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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Volksverhetzung, Auslegung einer Äußerung, freie Meinungsäußerung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.11.2022 - 3 Ss 131/22

Eigener Leitsatz:

Kriterien der Auslegung einer Äußerung sind neben dem Wortlaut der Äußerung und ihrem sprachlichen Kontext auch sämtliche nach außen hervortretende Begleitumstände, namentlich etwa die erkennbare politische Grundhaltung der Zuhörer und ihr Vorverständnis, aber auch die nach dem objektiven Empfängerhorizont deutlich werdende Einstellung des sich Äußernden. Bei mehrdeutigen Äußerungen gebietet es das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG jedoch nur dann, die dem Angeklagten günstigere Deutung zugrunde zu legen, wenn diese nicht ausgeschlossen ist


In pp.

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stadt3 vom 21.02.2022 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Verfahrens und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Stadt3 - Strafrichter - hat den Angeklagten am 15.09.2021 vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Stadt3 - pp. kleine Strafkammer - mit dem von ihr angefochtenen Urteil vom 21.02.2022 verworfen.

Das Landgericht Stadt3 hat in seinem Urteil vom 21.02.2022 folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

"Der Angeklagte war Mitglied der Partei1-Fraktion in der Stadt3er Stadtverordnetenversammlung, außerdem insgesamt viermal Direktkandidat der Partei1 zu den hessischen Landtagswahlen für den Wahlkreis Stadt3 Ost, zuletzt im Jahr 201X. Zu den politischen Kernthemen des Angeklagten gehörte insbesondere vor dem Hintergrund der Flüchtlingsbewegung des Jahres 2015 unter anderem das Thema Einwanderung. Der Angeklagte sah die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Bundesregierung und den Zustand der Europäischen Union besonders kritisch und machte dies, mitunter auch pointiert, zum Thema seines Wahlkampfes, was ihm - nach seinen Angaben - viel Zustimmung, aber auch viel Kritik einbrachte. Auf Initiative seiner Partei hatte der Angeklagte auf seinen Namen ein Facebook-Profil eingerichtet, welches er zur Selbstdarstellung und zur Verbreitung von Wahlkampfthemen genutzt hatte. Nachdem seine Wahl in den Hessischen Landtag im Monat1 201X gescheitert war, nutzte er die Facebook-Seite fortan privat, aber auch im Rahmen politischer Auseinandersetzung zur Darstellung seiner Auffassungen und auch als Informationsquelle.

Am pp.abend des XX.XX.2019 brachte der Angeklagte seinen damals ein Jahr und zwei Monate alten Sohn zu Bett und versuchte ihn zum Schlafen zu bringen, was etwas längere Zeit in Anspruch nahm. Während dessen öffnete er auf seinem Mobilfunktelefon die Facebook-Seite, sendete einige pp.-Grüße an Freunde und Bekannte und ‚scrollte' die auf seiner Facebook-Startseite eingestellten neuesten Beiträge durch. Einer dieser Beiträge, der nachstehend abgebildet ist, beinhaltete unter der Überschrift ‚Wir sind EU-Bürger' ein Foto mit fünf nebeneinander stehenden in die Kamera blickenden jungen Männern, jeder mit dunkler Hautfarbe und kurzen dunklen Haaren, jeweils mit Träger-Shirt oder T-Shirts bzw. Poloshirt bekleidet, von denen drei Männer ein ca. DIN A6 großes gelbes Schriftstück, mutmaßlich Ausweisdokumente, vor sich haltend, sowie darunter ein weiteres Foto mit sechs nebeneinander liegenden, Richtung Kamera blickenden Löwenmännern mit der Aussage in der darüber befindlichen Überschrift ‚pp. und wir sind Vegetarier':

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(Die Gesichter wurden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes unkenntlich gemacht).

Der Angeklagte empfand diesen Beitrag im ersten Impuls, ohne ihn weitergehend zu reflektieren, im Sinne ‚satirischer Zuspitzung' als ‚witzig' und dachte bei sich ‚irgendwie trifft es das', was er mit dem von ihm kritisierten ‚gegenwärtigen' Zustand der EU und der ‚zu Grunde liegenden deutschen Migrationspolitik' verband. Dies veranlasste ihn, den Beitrag um 21:25 Uhr, ohne weitergehend darüber nachzudenken und insbesondere ohne zu erwägen, dass sich Menschen mit ähnlich dunkler Hautfarbe und Herkunft durch den Aussagegehalt im Kern ihrer Persönlichkeit herabgewürdigt und gekränkt fühlen würden, durch ein entsprechendes Antippen des Symbols ‚Teilen' in seine sogenannte Timeline, also in die Chronik der Profilseite seines Facebook-Accounts, einzustellen, so dass Besucher seiner Profilseite diesen Beitrag - neben weiteren zu unterschiedlichen Themen vom Angeklagten geteilten Beiträgen - als von ihm geteilt zur Kenntnis nehmen, gegebenenfalls unter anderem kommentieren und auch selbst teilen konnten.

Maß der Angeklagte dem von ihm mitgeteilten Beitrag in der Folgezeit keinerlei Bedeutungen mehr bei, wurde er einige Wochen später unter anderem durch die örtliche Presse mit der Problematik der Veröffentlichung des ganz überwiegend als rassistisch, mindestens als geschmacklos eingestuften Beitrags konfrontiert. In der Folge entschuldigte sich der Angeklagte öffentlich, entfernte den Beitrag aus seiner Facebook-Chronik und versuchte klarzustellen, dass das Teilen des Beitrags nicht rassistisch gemeint, nicht gegen Personen, Menschen oder Ethnien gerichtet gewesen sei, sondern die von ihm kritisierten Einwanderungspolitik mit der satirisch überzeichneten Abbildung habe darstellen wollen.

Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf der Inaugenscheinnahme eines Ausdrucks des am XX.XX.2019 um 21:45 Uhr vom Angeklagten auf seiner Facebook-Seite geteilten Beitrages, der mit der oben eingefügten Bildcollage übereinstimmt, sowie auf den mit den getroffenen Feststellungen übereinstimmenden und, was den objektiven Sachverhalt anbelangt, geständigen sowie glaubhaften, jedenfalls nicht widerlegbaren Angaben des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung. Der Angeklagte hat in der Berufungshauptverhandlung in Übereinstimmung mit seinen erstinstanzlichen Angaben und im Wesentlichen auch in Übereinstimmung mit seiner im Rahmen des Ermittlungsverfahrens abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 28.3.2020 nachvollziehbar ausgeführt, wie es dazu kam, dass er den Beitrag in seine Facebook-Chronik teilte. Er hat entsprechend der getroffenen Feststellungen seine kritische Einstellung zur Zuwanderungspolitik der Bundesregierung und auch die Besetzung dieses Themas in seinem politischen Wirken darstellen und den Zusammenhang des hier in Rede stehenden Facebook-Beitrages, der für ihn bei seinem beiläufigen und kurzen Betrachten desselben im Vordergrund stand, plausibel herstellen können. Es ist nach den Angaben des Angeklagten auch glaubhaft, ihm jedenfalls nicht zu widerlegen, dass er die Text-Bild-Kombination, die ihn aufgrund des erwähnten Zusammenhangs ansprach und die er als ‚witzig' empfand, nur kurze Zeit betrachtete und sodann teilte, ohne sich weitergehende Gedanken darüber zu machen. Der Angeklagte hat hierzu unter anderem ausgeführt, er habe bei dem kurzen Betrachten den Beitrag nicht als rassistisch empfunden, sondern allein den Kontext zur Zuwanderungspolitik gesehen. Wenn er den Beitrag länger betrachtet haben würde, würde er ihn sicherlich nicht gepostet haben. Er habe dem Ganzen keine weitere Bedeutung beigemessen und die Sache sogleich vergessen gehabt, sei dann aber durch einen Anruf eines Journalisten der örtlichen Zeitung A auf die Kritikwürdigkeit aufmerksam gemacht worden, dabei habe er zuerst gar nicht erkannt, worum es eigentlich gehe. Nach den in der Folge gegen ihn erhobenen Rassismusvorwürfen habe er sich in mehreren Presserklärungen geäußert und entschuldigt. Obgleich er den Beitrag als satirisch-kritische Aussage ohne Herabwürdigung bestimmter Personen, Menschen oder Ethnien verstanden und sich auch entsprechend erklärt habe, habe die folgende öffentliche Debatte erhebliche Konsequenzen u.a. hinsichtlich seines politischen Wirkens, z.B. in Form des Ausschlusses aus der Stadt3er Partei1-Fraktion, hinsichtlich seines beruflichen Fortkommens und seines Engagements im Reservistenverband der Bundeswehr gehabt".

Gegen das Urteil des Landgerichts Stadt3 vom 21.02.2022 richtet sich nunmehr die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft vom 24.04.2022.

II.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der statthaften (§ 333 StPO) sowie form- und fristgerecht eingelegten und begründeten (§§ 341, 344, 345 StPO) Revision deckt keinen Rechtsfehler auf. Die erhobene Sachrüge ist unbegründet.

1. Soweit die Revision mit der Darstellungsrüge Beweiswürdigungsfehler bei der Verneinung der Voraussetzungen eines den öffentlichen Frieden zu stören geeigneten Angriffs auf die Menschenwürde einer durch ihre ethnische Herkunft bestimmten Gruppe durch Beschimpfen sowie eines der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Inhaltes (§ 11 Abs. 3 StGB), der die Menschenwürde von diesen genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft werden, gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. c StGB rügt, zeigt sie keine revisiblen Rechtsfehler auf.

a) Die Ermittlung des tatsächlichen Sinngehalts einer beanstandeten Äußerung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 40, 97, 101; BGHSt 54, 15, 18 Tz. 8 f.; BGHSt 64, 252, 259 Tz. 23).

Kommt der Tatrichter zu einem vertretbaren Ergebnis, so hat das Revisionsgericht dessen Auslegung hinzunehmen, sofern sie sich nicht als rechtsfehlerhaft erweist, mag auch ein anderes Ergebnis durchaus vertretbar sein oder aus Sicht der Rechtsmittelinstanz sogar näherliegen. Anders ist dies insbesondere dann, wenn die Erwägungen des Tatgerichts lückenhaft sind oder gegen Sprach- und Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen; die rechtliche Prüfung erstreckt sich insbesondere auch darauf, ob allgemeine Auslegungsregeln verletzt worden sind.

Kriterien der Auslegung sind neben dem Wortlaut der Äußerungen und ihrem sprachlichen Kontext auch sämtliche nach außen hervortretende Begleitumstände, namentlich etwa die erkennbare politische Grundhaltung der Zuhörer und ihr Vorverständnis, aber auch die nach dem objektiven Empfängerhorizont deutlich werdende Einstellung des sich Äußernden. Bei mehrdeutigen Äußerungen gebietet es das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG jedoch nur dann, die dem Angeklagten günstigere Deutung zugrunde zu legen, wenn diese nicht ausgeschlossen ist (zu diesen Prüfungsmaßstäben der st. Rspr. vgl. BVerfGE 82, 236, 267; BVerfG, NJW 1994, 2943; BGH, NStZ 2017, 146).

b) Nach diesen Maßstäben unter Berücksichtigung des revisionsrechtlich eingeschränkten Zugriffs auf die Darstellung in den Urteilsgründen verstoßen die getroffenen Feststellungen im Ergebnis nicht gegen Erfahrungssätze oder sind lückenhaft.

aa) Das Berufungsgericht hat mit - noch - tragfähigen Gründen eine von mehreren alternativen Deutungen der Text-Bild-Kombination dergestalt dargelegt, dass ein Zusammenhang zu Einreisen, Grenzübertritten und dem Passwesen, allgemein also eine polemisch-kritische Betrachtungsweise der Migrationspolitik besteht, da drei der abgebildeten Männer ein gelbes Dokument vorzeigen, welches mutmaßlich ein Ausweisdokument darstellen soll. Auf dieser Grundlage kommt es zu der noch vertretbaren Deutung, dass allein nach Flucht, Vertreibung, Verfolgung oder aus sonstigem Grund eingereiste, nichteuropäische dunkelhäutige Menschen, nicht zugleich oder ausschließlich auch dunkelhäutige Menschen, die bereits die Staatsangehörigkeit eines Staates der EU innehaben, gemeint sind. Dies wird damit begründet, dass hier lebende dunkelhäutige Personen mit einer Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates keine Veranlassung haben, irgendwelche Ausweispapiere kollektiv für ein Foto zu präsentieren.

Das ist tragfähig, mag auch eine andere Deutung aus der Sicht eines Tatrichters vertretbar sein. Denn die Bildunterschrift "Wir sind EU-Bürger" stellt die Abbildung in einen gesamteuropäischen Kontext unter Hervorhebung der Freizügigkeit, die nach dem objektiven Empfängerhorizont Raum für nicht strafbare Interpretationen zulässt, während dies beispielsweise bei einer Formulierung wie "Wir sind Deutsche" möglicherweise anders wäre. Hinzu kommt, dass es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, eigene, möglicherweise auch politisch gefärbte Deutungen an die Stelle der dem Tatgericht obliegenden rational begründeten tatsachengestützten Beweisführung zu stellen (vgl. BGH NStZ 2007, 720; BGH NStZ 2009, 468 Rn. 12). Die tatrichterlichen Schlussfolgerungen müssen nur möglich, nicht aber zwingend sein.

bb) Ein Rechtsfehler kann zwar darin liegen, dass das Tatgericht nach den Feststellungen naheliegende Schlussfolgerungen nicht gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen (vgl. BGH StV 2012, 711, 713 Rn. 4) oder aber andere naheliegende Möglichkeiten erst gar nicht erörtert. Das Tatgericht muss sich daher mit allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen bzw. wenn sich ihre Erörterung aufdrängt (vgl. BGH NStZ-RR 2019, 57, 58; BGH, Urt. v. 08.03.2018 - 3 StR 571/17 Rn. 6, juris).

Diese Voraussetzungen erfüllt das angegriffene Urteil jedoch, da es auf mehrere naheliegende Deutungsmöglichkeiten eingeht. So verschweigt das Urteil unter anderem nicht, dass die Abbildung vordergründig in als rassistisch interpretierbarer Weise auszudrücken vermag, dass genauso wenig wie Löwen Vegetarier seien, Männer, wie sie dort - jeder mit dunkler Hautfarbe - beispielhaft abgebildet, "EU-Bürger" sein könnten oder dürften. Gleichwohl kommt es in vom Senat revisionsrechtlich noch hinzunehmender Weise zu der nicht völlig auszuschließenden Deutungsmöglichkeit einer kritischen Betrachtungsweise der Migrationspolitik.

2. Ohne Erfolg rügt die Staatsanwaltschaft deshalb auch das Vorhandensein revisionsrechtlich rechtsfehlerhafter Spekulationen zugunsten des Angeklagten und auch, dass die Feststellung von Äußerungsinhalten mit dem objektiven Sinngehalt und Kontext der Äußerung nicht in Übereinstimmung zu bringen seien.

3. Die Revision vermag zuletzt auch mit der Rüge fehlender Feststellungen zur subjektiven Seite nicht durchzudringen.

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts und es obliegt ihm, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (vgl. BGHSt 21, 149 [151]). Dem Tatgericht kann nicht vorgegeben werden, unter welchen Voraussetzungen es zu einer bestimmten Folgerung kommen muss (BGHSt 29, 18 [20]). Ein beachtlicher Rechtsfehler liegt lediglich dann vor, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, weil nicht erschöpfend ist (BGHSt 29, 18 (20); BGH, Urt. v. 21.11.2006 - 1 StR 392/06 Rn. 13, juris). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, ist auch dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen (KK-StPO/Ott, 8. Aufl. 2019, § 261 Rn. 189).

Angesichts dieses eingeschränkten Maßstabes sind entgegen der Auffassung der Revisionsführerin die Feststellungen zur subjektiven Seite tragfähig begründet. Denn ausweislich der Feststellungen hat der Angeklagte den Beitrag im ersten Impuls, ohne ihn weitergehend zu reflektieren, im Sinne "satirischer Zuspitzung" als "witzig" empfunden und sich gedacht, "irgendwie trifft es das", was er mit dem von ihm kritisierten "gegenwärtigen" Zustand der EU und der "zu Grunde liegenden deutschen Migrationspolitik" verbunden hat. Dass das Tatgericht diese Feststellungen mit der Einlassung des Angeklagten begründet, der es Glauben schenkt, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen, und zwar auch dann, wenn Feststellungen zu der Frage, welchen Sinngehalt der Angeklagte der von ihm geteilten Text-Bild-Kombination konkret beimaß, unterblieben sind. Denn dem Senat ist es aus Gründen der Arbeitsteilung mit der Tatsacheninstanz in der Ordnung des Revisionsverfahrens verwehrt, die Beweiswürdigung durch seine eigene zu ersetzen (BGHSt 10, 208 [210]).

Soweit gerügt wird, die Kammer habe auf eine abwägende und kritische Würdigung des Wahrheitsgehaltes der Einlassung des Angeklagten verzichtet und sich im Ergebnis auf fernliegende Behauptungen des Angeklagten gestützt, so vermag dies im Ergebnis genauso wenig einen Rechtsfehler aufzudecken wie das Vorbringen, bei dem Angeklagten handele es sich um einen versierten, (parlaments-)erfahrenen und langjährigen Partei1-Politiker, bei dem sich das Tatgericht hätte gedrängt sehen müssen, zumindest kritisch zu hinterfragen, ob das von ihm behauptete völlige Verkennen des volksverhetzenden Sinngehalts der Text-Bild-Abbildung tatsächlich zutrifft.

Denn das Berufungsgericht hat sich auch mit dem politischen Engagement des Angeklagten und dessen Nachtatverhalten in vertretbarer Weise auseinandergesetzt. Letzteres wird insbesondere durch die Feststellungen deutlich, wonach der Angeklagte erst durch einen Anruf eines Journalisten auf die Kritikwürdigkeit aufmerksam gemacht wurde, er den Beitrag aus seiner Facebook-Chronik entfernt, sich öffentlich entschuldigt und versucht hat, klarzustellen, dass das Teilen des Beitrags weder rassistisch gemeint noch gegen Personen, Menschen oder Ethnien gerichtet gewesen ist, sondern die von ihm kritisierte Einwanderungspolitik mit der satirisch überzeichneten Abbildung habe darstellen sollen. Angesichts dieses Nachtatverhaltens und des dem Tatgerichts zustehenden Spielraums bei der Würdigung der Beweise rechtfertigt allein die Tatsache, dass der Angeklagte politisch langjährig erfahren ist, nicht die Annahme lückenhafter Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite. Insoweit erfolgte eine abwägende, kritische Würdigung der Vorstellungen des Angeklagten. So ist neben dem Tatzeitpunkt, - es handelte sich ausweislich der Feststellungen um den pp.abend des XX.XX.2019, bei dem der Angeklagte seinen Sohn im Kleinkindalter zu Bett brachte und versuchte ihn zum Schlafen zu bringen - der aus Sicht der Rechtsmittelinstanz nachvollziehbar indiziell für eine situative Unreflektiertheit spricht, zu berücksichtigen, dass das Tatgericht den Aussagegehalt kritisch gewürdigt hat, indem es u.a. zu dem Ergebnis gelangt ist, der Angeklagte habe unter dem Einfluss seiner kritischen Einstellung zur Flüchtlingspolitik kurzentschlossen und bedenkenlos einen Post mit geschmackloser Pointe, deren rassistischer Gehalt augenfällig sei, geteilt.

4. Die daneben allgemein erhobene Sachrüge der Staatsanwaltschaft hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 2 S. 1 StPO.


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