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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge, Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufskraftfahrer

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Itzehoe, Beschl. v. 02.11.2023 - 14 Qs 160/23

Eigener Leitsatz:

Droht dem Beschuldigten im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis der Verlust des Arbeitsplatzes und wäre er daran gehindert, den ausgewählten Beruf bis zu einem etwaigen Wiedererwerb der Fahrerlaubnis auszuüben, wiegt die zu erwartende Rechtsfolge schwer, so dass dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist.


14 Qs 160/23

Landgericht Itzehoe

Beschluss

In dem Strafverfahren
Gegen pp.

Verteidiger:
wegen unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

hat das Landgericht Itzehoe - 14. Große Strafkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht wund die Richterin am 2. November 2023 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Angeschuldigten wird der Be-schluss des Amtsgerichts Pinneberg vom 02.10.2023 (Az. 29 Ds 310 Js 2370/23) aufgehoben.
2. Dem Angeschuldigten wird Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dort entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe:

Das gem. § 300 StPO als sofortige Beschwerde verstandene Rechtsmittel ist gem. §§ 142 Abs. 7, 311 StPO statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere ist die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 StPO gewahrt.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Dem Angeschuldigten war gem. § 140 Abs. 2 Var. 2 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen, da hier wegen der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint.

Im Zuge der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung ist die Schwere der zu er-wartenden Rechtsfolge ausdrücklich in den Wortlaut des § 140 Abs. 2 StPO aufgenommen worden und ist im Wege einer Gesamtbetrachtung aller ggf. zu erwartenden Rechtsfolgen zu ermitteln (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, 66. Aufl., § 140 StPO, Rn. 23). Wie auch nach der früheren Rechtslage kommt es dabei maßgeblich auf die Bedeutung des Verfahrens für den Beschuldigten an. Diese richtet sich neben einer zu erwartenden Freiheitsstrafe auch nach den in Betracht kommenden Maßregeln der Sicherung und Besserung, Nebenfolgen - zB eine für den Beschuldigten besonders schwerwiegende Fahrerlaubnisentziehung - oder nach mittelbaren Nachteilen, wie auch dem drohenden Verlust eines Arbeitsplatzes (vgl. Kämpfer/Travers in: Mü-Ko, § 140 StPO, 2. Aufl., Rn. 28 -33).

Ausgehend von diesen Maßstäben wiegt die zu erwartende Rechtsfolge vorliegend schwer. Die Staatsanwaltschaft hat den Angeschuldigten am 18.07.2023 angeklagt, sich gem. § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB unberechtigt vom Unfallort entfernt und sich dadurch i.S.d. § 69 Abs. 1 StGB als unge-eignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen zu haben, sodass ihm die Entziehung der Fahrerlaubnis im Falle der Eröffnung des Verfahrens droht.

Der Beschuldigte arbeitet seit 32 Jahren als Berufskraftfahrer bei dem Unternehmen „bofrost“, sodass er aus beruflichen Gründen dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Im Falle der Entziehung der Fahrerlaubnis durch das erkennende Gericht droht ihm mithin der Verlust des Arbeitsplatzes. Auch wäre er daran gehindert, den ausgewählten Beruf bis zu einem etwaigen Wiedererwerb der Fahrerlaubnis auszuüben, was einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellt.

Dem Angeschuldigten ist daher ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO analog.


Einsender: RA T. Frings, Itzehoe

Anmerkung:


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