Gericht / Entscheidungsdatum: LG Oldenburg, Beschl. v. 03.03.2023 - 5 Qs 61/23
Eigener Leitsatz:
Dem Betroffenen ist auch im Bußgeldverfahren ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalls das erfordern. Das ist ausnahmsweise dann der Fall, wenn bereits eine erste Verurteilung des Betroffenen ist auf seine Rechtsbeschwerde vom OLG hin aufgehoben worden ist und die durchzuführende Hauptverhandlung sich maßgeblich an den Ausführungen des OLG zu orientieren hat, wobei die insoweit gebotene Auseinandersetzung mit den optischen Fehlerquellen einer Messung namentlich unter Berücksichtigung der Sichtverhältnisse und die juristische Bewertung der Messmethode von einem juristischen Laien nicht erwartet werden kann.
Landgericht Oldenburg
Beschluss
5 Qs 61/23
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: Beiordnung des Pflichtverteidigers
hat das Landgericht Oldenburg - 5. Große Strafkammer - am 03.03.2023 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Delmenhorst vom 20.02.2023 (81 OWi 600 Js 7571/22 (113/22)) aufgehoben.
Dem Betroffenen wird Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe:
1. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag des Betroffenen auf Bei-ordnung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Betroffene mit sofortiger Beschwerde vom 22.02.2023.
II. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg
Zwar stellt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Bußgeldverfahren die Ausnahme dar. Hier liegt aber ein solcher Ausnahmefall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vor.
Dem Betroffenen wird eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen. Die Geschwindigkeitsmessung ist anhand Fahrbahnkilometrierung mittels geeichter Stoppuhr aus einem nachfahrenden Polizeifahrzeug erfolgt. Die erste Verurteilung des Betroffenen ist auf seine Rechts-beschwerde hin aufgehoben worden. Insoweit wird auf den Beschluss des Bußgeldsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 19.12.2022 (2 Ss (OWi) 183/22, juris) vollumfänglich Bezug genommen.
Die durchzuführende Hauptverhandlung wird sich maßgeblich an den Ausführungen des Ober-landesgerichts zu orientieren haben. Demnach kommt es für den Nachweis des Verstoßes nicht allein auf eine mathematisch einfache Weg-Zeit-Berechnung an. Die gebotene Auseinander-setzung mit den optischen Fehlerquellen der Messung namentlich unter Berücksichtigung der Sichtverhältnisse und die juristische Bewertung der Messmethode kann von einem juristischen Laien nicht erwartet werden, so dass die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Beiordnung gebietet, § 46 OWiG i. V. m. § 140 StPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 465 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.
Einsender: RA C. Antpöhler, 28757 Bremen
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