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Entscheidungen

OWi

Verjährungsunterbrechung, Zustellung des Bußgeldbescheides, Vollmacht des Verteidigers

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Meiningen, Beschl. v. 23.01.2023 - 6 Qs 240/22

Eigener Leitsatz:

An den gewählten Verteidiger kann gem. § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG nur dann wirksam zugestellt werden, wenn dessen Bevollmächtigung nachgewiesen ist und zwar mindestens durch die Übermittlung einer Kopie der Vollmacht durch den Verteidiger. Die reine Anzeige der Verteidigung mit ist nicht ausreichend. Daran hat sich durch die Neufassung des § 51 Abs. 4 OWiG nichts geändert.


Landgericht Meiningen

6 Qs 240/22


Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
Gegen pp.

Verteidiger:

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat die. 6. Strafkammer des Landgerichts Meiningen durch Vorsitzende Richterin am Landgericht pp. die Richterin pp, und die Richterin am Landgericht pp. am 23.01.2023 beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft pp. gegen den Beschluss des Amtsgerichts 1vom 02.12.2022 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Durch die Stadt pp. wurde am 03.11.2021 unter dem Aktenzeichen pp. ein Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen, da dieser am pp. um pp. Uhr als Führer des Kfz, amtl. Kennzeichen pp., in pp. auf der 1 in Fahrtrichtung r die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 31 km/h überschritten hatte.

Der Beschwerdeführer wurde am 05.10.2022 zu dem Vorwurf angehört. Daraufhin zeigte sich mit Schriftsatz vom 12.10.2022 Rechtsanwalt pp. als Verteidiger an. Eine schriftliche Vollmacht wurde nicht vorgelegt.

Die Zustellung des oben näher bezeichneten Bußgeldbescheides erfolgte via Postzustellungsurkunde am 08.11.2021 an den Verteidiger. Eine Zustellung an den Betroffenen unterblieb.

Am 10.03.2022 wurde das Verfahren dem Amtsgericht pp. vorgelegt.

Mit dem vorliegend angegriffenen Beschluss vom 02.12.2022 stellte das Amtsgericht schließlich das Verfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung gemäß § 206a StPO, § 31 OWiG ein. Eine Unterbrechung durch die Zustellung des Bußgeldbescheides habe nicht stattgefunden. Gemäß § 51 Abs. 3 OWiG gelten nur solche Verteidiger als ermächtigt, Zustellungen entgegen zu nehmen, deren Bevollmächtigung entsprechend (zumindest durch Kopie, der Vollmacht) nachgewiesen ist. Vorliegend wurde die Bevollmächtigung nur angezeigt, indes wurde keine Vollmachts-Urkunde vor Zustellung vorgelegt.

Auf die weitere Begründung des Beschlusses des Amtsgerichts wird Bezug genommen.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts pp. vom 02.12.2022 wendet sich die Staatsanwaltschaft pp. mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 08.12.2022, eingegangen am 09.12.2022. Es liege kein Verfahrenshindernis nach § 206a StPO vor. Vielmehr sei von einem ausreichenden Nachweis der Bevollmächtigung des Verteidigers gem. § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG auszugehen. Für die Bevollmächtigung zur Einlegung eines Einspruchs im Bußgeldverfahren sei keine besondere Form erforderlich. Auch nach Änderung der Norm zum 01.07.2021 sei dem Wortlaut klar zu entnehmen, dass nicht die original (schriftliche) Vollmacht oder eine Abschrift in der Akte vorliegen müsse, sondern lediglich der Nachweis einer Bevollmächtigung gefordert sei und dies nicht mal explizit zu den Akten. Daher sei die Anzeige des Mandatsverhältnisses auf Bl. 24 d.A. ausreichend i.S.d. § 53 OWiG erfolgt.

Der Verteidiger des Betroffenen beantragte mit Schriftsatz vom 20.01.2023 die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Das Amtsgericht habe zutreffend erkannt, dass der Verfolgung der Tat deren Verjährung entgegenstehe. Die Verjährungsfrist sei nicht gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen, da keine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides vom 03.11.2021 angenommen werden könne. Die Zustellung erfolgte nur an den Verteidiger nicht aber an den Betroffenen. Vorliegend sei die Bevollmächtigung des Verteidigers nicht entsprechend § 51 Abs. 3 S. 1 OWG nachgewiesen.

II.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Kammer teilt die Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei.

Das Amtsgericht pp. hat zutreffend festgestellt, dass der Verfolgung der Tat deren Verjährung entgegensteht, § 31 Abs. 1 S. 1 OWiG.

Die dreimonatige Verjährungsfrist aus § 26 Abs. 3 HS 1 StVG, die am 17.09.2021 zu laufen begonnen hat, wurde nur durch die Anhörung des Betroffenen am 05.10.2021 gern. § 33 Abs. 1 Ziff.1, Abs. 2 OWiG unterbrochen. Mit der Folge, dass nun das Ende der Verjährungsfrist auf den 05.01.2022 fiel.

Eine Unterbrechung durch Zustellung des Bußgeldbescheides fand indes nicht statt. Dieser. wurde durch die Bußgeldbehörde nur an den Verteidiger - nicht aber an den Betroffenen - zugestellt. An den gewählten Verteidiger kann gem. § 51. Abs. 3 S. 1 OWiG nur dann wirksam zugestellt werden, wenn dessen Bevollmächtigung nachgewiesen ist und zwar mindestens durch die Übermittlung einer Kopie der Vollmacht durch den Verteidiger. Die reine Anzeige der Verteidigung mit Schreiben vom 12.10.2022 ist hierfür nicht ausreichend (OLG Saarbrücken Beschl. v. 29.4.2009
Ss (Z) 205/2009 (37/09), BeckRS 2009, 23759, beck-online).

Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ändert auch die Neufassung des § 51 Abs. OWiG nichts an dieser Einschätzung. Der Wahlverteidiger hat seine Bevollmächtigung nachzuweisen, § 53 Abs. 3 S. 1 OWiG. Zur Erleichterung der elektronischen Einreichung der Verteidigervollmacht wird nunmehr auf das Erfordernis des Vorliegens der (Original-)Vollmachtsurkunde bei den Akten verzichtet. Es genügt die elektronische Einreichung einer digitalen Kopie der Vollmachtsurkunde, vgl. § 53 Abs. 3 S. 2 OWiG (vgl. BR-Drs. 57/21, 38, 149, vgl. BeckOK OWiG/A. Bücherl, 36. Ed. 1.10.2022, OWiG § 51 Rn. 62). Spätestens zum Zeitpunkt der Ausführung der Zustellung muss die Bevollmächtigung nachgewiesen sein (vgl. OLG Hamm NStZ 1982, 129); liegt der Nachweis der Bevollmächtigung zu diesem Zeitpunkt nicht vor, so ist die Zustellung an den Verteidiger unwirksam (vgl. OLG Karlsruhe Justiz 1982, 375). Gelangt der Nachweis der Bevollmächtigung später zu den Akten, heilt dies den Mangel nicht (vgl. OLG Stuttgart Justiz 1983, 466; Göhler/Seitz/Bauer Rn. 44a, vgl. BeckOK OWiG/A. Bücherl, 36. Ed. 1.10.2022, OWiG § 51 Rn. 63).

Vorliegend liegen keine Umstände vor, die mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen lassen, dass der Verteidigung zum Zeitpunkt der Zustellung des Bußgeldbescheides zur Entgegennahme von Zustellungen für den Betroffenen ermächtigt war.

Zudem ist dem Amtsgericht beizupflichten, insofern es die Einschlägigkeit des § 26 Abs. 3 Hs. 3 StVG verneint (vgl. BGH, Beschluss vom 28.10.1999, 4stR 453/99 - NJW 2000, 820 (821)).

Damit war zum Zeitpunkt der nächsten Unterbrechung mit Vorlage der Akten an das Amtsgericht Meiningen am 10.03.2022 bereits Verjährung eingetreten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.


Einsender: RA M. Kirchner, Bad Salzungen

Anmerkung: Soweit es im Beschluss an zwei Stellen "§ 53 OWiG" heißt, handelt es sich um einen Schreibfehler, der auch im Originalbeschluss enthalten ist.


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