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Entscheidungen

OWi

Verbot der Schlechterstellung, Bußgeldverfahren, Änderung der Schuldform

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 30.01.2023 - 3 ORbs 5/23 - 122 Ss 138/22

Eigener Leitsatz:

Das Verschlechterungsverbot hindert das neue Tatgericht im neuen Rechtsgang nicht an der Verurteilung wegen einer für den Betroffenen nachteiligen Schuldform (hier Vorsatz statt Fahrlässigkeit), wohl aber an der Verhängung einer gegenüber dem ersten Rechtsgang höheren Geldbuße.


In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen einer Ordnungswidrigkeit gegen das Berliner Straßengesetz

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 30. Januar 2023 beschlossen:

I. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 31. August 2022 wird mit der Maßgabe nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen, dass die Geldbuße auf 500 Euro herabgesetzt wird.
Nachdem das Amtsgericht die Betroffene wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen das Berliner Straßengesetz zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt und der Senat dieses Urteil wegen eines Verfahrensverstoßes aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hatte, hat das Amtsgericht die Betroffene wegen vorsätzlicher Tatbegehung zu einer Geldbuße von 600 Euro verurteilt. An der für die Betroffenen nachteiligen Veränderung des Schuldspruchs (Vorsatz statt Fahrlässigkeit) war das Amtsgericht durch §§ 71 OWiG, 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gehindert (vgl. BGH NJW 1960, 732), wohl aber an einer Verschlechterung der Rechtsfolgen. Der Senat entscheidet insoweit nach § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst und setzt die Geldbuße auf 500 Euro herab.
Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde offensichtlich unbegründet. Die Erwiderung des Verteidigers vom 26. Januar 2023 lag vor, gab aber zu einer anderen Bewertung keinen Anlass. Erläuternd bemerkt der Senat:

1. Der Senat folgt der Bewertung der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Rüge der prozessrechtswidrigen Verwertung der Bekundungen des Zeugen Y ohne Erfolg bleibt. Es ist offensichtlich, dass sich das von der Verteidigung angenommene Beweisverwertungsverbot keinesfalls auf alle, sondern nur auf solche zeugenschaftlichen Angaben erstrecken kann, die ihrerseits verfahrensrechtswidrig gewonnen sind. In Betracht kommen hier nur Bekundungen, welche der Zeuge Y in Bezug auf eine Aussage der (nicht über ein ihr gegebenenfalls zustehendes Schweigerecht belehrten) Betroffenen gemacht hat. Solche sind aber gar nicht Gegenstand der Urteilsfindung geworden. Zutreffend weist die Generalstaatsanwaltschaft darauf hin, dass nicht dasjenige, was die Zeugin gesagt hat, verwertet worden ist, sondern dasjenige, was der Zeugin durch den Zeugen Y gesagt worden ist.

2. Unabhängig davon, dass die Fehlerhaftigkeit des Protokolls keinesfalls zur Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils führen könnte, geht die Verteidigung mit ihrer Einschätzung, das Protokoll müsse den Wortlaut der nach § 52 StPO erfolgten Belehrung und zudem die „dazu abgegebene Erklärung des Zeugen“ enthalten, fehl. Dies bleibt aber ohne Bedeutung, weil der behauptete Verfahrensfehler nicht bewiesen ist. Die Tatrichterin hat hierzu eine klare dienstliche Erklärung abgegeben, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht.

3. Die Würdigung, die Betroffene sei im Rechtssinn Halterin des Fahrzeugs gewesen, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Lediglich informatorisch teilt der Senat mit, dass er diese Bewertung, was im nur kassatorischen Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Belang ist, auch für ausgesprochen überzeugend hält. Denn niemand außer der Betroffenen konnte das Fahrzeug nutzen, nachdem sie Schlüssel und Papiere mit ins Ausland genommen hatte (UA S. 4). Lediglich sie konnte durch den Akt der Herausgabe der Schlüssel sowie eine entsprechende Erklärung bestimmen, wer das Fahrzeug nutzt.

4. Auch die innere Tatseite ist ausreichend festgestellt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird sie auch durch die Beweiswürdigung getragen.

5. Fehlerhaft allerdings ist die Kostenentscheidung. Richtigerweise hätte die Betroffene nicht von den Kosten und Auslagen ihrer erfolgreichen Rechtsbeschwerde entlastet werden dürfen. Nachdem sie am Ende verurteilt worden ist, hätte sie auch diese Kosten zu tragen gehabt. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens gilt nämlich, dass die Aufhebung des zunächst ergangenen Urteils und die Zurückverweisung für sich noch keinen Erfolg im kostenrechtlichen Sinne darstellen. Es kommt vielmehr darauf an, ob und inwieweit die neue Entscheidung - verglichen mit der aufgehobenen - zu Gunsten der Beschwerdeführerin von der aufgehobenen abweicht (vgl. zum Ganzen BGH NStZ-RR 2006, 32).

Durch diese Rechtsanwendung ist die Betroffene aber nicht beschwert.

II. Die Betroffene hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 StPO). Der Erfolg des Rechtsmittels ist gering, und der Senat geht davon aus, dass die Betroffene es auch eingelegt hätte, wenn bereits das Amtsgericht so entschieden hätte, wie es nun der Senat getan hat.


Einsender: RiKG U. Sandherr, Berlin

Anmerkung:


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