Gericht / Entscheidungsdatum: AG Iserlohn, Urt. v. 15.11.2022 - 18 OWi 271/21
Eigener Leitsatz:
Zur Würdigung der Einlassunng des Betroffenen, er habe nicht ein elektronisches gerät genutzt, sondern einen Kühlakku ans Ohr gehalten.
Amtsgericht Iserlohn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Iserlohn
aufgrund der Hauptverhandlung vom 15.11.2022,
an der teilgenommen haben:
pp.
für Recht erkannt:
Der Betroffene wird wegen verbotswidriger Benutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, als Führer eines Kraftfahrzeuges zu einer Geldbuße von 150,00 Euro verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene.
(§§ 23 Abs. 1 a, 49 StVO, 24 StVG, 246.1 BKat).
(Tatbestandsnummer: 123624
Gründe
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung pp. Jahre alte Betroffene ist pp. und lebt in pp.
Der Betroffene ist ordnungsrechtlich vorbelastet. Der Auszug aus dem Fahreignungsregister des Betroffenen vom 09.11.2022 weist die folgenden Eintragungen auf:
1. Am pp.2019 wurde dem Betroffenen in einem Einspruchsverfahren gegen einen verwaltungsbehördlichen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h eine Geldbuße in Höhe von 320,00 EUR einschließlich eines Fahrverbotes in Höhe von einem Monat auferlegt.
2. Am pp. 2020 wurde dem Betroffenen in einem Einspruchsverfahren gegen einen verwaltungsbehördlichen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 47 km/h bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eine Geldbuße in Höhe von 240,00 EUR einschließlich eines Fahrverbotes in Höhe von einem Monat auferlegt.
II.
Am 17.06.2021 um 9 Uhr befuhr der Betroffene mit einem PKW der Marke Ford,
mit dem amtlichen Kennzeichen pp. die BAB 46, Fahrtrichtung Brilon (km pp.). Dabei hielt er ein Mobiltelefon in seiner linken Hand an sein linkes Ohr und führte Sprechbewegungen aus. Die Zeugen PKin pp. und PK pp. sowie KAin pp. führten währenddessen eine gezielte Verkehrsüberwachung in einem Zivilfahrzeug durch.
Dabei fuhren sie auf dem linkem Fahrstreifen auf gleicher Höhe mit dem Fahrzeug des Betroffenen, der den rechten Fahrstreifen befuhr. Als der Betroffene die Zeugen bemerkte, nahm er das Mobiltelefon sofort herunter.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen beruhen auf seinen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung.
Die Feststellungen zu den Voreintragungen beruhen auf der Verlesung des Auszuges aus dem Fahreignungsregister vom 09.11.2022.
Die Feststellungen zum Tatgeschehen stehen nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest.
Der Betroffenen hat das Tatgeschehen bestritten. Er hat angegeben, immer Probleme mit seinen Zähnen gehabt zu haben und ein Kühlakku, welches von einem anthrazitfarbenen Handtuch umwickelt war, an seine linke Wange gehalten zu haben. Diesen Kühlakku brachte er zum Hauptverhandlungstermin mit.
Diese Angaben waren nach der durchgeführten Beweisaufnahme und Inaugenscheinnahme des besagten Akkus als Schutzbehauptung widerlegt.
Zum einen konnte schon eine Ähnlichkeit zwischen einem Handy und dem umwickelten Kühlakku nicht festgestellt werden. Die Einlassung des Angeklagten war schon wenig nachvollziehbar und plausibel. Gleichzeitig ist nicht nachvollziehbar weil widersprüchlich, aus welchen Gründen der Betroffene im Rahmen der anschließenden Verkehrskontrolle den einschreitenden Polizeibeamten gar nichts hinsichtlich seines vermeintlich genutzten Kühlakkus erwähnt hat. Erschwerend und mitentscheidend für die mangelnde Glaubhaftigkeit der Einlassung des Betroffenen sind die glaubhaften Angaben der Zeugin pp.. Diese gab an, dass sie sich vage erinnern könne. Sie wisse noch, dass es sich um eine gezielte Verkehrsüberwachung gehandelt habe und sie gefahren sei, der Kollege habe hinten und die Kollegin neben ihr im Fahrzeug gesessen. Sie hätten alle den Verstoß gesehen. Es habe sich 100 %-ig um ein Mobiltelefon gehandelt, keinesfalls um den mitgebrachten Kühlakku oder Ähnliches. Daran erinnere sie sich genau, da der Betroffene das Handy sofort heruntergenommen habe, als er von ihnen —den Zeugen- entdeckt worden sei. Die Angaben sind glaubhaft, weil lebensnah, plausibel und im Wesentlichen widerspruchsfrei. Es bestehen weder Zweifel an der Wahrnehmungsfähigkeit noch an der Wahrnehmungsbereitschaft der Zeugin. Insbesondere hat die Zeugin den Betroffenen nicht übermäßig belastet und hat auch eingeräumt, dass sie sich an die zeitliche Abfolge, wie lange sie n.eben dem Betroffen hergefahren seien, nicht genau erinnern könne. Auch ist keinerlei Motivation einer Falschbelastung auf Seiten der Zeugin erkennbar. Maßgeblich für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin war, dass diese das Geschehen in sich konstant wiedergegeben hat. Die Angaben standen auch nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen pp. Der Zeuge gab sofort an, sich nicht mehr genau an das Tatgeschehen erinnern zu können. Ob er oder seine Kollegin gefahren sei, wisse er nicht mehr genau. Er konnte sich lediglich an die Verkehrsüberwachung erinnern und daran, dass der Betroffene im Gespräch angegeben habe: „Eine Sauerei, dass aus einem Zivilfahrzeug heraus kontrolliert wird!" Insoweit wertet das Gericht die Angaben des Betroffenen lediglich als reine Schutzbehauptung.
Die Vernehmung der Zeugin KAin pp., die an dem Tag der Hauptverhandlung dienstlich verhindert war. war nach der durchgeführten Zeugenvernehmung ihrer Kollegen zur Erforschung der Wahrheit nicht mehr erforderlich, § 77 OWiG. Dies wurde dem Betroffenen im Hauptverhandlungstermin mitgeteilt, bevor die Beweisaufnahme geschlossen wurde. Einen Beweisantrag hat der Betroffene nicht gestellt. Vielmehr hat er beantragt, das Verfahren einzustellen.
IV.
Der Betroffene hat damit entgegen §§ 23 Abs. la S. 1 StVO ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Organisation oder Information dient, benutzt, indem er ein Mobiltelefon an sein Ohr hielt, obwohl er ein Fahrzeug geführt hat (vgl. zum „in der Hand halten" m.w.N.: OLG Hamm, Beschl. v. 12.07.2006 — Az. 2 Ss OWi 402/06, NJW 2006, 2870, 2871). Damit hat er den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, 24 StVG erfüllt.
V. Wegen der vorgenannten Ordnungswidrigkeit war gegen den Betroffenen eine Geldbuße festzusetzen. Der Bußgeldkatalog sieht gemäß Nr. 246.1 für das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons eine Regelgeldbuße von 100,00 EUR vor. Aufgrund der zu Ziffer I. festgestellten Voreintragungen des Betroffenen im Fahreignungsregister war die Regelgeldbuße angemessen wie tenoriert zu erhöhen.
VI
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OwiG, 465 Abs. 1 StPO.
Einsender: RA A. Gratz, Bous
Anmerkung: Bestätigt durch OLG Hamm, Beschl. v. 29.08.2023 - III-5 ORbs 70/23
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