Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 28.03.2022 2 Ws 57/22
Leitsatz des Gerichts: Nach rechtskräftigem Abschluss eines Strafverfahrens ist die Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung nicht mehr möglich.
KAMMERGERICHT
Beschluss
2 Ws 57/22 121 AR 53/22
In der Strafsache
gegen pp.
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a.
hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 28. März 2022 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Februar 2022 ist erledigt.
Gründe:
I.
Am 18. August 2021 verurteilte das Amtsgericht Tiergarten den Angeklagten wegen versuchter schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit einer Sachbeschädigung in weiterer Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt und am 28. Januar 2022 vor der zuständigen kleinen Strafkammer des Landgerichts Berlin die Entpflichtung seines bisherigen Pflichtverteidigers beantragt. Mit Beschluss vom 7. Februar 2022 hat das Landgericht den Antrag abgelehnt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 9. Februar 2022, die am 14. Februar 2022 beim Gericht eingegangen ist. Ebenfalls am 9. Februar 2022 hat das Landgericht Berlin die Berufung des in dieser Sache in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen, da er die Vorführung zur Berufungshauptverhandlung verweigert habe. Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 2. März 2021.
II.
Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gemäß § 143a Abs. 4 StPO statthaft und sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt worden. Es ist jedoch nach seiner Einlegung durch den rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens prozessual überholt und gegenstandslos geworden.
Im Beschwerdeverfahren ist Voraussetzung für eine Sachentscheidung, dass der Rechtsschutzsuchende gegenwärtig betroffen ist und mit seinem Rechtsmittel ein konkretes praktisches Ziel erreichen kann. Hieran fehlt es, wenn sich eine Maßnahme aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erledigt hat und das beanstandete Geschehen nicht mehr korrigiert werden kann (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 2. März 2021 1 Ws 12/21 , juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 16. September 2020 2 Ws 112/20 , juris; KG, Beschluss vom 6. August 2009 4 Ws 86/09 , juris; BeckOK StPO/Cirener, 42. Ed. 1.1.2022, § 296 Rn. 10).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Da die Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 143 Abs. 1 StPO mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens endet, kann der Beschwerdeführer die Aufhebung der Bestellung nicht mehr erreichen, nachdem gegen ihn das Berufungsurteil ergangen und rechtskräftig geworden ist. Die Beschwer ist damit entfallen. Der StPO sind Entscheidungen fremd, die sich in der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensmaßnahme, deren Vollzug erledigt ist, erschöpfen (vgl. KK-StPO/Paul, 8. Aufl., Vor § 296 Rn. 7). Lediglich in Fällen tiefgreifender Grundrechtsverletzungen, etwa bei Anordnungen einer Wohnungsdurchsuchung oder einer Freiheitsentziehung, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis trotz prozessualer Überholung (vgl. BVerfG NStZ-RR 2004, 252, 253; NJW 1997, 2163, 2164). Dies ist hier nicht gegeben.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die Erledigung erst nach Rechtsmitteleinlegung eingetreten ist (vgl. OLG Braunschweig aaO, OLG Hamburg aaO, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., Vor § 296 Rn. 17).
Einsender: VorsRiKG O. Arnoldi, Berlin
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