Gericht / Entscheidungsdatum: AG Nürnberg, Beschl. v. 31.10.2023 - 58 Gs 12014/23
Eigener Leitsatz:
1. Dem Vollzug eines Haftbefehls steht ggf. der Spezialitätsschutz des § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG entgegen.
2. Die Vorführung vor den zuständigen Richter i.S. des § 115 StPO wäre möglich gewesen, wenn eine Autofahrt zwischen Ergreifungsort und Vorführungsort (nur) etwa drei Stunden gedauert hätte.
Geschäftsnummer: 58 Gs 12014/23
In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.
wegen
erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch den Richter am Amtsgericht pp. am 31. Oktober 2023 folgenden
Beschluss
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.04.2021, Geschäftszeichen: 58 Gs 4077/21, wird aufgehoben.
Gründe:
Der Haftbefehl war aus den folgenden Gründen aufzuheben:
1. Dem Vollzug des Haftbefehls steht der Spezialitätsschutz des § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19.12.2012, Aktenzeichen: 1 StR 165/12) entfällt ein wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Spezialität bestehendes Verfahrenshindernis gemäß Art. 14 Absatz 1 Buchst. b des Euro-päischen Auslieferungsübereinkommens jedenfalls dann, wenn der Ausgelieferte auf die Rechtsfolgen hingewiesen wurde oder diese Rechtsfolgen aus anderen Gründen kannte. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Braunschweig (Beschluss vom 26.08.2019, Aktenzeichen: 1 Ws 154/19) entspricht die Vorschrift des § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG derjenigen des Art. 14 Absatz 1 Buchst. b des Europäischen Auslieferungsübereinkommens.
Der vorliegenden Akte kann nicht entnommen werden, dass der Beschuldigte auf die Rechtsfolgen des § 83h Abs. 2 Nr. 1 IRG hingewiesen wurde oder die Rechtsfolgen ander-weitig kannte.
2. Die Vorführung vor den nächsten Richter des Amtsgerichts Fulda verstieß gegen § 115 StPO. Der Beschuldigte wurde am 17.10.2023 um 19:20 Uhr aufgrund des vorliegenden Haftbefehls ergriffen. Eine Pkw-Fahrt von Fulda nach Nürnberg dauert laut Google-Maps etwa drei Stunden, sodass eine Vorführung vor den zuständigen Richter des Amtsgerichts Nürnberg am 18.10.2023 möglich gewesen wäre.
Einsender: RA H. Miek, Sulzbach-Rosenberg
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