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Entscheidungen

Gebühren

Festsetzung der Beratungshilfevergütung, Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Ludwigshafen, Beschl. v. 21.02.2022 – 2 UR II 82/20

Eigener Leitsatz: Bei dem Antrag des Rechtsanwalts auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung aus der Staatskasse besteht keine gesetzliche Pflicht zur Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins.


In pp.

1. Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts pp. vom 14.02.2022 wird der Beschluss vom 26.10.2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die dem Rechtsanwalt pp. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 155,30 € festgesetzt.
2. Im übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Gründe

Der Rechtsbehelf gemäß § 56 RVG hat teilweise Erfolg.

Gemäß §§ 55 Abs. 2 RVG, 104 Abs. 2 ZPO hat der Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung aus der Staatskasse eine Glaubhaftmachung des Kostenansatzes und die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Des weiteren ist gemäß § 1 Nr. 2 mit Anlage 2 BerHFV ein Formular zu verwenden, welches die Zeile zum wahlweisen Ankreuzen enthält: „Der Berechtigungsschein im Original oder der Antrag auf nachträgliche Bewilligung der Beratungshilfe ist beigefügt“. Eine gesetzliche Pflicht zur Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins zusammen mit dem Vergütungsfestsetzungsantrag besteht jedoch nicht und ist auch nicht begründbar, es geht dabei vielmehr nur um die Frage, ob ohne eine solche Vorlage eine ausreichende Glaubhaftmachung des Entstehens der Beratungshilfegebühr vorliegt; erscheint hierzu die Vorlage des Berechtigungsscheins im Original erforderlich, welche im Rahmen einer Übersendung als elektronisches Dokument gemäß §§ 12b RVG, 130a ZPO - zu welcher ein Rechtsanwalt seit 1.01.2022 gemäß § 130d ZPO verpflichtet ist - nicht möglich ist, kann genügen, dass der eingescannte Berechtigungsschein durch handschriftlichen Vermerk des Anwalts „entwertet“ wurde (OLG Saarbrücken NJW-RR 2020, 444; Burhoff/Volpert RVG Straf- und Bußgeldsachen Rn. 52; jeweils m.w.N.).

Auch ohne Vorlage eines solchen „entwerteten“ Berechtigungsscheins oder sonst weitere Erklärungen oder Beweismittel (§ 294 ZPO) ist hier jedoch der Anfall der Gebühr für die Beratungshilfetätigkeit dem Grunde nach ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerseite wurde bereits im Rahmen des Bewilligungsverfahrens von Rechtsanwalt ... vertreten, wobei der anwaltliche Schriftsatz an das Jobcenter ... vom 17.02.2020 vorgelegt wurde, und der nunmehr per beA vorgelegte Berechtigungsschein vom 4.03.2020 wurde dementsprechend auch an Rechtsanwalt ... versandt. Rechtsanwalt ... hat sodann die - erfolglos gebliebene - Erinnerung vom 9.03.2020 für fünf weitere Antragsteller eingelegt. Mit dem Antrag vom 26.10.2021 wurde nunmehr ein an Rechtsanwalt ... für die Antragstellerin zu 1) übersandter Bescheid des Jobcenters vom 25.02.2020 über den Antrag vom 17.02.2020 vorgelegt, wonach dieser zum Erfolg geführt hat.

Damit steht fest, dass bei Rechtsanwalt pp. die Geschäftsgebühr nach RVG Anlage 1 Nr. 2503 (in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung) nebst Postpauschale Nr. 7000 und 19 % Umsatzsteuer angefallen ist. Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr gemäß Gebührenziffer Nr. 1008 für sechs weitere Auftraggeber wird mit der auf den geänderten Festsetzungsantrag vom 14.11.2021 Bezug nehmenden Erinnerung nicht mehr verfolgt (vgl. Beschluss vom 27.03.2020 und Hinweis des Rechtspflegers vom 5.08.2021). Die nunmehr verlangte Geschäftsgebühr von 110,50 € entspricht der ersatzfähigen Festgebühr von 85 € nebst 30 % Zuschlag für einen weiteren Auftraggeber, ergibt zuzüglich Postpauschale und Umsatzsteuer 155,30 €.

Die mit geändertem Antrag vom 14.11.2021 weiter geltend gemachte „Einigungs- und Erledigungsgebühr“ von 150 € ist dagegen nicht glaubhaft gemacht. Weder der Festsetzungsantrag noch die Erinnerungsschrift vom 14.02.2020 enthält hierzu Vortrag, eine im Antrag vom 14.11.2021 in Bezug genommene Anlage 1 war der Eingabe nicht beigefügt. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der Gebührentatbestand der Nr. 1000, 1002, 2508 erfüllt ist. Ersichtlich ist die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 gemeint, welche entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts oder Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Diese Gebührenziffer dient dazu, den Anwalt mit einer zusätzlichen Gebühr zu entlohnen, wenn aufgrund seiner über das normale, mit dem Betreiben des Verfahrens üblicherweise verbundenen Maß hinausgehenden Tätigkeit die Rechtssache erledigt und für alle Beteiligten nützlich eine Lösung ohne gerichtliche Entscheidung erreicht wird (Mayer/Kroiß RVG VV Nr. 1002 Rn. 1). In einem sozialgerichtlichen isolierten Vorverfahren kann die Erledigungsgebühr nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat; erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG Urt. v. 17.10.2013 - B 11 AL 15/12 R; BSG Urt. v. 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R). Hier wurde bereits kein „Rechtsbehelf“ gegen einen Verwaltungsakt eingelegt, da die Widerspruchsfrist versäumt wurde; es konnte lediglich die Rücknahme des Verwaltungsakts gemäß § 45 SGB X angeregt werden, und die Behörde hat diesem Antrag schließlich entsprochen. Damit hat sich kein Rechtsbehelf als Hauptsache erledigt, sondern lediglich der auf die Beantragung der Rücknahme beschränkte anwaltliche Auftrag (§ 8 RVG). Jedenfalls ist aber nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass - entsprechend der Voraussetzungen für die Erledigungsgebühr bei einem förmlichen Widerspruchsverfahren - diese Erledigung auf einer über das übliche Maß des Betreibens des Geschäfts (RVG Anlage 1 Vorbemerkung 2.3 Abs. 3) hinausgehenden besonderen Tätigkeit des Anwalts beruht habe, die mit der Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren noch nicht abgegolten wäre.


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