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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Aufhebung, Weiterer Pflichtverteidiger, Verfahren, Anhörungspflicht

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Landshut, Beschl. v. 22.02.2023 - 6 Qs 14/23

Eigener Leitsatz:

Bei § 142 Abs. 5 Satz 1 StPO, wonach dem Beschuldigten vor der Bestellung eines (weiteren) Pflichtverteidigers rechtliches Gehör zu gewähren ist, handelt es sich um eine zwingende Vorschrift.


Landgericht Landshut
6 Qs 14/23

In dem Strafverfahren
gegen pp.

Verteidiger: Rechtsanwalt

wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.

hier: sofortige Beschwerde gegen die Beiordnung eines weiteren Pflichtverteidigers gemäß §§ 142 Abs. 3 Nr. 3, 144 Abs. 1 StPO
erlässt das Landgericht Landshut - 6. Strafkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 22. Februar 2023 folgenden
Beschluss

1. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Freising vom 10.01.2023, mit dem Rechtsanwalt pp2. als weiterer
Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, aufgehoben.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierbei entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

I.

Am 12.05.2022 erhob die Staatsanwaltschaft Landshut Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Verstößen gegen das BtMG (§ 29a BtMG) und wegen Beleidigung. Die Anklage ließ das Amtsgericht Freising mit Beschluss vom 30.06.2022 zur Hauptverhandlung zu.

Mit Verfügung vom 11.10.2022 teilte das Amtsgericht Freising dem Angeklagten seine Absicht mit, ihm einen Pflichtverteidiger zu bestellen und gewährte ihm rechtliches Gehör. Mit Schriftsatz vom 14.10.2022 bestellte sich sodann Rechtsanwalt pp1. als Verteidiger und beantragte die Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit Beschluss vom 10.11.2022 bestellte das Amtsgericht Freising Rechtsanwalt pp1 zum Pflichtverteidiger.

Aufgrund von Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Findung eines Hauptverhandlungstermins bestellte das Amtsgericht Freising mit Beschluss vom 10.01.2023 Rechtsanwalt zur Verfahrenssicherung als weiteren Pflichtverteidiger. Den Hauptverhandlungstermin vom 17.01.2023 setzte das Amtsgericht Freising zu diesem Zeitpunkt nicht ab.

Gegen den sowohl Rechtsanwalt pp2 am 13.01.2023 als auch dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger pp1. jeweils am 12.01.2023 zugestellten Beschluss legte der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt pp1. mit Schriftsatz vom 16.01.2023 sofortige Beschwerde ein. Mit Schriftsatz vom 09.02.2023 stellte Pflichtverteidiger Rechtsanwalt pp1 klar, dass die sofortige Beschwerde auf einer am 09.02.2023 erfolgten Rücksprache mit dem Angeklagten beruhe.

Zur Begründung der sofortigen Beschwerde führte der Verteidiger, dass das Verfahren zur Be-stellung des weiteren Pflichtverteidigers an einem formalen Mangel leide, da der Angeklagte nicht angehört worden sei. Im Hinblick auf die eingelegte sofortige Beschwerde hat das Amtsgericht Freising den Hauptverhandlungstermin vom 17.01.2023 mit Verfügung vom 16.01.2023 abgesetzt und sich im Rahmen der Zuleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft Landshut unter dem 16.01.2023 zum Verfahrensgang und den Schwierigkeiten in Bezug auf eine Terminsfindung ge-äußert. Mit Vorlage der Akte an das Landgericht Landshut zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde hatte Staatsanwaltschaft Landshut beantragt, diese kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist statthaft und auch sonst zulässig, §§ 144 Abs. Abs. 2 Satz 2, 142 Abs. 7 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO.

Die sofortige Beschwerde erweist sich aus formalen Gründen als begründet. Das Amtsgericht hat dem Angeklagten vor der Bestellung des weiteren Pflichtverteidigers entgegen §§ 144 Abs. 2 Satz 2, 142 Abs. 5 Satz 1 StPO kein rechtliches Gehör gewährt. Bei § 142 Abs. 5 Satz 1 StPO handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus analoger Anwendung des § 467 StPO.


Einsender: RA A. Miegel, München

Anmerkung:


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