn. 75). Diese Zusammenhänge zwischen der Form der Ausnehmung und der Art der Federwirkung werden in der Patentbeschreibung zwar nicht ausdrücklich erläutert. Sie gehören aber zum allgemeinen Fachwissen (vgl. BGH, NU Rn. 78).
(6) Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem im Nichtigkeitsverfahren ergangenen Berufungsurteil stehen diesem Verständnis nicht entgegen.
Wie bereits ausgeführt, zeichnet sich eine Omegaförmige Ausnehmung auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs durch zwei runde Seitenbereiche auf. Dass - entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts - insoweit eine "bauchige" Ausgestaltung nicht zwingend erforderlich ist, hat der Bundesgerichtshof nicht ausgesprochen. Nichts Anderes folgt aus den Ausführungen zur Abgrenzung zum Stand der Technik.
(6.1) Was die im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltene NKL5 (DE 196 25 XXC A1) anbelangt, hat der Bundesgerichtshof nicht festgestellt, dass deren nachfolgend eingeblendete Figur 1 eine Omegaförmige Ausgestaltung offenbart.
Gezeigt ist in dieser Figur ein Klemmstecker (10) in Gestalt eines um etwa 180° gebogenen Streifens, der einen U-förmigen Winkel bildet. Die beiden äußeren Schenkel (12, 13) des Klemmsteckers (10) sind fest mit dem Bauteil (1) verbunden. Im Boden (11) des Klemmsteckers (10) ist in Umfangrichtung eine Klemmaussparung (14) vorgesehen, die sich auch in die beiden Schenkeln (12, 13) fortsetzt und sich im Boden (11) beidseitig über Schrägflächen (15) zu ihrer Mitte hin zu zwei Klemmbacken (16) verjüngt (BGH, NU Rn. 84). Das Bundespatentgericht (NU S. 27) hat in dieser Ausgestaltung keine Omegaförmig ausgebildete Klemmausnehmung erkannt (NU, S. 27). Diese Auffassung teilt der Senat. Der Bundesgerichtshof hat dies nicht als unzutreffend beanstandet. Er hat vielmehr dahinstehen lassen, ob die Teilbereiche der Klemmaussparung (14), die sich vom Bereich eines der Schenkel (12, 13) bis über die Mitte des Bodens (11) hin erstrecken, eine Omega- oder eine U-Form aufweisen (BGH, NU Rn. 88), da er das Merkmal 6.4 bei dieser Konstruktion unabhängig von dieser Frage weder als offenbart noch als nahegelegt angesehen hat.
(6.2) In Bezug auf die im Nichtigkeitsberufungsverfahren erörterte NKL22, deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben wird, hat der Bundesgerichtshof lediglich ausgeführt, dass das obere der beiden Verbindungsteile eine Ausnehmung aufweist, "deren Form an ein langgestrecktes Omega erinnert" (BGH, NU Rn. 97 und Rn. 114). Dass es sich hierbei um eine Omegaförmige Ausnehmung im Sinne des Klagepatents handelt, hat er nicht festgestellt. Außerdem hat das obere Verbindungsteil an seinem dem anderen Verbindungsteil zugewandten Ende eine deutliche, wenn auch nur sehr kleine bzw. kurze bauchige Ausgestaltung. Langgestreckt ist lediglich der Auslaufbereich nach der Engstelle.
(6.3) Hinsichtlich der NKL6 (DE 692 09 XXD T2), deren Figuren 3 und 4 nachstehend eingeblendet werden, heißt es in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass das in dieser Figur dargestellte Befestigungsstück (25) als Omegaförmig angesehen werden können "mag" (BGH, NU Rn. 97). In Anbetracht dieser Formulierung kann von einer abschließenden Auseinandersetzung mit der figürlichen Darstellung keine Rede sein. Es handelt sich vielmehr um eine ohne weitere Erörterung vorgenommene Unterstellung (zugunsten der Nichtigkeitsklägerin), was nicht wundert, weil es für den Bundesgerichtshof an dieser Stelle nicht auf die Form entscheidend angekommen ist, sondern darauf, dass es keine Anregung gab, "diese (sic.: gezeigte) Form auch an einem abgewinkelten Kontaktende eines Anschlussleiters vorzusehen." Dieser Satz im Urteil des Bundesgerichtshofs bietet daher keinen Anhalt dafür, dass der Bundesgerichtshof mit dieser knappen Aussage seine zuvor erörterte Auslegung des in Rede stehenden Merkmals revidieren oder aufweichen wollte.
(6.4) Zur NKL17 (DE 1 129 XXE) und insbesondere zu deren nachfolgend eingeblendeten Figur 3 hat der Bundesgerichtshof (NU Rn. 65 ff.) festgestellt, dass die Klemmausnehmung nicht Omegaförmig ist. Und zwar nicht nur, weil die Stirnseite bei dieser geradlinig verläuft; sondern weil auch die Seitenbereiche nicht gerundet sind, sondern geradlinig verlaufen (BGH, NU Rn. 67). Dies steht in vollständiger Übereinstimmung mit der Auslegung des Senats sowie der vom Bundesgerichtshof selbst erläuterten Auslegung.
(6.5) Ebenfalls im völligen Einklang damit sind die Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs zur NKL 21 (Deutsche Offenlegungsschrift 195 12 XXF) und deren nachfolgend wieder gegebenen Figur 1, wenn der Bundesgerichtshof ausführt, die Kopfteile (54) der dortigen Anschlussfahnen (52) seien Omegaförmige Ausnehmungen.
2. Ausgehend hiervon ist eine Verwirklichung des geltend gemachten Anspruchs 1 nicht festzustellen. Die angegriffene Ausführungsform macht jedenfalls von Merkmal 6.4 keinen Gebrauch. Die in dem zur Fügerichtung abgewinkelten Kontaktende ihrer als Leiterblechstreifen ausgebildeten Anschlussleiter vorgesehene Klemmausnehmung ist nicht Omegaförmig im Sinne des Klagepatents ausgebildet.
a) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, fehlt es bei der angegriffenen Ausführungsform an den für eine Omega-Form typischen Rundungen in den Seitenbereichen der Klemmausnehmung.
Die als solche unstreitige Ausgestaltung der Klemmausnehmung der Anschlussleiter der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich u.a. aus den nachfolgenden wiedergegebenen Darstellungen, wobei die rechte, von der Beklagten stammende Zeichnung die Innenkontur unstreitig zutreffend wiedergibt:
Wie hieraus zu ersehen ist, verlaufen die beiden Seiten der Klemmausnehmung der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen gerade und senkrecht, wie dies für eine tulpenförmig ausgebildete Klemmausnehmung, nicht aber für eine Omegaförmige Klemmausnehmung typisch ist. Zwar weist die Ausnehmung am Übergang zwischen ihrer geschlossenen, gerundeten Oberseite und den Seitenbereichen Rundungen auf. Ebenso ist am Übergang zwischen der an der Unterseite vorgesehenen abgerundeten Engstelle und den Seitenbereichen jeweils eine Rundung vorhanden. Diese Rundungen verleihen der Klemmausnehmung jedoch keine für eine Omega-Form typische (bauchige) Ausgestaltung. Die Seitenbereiche werden vielmehr durch die gerade und senkrecht verlaufenden Seitenabschnitte geprägt. Die gerundeten Seitenabschnitte machen allenfalls - je nach dem, von welchen Anfangs- bzw. Endpunkten der Seiten man ausgeht - schätzungsweise rund 10 bis 12 % der Seitenbereiche aus.
Durch den im Wesentlichen geraden und senkrechten Verlauf der Seitenbereiche unterscheidet sich die angegriffene Ausführungsform selbst dann deutlich von der in Figur 3 der Klagepatentschrift gezeigten Ausgestaltung, wenn man annimmt, dass letztere Figur im Gegensatz zu den Figuren 2 und 4 keine typische (bauchige) Ausbildung offenbart. Denn bei der Figur 3 verlaufen die Seitenwände im Gegensatz zur angegriffenen Ausführungsform geneigt und stellen einen abgerundet erscheinenden Übergang von der gerundeten Oberseite zu der abgerundeten Unterseite dar. Bei der Klemmausnehmung der angegriffenen Ausführungsform verlaufen die Seitenwände hingegen nahezu senkrecht und parallel von der gerundeten Oberseite zu der abgerundeten Unterseite.
b) Dass es dementsprechend bei der angegriffenen Ausführungsform an einer Omegaförmig ausgebildeten Klemmausnehmung im Sinne des Klagepatents fehlt, scheint im Übrigen auch die Klägerin ursprünglich selbst so beurteilt zu haben. Denn sie hat mit ihrer Klage zwar auch die erteilten Patentansprüche 2 bis 5 "insbesondere" geltend gemacht. Der erteilte Anspruch 5 hat Schutz beansprucht für eine Ausführungsform, bei der die federnden Anschlussleiter ein in etwa parallel zur Fügerichtung abgewinkeltes Kontaktende aufweisen, welches eine auffedernde Klemmausnehmung aufweist, die auf die Kontaktstege aufsteckbar ist. Den auf diesen Anspruch 5 rückbezogenen erteilten Patentanspruch 6 hat die Klägerin jedoch gerade nicht geltend gemacht.
c) Darauf, dass sich auch mit der bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten Form der Klemmausnehmung eine gute Kontaktierung mit dem Kontaktsteg erreichen lassen mag, kommt es nicht an.
Ebenso kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Form der Klemmausnehmung zu einer Kraftverteilung führt, die sich nicht wesentlich von derjenigen bei einer klagepatentgemäßen Omegaförmigen Klemmausnehmung unterscheidet. Entscheidend ist, dass sich das Klagepatent zur Erzielung einer besonderen Art der Kraftverteilung auf eine Omegaförmige Ausbildung der Klemmausnehmung festgelegt hat, an welcher es bei der angegriffenen Ausführungsform fehlt.
d) Ohne Erfolg macht die Klägerin schließlich geltend, die Klemmausnehmungen müssten jeweils an die korrespondierenden Kontaktstege angepasst werden.
Die Klägerin führt hierzu unter Bezugnahme auf die Figur 2 des Klagepatents aus, dass diese Kontaktstege (8) zeige, die sich nur "geringfügig" in Richtung Mikroschalter (6) erstreckten. Dementsprechend müsse die Klemmausnehmung auch nur eine geringe Höhe aufweisen. Wenn die Kontaktstege in der Höhe verändert werden sollten oder müssten, müsse entsprechend die Ausnehmung in der Höhe angepasst werden. Damit die Anschlussleiter in diesem Fall nicht unnötig breit würden, werde der Zwischenbereich zwischen den gerundeten Bereichen, die ihrerseits für den technischen Effekt wichtig seien, verlängert. Würde der Zwischenbereich demgegenüber weiterhin ausgeprägt bauchig sein, würden mehr Bauraum und mehr Material für den Anschluss benötigt. Um diese Nachteile zu verhindern, könne der Zwischenbereich zwischen den beiden Wirkbereichen gestreckt werden, ohne dass der technische Effekt des Klemmens verloren gehe. Um dies zu verdeutlichen, sei in dem nachfolgend rechts wiedergegebenen Bild der Zwischenbereich herausgeschnitten worden, so dass die Wirkbereiche wieder näher zusammen kämen und zu erkennen sei, dass die technisch prägenden Omegaförmigen Wirkabschnitte erhalten blieben.
Diese Ausführungen lassen unberücksichtigt, dass sich das Klagepatent auf eine Omega-Form der Klemmausnehmung festgelegt hat, die eine runde Ausgestaltung der Seitenwände bedingt. Dass diese Ausgestaltung ggf. - abhängig von der Länge der Erstreckung der Kontaktstege in Richtung Mikroschalter - durch eine Streckung der Seitenwände entfallen kann, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen.
Das oben rechts wiedergegebener Bild zeigt überdies keinen Anschlussleiter der angegriffenen Ausführungsform, sondern einen fiktiven Anschlussleiter, bei dem die im Bild links rot markierten Bereiche der Klemmausnehmung der angegriffenen Ausführungsform unter Entfernung des überwiegenden Teils der Seitenwände, welcher von der Klägerin als Zwischenbereich bezeichnet wird, aneinander gerückt worden sind. Die tatsächliche Form der Klemmausnehmung der angegriffenen Ausführungsform kann nicht auf eine solche (lediglich gedachte) Form "reduziert" werden.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
D.
Der Streitwert des Verfahrens für die erste und zweite Instanz ist auf 10.000.000,00 € festzusetzen.
In Patentstreitsachen ist gemäß § 51 Abs. 1 GKG der Streitwert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei Ausübung dieses Ermessens ist in erster Linie das wirtschaftliche Gewicht des vom Kläger objektiv verfolgten Interesses an der Durchsetzung des Patents im Zeitpunkt der Klageeinreichung maßgeblich (§ 40 GKG). Ist Gegenstand des Verfahrens ein Unterlassungsanspruch, ist entscheidend, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des beanstandeten patentverletzenden Verhaltens rechnen muss. Die Streitwertfestsetzung hat insoweit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Rechtsschutzziel dahin geht, den Kläger vor künftigen Verletzungshandlungen zu bewahren. Das Interesse an der Rechtsverfolgung richtet sich demgemäß weniger nach dem mit der begangenen Zuwiderhandlung verbundenen wirtschaftlichen Schaden der Partei; ausschlaggebend ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen verbundenen Nachteile. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Klagepatents. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus einerseits die Verhältnisse beim Kläger (wie dessen Umsatz, Größe und Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden geben, andererseits Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität der Begehungs- oder Wiederholungsgefahr. Werden mit der Klage außerdem Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz geltend gemacht, so ist der in der Vergangenheit (bis zur Einreichung der Klage) bereits entstandene Kompensationsanspruch überschlägig zu schätzen und der entsprechende Betrag dem Streitwert für den Unterlassungsanspruch hinzuzurechnen, um einen Gesamtstreitwert zu bilden.
Bei der Bestimmung des Streitwertes kommt der Streitwertangabe eines Klägers in der Klageschrift eine hohe indizielle Bedeutung zu. Bei einer solchen Streitwertangabe handelt es sich allerdings um ein widerlegbares Indiz (BGH BeckRS 2019, 1440; BGH GRUR 2012, 1288 - Vorausbezahlte Telefongespräche II; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.01.2022, 15 W 44/22; OLG Düsseldorf GRUR-RS 2021, 22982 - Streitwertfestsetzung; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2010, 406 - Streitwertheraufsetzung), dessen Wirkung entfällt, sobald konkrete Tatsachen auf einen anderen als den angegebenen Streitwert hindeuten.
Dies berücksichtigend war der Streitwert wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen. Zwar hat die Klägerin in der Klageschrift den Streitwert mit 2.000.000,00 € angegeben und das Landgericht ist dem gefolgt. Dieser Streitwert ist indes zu niedrig, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Klagepatent zwischenzeitlich wegen Zeitablaufs erloschen ist. Die Indizwirkung der Streitwertangabe der Klägerin in der Klageschrift wird durch die von ihr im Rahmen der Vergleichsverhandlungen mit den Beklagten unstreitig geforderten Zahlungen widerlegt. Gegenstand dieser Verhandlungen war die außergerichtliche Beilegung der zwischen den Parteien anhängigen bzw. ursprünglich anhängigen drei Berufungsverfahren, deren Streitgegenstand drei verschiedene Klagepatente sind bzw. waren. Die Klägerin hat in den Vergleichsverhandlungen u.a. Forderungen in einer "erheblichen dreistelligen Millionenhöhe" geltend gemacht und als Untergrenze eines Schadenersatzes pro Klagepatent einen Betrag in Höhe von mindestens 70.000.000,00 € angesehen. Das ist das 35fache des Betrages, der als Gesamtstreitwert in der Klageschrift für das hiesige Verfahren angegeben worden ist. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin (nur) aus verhandlungstaktischen Gründen diesen konkreten Betrag als Schadenersatz gefordert haben sollte, so liegt der Betrag offensichtlich ganz erheblich über dem angegebenen Streitwert und kann - aus Sicht der Klägerin - nicht bar jeder Grundlage gefordert worden sein. Er spiegelt mithin die Vorstellung der Klägerin zum wirtschaftlichen Gewicht des von ihr objektiv verfolgten Interesses an der Durchsetzung des Klagepatents wider. Daran ändert nichts, dass der in den Verhandlungen geforderte Betrag, wie die Klägerin vorbringt, auf einer Gewinnberechnung des entgangenen Gewinns beruhen soll, bei dem sämtliche Komponenten durchdekliniert worden seien, und das Schloss, d.h. die angegriffene Ausführungsform keine Rolle gespielt habe. Die Vorstellungen der Klägerin bringt der genannte Betrag gleichwohl zum Ausdruck, wobei er die indizielle Wirkung ihrer Angaben in der Klageschrift aufgrund der hohen Abweichung erschüttert. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Klägerin den von den Beklagten angebotenen Betrag in Höhe von insgesamt 24.100.000,00 €, der den Umsatz der A-Unternehmensgruppe mit der angegriffenen Ausführungsform in den Jahren 2015 bis Ende 2019 bis auf ca. 490.000,00 € entsprechen soll, als nicht ausreichend erachtete.
Die artikulierten Vorstellungen der Klägerin im Rahmen von Vergleichsverhandlungen sind bei der Bemessung des Streitwerts vorliegend zu berücksichtigen. Eine Übertragung 1:1 erscheint dem Senat allerdings auf Basis der für den Streitwert maßgeblichen Kriterien nicht angebracht; der Vortrag der Klägerin gibt dies insoweit nicht her.
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