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Entscheidungen

Corona

Corona, einrichtungsbezogene Nachweispflicht, kein Betretensverbot, kein Tätigkeitsverbot, Verfassungsmäßigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 06.06.2023 - 2 ORbs 132/23

Leitsatz des Gerichts:

1.Die bis zum 31.12.2022 befristeten Regelungen zur einrichtungsbezogene Nachweispflicht in §§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1 IfSG in der vom 12.12.2021 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung unterfallen nicht der Meistbegünstigungsklausel des § 4 Abs. 3 OWiG.
2.Der Bußgeldtatbestand in § 73 Abs. 1a Nr. 7h IfSG in der vom 12.12.2021 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung ist auch dann anwendbar, wenn das Gesundheitsamt dem Betroffenen kein Betretens- oder Tätigkeitsverbot erteilt hat.
3.Ein zur Verfassungswidrigkeit der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht in §§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1 IfSG in der vom 12.12.2021 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung begründendes strukturelles Vollzugsdefizit ist nicht gegeben.


Oberlandesgericht Celle

Beschluss

2 ORbs 132/23

In der Bußgeldsache
gegen pp.

Verteidiger: Rechtsanwalt …

wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz

hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle auf Antrag der General-staatsanwaltschaft durch den Richter am Oberlandesgericht pp.
am 6. Juni 2023 beschlossen:

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Celle vom 24.03.2023 bzgl. der Angabe der angewendeten Vorschriften wie folgt neu gefasst:

§§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S 1, Abs. 5 S. 1; 73 Abs. 1 a Nr. 7h IfSG in den vom 12.12.2021 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassungen
2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen
(§ 349 Abs. 2 StPO, § 79 Abs. 3 OWiG).
3. Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Celle hat die Betroffene in der Hauptverhandlung vom 24.03.2023 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die in § 20a Abs. 2 und 5 IfSG in der zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit geltenden Fassung (im Folgenden: § 20a Abs. 2 und 5 IfSG a.F.) geregelte Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 7 e) und h) IfSG in der im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden:

§ 73 Abs. 1a Nr. 7 e) und h) a.F.) zu einer Geldbuße in Höhe von 500 € verurteilt. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen war die Betroffene zum Tatzeitpunkt als Gesundheits- und Krankenpflegerin für die D. D. in B. gGmbH tätig. Trotz Kenntnis ihrer gesetzlich geregelten Verpflichtung legte sie ihrem Arbeitgeber bis zum Ablauf des 15.03.2022 keinen Coronaimpf- oder Genesenennachweis vor. Der nachfolgenden Aufforderung des zuständigen Gesundheitsamtes, einen entsprechenden Nachweis dort bis zum 12.04.2022 vorzulegen, kam sie lediglich insoweit nach, als dass sie einen am 06.04.2022 bei der Behörde eingegangenen Genesen-Nachweis übermittelte, dessen Gültigkeit am 07.04.2022 ablief. Einen Nachweis über eine Corona-Schutzimpfung oder ein ärztliches Zeugnis über eine etwaige medizinische Kontra-indikation für diese Impfung legte sie hingegen nicht vor. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht hat sich die Betroffene dahin eingelassen, sie habe keinen Impfnachweis vorlegen können, da sie sich zuvor einmal mit dem Corona-Virus infiziert, jedoch keine Symptome ver-spürt gehabt habe, weshalb sie die Corona-Schutzimpfung nicht befürwortet und sich daher nicht impfen lassen habe.

Gegen ihre Verurteilung wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie macht insbesondere geltend, dass Amtsgericht sei zu Unrecht von einem vorsätzlichen Verstoß gegen ihre Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises ausgegangen. Da sie über keinen Nachweis verfügt habe, sei ihr die Vorlage eines solchen Nachweises objektiv unmöglich gewesen. Zudem habe ihr das Gesundheitsamt trotz des fehlenden Nachweises im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessens kein Betretens- oder Tätigkeitsverbot nach § 20a Abs. 5 IfSG a.F. erteilt. Auf eine solche Fallkonstellation sei der bei ihrer Verurteilung zugrunde gelegte Bußgeldtatbestand des § 73 Abs. 1a Nr. 7 h) IfSG nicht anwendbar. Seine Anwendung scheide auch deshalb aus, da hinsichtlich der vom Gesetzgeber eingeführten Regelungen in § 20a Abs. IfSG a.F. zur sog. einrichtungsbezogenen Impfpflicht ein strukturelles Vollzugsdefizit vorgelegen habe, aus der sich die Verfassungswidrigkeit der betreffenden Regelungen ergebe. So habe die Landesregierung des Freistaates Bayern am 15.02.2022 offiziell angekündigt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht aussetzen zu wollen, da diese nach ihrer Ansicht nicht als wirksames Mittel zur Begleitung, Dämpfung oder zum Stoppen der damals zu verzeichnenden Omikron-Welle anzusehen gewesen sei. Gleichlautende Stellungnahmen habe es aus anderen Bundesländern gegeben. Gleichwohl habe der Bundesgesetzgeber nähere Bestimmungen zu einer bundeseinheitlichen Anwendung der Rege-lungen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht bewusst unterlassen.

Schließlich wendet die Betroffene ein, es handele sich bei den genannten Regelungen um ein Zeitgesetz i.S. von § 4 Abs. 4 OWiG, das vom Gesetzgeber bewusst nicht verlängert worden sei, so dass die sog. Meistbegünstigungsklausel des § 4 Abs. 3 OWiG hätte zur Anwendung kommen und die Betroffene freizusprechen gewesen wäre.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

II.

Der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Rechtsbeschwerde der Betroffenen bleibt der Erfolg in der Sache versagt.

1. Das angefochtene Urteil war lediglich hinsichtlich der Angabe der angewendeten Vorschriften in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang abzuändern.

Die Abänderung erfolgt unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des gegen die Betroffene erhobenen Tatvorwurfs maßgeblichen Regelungen in §§ 20a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1; 73 Abs. 1a Nr. 7h IfSG in der vom 12.12.2021 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.). Danach war die Betroffene als Mitarbeiterin einer vollstationären Einrichtung zur Betreuung und Unterbringung älterer oder pflegebedürftiger Menschen verpflichtet, dem zuständigen Gesundheitsamt gemäß der ihr erteilten Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen. Der für die Verhängung der Geld-buße maßgebliche Bußgeldtatbestand ist in § 73 Abs. 1a Nr. 7h IfSG a.F. geregelt.

Die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Betroffene im Hinblick auf die durch den Senat vor-genommene Abänderung der Angabe der angewendeten Vorschriften war nicht veranlasst. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Betroffene sich gegen den Vorwurf des bußgeldbewährten Verstoßes gegen die ihr obliegende einrichtungsbezogene Nachweispflicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Die Rechtsbeschwerde deckt im Übrigen keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Mangel des angefochtenen Urteils zum Nachteil der Betroffenen auf. Unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Rechtsbeschwerdebegründung bedarf näherer Erörterung nur das Folgen-de:

a) Die in dem angefochtenen Urteil angewendeten Gesetzesbestimmungen des Infektionsschutz-gesetzes in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 18.03.2022 hinsichtlich der in § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1 IfSG a.F. geregelte und in § 73 Abs. 1a Nr. 7 h) IfSG a.F. buß-geldbewährte Verpflichtung u.a. auch der in voll- oder teilstationären Einrichtungen tätigen Personen, dem Gesundheitsamt auf Anforderung einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den verfassungsrechtlichen Anforderungen in jeder Hinsicht. Der von der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht aus-gehende Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützte körperliche Unversehrtheit des betroffenen Personenkreises steht danach mit dem Grundgesetz in Einklang. Gleiches gilt für den Eingriff in die durch Art. 12 geschützte Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 –, juris).

b) Die in Rede stehenden Regelungen in §§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1; 73 Abs. 1a

Nr. 7 h) IfSG a.F. sind entgegen der Auffassung der Betroffenen auf den gegen sie erhobenen Tatvorwurf anwendbar. Daran ändert nichts, dass die Bestimmungen in § 20a IfSG a.F. gemäß Art. 2 und 23 des Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 vom 10.12.2021 von vornherein bis zum 31.12.2022 befristet waren und ihre Geltungsdauer durch den Gesetz-geber nicht verlängert wurde.

Auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren gilt, dass eine Geldbuße sich nach dem Gesetz bestimmt, das zur Zeit der Handlung gilt, § 4 Abs. 1 OWiG. Wird dabei das Gesetz, das bei Beendigung der Handlung gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist nach § 4 Abs. 3 OWiG das mildeste Gesetz anzuwenden (sog. Meistbegünstigungsprinzip). Eine Ausnahme von dem Meistbegünstigungsprinzip gilt nach § 4 Abs. 4 OWiG für sogenannte Zeitgesetze, bei denen es für die Bußgelddrohung grundsätzlich bei dem Tatzeitprinzip zu verbleiben hat, da anderenfalls bei ausnahmsloser Anwendung des Gebots der Rückwirkung des mildesten Gesetzes diese Zeitgesetze gegen Ende ihrer Geltungsdauer nach und nach die erforderliche Achtung in der dann begründeten Erwartung verlieren, nach Außerkrafttreten des Gesetzes könnten Gesetzesübertretungen nicht mehr geahndet werden (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 17.02.2021 – 2 RB 69/20 –, juris; Rogall in KK-OWiG, 5. Aufl. 2018, § 4 Rn. 35 mwN). Ein derartiges Zeitgesetz (im engeren Sinne) ist dadurch gekennzeichnet, dass bereits bei seiner Verkündung oder später ein nach dem Kalender festgelegter Zeitpunkt oder ein sonstiges in der Zukunft liegendes Ereignis, an dem das Gesetz außer Kraft treten soll, ausdrücklich bestimmt wird (Rogall, aaO, § 4 Rn. 37; Gürtler/Thoma in Göhler, OWiG, 18. Aufl. 2021, § 4 Rn. 10).

Indes ist anerkannt, dass beim Vorliegen eines Zeitgesetzes im weiteren Sinne das Meistbegünstigungsprinzip des § 4 Abs. 3 OWiG unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht zu ziehen ist. Um ein Zeitgesetz im weiteren Sinne handelt es sich bei Regelungen, denen nach ihrem Zweck und dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, etwa wegen eines dynamischen, nicht voraussehbaren Prozesses, nur vorübergehende Bedeutung und die vorbehaltene Möglichkeit der Neubewertung zukommen soll (vgl. OLG Hamburg, aaO; Rogall, aaO, Rd. 35 mwN). Beruht eine spätere Neubewertung nicht ausschließlich auf der Veränderung der in Betracht kommenden Lebensverhältnisse, sondern darauf, dass sich der Gesetzgeber zu der getroffenen Regelung aufgrund eines Wandels der Rechtsüberzeugung nicht mehr bekennt, ist auf das Meistbegünstigungsprinzip des § 4 Abs. 3 OWiG abzustellen (vgl. OLG Hamburg, aaO; OLG Hamm, Beschl. v. 16.12.2021 – 4 RBs 387/21 – juris, jeweils mwN; Rogall, aaO, § 4 Rn. 37, mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die vorliegend in Rede stehenden Regelungen in § 20a IfSG a.F. als Zeitgesetz im engeren Sinne anzusehen. Denn ihre Geltungsdauer war – wie oben bereits ausgeführt – gemäß Art. 2 und 23 des Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 vom 10.12.2021 von vornherein bis zum 31.12.2022 befristet. Trotz ihres Außerkrafttretens kommt daher die Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes des § 4 Abs. 3 OWiG auf während ihres Geltungszeitraumes begangene Regelverstöße nicht in Be-tracht (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.03.2023 – 2 ORbs 17/23 (210 Js 31415/22) –, juris). Im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Absehen des Gesetzgebers von einer Verlängerung der Geltungsdauer der Regelungen in § 20a IfSG a.F. nicht auf einer Änderung des ihnen zugrundeliegenden Pandemiegeschehens, sondern auf einem Wandel der Rechtsüberzeugung des Gesetzgebers bzgl. der Rechtmäßigkeit und Begründetheit dieser Re-gelungen während ihres Geltungszeitraumes beruht hat (so auch OLG Oldenburg, aaO).

c) Die Auffassung der Betroffenen, der Bußgeldtatbestand in § 73 Abs. 1a Nr. 7 h) IfSG a.F. sei einschränkend dahin auszulegen, dass er nur zur Anwendung komme, wenn die betreffende Person tatsächlich über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügt habe, diesen aber trotz andauernder Tätigkeit in einer der von § 20a Abs. 1 IfSG a.F. genannten Einrichtungen entgegen der ihr durch das Gesundheitsamt gemäß § 20a Abs. 5 S. 1 IfSG a.F. erteilten fristgebundenen Aufforderung nicht vorgelegt habe, geht fehl. Gleiches gilt für ihre Auffassung, wonach die Verhängung eines Bußgeldes auch dann ausscheide, wenn das Gesundheitsamt im Rah-men des ihm in § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG a.F. auferlegten Ermessens von der Erteilung eines Be-tretens- oder Tätigkeitsverbotes – wie im vorliegenden Fall der Betroffenen – abgesehen habe. Eine derartige einschränkende Auslegung der genannten Regelungen findet im Gesetz keine Stütze und entspricht auch nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmungen in §§ 20a Abs. 1 und 2, Abs. 5 S. 1; 73 Abs. 1a Nr. 7 h) IfSG a.F. noch aus der Systematik des Gesetzes.

Zum einen sollte der Bußgeldtatbestand in § 73 Abs. 1a Nr. 7h) IfSG a.F. nicht nur die Pflicht zur Vorlage vorhandener Impf- oder Genesenennachweise einer Bußgeldandrohung unterziehen. Vielmehr mussten auch diejenigen Personen, die über keinen Genesenenstatus verfügten und ausgehend von ihrem verfassungsrechtlichen Grundrecht auf Wahrung der körperlichen Unversehrtheit und dem daraus folgenden Recht, die Impfung gegen das Corona-Virus abzulehnen, Gebrauch machen wollten, damit rechnen, dass sie mit einem Bußgeld belegt werden können, wenn sie trotz Missachtung der Aufforderung des Gesundheitsamtes zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises weiterhin in einer der in § 20a Abs. 1 S. 1 IfSG a.F. genannten Einrichtungen tätig bleiben würden (vgl. BVerfG, aaO, Rd. 114; OLG Oldenburg, aaO).

Zum anderen stand die Bußgeldandrohung in § 73 Abs. 1a Nr. 7h) IfSG a.F. nach dem Willen des Gesetzgebers in keinem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis von der Erteilung eines Betretens- oder Tätigkeitsverbotes für die betroffene Person durch das Gesundheitsamt. Entsprechende Anhaltspunkte lassen sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen (vgl. BT-Drs 20/188, S. 42 u. 47; BT-Drs. 20/958, S. 15). Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner o.g. Entscheidung die Möglichkeit des Gesundheitsamtes, im Rahmen es ihm vom Gesetz ein-geräumten Ermessens trotz unterbliebener Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises von der Verhängung eines Betretens- oder Tätigkeitsverbotes für die betroffene Person abzusehen, lediglich als einen Aspekt bei der Abmilderung des von der Erfüllung der einrichtungsbezogen Nachweispflicht durch Vornahme einer Impfung ausgehenden Eingriffs in die verfassungsrechtlich garantierte körperliche Unversehrtheit angesehen (vgl. BVerfG, aaO, Rd. 207, 212, 215). Die in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG eingreifende Bußgeldandrohung in § 73 Abs. 1a Nr. 7h) IfSG a.F. ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grund-gesetz vereinbar, insbesondere ist sie nicht unverhältnismäßig (vgl. BVerfG, aaO, Rd. 270 ff).

d) Entgegen der Ansicht der Betroffenen sind die Bestimmungen in §§ 20a Abs. 1 und 5 S. 1 IfSG a.F. auch nicht aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits als verfassungswidrig anzusehen. Aus der in der Rechtsbeschwerdebegründung angeführten Absichtserklärung der Regierung des Freistaates Bayern über die Anwendung „großzügiger Übergangsregelungen“ für die Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen sowie den ebenfalls in Bezug genommenen, nicht näher spezifizierten kritischen Stellungnahmen von Politikern aus anderen Bundesländern gegenüber der Einführung der einrichtungsbezogen Nachweispflicht lässt sich ein gleichheitswidriges, dem Bundesgesetzgeber anzulastendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht ableiten. Gegenteiliges hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner o.g. Entscheidung vom 17.04.2022 (vgl. BVerfG, aaO), zu deren Zeitpunkt die genannte Verlautbarung aus dem Freistaat Bayern bereits bekannt war, nicht festgestellt.

e) Die Bemessung der Höhe der in dem angefochtenen Urteil gegen die Betroffenen verhängten Geldbuße weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen auf.

f) Im Ergebnis der vorstehenden Erwägungen war die Rechtsbeschwerde der Betroffenen als unbegründet zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

4. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.


Einsender: 2. Senat für Bußgeldsachen des OLG Celle

Anmerkung:


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