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Entscheidungen

StPO

Vollstreckungsaufschub, Firmenchef, Ruhendstellung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Rostock, Beschl. v. 26.09.2022 - 11 StVK 937/17(1)

Eigener Leitsatz:

Wenn der Verurteilte als alleiniger Geschäftsführer einer Firma zur Abwicklung seines Gewerbes bzw. dessen Ruhendstellung während der Strafvollstreckung diverse Termine bei Ämtern, Notaren und anderen Behörden wahrnehmen muss, begründet dies hinreichende Gründe für einen Vollstreckungsaufschub.


11 StVK 937/17(1)

Landgericht Rostock

Beschluss

In dem Strafvollstreckungsverfahren

Verteidiger:

wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit versuchtem Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.

hier: gerichtliche Entscheidung nach § 458 StPO
hat das Landgericht Rostock - 1. Kleine Strafvollstreckungskammer - durch die Richterin am Landgericht Kopp am 26. September 2022 beschlossen:

Auf die Einwendungen des Verurteilten gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde vom 11.08.2022, mit der der am 26.07.2022 beantragte Strafaufschub bis zum 01.11.2022 nicht bewilligt worden ist, wird ihm Strafaufschub bis zum 30.09.2022 gewährt.

Gründe:

Die kleine Strafvollstreckungskammer war gemäß §§ 456, 458 Abs. 2, 462 Abs. 1, 462a Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 78b Abs. 1 GVG zur Entscheidung berufen.

Die Voraussetzungen für einen vorübergehenden Vollstreckungsaufschub gemäß § 456 Abs. 1 und 2 StPO sind erfüllt. Nach dem teilweise glaubhaften Vortrag des Verurteilten ist davon auszugehen, dass ihm durch die sofortige Vollstreckung der Strafe erhebliche, außerhalb des Straf-zwecks liegende Nachteile erwachsen würden bzw. erwachsen worden wären.

Soweit der Verurteilte, der alleiniger Geschäftsführer der pp. ist, vorgetragen hat, zur Abwicklung seines Gewerbes bzw. dessen Ruhendstellung diverse Termine bei Ämtern, Notaren und anderen Behörden wahrnehmen zu müssen, begründet dies hinreichende Gründe für einen Vollstreckungsaufschub. Die Kammer konnte insoweit die Notwendigkeit der Klärung dieser Angelegenheiten außerhalb der Haft nachvollziehen, für die der Zeitraum der Ladungsfrist von einer Woche zu kurz bemessen war. Zwar erscheint die Wahrnehmung einiger dieser Termine auch aus der Haft heraus grundsätzlich möglich, jedoch dürften diese wesentlich erschwert und möglicherweise auch mit Nachteilen des Verurteilten, beispielsweise Zugriff auf Unterlagen, verspäteter Schriftwechsel oder auch erhöhte Kosten, verbunden sein. Der Verurteilte hat sich nach Kenntnis der Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses offenkundig bemüht, die erforderlichen Termine zeitnah abzustimmen und alles Notwendige in die Wege zu leiten. Nachdem der Verurteilte am 20.07.2022 von der Ladung Kenntnis erlangt und Termine sein Gewerbe betreffend bis Ende August 2022 vorgetragen hatte, erschien der Kammer ein Vollstreckungsaufschub bis zum 30.09.2022 erforderlich aber auch ausreichend.

Für einen darüber hinausgehenden Strafaufschub bis zum 14.10.2022 oder gar 01.11.2022 bestand hingegen keine Veranlassung. Sämtliche vom Verteidiger vorgebrachten Termine waren Ende August erledigt. Seit Erhalt der Ladung zum Strafantritt am 20.07.2022 werden bis zum 30.09.2022 mehr als zwei Monate vergangen sein, die ausreichend sind, um seine persönlichen und betrieblichen Verhältnisse zu ordnen und Vorkehrungen für seine Abwesenheit zu treffen.

Dem Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Verurteilte sich um einen Stellvertreter oder gar die Abwicklung seines Unternehmens in Ansehung der Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses der Kammer vom 19.04.2022 bereits ab diesem Zeitpunkt hätte bemühen müssen. Zwar musste er sich darauf einstellen, die widerrufene Restgesamtfreiheitsstrafe alsbald verbüßen zu müssen. Aufgrund der ausstehenden Entscheidung über sein Rechtsmittel und die Ungewissheit über den Termin zum Strafantritt war ihm gleichwohl nicht zuzumuten, bereits ab dem 19.04.2022 so weiträumig betreffend seines Gewerbes zu disponieren. Sinnvolle betriebliche Dispositionen konnten vielmehr erst nach Bekanntwerden der Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses erfolgen (OLG Frankfurt Beschluss v. 17.11.1988 - 3 Ws 1106/88 - beckonline).

Ergänzend wird angemerkt: Soweit der Verurteilte außerdem vorgetragen hat, auch wegen des Betonplattengießens Ende August 2022 an der Geschäftsadresse vor Ort sein zu müssen, begründet(e) dies keinen hinreichenden Grund eines Vollstreckungsaufschubs. Die Überwachung einer solchen Baumaßnahme, die in aller Regel fachmännisch und auftragsgemäß ausgeführt wird, kann aus Sicht der Kammer auch kurzfristig einem Dritten über-tragen werden bzw. obliegt es dem Verurteilten, selbst zuvor konkrete Anweisungen - auch fern-mündlich - zu erteilen, zumal es sich bei dem Gießen einer Betonplatte nicht um einen komplexen Bauabschnitt handeln dürfte. Im Übrigen ist auch nicht vorgetragen worden, weshalb die persönliche Anwesenheit des Verurteilten zwingend „von Nöten" gewesen wäre.


Einsender: RA T. Penneke, Rostock

Anmerkung:


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