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Entscheidungen

Zivilrecht

Verkehrsunfall, unerlaubtes Entfernen, Nachtrunk, Obliegenheitsverletzung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.02.2022 .- 11 U 176/20

Eigener Leitsatz: 1. Wenn der Versicherungsnehmer in Kenntnis eines verursachenden Fremdschadens und den laufenden Ermittlungen der Polizei nach dem Verkehrsunfall einen Nachtrunk zu sich nimmt und dies zu einem BAK von 0,7 ‰ führt, wird sein Kaskoversicherer wegen einer Oblie-genheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfall leistungsfrei.
2. Der Versicherer ist dann zu einer vollständigen Leistungskürzung wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung berechtigt, wenn dem Versicherungsnehmer diese Obliegenheit ebenso wie der entstandene Fremdschaden bekannt ist und er es billigend in Kauf nimmt, das eine sichere Feststellung eines möglichen Alkoholisierungsgrades vor dem Unfallereignis ver-eitelt wird.


Oberlandesgericht Braunschweig

Hinweisbeschluss
11 U 176/20

In dem Rechtsstreit pp.
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht X, die Richterin am Oberlandesgericht Y und den Richter am Oberlandesgericht Z am 28. Februar 2022 beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 07.05.2020 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe:

I.
Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).

1. Ob der Kläger selbst Inhaber von Ansprüchen gegen die Beklagte aufgrund der Beschädigung des von ihm gefahrenen Fahrzeugs ist, kann hier dahingestellt bleiben, da er jedenfalls insoweit prozessführungsbefugt ist, nachdem ihn die finanzierende Bank ermächtigt hat, entsprechende Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz seiner eigenen Reparaturkosten sowie der seitens der Stadt ihm gegenüber geltend gemachten Kosten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG i.V.m. A.1, A.2 AKB nicht zu.

Die Beklagte ist nach E.7.1 AKB i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG leistungsfrei, da der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit aus E.1.3 AKB verletzt hat, indem er nach seinen eigenen Angaben nach dem Unfallgeschehen 0,7 l Wodka zu sich genommen und damit eine zuverlässige Ermittlung seines Blutalkoholgehalts zur Unfallzeit vereitelt hat. Diese Ermittlung hätte es der Beklagten ermöglicht zu prüfen, ob sie sich auf eine Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach A.2.9.1, D.1 AKB hätte berufen können.

a) Was zum Inhalt einer durch Leistungsfreiheit sanktionierten Obliegenheit im Sinne von § 28 Abs. 2 VVG gehört, ergibt sich grundsätzlich aus den zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages getroffenen Vereinbarungen, also aus dem Versicherungsvertrag und den diesem zugrunde liegenden Bedingungen (BGH, Urteil vom 01. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 –, Rn. 8, juris).

Nach E.1.3 der hier vereinbarten AKB hat der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles alles zu tun, was der Aufklärung des Schadens dienen kann. Die Aufklärungsobliegenheit ist danach erkennbar weit gefasst. Sie schließt die Auskunftsobliegenheit nach § 31 Abs. 1 VVG ein, geht aber in gesetzlich zulässiger Weise (vgl. dazu: Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31 Aufl., § 31 Rn. 31) darüber hinaus. Sie erschöpft sich nicht im Erteilen von Informationen, sondern erstreckt sich grundsätzlich auch auf das Verhalten des Versicherungsnehmers am Unfallort (vgl. BGH, Urteil vom 01. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 –, Rn. 9, juris; Halbach in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl., AKB 2015 E., Rn. 5). Ausdrücklich obliegt dem Versicherungsnehmer in diesem Zusammenhang die vertragliche Pflicht, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen z.B. zum Alkohol- und Drogenkonsum des Fahrers zu ermöglichen. Der Zweck dieser Obliegenheit besteht darin, dem Versicherer die sachgerechte Prüfung der Voraussetzungen seiner Leistungspflicht zu ermöglichen, wozu auch die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen gehört, aus denen sich seine Leistungsfreiheit ergeben kann (BGH, Urteil vom 01. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 –, Rn. 11, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 54, juris).

Demgemäß verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit auch durch einen ins Gewicht fallenden Nachtrunk (jeweils zu § 3 Nr. 1, § 7 V AKB a.F.: BGH, Urteil vom 22.05.1970 - IV ZR 1084/68, VersR 1970, 826; Urteil vom 19.10.1967 - II ZR 53/65, juris Rn. 4; Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2018, E. Pflichten im Schadensfall, Tz. 29). Das gilt nicht nur in der Haftpflichtversicherung, sondern auch in der Fahrzeugversicherung, wenn Dritte - wie hier die Stadt - durch den Unfall geschädigt sind, und ergibt sich nicht allein aus den vertraglichen Vereinbarungen, sondern auch aus der durch § 142 StGB strafrechtlich sanktionierten Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers, die seine Verpflichtung einschließt, sich auch für eine polizeilich angeordnete, nicht durch Nachtrunk verfälschte Blutprobe bereitzuhalten. In diesen Fällen kann selbst ohne ausdrückliche Vereinbarung mit dem Versicherer davon ausgegangen werden, dass die vertragliche Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers diese Verpflichtung ebenfalls mit umfasst (BGH, Urteil vom 01. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 –, Rn. 9, juris; Urteil vom 12.11.1975 - IV ZR 5/74, juris Rn. 9; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 53, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 20.07.2000 - 8 U 4357/99, juris Rn. 8; OLG Köln, Urteil vom 30. Juli 1992 – 5 U 44/92 –, Rn. 5, juris; KG Berlin, Beschluss vom 26.10.2010 - 6 U 209/09; OLG Frankfurt, Urteil vom 24.07.2014 - 3 U 66/13, juris Rn. 12), da es für die Sachaufklärung und Verschuldensabwägung zwischen den Unfallbeteiligten entscheidend auch auf eine einwandfreie BAK-Bestimmung ankommt (vgl. OLG München, Urteil vom 24. Februar 1995 – 10 U 5408/94 –, Rn. 3, juris m.w.N.), die bereits bei einem geringen Nachtrunk nicht mehr durchführbar ist. So verletzt ein Versicherungsnehmer seine vertragliche Pflicht zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts bereits dann, wenn er die genaue Bestimmung des Blutalkoholgehalts erschwert. Die Obliegenheit, eine einwandfreie BAK-Bestimmung zu ermöglichen, wirkt sich als Reflex auch auf das Aufklärungsinteresse des Kaskoversicherers aus, da die im Rahmen der Aufklärung des Haftpflichtschadens durchgeführte Blutentnahme auch dem Versicherer zugute kommt, der die Ermittlungen bei der Abwicklung des Kaskoschadens verwerten kann (vgl. OLG München, Urteil vom 24. Februar 1995 – 10 U 5408/94 –, Rn. 3, juris; OLG Düsseldorf VersR 1993, 45, 46).

b) aa) Von diesen Maßstäben ausgehend, hat der Kläger durch die Einnahme der von ihm selbst vorgetragenen erheblichen Menge Alkohols die ihn nicht nur aufgrund des eingetretenen Fremdschadens, sondern vielmehr auch aufgrund der sich aus E.1.3 AKB ergebenden ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung treffende Obliegenheit, die erforderlichen Feststellungen zu seinem Alkoholkonsum zu ermöglichen, verletzt und durch den behaupteten Nachtrunk aktiv den berechtigten Interessen der Beklagten entgegengewirkt. Der Kläger hatte vorliegend Ermittlungen der Polizei zur Frage eines etwaigen Alkoholkonsums auch zu erwarten. Er selbst hatte - nach seinem Vortrag - die Polizei gerufen und veranlasst, dass sein Vater sich zur Unfallstelle begab. Im Rahmen solcher Ermittlungen der Polizei – insbesondere angesichts des vom Kläger selbst beschriebenen Unfallverlaufs – stellt die Entnahme einer Blutprobe eine routinemäßige Maßnahme dar (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom, 30.06.1992 – 4 U 205/91VersR 1993, 1141).

Dass der Nachtrunk der Verschleierung des Sachverhalts - also einer etwaigen tatsächlichen Alkoholisierung des Klägers zum Unfallzeitpunkt - diente, ist für die Frage der Verwirklichung der Obliegenheitsverletzung nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 12.11.1975 - IV ZR 5/74, juris Rn. 9 und 12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 55, juris; KG, Beschluss vom 26.10.2010 - 6 U 209/09, juris Rn. 3). Auch der Umstand, dass hier, da lediglich stehende Objekte beschädigt worden sind, die Frage einer Alkoholisierung des Klägers auf die Haftungsfrage keinen Einfluss haben kann, ist unerheblich (vgl. auch: OLG Köln, Urteil vom 19.01.1999 - Ss 526/98, juris Rn. 15). Der Zweck der den Kläger treffenden Aufklärungsobliegenheit besteht darin, dem Versicherer die sachgerechte Prüfung der Voraussetzungen seiner Leistungspflicht zu ermöglichen, wozu auch die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen gehört, aus denen sich seine Leistungsfreiheit ergeben kann, so dass aus dem Nachtrunk eine Obliegenheitsverletzung gegenüber dem Versicherer unabhängig von einem Beweisinteresse des Geschädigten abzuleiten ist (BGH, Urteil vom 01. Dezember 1999 – IV ZR 71/99 – , Rn. 9, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 54, juris).

bb) Der objektive Verstoß gegen die Aufklärungspflicht erfolgte auch vorsätzlich.

Zwar hat die Beklagte den Vorsatz des Klägers als Voraussetzung ihrer Leistungsfreiheit zu beweisen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG bzw. E.7.1 AKB). Bereits aus dem erheblichen und offensichtlichen Schaden an der Straßenlaterne ist aber auf das Bewusstsein des Klägers zu schließen, dass er einen Fremdschaden verursacht hat und er deshalb Feststellungen der von ihm selbst nach seinem Vortrag herbeigerufenen Polizei zum Unfallhergang - auch zum Grad seiner Alkoholisierung - zu erwarten hatte. Angesichts der Menge des von ihm konsumierten Alkohols musste ihm auch bewusst sein, dass er dadurch entsprechende Feststellungen der Polizei zumindest erschweren, wenn nicht vereiteln würde.

Soweit vorsätzliches Handeln grundsätzlich auch das Bewusstsein erfordert, gegen eine bestehende Verhaltensnorm zu verstoßen (BGH, Urteil vom 18.02.1970 - IV ZR 1089/68, juris Rn. 14), genügt es für das Bewusstsein der Obliegenheitsverletzung, dass der Versicherungsnehmer kraft „Parallelwertung in der Laiensphäre" die Merkmale der Obliegenheit im Kern kennt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 61, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 7 U 121/14 –, Rn. 57, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 02.04.2015 - 14 U 208/14, juris Rn. 9). Anders ist es jedoch bei elementaren, allgemein bestehenden und bekannten Pflichten, die auch im Versicherungsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben. Hier genügt zum Bewusstsein der Rechtswidrigkeit die vorhandene Erkenntnis, gegen das unzweifelhafte, generelle Verbot zu verstoßen. Die weitere Vorstellung, im Besonderen auch dem Versicherer gegenüber zur Beachtung dieses Verbots verpflichtet zu sein, ist dann nicht zu fordern (BGH, Urteil vom 18.02.1970 - IV ZR 1089/68, juris Rn. 15). Zu diesen allgemeinen Verhaltensregeln nach einem Verkehrsunfall gehört in erster Linie das für jeden Beteiligten gültige Gebot, im Interesse der Aufklärung bis zur Aufnahme des Unfalls durch die verständigte Polizei am Unfallort zu bleiben (BGH, Urteil vom 18. Februar 1970, a.a.O.). Soweit sich der Unfallverursacher nach Ablauf einer angemessenen Wartefrist vom Unfallort entfernt hat, trifft ihn die Verpflichtung, die erforderlichen Feststellungen - zu welchen auch der Grad seiner Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt gehört - unverzüglich nachträglich zu ermöglichen.

Gegen diese Verpflichtung hat der Kläger, ungeachtet der Frage, ob er sich überhaupt berechtigt vom Unfallort im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB entfernt hat, vorliegend bewusst verstoßen, denn es ist allgemein bekannt, dass die Frage einer möglichen Alkoholisierung des Fahrers für die Einstandspflicht des Versicherers in der Kfz-Schadensversicherung von nicht unerheblicher Bedeutung ist.

cc) Der Kläger handelte auch schuldhaft. Ein medizinisch beachtlicher Unfallschock, der Einfluss auf die Schuldfähigkeit hätte haben können, ist nicht dargelegt. Dagegen spricht bereits das planmäßige und überlegte Verhalten des Klägers, der selbst ausführt, er habe nach dem Unfall die Unfallstelle geräumt, da sein Fahrzeug die Kreuzung blockiert habe, habe sodann die Polizei gerufen und seinen Vater gebeten, dieselbe in Empfang zu nehmen. Soweit der Kläger vorträgt, er habe aufgrund seiner depressiven Störung den Alkohol zu sich genommen, so ist angesichts des sonstigen Verhaltens des Klägers nicht erkennbar, dass dieser trotz einer etwa bestehenden Erkrankung nicht in der Lage gewesen sein soll, vernunftbezogene Entscheidungen zu treffen, anderenfalls sich ggf. die Frage einer krankheitsbedingten Fahruntüchtigkeit stellen würde.

c) Einen Kausalitätsgegenbeweis im Sinne von E.2.2 AKB, § 28 Abs. 3 VVG kann der Kläger nicht führen.

Ob der Kausalitätsgegenbeweis bereits wegen arglistigen Handelns des Klägers nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG, E.7.2 Satz 2 AKB ausgeschlossen ist, kann hier dahinstehen, denn den Kausalitätsgegenbeweis kann der Kläger jedenfalls mit den von ihm angebotenen Beweismitteln nicht führen. Erforderlich ist der Beweis, dass die Feststellungen selbst im Ergebnis nicht zum Nachteil des Versicherers beeinflusst worden sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. April 2020 – 12 U 120/19 –, Rn. 64, juris; Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. E.2 Rn. 38 m.w.N.).

Unabhängig davon, dass im Falle des unerlaubten Entfernens vom Unfallort immer dann von einer Kausalität auszugehen ist, wenn infolge einer Unfallflucht oder eines Nachtrunks keine objektiven Feststellungen mehr dazu getroffen werden können, ob der Versicherungsnehmer bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand und seine Fahrtüchtigkeit hierdurch eingeschränkt war (so OLG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2014 - 7 U 121/14, juris Rn. 59; OLG Frankfurt, Urteil vom 02.04.2015 - 14 U 208/14, juris Rn. 12; KG, Beschluss vom 27.08.2010 - 6 U 66/10, juris Rn. 14; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. § 28 Rn. 255), so ist jedenfalls die Benennung der Eltern des Klägers als Zeugen zum Beweis einer fehlenden Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt nicht geeignet. Die Zeugen können keine Angaben dazu machen, ob und ggf. wieviel Alkohol der Kläger insgesamt in den letzten Stunden vor der Unfallfahrt konsumiert hat. Keiner der Zeugen hat den Kläger in dem Zeitraum der letzten ein bis zwei Stunden bis unmittelbar vor Beginn der Fahrt und vor dem Unfall durchgehend begleitet.

3. Der Umstand, dass der Senat die Klage aus anderen Gründen als das Landgericht für unbegründet erachtet, steht einer Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.

Die Zurückweisung durch Beschluss mangels Erfolgsaussicht kommt in Betracht, wenn sich aus der Berufungsbegründung keine Gesichtspunkte ergeben, die eine Abänderung des Ersturteils aus rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen rechtfertigen, wobei die Begründung auch ausgewechselt und materiell oder prozessual von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen werden darf (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 25.1.2016 – 19 U 160/15, BeckRS 2016, 6245, Rn. 59; KG Berlin, Beschluss vom 20. März 2008 – 12 U 164/07 –, juris, Rn. 20; OLG Köln, Beschluss vom 13.02.2006 – 11 U 186/05 -, juris Rn. 10; OLG Hamburg, Beschluss vom 10. Mai 2005 - 14 U 154/04 - NJW 2006, 71; OLG Rostock, Beschluss vom 07.04.2003 – 6 U 14/03 -, juris Rn. 12 f.; Voit in Musielak, ZPO, 15. Aufl., § 522, Rn. 21a; Heßler in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 522, Rn. 36). Die Entscheidung des Erstgerichts beruht nämlich nur dann auf einem Rechtsfehler (§§ 513, 546 ZPO), wenn bei der Verletzung des materiellen Rechts die richtige Anwendung zu einem dem Berufungsführer günstigen Ergebnis führen würde (vgl. Heßler in: Zöller, a.a.O., § 513 ZPO, Rn 5). Dies ist nicht der Fall, wenn die Entscheidung des Erstgerichts im Ergebnis richtig ist (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 11. März 2003 – 3 U 28/03 –, juris, Rn. 14; KG Berlin, Beschluss vom 20. März 2008 – 12 U 164/07 –, a.a.O.).

Entgegen der Begründung in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 17/6406) erfordert ein Wechsel der Begründung auch nicht in jedem Fall eine mündliche Berufungsverhandlung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 20.08.2018 – 8 U 118/17 -, juris Rn 39; OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.2012 – I 20 U 228/11 -, juris Rn. 5; Gerken, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 522, Rn. 76). Nach der Funktion des Verfahrens nach § 522 Abs. 2 ZPO ist eine erneute mündliche Verhandlung nur dann geboten, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung gestützt wird und diese mit den Parteivertretern im schriftlichen Verfahren nicht sachgerecht erörtert werden kann (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 20.08.2018 – 8 U 118/17 -, juris Rn 39; OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.2012 – I 20 U 228/11 -, juris Rn. 5). Das ist derzeit nicht erkennbar.

II.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen oder die Berufung zurückzunehmen. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).


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