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Entscheidungen

Vereinsrecht

Vereinsrecht, Mitgliederversammlung, ordnungsgemäße Ladung, Ladungsmangel, Heilung, Abberufung eines Vorstandsmitgliedes, wichtiger Grund

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Urt. v. 26.10.2023 - 4 U 11/23

Eigener Leitsatz:

1. Die Nichtigkeit von Beschlüssen eines Vereins ist im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen.
2. Eine ordnungsgemäße Ladung zu einer Mitgliederversammlung erfordert, dass der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung so genau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, möglich ist. Eine Heilung ist möglich, wenn dem nicht ordnungsgemäß geladenen Mitglied der Gegenstand der Beschlussfassung auch ohne Ladung rechtzeitig bekannt wurde. Ferner führt ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn er für das Abstimmungsergebnis für die Ausübung der Mitwirkungsrechte relevant wurde. Dabei ist auf ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied abzustellen.
3. Ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds ist nach einhelliger Auffassung gegeben, wenn dem Verein eine Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum Ende seiner Amtszeit nicht zugemutet werden kann.


OBERLANDESGERICHT NAUMBVRG
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

4 U 11/23 OLG Naumburg
Verkündet am: 26. Oktober 2023

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.
Verfügungskläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:

gegen

pp.-verein e. V.

Verfügungsbeklagter und Berufungsbeklagter,

Prozessbevollmächtigte:

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2023 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 23. Dezember 2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle - Az.: 3 0 351/22 - wird zurückgewiesen.
2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Und beschlossen:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Verfügungskläger (nachfolgend Kläger) war 2. Vorsitzender des Verfügungsbeklagten (nachfolgend Beklagter), bei dem es sich um einen pp.-verein mit Sitz in pp. handelt. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 von seinem Amt als 2. Vorsitzender des Beklagten wirksam enthoben wurde oder ob dieser Beschluss nichtig ist mit der Folge, dass er wieder als 2. Vorsitzender in das Vereinsregister einzutragen ist.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bd. I BI. 176 ff. d. A.).

Mit dem am 23. Dezember 2022 verkündeten Urteil hat das Landgericht den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils i.V.m. dem Beschluss vom 8. März 2023 Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit folgenden, auf Hinweis des Senats in der Berufungsverhandlung aktualisierten Anträgen:

A. Das Urteil des Landgerichts Halle vom 23.12.2022, Geschäftsnummer: 3 0 351/22 wird abgeändert, hilfsweise aufgehoben, und folgende einstweilige Verfügung - entsprechend den (aktualisierten) erstinstanzlichen Anträgen - erlassen:

1.a) Der Beschluss des Berufungsbeklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22.10.2022, den Berufungskläger als 2. Vorsitzenden seines Amtes zu entheben, entfaltet bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen.

b) Die (Wieder-) Eintragung des Herrn pp. als 2. Vorsitzender des Berufungsbeklagten (Vorstand) im Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache angeordnet und das vorbezeichnete Registergericht vom (erkennenden) Gericht um entsprechende Eintragung ersucht;
hilfsweise der Berufungsbeklagte wird verurteilt, gegenüber dem Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. zu erklären bzw. durch seinen (vertretungsberechtigten) Vorstand erklären zu lassen, dass Herr pp.- hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - (wieder) 2. Vorsitzender des Berufungsbeklagten (Vorstand) sein soll;
hilfsweise der Berufungsbeklagte wird verurteilt, innerhalb einer ins Ermessen des Gerichts gestellten Frist der Anmeldung der Vorstandsänderung zum Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. dahingehend nachzukommen bzw. durch seinen (vertretungsberechtigten) Vorstand nachkommen zu lassen, dass Herr pp. - hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - (wieder) 2. Vorsitzender des Berufungsbeklagten (Vorstand) ist;
äußerst hilfsweise soll das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes dieser zuvor erforderlich sind.

2.a) Der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22.10.2022, durch Nachwahl des 2. Vorsitzenden nunmehr Herrn pp.2 als neuen 2. Vorsitzenden des Berufungsbeklagten zu berufen, entfaltet bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen.

b) Die Eintragung des Ausscheidens des Herrn pp.2 als Vorstand des Antragsgegners (2. Vorsitzender) im Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. wird - hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - angeordnet und das vorbezeichnete Registergericht vom (erkennenden) Gericht um entsprechende Eintragung ersucht;
hilfsweise der Berufungsbeklagte wird verurteilt, gegenüber dem Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. zu erklären bzw. durch seinen (vertretungsberechtigten) Vorstand erklären zu lassen, dass Herr pp.2 - hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - nicht mehr Vorstand des Berufungsbeklagten (2. Vorsitzender) sein soll;
hilfsweise der Berufungsbeklagte wird verurteilt, innerhalb einer ins Ermessen des Gerichts gestellten Frist der Anmeldung der Vorstandsänderung zum Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal, VR pp. dahingehend nachzukommen bzw. durch seinen (vertretungsberechtigten) Vorstand nachkommen zu lassen, dass Herr pp.2 - hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache - nicht mehr Vorstand des Berufungsbeklagten (2. Vorsitzender) ist;
äußerst hilfsweise soll das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes dieser Ziffer erforderlich sind.
3. Dem Berufungsbeklagten wird untersagt, bei dem für ihn zuständigen Vereinsregister des Amtsgerichts - Registergericht - Stendal bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache jedwede Veränderung betreffend den Berufungskläger und dessen Vertretungsberechtigung als alleinvertretungsberechtigter Zweiter Vorsitzender, dessen Vertretungsbefugnis oder die Vertretungsregelung zu beantragen oder zu veranlassen
hilfsweise dem Berufungsbeklagten wird untersagt, bei dem für ihn zuständigen Vereinsregister des Amtsgerichts Stendal bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache jedwede Veränderung betreffend den Antragsteller und dessen Vertretungsberechtigung als alleinvertretungsberechtigter Zweiter Vorsitzender, dessen Vertretungsbefugnis oder die Vertretungsregelung zu beantragen oder zu veranlassen, davon ausgenommen sind Anmeldungen gemäß den vorstehenden Ziffern 1. b) und 2. b).
4. Dem Berufungsbeklagten wird untersagt, den Mitgliedern und dem Vorstand sowie jedem außerhalb des Berufungsbeklagten stehenden Dritten (unzutreffend) mitzuteilen, der Berufungskläger hätte keine Vertretungsbefugnisse bei dem Berufungsbeklagten mehr, er wäre als 2. Vorsitzender wirksam des Amtes enthoben und/oder als (neuer) 2. Vorsitzender wäre Herr pp.2 bestellt.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung Bezug genommen.

II.

Die gem. § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und formell zulässige sowie form- und frist-gerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte Berufung des Klägers gegen das am 23. Dezember 2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat keinen Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, denn dem Kläger steht weder ein Verfügungsanspruch (1.) noch ein Verfügungsgrund (2.) zur Seite.

Die Nichtigkeit von Beschlüssen eines Vereins ist im Wege der Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend zu machen (Ellenberger, in: Grüneberg, 82. Aufl. 2023, § 32 Rn. 11). Demzufolge ist auch der prozessuale Weg eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eröffnet, im einstweiligen Verfügungsverfahren jedoch nur nach Maßgabe der zuletzt im Termin der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2023 gestellten Anträge. Denn die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 22. Oktober 2022 zur Abberufung des Klägers als 2. Vorsitzender des Beklagten nähme die Hauptsache vorweg, was nicht zulässig ist. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann aber entschieden werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ein Beschluss keine Wirkungen entfaltet.

Der Kläger dringt jedoch auch mit den aktualisierten Anträgen nicht durch, weder mit den Haupt- noch mit den Hilfsanträgen. Es fehlt sowohl am Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO.

Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass ein Verfügungsanspruch nicht vorliegt, weil der am 22. Oktober 2022 in der Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten unter Tagungsordnungspunkt 3 gefasste Beschluss (Amtsenthebung von Herrn pp. als 2. Vorsitzenden) wirksam ist.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereins (§ 32 BGB) kann vorliegen bei Nichtladung eines Teils der Mitglieder (BGH 59, 369, NJW-RR 06, 831, BayObLG NJW-RR 97, 289). Mängel der Beschlussfassung eines Vereins sind jedoch weder direkt noch analog nach §§ 241 ff. AktG oder nach § 51 GenG zu beurteilen (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Tz 36).

Der streitige Beschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den (rechtzeitige) Zugang der Ladung zur Mitgliederversammlung am 22. Oktober 2022 beim Kläger nicht bewiesen hat. Der Mangel der Ladung ist im vorliegenden Fall durch die unstreitige persönliche Anwesenheit des Klägers in der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 und seine dortige Mitwirkung geheilt.

Eine ordnungsgemäße Ladung zu einer Mitgliederversammlung erfordert, dass der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung zu einer Mitgliederversammlung so genau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, möglich ist (BGH vom 2. Juli 2007, II ZR 111/05, Rn 38, juris,). Eine Heilung ist möglich, wenn dem nicht ordnungsgemäß geladenen Mitglied der Gegenstand der Beschlussfassung auch ohne Ladung rechtzeitig bekannt wurde. Ferner führt ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses, wenn er für das Abstimmungsergebnis für die Ausübung der Mitwirkungsrechte relevant wurde. Dabei ist auf ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied abzustellen (BGH, a.a.O., Rn. 44 unter Verweis auf BGHZ 385, 391 f.; 153, 32, 37). Im vorliegenden Fall kann der Senat nicht erkennen, dass die mangelhafte Ladung des Klägers für das Abstimmungsergebnis relevant wurde, wobei dem Senat bewusst ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Irrelevanz beim Beklagten liegt.

Dem Kläger war die Zeit und die Tagesordnung der Versammlung vom 22. Oktober 2022 aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 17. September 2022 bekannt. Dieses Protokoll hat er unstreitig erhalten. Er wusste somit, dass seine Abwahl als 2. Vorsitzender und ggf. die Nachwahl des 2. Vorsitzenden auf der Tagesordnung standen und er hatte Gelegenheit, sich gerade hierauf vorzubereiten. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang vorträgt, „Wären dem Berufungskläger die Tagesordnungspunkte der (außerordentlichen) Mitgliederversammlung - wie sie durchgeführt worden ist - sowie die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe im Einzelnen bekannt gewesen und hätten ihm als Vorbereitung auf diese Versammlung jedenfalls die satzungsmäßigen 14 Tage zur Verfügung gestanden, wäre in der Versammlung möglicherweise anders abgestimmt worden. Zum einen wären dem Antragsteller (bei Kenntnis der genauen Vorwürfe) insbesondere bei entsprechender Vorbereitungszeit in Kenntnis der Einzelheiten Gespräche mit den übrigen Vereinsmitgliedern, auch denjenigen, die zur Versammlung nicht erschienen sind, möglich gewesen, deren Ergebnisse möglicherweise die Willensbildung und somit die Stimmabgabe der übrigen Mitglieder beeinflusst hätten. Zum anderen hätte der Antragsteller die Versammlung bei Kenntnis der Einzelheiten zu den Vorwürfen und bei mehr (Vorbereitungs-) Zeit gewissenhafter vorbereiten und letztlich durch entsprechende Redebeiträge und Anträge in der Versammlung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung und die Stimmabgabe der Mitglieder nehmen können. All dieses war ihm verwehrt. ...", vermag dieser Vortrag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn schon dem Vorstandsbeschluss vom 17. September 2022 waren mehrfach Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und dem Vorstand sowie den Vereinsmitgliedern vorausgegangen, welche das Verhalten des Klägers, insbesondere die Verwendung von Vereinsvermögen zum Gegenstand hatten. Auch in der Berufungsverhandlung ist nicht ersichtlich geworden, dass in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 neue Vorwürfe gegen den Kläger Gegenstand der Diskussion geworden wären. Auch wäre es dem Kläger mit der unstreitigen Übersendung des Protokolls des Vorstandes vom 17. September 2022 möglich gewesen, Kontakt zu jedem Mitglied des Beklagten - der Verein hat insgesamt nur 17 Mitglieder - aufzunehmen und mit diesen Gespräche zu führen. Davon hat der Kläger offensichtlich keinen Gebrauch gemacht, jedenfalls lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass er insoweit - vergebliche - Versuche unternommen hat.

Der Kläger kann eine Nichtigkeit des Beschlusses der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 auch nicht darauf stützen, dass kein wichtiger Grund für seine Abberufung vorläge. Gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 BGB kann durch die Satzung vom Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Vorstandsbestellung abgewichen und die Widerruflichkeit auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Eine solche Beschränkung sieht die Satzung des Beklagten nicht vor. Da der Kläger jedoch für eine bestimmte Amtszeit zum 2. Vorsitzenden bestimmt wurde, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, während der laufenden Periode nicht ohne wichtigen Grund abberufen zu werden.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung ist nach einhelliger Auffassung gegeben, wenn dem Verein eine Fortsetzung des Organverhältnisses mit dem Vorstandsmitglied bis zum Ende seiner Amtszeit nicht zugemutet werden kann (BeckOGK/Segna, 1.12.2022, BGB § 27 Rn. 4446.1; Staudinger/Schwennicke, 2019, Rn. 55; Soergel/Hadding Rn. 18; Wagner in Reichert/Schimke/Dauernheim Vereins- und VerbandsR-HdB Kap. 2 Rn. 2200). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Verhältnis des Klägers zu den übrigen Vorstandsmitgliedern so gestört ist, dass eine konstruktive Zusammenarbeit ganz offensichtlich nicht mehr möglich ist. Dabei kommt es auf die Gründe für die Zerrüttung, die auch in der Berufungsverhandlung deutlich zu Tage getreten ist, nicht entscheidend an. Die Zerstörung der Vertrauensbeziehung im Vorstand war erkennbar Grund für die Absicht des Vorstandes des Beklagten, über die Abberufung des Klägers abstimmen zu lassen.

Auch der weitere Vortrag des Klägers, wonach die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V. von dessen Präsidium bevollmächtigte Herr Giersch in der Versammlung vom 22. Oktober 2022 zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse führe, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verweigerung der Teilnahme und des Rederechts des Herrn pp.3 durch den Mangel der Ladung des Klägers zu der Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022 verursacht wurde. Auch bildet diese Verweigerung keinen eigenständigen Grund für die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abberufung des Klägers. Der Beklagte hat mit der Verweigerung zweifelsohne gegen seine Pflicht als Mitglied des Deutschen pp. e.V., dessen Vertreter in der Mitgliederversammlung ein Rederecht einzuräumen, verstoßen (§ 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung des Deutschen pp. e. V). Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres die Verletzung eines Mitgliedsrechts des Klägers.

Auch der Hauptantrag zu A 2.a), wonach der Beschluss des Beklagten aus der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22. Oktober 2022, durch Nachwahl des 2. Vorsitzenden nunmehr Herrn pp.2 als neuen 2. Vorsitzenden des Berufungsbeklagten zu berufen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkungen entfalten soll, ist aus den vorgenannten Ausführungen unbegründet. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu A 2.b).

Mit seinen Hilfsanträgen im Übrigen vermag der Kläger aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht durchzudringen.

Selbst unter Annahme des Vorliegens eines Verfügungsanspruches scheitert die Berufung jedenfalls daran, dass der Kläger einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat, § 940 ZPO.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt einen Verfügungsgrund voraus. Bei der hier angestrebten einstweiligen Verfügung handelt es sich um eine solche zur Regelung eines einstweiligen Zustandes, § 940 ZPO. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Verfügungsgrund nicht vorliegt (§§ 935, 940 ZPO).

Eine Regelungsverfügung im Sinne von § 940 ZPO wird erlassen, wenn sie notwendig ist. Das Gesetz nennt als Beispiele die Abwendung wesentlicher Nachteile, lässt aber auch andere Gründe zu. Die Regelungsverfügung dient der Wahrung des Rechtsfriedens durch präventiven Rechtsschutz, gleichwohl ist der Verfügungsgrund bei der Regelungsverfügung eine besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses, welche glaubhaft zu machen ist (G. Vollkommer, in: Zöller, 34. Auflage 2022, § 940 Rn. 4 m.w.N.). Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist aufgrund objektiver Betrachtungsweise zu beurteilen. Die schutzwürdigen Interessen beider Seiten sind im Rahmen des gerichtlichen Beurteilungsspielraums gegeneinander abzuwägen (Zöller, a.a.O.). Dies vorangestellt, gibt es gegen die Feststellung des Landgerichts zum Fehlen eines Verfügungsgrundes nichts zu erinnern.

Entgegen der Auffassung des Klägers verlangen die Belange des Tierschutzes, um den es dem Kläger vordergründig und offensichtlich geht, keine Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung. Der Kläger hat bereits vor seiner Wahl zum 2. Vorsitzenden des Beklagten in pp. eine Futterstelle für Katzen betrieben. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und auch nicht glaubhaft gemacht, dass er nicht in der Lage ist, bis zur Entscheidung in der Hauptsache auch ohne Stellung als 2. Vorsitzender des Beklagten weiterhin für die Tiere in pp. zu sorgen. Dass das Tierleid dort seit seiner Wahl zum 2. Vorsitzenden des Beklagten so zugenommen hat, dass es aus Gründen des Tierschutzes notwendig erscheint, eine einstweilige Verfügung mit dem beantragten Inhalt zu erlassen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Soweit der Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 5. Oktober 2023 erklärt hat, der Erlass einer einstweiligen Verfügung sei deshalb erforderlich, weil er in seiner Funktion als 2. Vorsitzender des Beklagten in einer besseren Position sei, um Gelder für den Katzen- und Tierschutzverein zu generieren und er sein Projekt, einen Neubau eines Tierheimes in pp. zu schaffen, besser verfolgen könne, stellt auch dies keinen Verfügungsgrund dar. Der Kläger hat keine in naher Zukunft geplanten konkreten Schritte zur Erreichung seiner Ziele bezeichnet, deren Umsetzung nicht bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens abgewartet werden kann. Jedes der nur 17 Mitglieder des Beklagten kann bereits aus der Position des Mitgliedes heraus die Ziele des Beklagten fördern und entsprechende vorbereitende Gespräche mit potentiellen Sponsoren und Vertragspartnern führen. Sofern es um Projekte von Bedeutung für den Beklagten geht, dürfte der Kläger auch als 2. Vorsitzender nicht alleine handeln (§ 9 Abs. 1 Satzung des Beklagten).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6. ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz1, 48 Abs. 1 Satz 1,
GKG, § 3 ZPO.


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