Gericht / Entscheidungsdatum: AG Jever, Beschl. v. 27.07.2022 - 7 OWi 171/22
Eigener Leitsatz: Ist bei Erlass des Bußgeldbescheides eine dem Betroffenen gesetzte Stellungnahmefrist noch nicht abgelaufen, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen, wenn das Verfahren nach Einspruch gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wird.
Amtsgericht Jever
Beschluss
7 OWi 171/22
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Jever durch die Direktorin des Amtsgerichts pp. am 27.07.2022 beschlossen:
Die Kostenentscheidung des Landkreises Friesland vom 27.06.2022 wird dahingehend abgeändert, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen dem Landkreis Friesland auferlegt werden.
Die weiteren im Verfahren auf Einholung einer gerichtlichen Entscheidung entstanden Kosten einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem Landkreis Friesland auferlegt.
Gründe:
Mit Anhörungsbogen vom 02.06.2022, dem Betroffenen zugegangen am 07.06.2022, gewährte der Landkreis Friesland dem Betroffenen rechtliches Gehör zu dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung am 17.05.2022 binnen einer Frist von einer Woche nach Zugang des Anhörungsbogens. Unter dem 10.06.2022 erließ der Landkreis Friesland gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid. Mit Email vom 14.06.2022 legte der Betroffene Einspruch ein und beantragte Akteneinsicht. Nach erhaltener Akteneinsicht nannte er mit Email vom 23.06.2022 den wahren Fahrzeugführer zum Tatzeitpunkt.
Auf den Einspruch des Betroffenen stellte der Landkreis das Verfahren mit Bescheid vom 27.06.2022 gemäß § 47 Abs.1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO ein. Die Auslagen des Betroffenen wurden nicht der Kreiskasse auferlegt.
Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 04.07.2022.
Der von dem Betroffenen gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und begründet.
Die Kostenentscheidung vom 27.06.2022 ist dahingehend abzuändern, dass der Landkreis die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat.
Der Bußgeldbescheid ist am 10.06.2022 erlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt war die dem Betroffenen in dem Anhörungsbogen vom 02.06.2022 gesetzte Stellungnahmefrist noch nicht abgelaufen. Ein Fall des § 109a Abs. 2 OWiG liegt nicht vor, denn der Betroffene hatte keine ausreichende Möglichkeit durch rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände den Erlass des Bußgeldbescheides und damit das Entstehen seiner Auslagen zu vermeiden.
Die weitergehende Kostenentscheidung beruht auf §§ 61 OWiG in Verbindung mit § 467 Abs.1 StPO.
Einsender: RA A. Senol, Bielefeld
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