Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.08.2023 – I-3 Wx 104/23
Leitsatz des Gerichts:
1. Angesichts der heute verbreiteten Verwendung der Bezeichnung „Institut“ im privatwirtschaftlichen Bereich führt dessen Verwendung für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung.
2. Eine Irreführung i.S. des § 18 Abs. 2 HGB ist bei der gebotenen grundrechtskonformen Auslegung jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn ein Privatunternehmen der Bezeichnung „Institut“ einen Zusatz beifügt, der weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen ist, noch auf eine bestimmte Fachrichtung hinweist und damit nicht geeignet ist, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken.
In pp.
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf - Richter - vom 13.06.2023 aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, über die Anmeldung der Beteiligten zur Eintragung vom 23.05.2023 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst.
Gründe
I.
Die Beteiligte, vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, hat unter dem 23.05.2023 die am 05.04.2023 gegründete GmbH unter der Firma „Institut für Einfachheit GmbH“ zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.
Das Registergericht - Richter - hat daraufhin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluss vom 26.10.2011 - 25 W 23/11) mitgeteilt, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne. Die gewählte Firmenbezeichnung sei irreführend (§ 18 Abs. 2 HGB), da die Verwendung des Begriffs „Institut“ den Eindruck erwecke, dass es sich um eine öffentlich oder eine unter öffentlicher Aufsicht stehende Institution handele.
Die Beteiligte ist dem entgegengetreten. Sie meint, die Bezeichnung „Institut“ sei in Verbindung mit dem Worten „für Einfachheit“ zu sehen und dadurch erkennbar eine ironische Bezeichnung, was sich aus der Kontrastierung des eher mit Komplexität und schwierigen Dingen assoziierten Wortes „Institut“ mit den Worten „für Einfachheit“ ergebe. Durch den Zusatz sei eindeutig klargestellt, dass es sich nicht um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht stehende, wissenschaftliche Einrichtung handele. Dies entspreche auch den Anforderungen der Rechtsprechung für die Bezeichnung privater Vereinigungen als „Institut“. Die Gründer seien unter derselben Bezeichnung seit langer Zeit in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig, ohne dass sie Beanstandungen oder wettbewerbsrechtlichen Angriffen auf ihre Geschäftsbezeichnung ausgesetzt gewesen seien. Aus diesem Grund hätten sie ein hohes Interesse an der Fortführung der bisherigen Bezeichnung als Firma.
Das Registergericht hat die Auffassung vertreten, dass die Anforderungen der Rechtsprechung für eine zulässige Verwendung des Begriffs „Institut“ nicht erfüllt seien. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass es sich um ein „klassisches“ Institut handele, das sich der Erforschung des Themas „Einfachheit“ widme.
Die Beteiligte hat ihren Standpunkt aufrechterhalten und um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten.
Daraufhin hat das Amtsgericht - Richter - den Antrag auf Eintragung in das Handelsregister kostenpflichtig zurückgewiesen. Zur weiteren Begründung hat es ausgeführt, der Umstand, dass die Gründer unter der bisherigen Geschäftsbezeichnung bisher ohne Beanstandung im Wirtschaftsleben tätig seien, habe keinen Einfluss auf die registergerichtliche Kontrolle der gewählten Firmierung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der sie ihre Anmeldung zur Eintragung unverändert aufrechterhält. Zur weiteren Begründung trägt sie vor, die vom Amtsgericht angenommene, der Bezeichnung „Institut“ entgegenstehende theoretische Erforschungsmöglichkeit eines Themas greife zu weit. Dies führe dazu, dass die Verwendung einer dieses Wort enthaltenden Firma grundsätzlich ausgeschlossen sei, da jedes Themengebiet hypothetisch erforscht werden könne. Vielmehr sei auf die tatsächliche Bezeichnung eines Gegenstands abzustellen, der regelmäßig wissenschaftlicher Forschung unterliege. Der Institutsbegriff sei insbesondere hochschulrechtlich geprägt, weswegen nicht der Anschein erweckt werden dürfe, der Forschungsbereich einer Hochschule sei betroffen. Dies sei durch die zusätzliche Tätigkeitsbezeichnung „für Einfachheit“, die keinen Forschungsbereich einer hochschulrechtlichen Einrichtung darstelle, nicht der Fall. Durch die gewählte Firma bestehe auch nicht die Möglichkeit, den angesprochenen Verkehrskreis zu täuschen. Hierfür spreche, dass die seit 15 Jahren in Form der GbR geführte Unternehmensberatung keinen Beanstandungen oder wettbewerbsrechtliche Beschwerden durch Mitbewerber ausgesetzt gewesen sei.
Mit Beschluss vom 07.07.2023 hat das Amtsgericht der Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gemäß § 18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist.
Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen.
Zu den bedeutsamen Angaben über die gesellschaftlichen Verhältnisse gehören Angaben zu Art, Größe und Tätigkeit der Gesellschaft, zu ihrem Alter, ihrer Zusammensetzung oder ihren sonstigen Verhältnissen (Senat, Beschluss vom 16.04.2004 - I-3 Wx 107/04, Rn. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.04.2001 - 20 W 84/2001, Rn. 2, juris). Die durch die mögliche Täuschung in Betracht kommende Irreführung muss von einer gewissen Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein, wobei ein objektiver Maßstab aus der Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises und deren verständiger Würdigung anzulegen ist (Senat, a.a.O., Rn. 16, juris).
Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt - wie von der älteren Rechtsprechung angenommen - alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (so noch BGH, Urteil vom 16.10.1986 - I ZR 157/84, Rn. 23, juris zu § 3 UWG a.F., jetzt § 5 UWG; zu § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG, Beschluss vom 26.04.1990 - BReg 3 Z 167/89, Rn. 25, juris, zu § 18 Abs. 2 HGB n.F. noch Senat, a.a.O., Rn. 17; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 3; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2011 - 25 W 23/11, Rn. 10, juris). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O., Rn. 18; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.
Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung "Institut" für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff "Institut" verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (BGH, a.a.O. Rn. 23 zu § 3 UWG a.F.; zu § 18 Abs. 2 HGB BayObLG, a.a.O., Rn. 25; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; KG Berlin, a.a.O., Rn. 11, juris). Dabei reicht die Angabe des Rechtsformzusatzes, z.B. GmbH in der Regel nicht aus, um die Täuschungseignung auszuschließen (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 f., OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 4; vgl. Senat, a.a.O., Rn. 17 zu e.K.; KG Berlin, a.a.O., Rn. 12 zu e.V.).
Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn. 23, juris). Etwas anderes wurde angenommen, wenn die Tätigkeitsangabe im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Institut“ den Eindruck wissenschaftlicher Betätigung erweckt, z.B. bei Deutsches Vorsorgeinstitut, Kardiologisches Institut, Institut für Marktanalysen, Institut für Zelltherapie, Institut für physikalische Therapie, Institut für steuerwissenschaftliche Information, Institut für Politik und Wirtschaftswissenschaften, Dolmetscher-Institut (Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 3. Akademie, Institut, Anstalt, Seminar, Kolleg, Rn. 50 mit Nachweisen zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung).
Nach diesen Grundsätzen ist - bei der im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen grundrechtskonformen Auslegung des § 18 Abs. 2 HGB - eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (vgl. KG Berlin, a.a.O., Rn. 12).
III.
Eine Kostenentscheidung war im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels entbehrlich (§ 25 Abs. 1 GNotKG).
Aus demselben Grund erübrigt sich eine Festsetzung des Geschäftswerts.
Über die Zulassung der Rechtsbeschwerde war angesichts des Erfolgs des Rechtsmittels nicht zu entscheiden.
Einsender:
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".