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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger rückwirkende Bestellung, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Münster, Beschl. v. 04.04.2023 - 9 Qs 62/22

Eigener Leitsatz:

Die rückwirkende Bestellung eines Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger ist nicht zulässig.


Landgericht Münster

Beschluss

In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

hat die 9. Strafkammer des Landgerichts Münster auf die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 28.11.2022 - Az: 23 Gs 6538/22 - durch die Richterin am Landgericht, die Richterin und den Richter am Landgericht am 04.04.2023 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist aus den zutreffenden Erwägungen des amtsgerichtlichen Beschlusses unbegründet. Der Beschluss entspricht der ständigen Rechtsprechung (auch) der 9. Strafkammer (vgl. etwa Beschluss vom 21.04.2022 – 9 Qs 16/22 - nicht veröffentlicht, jedoch mit weitgehend identischem Wortlaut wie die amtsgerichtlich zitierte Entscheidung).

Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung rechtfertigen keine andere Entscheidung. Insbesondere sind die Ausführungen des Verteidigers dazu, dass er in gleichgelagerten Fällen ohne Beiordnung regelmäßig ganz ohne Honorar arbeiten müsse, rechtlich nicht durchgreifend. Die Kammer verkennt dabei selbstverständlich nicht, dass es sich in der Verteidigungspraxis häufig ergeben kann, dass ein Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch ohne Beiordnung nicht verwirklichen kann. Von diesem Risiko können und sollen ihn aber weder die europäische PKH-Richtlinie noch die §§ 140ff. StPO befreien. Denn es entspricht dem - von der PKH-Richtlinie für zulässig erklärten - System der deutschen Strafprozessordnung, dass der Mandant eines Verteidigers i.d.R. nur dann insgesamt von der Pflicht zur Zahlung von Anwaltsgebühren nach dem RVG entlastet wird. wenn er in einem gerichtlichen Verfahren freigesprochen wird. Ansonsten bleibt er stets, mit Ausnahme weniger prozessualer Sonderkonstellationen, als Schuldner gegenüber seinem Verteidiger oder (bei einer Beiordnung) gegenüber der Staatskasse zur Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren verpflichtet. Das gilt insbesondere bei einer Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO, wie hier geschehen, und unabhängig von der Schwere der ihm vorgeworfenen Straftaten.

Dass der Verteidiger in den Fällen, in denen ein Ermittlungsverfahren ohne Beiordnungsentscheidung eingestellt wird. keine Beiordnung mehr erlangen kann, ist deshalb keine europarechtswidrige Auslegung der §§ 140ff. StPO. sondern Ausfluss der allgemeiner Grundsätze der StPO zur Kostenlast für Beschuldigte eines

Es besteht auch aus Sicht der Kammer keine Vorlagepflicht zum EuGH. wie sie der Beschwerdeführer geltend macht. Denn die im amtsgerichtlichen Beschluss wiedergegebene Auslegung von Art. 4 der PKH-Richtlinie (EU 2016/1919) ist eindeutig. Die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung der hiesigen 22. Strafkammer (Beschluss vom 04.11.2022 - 22 Qs 41/22) betraf die Sonderkonstellation eines Beiordnungsantrags einer Nebenklagevertreterin und ist nicht mit der hiesigen Sache vereinbar. Denn auch dem System der §§ 397a. 406h StPO sind einem Nebenkläger die Kosten eines Beistands unabhängig vom Verfahrensausgang auch schon dann zu ersetzen. wenn ihm eine Mitwirkung ohne Beistand nicht zuzumuten ist und er materiell bedürftig ist (vgl. § 397a Abs. 2 StPO). Eine solche Prozesskostenhilfe aus Bedürftigkeit kennt die StPO für Beschuldigte nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


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Anmerkung:


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