Gericht / Entscheidungsdatum: LG Magdeburg, Beschl. v. 12.05.2023 - 25 Qs 235 Js 39443/22 (55/23)
Eigener Leitsatz:
Der Grundsatz des fairen Verfahrens erfordert beim Vorwurf einer gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung, sowie der Tatsache, dass sowohl die beiden als Haupttäter Mitangeklagten als auch der Nebenkläger anwaltlich vertreten sind, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers.
Landgericht Magdeburg
Beschluss
25 Qs 235 Js 39443/22 (55/23)
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
hat die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Magdeburg durch die unterzeichnenden Richterinnen am 12. Mai 2023
beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Angeschuldigten pp. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 29. März 2023 —Az.: 14 Ds 235 Js 39443/22 (506/22) —, durch den der Antrag des Rechtsanwalts pp. auf Bestellung als Pflichtverteidiger zurückgewiesen worden ist, wird der Beschluss aufgehoben.
Dem Angeschuldigten wird pp. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Landeskasse.
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg erhob am 24. Oktober 20222 gegen den Beschwerdeführer pp. sowie gegen vier weitere Angeschuldigte Anklage vor dem Strafrichter des Amtsgerichts Magdeburg mit dem Vorwurf hinsichtlich des Angeschuldigten und Beschwerdeführers sowie der Angeschuldigten pp und pp. am 2. April 2022 eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung begangen zu haben, zu der die beiden weiteren Angeschuldigten, pp und pp. Beihilfe geleistet haben sollen.
Den Akten ist zu entnehmen, dass sowohl der Angeschuldigte pp. als auch die Angeschuldigte pp. anwaltlich vertreten sind. Auch der Geschädigte der verfahrensgegenständlichen Straftat, der sich als Nebenkläger dem Verfahren anschließen möchte, ist anwaltlich vertreten.
Gegen den im Beschlusstenor genannten Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 29. März 2023, der dem Angeschuldigten ausweislich Postzustellungsurkunde am 1. April 2023 mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde, legte der Angeschuldigte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6. April 2023, eingegangen bei Gericht am selben Tage, sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung schon deshalb gegeben seien, weil die Mitangeklagte pp bereits anwaltlich
vertreten sei und angesichts des Tatvorwurfes auch die Gefahr bestünde bzw. nicht fernläge, dass ein verteidigter Mitangeklagter in einer gemeinsamen Hauptverhandlung eine in irgendeiner Form den Tatvorwurf betreffende, einen nicht verteidigten Angeklagten belastende Aussage machen könnte.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Grundsatz des fairen Verfahrens erfordert vorliegend angesichts der Art des erhobenen Vorwurfs, nämlich einer gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung, sowie der Tatsache, dass sowohl die beiden als Haupttäter Mitangeklagten als auch der Nebenkläger anwaltlich vertreten sind, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers (vgl. insofern auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Auflage, § 140, Rdn. 31 u. 32).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung von § 467 StPO.
Einsender: RA J.-R. Funck, Braunschweig
Anmerkung: