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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Rahmengebühren, Bußgeldverfahren, Mittelgebühr, Verbindlichkeit der Gebührenbestimmung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 14.09.2023 – 5 Qs 56/23

Eigener Leitsatz:

1. Durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einfachen Sach- und Rechtsfragen, niedrigen Geldbußen und wenigen Punkten im Fahreignungsregister sind grundsätzlich als unterdurchschnittliche Bußgeldsache anzusehen.
2. Eine vom Gericht zu tolerierende Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts liegt nur vor, wenn sie auf Grund der Umstände des Einzelfalls in Verbindung mit den Bemessungskriterien getroffen worden ist.


In pp.

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Dresden vom 11.07.2023, Az.: 217 OWi 633 Js 25604/22, wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt Dresden vom 19.01.2022 wurde gegen den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes am 29.12.2021 ein Bußgeld in Höhe von 90,00 € festgesetzt, verbunden mit der Eintragung von einem Punkt in das Fahreignungsregister nach Rechtskraft. Hiergegen legte der Verteidiger des Betroffenen mit Schriftsatz vom 02.02.2022 Einspruch ein und beantragte die Einstellung des Verfahrens.

Das Amtsgericht Dresden führte am 12.12.2022 eine Hauptverhandlung durch, die 27 Minuten dauerte. Mit Urteil vom selben Tag wurde der Betroffene freigesprochen, die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.

Am 14.12.2022 stellte der Verteidiger des Betroffenen einen Kostenfestsetzungsantrag in Höhe von insgesamt 906,19 €, wobei er bezüglich der Grund- und Verfahrensgebühren jeweils 90 % der Mittelgebühr und betreffend der Terminsgebühr 96 % der Mittelgebühr für sich beanspruchte. Nach Übersendung der Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Amtsgericht Dresden vom 30.05.2023, der die Festsetzung der Gebühren jeweils in Höhe von 70 % der jeweiligen Mittelgebühr beantragte, hielt der Verteidiger des Betroffenen in seinem Schriftsatz vom 30.06.2023 an der Festsetzung der Gebühren in der beantragten Höhe fest und rügte eine willkürliche Sachbehandlung.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.07.2023 wurden die zu erstattenden Kosten auf 703,59 € festgesetzt. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien als unterdurchschnittlich einzuschätzen. Ausführungen zur Bedeutung der Sache für den Betroffenen seien nicht vorgetragen worden. Die Angelegenheit sei für den Betroffenen ebenfalls als unterdurchschnittlich anzusehen, so dass die Gebühren jeweils in Höhe von 70% der Mittelgebühr zu erstatten seien.

Gegen diesen dem Verteidiger des Betroffenen am 13.07.2023 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss legte dieser am 21.07.2023 sofortige Beschwerde ein und wiederholte seinen Vorwurf einer willkürlichen Sachentscheidung. Er habe 90 % der Mittelgebühren beantragt, der Toleranzbereich von 20 % sei gerade nicht überschritten worden.

Die zuständige Rechtspflegerin half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte diese der Kammer zur Entscheidung vor.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Nach § 14 RVG bestimmt ein Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände. Solche sind v. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Wenn die Gebühr von einem Dritten, mithin auch von der Staatskasse, zu ersetzen ist, ist die anwaltlich getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer sind durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einfachen Sach- und Rechtsfragen, niedrigen Geldbußen und wenigen Punkten im Fahreignungsregister grundsätzlich als unterdurchschnittliche Bußgeldsache anzusehen, (vgl. LG Dresden, Beschluss vom 29.09.2017, 5 Qs 63/17, im Ergebnis wie hier LG Hanau, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 7 Qs 38/20 -, juris; LG Osnabrück, Beschluss vom 25. Februar 2020 - 15 Qs 11/20 -, juris; LG Halle (Saale), Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 3 Qs 117/19 -, juris; LG Kassel, Beschluss vom 20. Mai 2019 - 8 Qs 18/19 -, juris und LG Berlin, Beschluss vom 12. September 2006 - 526 Qs 257/06 -, juris). Als angemessene Vergütung in derlei Fällen kommt grundsätzlich nicht die Mittelgebühr, sondern eine niedrigere Gebühr in Betracht.

Der Verteidiger des Betroffenen hat in Kenntnis dieser ständigen Rechtsprechung der Kammer, die in vergleichbaren Fällen eine Gebührenerstattung in einem Umfang von 70 % der Mittelgebühr vorsieht, 20 % bzw. 26 % hinzuaddiert und vorgetragen, dass bei der Gebührenbemessung das Ermessen in dieser Bußgeldsache berücksichtigt worden sei, indem er gerade nicht die Mittelgebühr in Ansatz gebracht habe.

Der Verteidiger des Betroffenen übersieht dabei, dass der Toleranzrahmen von 20 % bei der anwaltlichen Bestimmung der billigen Gebühr nach § 14 RVG nicht den Zweck hat, die eindeutig angemessene Gebühr einfach um 20 % zu erhöhen. Eine vom Gericht zu tolerierende Gebührenbestimmung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn sie auf Grund der Umstände des Einzelfalls in Verbindung mit den Bemessungskriterien getroffen worden ist, (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, § 14 Rn. 12).

Daran fehlt es vorliegend. Bereits aus dem Verteidigervorbringen ergibt sich, dass sich die Entscheidung nicht mit den Umständen des Einzelfalls, der Bedeutung der Angelegenheit, der Schwierigkeit und des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Betroffenen auseinandergesetzt hat, sondern lediglich unter Berufung auf die Toleranzgrenze ein Aufschlag auf die angemessene Gebühr um 20 % bzw. 26 % vorgenommen wurde.

Eine solche ohne das gebotene Ermessen getroffene Bestimmung ist ermessensfehlerhaft und damit unbillig und nicht verbindlich, auch wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von 20 % teilweise nicht überschreiten sollten.

Es verbleibt daher bei der Entscheidung im Kostenfestsetzungsbeschluss, auf dessen zutreffende Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


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Anmerkung:


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