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Entscheidungen

OWi

Fahrverbot, Rentner, Beamte, Arbeitslose

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Urt. v. 11.10.2022 - 729 OWi-262 Js 1751/22-110/22

Eigener Leitsatz: 1. Hat der Verteidiger zwar im Rahmen der Hauptverhandlung die Verdopplung der Geldbuße gegen ein Absehen vom Fahrverbot angeregt, die Betroffene jedoch daraufhin erklärt, dass sie dann lieber für die Zeit eines Fahrverbotes laufe aber nicht so viel für einen derartigen Verstoß zahlen wolle, so ist die Anwendung des § 4 Abs. 4 BKatV dem Betroffenenwillen entsprechend ausgeschlossen.
2. Fahrverbotsrelevante Härten scheiden aus, wenn der Ehegatte der Betroffenen selbst Führerscheininhaber ist und die Betroffene erklärte, bei Bedarf könne er sie fahren.
3. Rentnerinnen sind ebenso wie etwa Arbeitslose und natürlich auch Beamtinnen grundsätzlich nicht auf die Existenz einer Fahrerlaubnis zwingend angewiesen.


729 OWi-262 Js 1751/22-110/22

Amtsgericht Dortmund

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Bußgeldverfahren

gegen pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Amtsgericht Dortmund
aufgrund der Hauptverhandlung vom 11.10.2022,
an der teilgenommen haben:

für Recht erkannt:

Die Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 200,00 € verurteilt.
Der Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen trägt die Betroffene.

Angewendete Vorschriften: §§ 41 Abs. I in Verbindung mit Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG.

Gründe:

Die verkehrsrechtlich nicht vorbelastete Betroffene ist verheiratet und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Als Rentnerin erhält sie 800,00 € Rente monatlich. Einer Ratenzahlung bedürfe es nach den Angaben der Betroffenen in der Hauptverhandlung gleichwohl nicht.

Am 28.04.2022 befuhr die Betroffene um 11.38 Uhr in Dortmund die B 236 N in Fahrtrichtung Lünen in Höhe Kilometer 6,770 als Führerin eines PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXXX und überschritt hierbei die dort zugelassene Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h, wobei die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der Tatörtlichkeit durch Beschilderung mit Zeichen 274 beidseitig auf 60 km/h geregelt war. Die jeweils beidseitig aufgestellte Beschilderung in einem Bereich etwa 2 Kilometer vor der Messstelle und 470 Meter nach der Messstelle stellte sich wie folgt dar:

Km 8,950 VZ 274 100 km/h
Km 8,500 VZ 277 LKW-Überholverbot
Km 8,000 VZ 274 80 km/h
Km 7,750 VZ 274 60 km/h „Straßenschäden
Km 7,500 VZ 277 LKW-Überholverbot
Km 7,470 VZ 112 „Unebene Fahrbahn auf 800 m“
Km 7,360 VZ 274 60 km/h „Straßenschäden“
Km 6,800 VZ 274 60 km/h
Km 7,770 Messstelle
Km 6,300 VZ 274 120 km/h.

Die Betroffene wurde mittels des Messgerätes Poliscan Speed gemessen, das in gültig geeichtem Zustand entsprechend der Bedienungsanleitung am Tattage durch den Polizeibeamten D eingesetzt wurde. Die Betroffene wurde durch dieses Gerät mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gemessen, so dass sich nach Abzug einer Toleranz von 4 km/h eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 106 km/h ergab, die zu der dargestellten Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 46 km/h führte.

Die Betroffene war geständig. Die Betroffene gestand ihre Fahrereigenschaft zu. Das Gericht konnte sich insoweit von der Richtigkeit ihres Geständnisses überzeugen durch Inaugenscheinnahme des Messfotos Bl. 40 d.A., welches das Fahrzeug mittig auf der genannten Bundesstraße zeigt und die Betroffene als Fahrerzeugführerin. Wegen des Aussehens des Fahrzeuges, des im Rahmen der Auswertung eingespiegelten Messrahmens des Messgerätes im Frontbereich des Fahrzeuges und der Fahrzeugposition in der Mitte des Fahrzeugs wird auf das Messfoto Bl. 40 d.A. gemäß § 267 Abs. I Satz 3 StPO Bezug genommen. Die Betroffene war im Rahmen der Inaugenscheinnahme des Messfotos als Fahrzeugführerin erkennbar. Die Betroffene erklärte, sie sei tatsächlich zu schnell gefahren. Sie habe einfach die Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder nicht bemerkt. Die Strecke sei ihr gut bekannt, da sie regelmäßig die Strecke befahre. U.a. fahre sie mit ihrem Ehemann gerne nach Olfen zum Spazierengehen. Auch Arztbesuche im Norden Dortmunds nehme sie wahr und müsse im Rahmen dieser Fahrten die Tatörtlichkeit regelmäßig passieren. Die Betroffene bezweifelte die Richtigkeit der Beschilderung. Das Gericht konnte die Richtigkeit der Beschilderung feststellen durch Verlesung des Beschilderungsplans der genannten Messstelle, der von dem Zeugen D am Tattage erstellt wurde und von diesem auch am Tattage nochmals überprüft wurde. Das Gericht hat diesen Beschilderungsplan urkundsbeweislich verlesen können gemäß § 256 Abs. Nr. 5 StPO. Ferner hat das Gericht nach derselben Vorschrift urkundsbeweislich das Messprotokoll des Messgeräteeinsatzes verlesen können. Dieses ergab einen Einsatz am Tattage von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Auf dem Messprotokoll findet sich die Unterschrift des Zeugen D und dessen Erklärung durch Ankreuzen, dass er das Messgerät entsprechend der Gebrauchsanweisung am Tattage in geeichtem Zustand eingesetzt habe. Die Eichung des Messgerätes Poliscan FM 1 mit der Nr. 961440 konnte das Gericht feststellen durch urkundsbeweisliche Verlesung des Eichscheines der Hessischen Eichdirektion vom 21.09.2021, der eine Eichung am selben Tage, gültig bis zum 31.112.2022, auswies.

Schließlich hat das Gericht die Datenfelder des Messfotos urkundsbeweislich verlesen können. Aus diesen ergab sich, dass für die Tatzeit das Fahrzeug der Betroffenen mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gemessen wurde. Wie bereits dargestellt, konnte im Rahmen der Inaugenscheinnahme eine ordnungsgemäße Position des Messrahmens im Bereich der Fahrzeugfront festgestellt werden, so dass kein Zweifel an der Richtigkeit der Messung bestand.

Die Betroffene hat dementsprechend einen fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoß begangen, da sie bei Beachtung der von ihr als Fahrzeugführerin einzuhaltenden Sorgfaltspflichten die Geschwindigkeitsbeschränkung hätte erkennen können und müssen und zudem ihre eigene Fahrgeschwindigkeit hierauf hätte einstellen können und müssen. Der Verstoß war dementsprechend gemäß den §§ 41 Abs. I in Verbindung mit Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG zu ahnden.

Der Bußgeldkatalog sieht für einen derartigen Verstoß in 11.3.7 eine Regelgeldbuße von 320,00 € und ein Fahrverbot von 1 Monat vor. Umstände, die ein Absehen vom Regelfahrverbot hätten nahelegen können, waren nicht erkennbar und wurden auch nicht weiter geltend gemacht. Der Verteidiger regte zwar im Rahmen der Hauptverhandlung die Verdopplung der Geldbuße gegen ein Absehen vom Fahrverbot an. Die Betroffene erklärte jedoch darauf, dass sie dann lieber für die Zeit eines Fahrverbotes laufe aber nicht so viel für einen derartigen Verstoß zahlen wolle. Die Anwendung des § 4 Abs. 4 BKatV hat das Gericht daher dem Betroffenenwillen entsprechend ausgeschlossen. Etwaige Härten wurden seitens der Betroffenen nicht geltend gemacht. Insbesondere schieden diese auch deshalb aus, weil der Ehemann der Betroffenen selbst Führerscheininhaber ist und die Betroffene erklärte, bei Bedarf könne er sie fahren. Überdies sind Rentner*innen ebenso wie etwa Arbeitslose und natürlich auch Beamt*innen grundsätzlich in keinster Weise auf die Existenz einer Fahrerlaubnis zwingend angewiesen.

Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse und von der Betroffenen dargestellter erheblicher Erhöhungen der derzeitigen Lebenshaltungskosten, insbesondere der Energiekosten, hat das Gericht die Geldbuße auf 200,00 € abgesenkt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.


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