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Entscheidungen

StPO

Fortdauer der Unterbringung, Anhörung des Sachverständigen, Zulässigkeit einer Videokonferenz

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.03.2023 – 1 Ws 9/23

Leitsatz des Gerichts:


Bei der Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist es gemäß § 463e Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 StPO unzulässig, die mündliche Anhörung des Sachverständigen im Wege der Bild- und Tonübertragung durch Zuschaltung zum Termin über Videokonferenztechnik durchzuführen.


OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. März 2023 – 1 Ws 9/23

In pp.

Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss der Großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 06.12.2022 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Gegen den Untergebrachten wird seit dem 06.05.2020 die im Urteil der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 16.07.2019 (…]) angeordnete Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vollstreckt. Die Große Strafvollstreckungskammer hat den Untergebrachten am 06.12.2022 zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Fortdauer der Maßregel durch den beauftragten Richter mündlich angehört. Der Termin war in den Räumlichkeiten der Klinik anberaumt. An diesem Termin nahmen der anhörende Richter, der Untergebrachte mit seinem Verteidiger sowie zwei Gutachter der Unterbringungseinrichtung teil. Die Teilnahme des externen Sachverständigen an der Anhörung erfolgte im Wege der Bild- und Tonübertragung durch eine Videokonferenzschaltung. Mit Beschluss vom selben Tag hat die Große Strafvollstreckungskammer die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers angeordnet. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 463 Abs. 3 Satz 1, § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 306 Abs. 1, § 311 Abs. 2 StPO) und damit zulässig. Sie erweist sich auch als begründet und führt zur Aufhebung und Zurückweisung an das Landgericht.

1. Die Entscheidung der Großen Strafvollstreckungskammer leidet an dem Verfahrensfehler, dass die nach den § 463 Abs. 3 Satz 1, § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO erforderliche mündliche Anhörung des Sachverständigen in persönlicher Anwesenheit unterblieben ist, sondern lediglich im Wege der Videokonferenzschaltung stattgefunden hat.

Die Durchführung der mündlichen Anhörung im Wege der Bild- und Tonübertragung ist in der mit dem durch Art. 1 Nr. 65 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 25.06.2021 eingeführten und zum 01.07.2021 in Kraft getretenen Vorschrift des § 463e StPO geregelt (BGBl. I 2021, S. 2099). Holt das Gericht zur Vorbereitung einer Fortdauerentscheidung nach den § 67d Abs. 6, § 67e StGB ein Sachverständigengutachten ein, ist der Sachverständige gemäß § 463 Abs. 4 Satz 7, § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO mündlich zu hören. Nach § 463e Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Gericht für die Durchführung der mündlichen Anhörungen des Sachverständigen vor einer nach dem Abschnitt der StPO über die Strafvollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidung bestimmen, dass sich der Sachverständige bei der mündlichen Anhörung an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Anhörung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Verurteilte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Dieser mögliche Einsatz von Videokonferenztechnik im Rahmen der mündlichen Anhörung des Sachverständigen ist aber gemäß § 463e Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 StPO ausgeschlossen, wenn der Verurteilte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt oder die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. Wegen des besonderen Gewichts dieser, die (weitere) Vollstreckung von unbefristet angeordneten Freiheitsentziehungen betreffenden Entscheidungen sieht die Neuregelung des § 463e StPO eine mündliche Anhörung bei gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit der Beteiligten und des Sachverständigen im selben Raum vor, während bei zeitiger Freiheitsstrafe und bei der Unterbringung in der Entziehungsanstalt die mündliche Anhörung des Sachverständigen mittels audiovisueller Übertragung ohne Weiteres zulässig ist (s. BT-Drucks. 19/27654, 115 u. 116).

Bei der hier zu treffenden Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist es gemäß § 463e Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 StPO unzulässig, die mündliche Anhörung des Sachverständigen im Wege der Bild- und Tonübertragung durch Zuschaltung zum Termin über Videokonferenztechnik durchzuführen.

2. Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 309 Rn. 8).

3. Eine Kostenentscheidung war wegen des nur vorläufigen Erfolgs des Rechtsmittels nicht veranlasst. Die Strafkammer wird insoweit im Rahmen der erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.


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Anmerkung:


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