Gericht / Entscheidungsdatum: AG Leipzig, Beschl. v. 07.08.2023 - 227 OWi 953/23
Eigener Leitsatz:
In straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist grundsätzlich die Mittelgebühr anzusetzen. Abweichung davon sind im Einzelfall denkbar.
Amtsgericht Leipzig
227 OWi 953/23
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren
Gegen pp.
Verteidiger
Rechtsanwalt
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
Hier: Kostenentscheidung
ergeht am 07.08.2023
durch das Amtsgericht Leipzig - Bußgeldrichter -
nachfolgende Entscheidung:
1. Auf den Antrag des Verteidigers des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbescheid der Bußgeldbehörde vom 2.5.2023 wird dieser mit der Maßgabe aufgehoben, dass dem Verteidiger die begehrte Vergütung i.H.v. 598,67 € zu zahlen ist.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staats-kasse.
Gründe:
1. Der Verteidiger begehrt aus eigenem Recht die Korrektur des Kostenfestsetzungsbescheides vom 2.5.2023. Der Antrag ist nach § § 108, 62 OWiG zulässig, insbesondere fristgerecht ein-gelegt und begründet.
Zugrunde liegt ein straßenverkehrsrechtliches Bußgeldverfahren wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes, welches mit einer Geldbuße i.H.v. 200 € und einem Fahrverbot von 1 Monat zu ahnden wäre und bei Verurteilung 2 Punkte im FAER als mittelbare Folge mit sich bringen würde.
Der Verteidiger hat sich zunächst bestellt und Akteneinsicht begehrt (BI. 9 d.A.) und gegen den am 13.10.2021 erlassenen Bußgeldbescheid (BI. 24 d.A.) form- und fristgerecht am 20.10.2021 Einspruch eingelegt (BI. 26 d.A.). Mit eingegangenem Schriftsatz vom 2.6.2022 hat der Verteidiger auf Verfolgungsverjährung hingewiesen (BI. 27 d.A.) und nach Einstellung des Verfahrens wegen Verfolgungsverjährung durch die Ordnungsbehörde (BI. 28 d.A.) Kostengrundentscheidung (BI. 29 d.A.) beantragt, die am 20. 9.2022 mit der Maßgabe erfolgt ist, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Stadtkasse auf Leipzig auferlegt werden.
Am 6.10.2022 hat der Verteidiger Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Die Höhe entspricht der obigen Tenorierung (BI. 46, 46 Rückseite der Akte).
Mit Kostenbescheid vom 2.5.2023 hat die Bußgeldbehörde die Gebühren auf 454,58 € gekürzt: Grundgebühr 65 €, Verfahrensgebühr 110 €, so dass der Gesamtbetrag auf 454,58 € festgesetzt worden ist. Die Ordnungsbehörde setzte die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr herab, weil sie der Auffassung ist, das nur eine herabgesetzte Mittelgebühr anzusetzen sei. Es handele sich bei den Bußgeldverfahren im Straßenverkehr um Massenverfahren, das Verfahren habe keine tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten aufgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Verteidiger mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Mittelgebühr sei gerechtfertigt, er habe umfangreich vorgetragen.
2. Dem Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung ist der Erfolg nicht zu versagen. Er hat ein Anspruch auf Erstattung der von ihm begehrten Gebühren nach dem RVG.
Die Rahmengebühr nach § 14 RVG ist unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen (Amtsgericht Hamburg- Harburg, Beschluss vom 3.6.2021 -621OWiG 128/ 1, Rn. 12, juris).
Anzusetzen ist in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich die Mittelgebühr (Amtsgericht München, Urteil vom 2.12.2019 -213 C 16136/19; Gerold/Schmidt/ Mayer, 24. Aufl. 2019, RVG § 14 Rn. 54-57), Abweichung davon sind im Einzelfall denkbar.
Eine Abweichung nach unten, die zur Herabsetzung der Gebühren des Verteidiger führen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Bei der konkreten Tätigkeit des Verteidigers ist seine beantragte Mittelgebühr festzusetzen. Dieser hat sich nicht nur bestellt und formal Akteneinsicht beantragt, sondern hat sich auch darüber hinaus mit dem Messsystem befasst und nach Erlass des Bußgeldbescheides die Verfolgungsverjährung geprüft, und diese erfolgreich durchgesetzt, sodass auch ein Hauptverfahren vermieden werden konnte.
Vorliegend handelte es sich auch um einen qualifizierten Rotlichtverstoß, der für den Betroffenen erhebliche Konsequenzen hätte, wenn es zu einer Hauptverhandlung gekommen wäre. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen sind vorliegend unerheblich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG, 473,467 StPO
Einsender: RA P. Lange, Leipzig
Anmerkung:
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