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Entscheidungen

StPO

Besorgnis der Befangenheit, Verteilung von Süßigkeiten, Schöffe, Staatsanwalt

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Oldenburg, Beschl. v. 24.04.2023 - 12 Ns 380 Js 80809/21 (299/22)

Eigener Leitsatz:

Die Verteilung von Süßigkeiten in einem Strafverfahren durch Schöffen erscheint grundsätzlich unangemessen. Sie kann aber ggf. dann nicht zur Besorgnis der Befangenheit führen, wenn der Schöffe durch sein Gesamtverhalten und - spätestens durch die Klarstellung im Rahmen seiner dienstlichen Äußerung - nachvollziehbar ein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, dass darauf schließen lässt, dass er der Seite des Angeklagten, insbesondere dem Verteidiger, nicht weniger gewogen ist, als der Staatsanwaltschaft.


LG Oldenburg

Beschluss

12 Ns 380 Js 80809/21 (299/22)

In der Strafsache

gegen pp.

Verteidiger:

wegen Brandstiftung

hat das Landgericht - 12. kleine Strafkammer - Oldenburg durch den Vorsitzender Richter am Landgericht pp. am 24.04.2023 beschlossen:

Der in der Hauptverhandlung am 03.04.2023 gestellte Antrag des Angeklagten, gerichtet auf Ablehnung der Schöffin pp. wegen Besorgnis der Befangenheit, wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn aus Sicht eines vernünftigen Ablehnungsberechtigten Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unabhängigkeit des Richters bestehen (MüKoStPO/Conen/Tsambikakis, 1. Aufl., StPO § 24 Rn. 15 m.w.N.). Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist demnach gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 24 Rn. 8 m.w.N.). Bei der Ablehnung von Schöffen gilt das Gleiche; die Befangenheitsgründe gehen nicht weiter als bei den Berufsrichtern (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 31 Rn. 2).

Die beanstandete Verteilung von Schokoladen-Marienkäfern durch die Schöffin pp. vor Beginn der Hauptverhandlung am 03.04.2023 begründet jedenfalls in der konkreten Situation und unter Berücksichtigung der dienstlichen Äußerung der Schöffin aus Sicht eines vernünftigen Angeklagten keine Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit. Zwar erscheint die Verteilung von Süßigkeiten in einem Strafverfahren grundsätzlich unangemessen (vgl. LG Flensburg, Beschl. vom 20.01.2021 — V KLs 2/19, juris). Doch lässt dies in der konkreten Situation gerade nicht den Schluss zu, dass die Schöffin dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft eher gewogen ist als dem Angeklagten oder seinem Verteidiger.

Unabhängig davon, dass der Angeklagte sich zum Zeitpunkt der Verteilung der Süßigkeiten nicht im Saal befand, hat der Erste Staatsanwalt pp. in der Hauptverhandlung erklärt, er habe den Vorgang bereits als unangemessen empfunden, der Schöffin dies mitgeteilt und das Schokoladenpräsent auch nicht angenommen. Die Schöffin hat im Rahmen ihrer dienstlichen Äußerung erklärt, dass sie durchaus vorgehabt habe, dem Verteidiger auch ein Schokoladenpräsent zu übergeben, dies aber angesichts der Zurückweisung durch den Staatsanwalt nicht mehr getan habe. Die Äußerung lässt darauf schließen, dass der Schöffin die Unangemessenheit ihres Verhaltens erst anschließend klargeworden ist.

Es bestehen keine Gründe, die Glaubhaftigkeit der dienstlichen Äußerung der Schöffin in Zweifel zu ziehen. Die Stellungnahme des Verteidigers vom 06.04.2023 begründet solche Zweifel ebenfalls nicht — im Gegenteil: Seine Ausführungen zeigen vielmehr, dass die Schöffin ihm gegenüber ausgesprochen freundlich und zugewandt gefragt habe, ob der Sitzungssaal bereits offen sei, oder ob sie ihm die Saaltür öffnen solle. Dass sie bei dieser Gelegenheit oder anschließend, als sie offenbar der Protokollführerin ebenfalls ein Stück Schokolade auf den Tisch gelegt hat, nicht daran gedacht hat, dies bereits diesem Zeitpunkt auch dem Verteidiger anzubieten, stellt daher keinen Befangenheitsgrund dar. Denn die Schöffin hat durch ihr Gesamtverhalten und — spätestens durch die Klarstellung im Rahmen ihrer dienstlichen Äußerung — nachvollziehbar kein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass darauf schließen lässt, dass sie der Seite des Angeklagten, insbesondere dem Verteidiger, weniger gewogen ist, als der Staatsanwaltschaft.

Die Besorgnis der Befangenheit der Schöffin pp. ist nach alledem nicht gerechtfertigt.


Einsender: RA J.O. Höffmann, Cloppenburg

Anmerkung:


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