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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Schwere der Rechtsfolgen, erneute Antragstellung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Rostock, Beschl. v. 14.07.2022 - 11 Qs 95/22 (1)

Eigener Leitsatz: 1. Die Ablehnung der Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren erstreckt sich grundsätzlich auch auf das Hauptverfahren. Eine Ausnahme kann etwa dann anzunehmen sein, wenn zwischenzeitlich andere Tatsachen bekannt geworden sind.
2. Eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe, die für sich genommen allein bereits die - ohnehin nicht starr zu betrachtende - Grenze von einem Jahr Freiheitsstrafe überschreitet, führt nicht dazu führen, dass jedes weitere Verfahren ohne jegliche Prüfung einen Fall notwendiger Verteidigung auslöst, vor allem dann nicht, wenn der Verurteilte im Strafverfahren der in Rede stehenden Bewährungssache anwaltlich vertreten und damit ausreichend verteidigt ist.


11 Qs 95/22 (1)

Landgericht Rostock

Beschluss

In dem Beschwerdeverfahren
gegen pp.

Verteidiger:
Rechtsanwalt Thomas Penneke, Kröpeliner Straße 37, 18055 Rostock,

wegen Verstoßes gegen das BtMG

hat das Landgericht Rostock - 1. Strafkammer als Beschwerdekammer - durch die Richterin am Landgericht, die Richterin am Amtsgericht und den Richter am Landgericht am 14. Juni 2022 beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 06.04.2022 - Az. 35 Cs 32/22 -, mit dem sein erneuter Antrag, ihm einen Pflicht-verteidiger zu bestellen, abgelehnt worden ist, wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist unstatthaft.

Die Kammer hat bereits ablehnend über die sofortige Beschwerde des Angeklagten nach Ablehnung seines Pflichtverteidigerantrages im Ermittlungsverfahren entschieden; veränderte Tatsachen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden, sind nicht eingetreten.

Die Ablehnung der Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren erstreckt sich grundsätzlich auch auf das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Strafrichter -. Eine Ausnahme kann etwa dann anzunehmen sein, wenn zwischenzeitlich andere Tatsachen bekannt geworden sind. Dies ist hier nicht der Fall. Auch der Verteidiger hat sich bei der erneuten Antragstellung darauf beschränkt, den Wortlaut seines Antrages auf Pflichtverteidigerbeiordnung im Ermittlungsverfahren zu wiederholen; eine Beschwerdebegründung erfolgte nicht.

Im Übrigen ist die Beschwerde auch unbegründet. Ein Fall der notwendigen Verteidigung im Hinblick auf einen möglichen Bewährungswiderruf ist nicht gegeben:

Mit Strafbefehl vom 20.01.2022 ist der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln lediglich zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden, wobei der Sachverhalt einfach gelagert ist. Trotz Einspruchseinlegung und damit Wegfall der Geständnisfiktion ist eine wesentlich höhere Strafe nicht zu erwarten. Die zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe, die für sich genommen allein bereits die - ohnehin nicht starr zu betrachtende - Grenze von einem Jahr Freiheitsstrafe überschreitet, kann hier nicht dazu führen, dass jedes weitere Verfahren ohne jegliche Prüfung einen Fall notwendiger Verteidigung auslöst, zumal der Verurteilte im Strafverfahren der in Rede stehenden Bewährungssache anwaltlich vertreten und damit ausreichend verteidigt war.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.


Einsender: RA T. Penneke, Rostock

Anmerkung:


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