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Entscheidungen

OWi

Traffistar S 330, standardisiertes Messverfahren, mangelnde Überprüfbarkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: AG St. Ingbert, Urt. v. 13.01.2022 – 25 OWi 68 Js 1597/21 (2518/21)

Leitsatz des Gerichts: 1. Bei Messungen mit dem Geschwindigkeits-Messgerät Traffistar S 330 der Fa. Jenoptik handelt es sich um standardisierte Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
2. Der Umstand, dass bei diesem Messgerät wie mittlerweile bei fast allen Messgeräten sog. Rohmessdaten nicht gespeichert werden bzw. nicht vorhanden sind, führt nach Auffassung des Gerichts nicht zu einem Verwertungsverbot betreffend Messung und Messdaten.
3. Dies ergibt sich zum einen aus der Funktionsweise des Messgeräts.
4. Für die Verwertbarkeit der Messung trotz nicht gespeicherter/vorhandener Rohmessdaten spricht auch, dass nach Stellungnahmen und Beiträgen der PTB (zusammengefasst in der Fassung vom 4. November 2021, https://doi.org/10.7795/520/20211104) eine Messung an Hand von Rohmessdaten nicht aussagekräftig überprüft bzw. plausibilisiert werden kann.
5. Statt auf den Einzelmesswert wird die Überprüfbarkeit auf das Messgerät selbst verlagert, zusammen mit verschiedenen anderen Schutzvorschriften z. B. in Form von Verkehrsfehlergrenzen und Eichfristen. Hält das Messgerät bei der Überprüfung nach § 39 Mess- und Eichgesetz unter Berücksichtigung der Verwendungssituation alle Anforderungen bezüglich Messrichtigkeit und Messbeständigkeit ein, dann hat das Messgerät auch bei der gegenständlichen Messung korrekt gearbeitet, da die Verwendungssituation in beiden Fällen gleich war. Durch diesen Rückschluss wird die Problematik aufgelöst, dass der gegenständliche Messvorgang nicht wiederholbar ist.
6. Nach den einleuchtenden Erläuterungen der PTB ist also nicht davon auszugehen, dass mit der Löschung/Nichtspeicherung von Rohmessdaten eine nachträgliche Überprüfung der Messung verhindert werden soll, wie es einige sog. Sachverständigenbüros suggerieren wollen. Es soll damit lediglich verhindert werden, dass der geeichte Messwert, gesetzliche Grundlage des Messwesens, mit ungeeigneten Mitteln in Frage gestellt wird.
7. Die Einschätzung des erkennenden Gerichts zur Verwertbarkeit vom Messungen/Messergebnissen stützt sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (19. August 1993 - 4 StR 627/92 und 30. Oktober 1997 - 4 StR 24/97), mit welcher das Institut des standardisierten Messverfahrens geschaffen wurde. Den Entscheidungen lagen Geschwindigkeitsmessungen mit dem Lasermessgerät L TI 20/20 (Vorgängermodell des Messgeräts Riegel FG 21-P) zu Grunde, bei welchen keinerlei Daten oder Fotos gespeichert oder gefertigt werden.
8. Diese Auffassung zur Verwertbarkeit von Messungen und Messergebnissen wird mittlerweile von nahezu allen Oberlandesgerichten in Deutschland vertreten und ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch konform mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2020 (2 BvR 1616/18).
9. Der Entscheidung des BVerfG ist nämlich nicht zu entnehmen, dass Messungen und Messergebnisse nicht verwertet werden dürfen, wenn nach dem Messvorgang geräteintern (Roh-) Messdaten nicht abgespeichert werden. Im Gegenteil ist aus dem Postulat der „Waffengleichheit“ - als Ausprägung des Rechts auf ein faires Verfahren - zwischen Verfolgungsbehörde und Betroffenem zu folgern, dass ein Betroffener nur die Daten herausverlangen kann, die auch bei der Verfolgungsbehörde vorhanden sind und dieser einen Informationsvorteil verschaffen könnten.
10. Wenn man trotz dieser einleuchtenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und höchstrichterlichen Leitlinien fordern sollte, dass Ergebnisse von bewährten Geschwindigkeitsmessgeräten, die über eine PTB-Zulassung oder Konformitätsbescheinigung verfügen, geeicht sind und von geschultem Personal bedient oder eingesetzt werden (weltweit wohl höchster Standard), somit die Voraussetzungen für ein standardisiertes Messverfahren erfüllen, aber keine Rohmessdaten speichern, nicht verwertet werden dürfen, werden Geschwindigkeitsmessungen nicht mehr möglich sein angesichts dessen, dass die meisten Messgeräte keine Rohmessdaten – mehr – speichern. Dies hätte eine signifikante Beeinträchtigung der Sicherheit im Straßenverkehr zur Folge, da insbesondere gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen für die Fahrer/innen keine Konsequenzen mehr hätten, es auch keine abschreckende Wirkung mehr gäbe, wenn Geschwindigkeitsmessungen nicht mehr stattfänden oder nicht verwertbar wären. In Anbetracht des realen Verkehrsaufkommens und der Verkehrsdichte könnte der Staat das Grundrecht der Bürger und damit aller Verkehrsteilnehmer auf maximal mögliche körperliche Unversehrtheit nicht mehr in ausreichendem und leistbarem Ausmaß gewährleisten.


In pp.

Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässiger Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h eine Geldbuße in Höhe von 160,- Euro festgesetzt.

Es wird ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet.

Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften: §§ 3 III, 49 I Nr. 3 StVO, §§ 24, 25 StVG.

Gründe

In der Hauptverhandlung, in der d. Betroffene von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbundenen war, wurden folgende Feststellungen getroffen:

Gegen den Betroffenen liegen nach Auskunft aus dem Fahreignungsregister (Bl. 31 d.A.) keine Voreintragungen vor:


Die Betroffene befuhr – nach insofern geständiger Einlassung – am Morgen des 11.04.2021 mit dem Pkw (amtliches Kennzeichen:) die Illingerstraße in Friedrichsthal … Fahrtrichtung Merchweiler. …

In Höhe des Anwesens Nr. 148 befand sich laut vorgelegten Messprotokolls (Bl. 1 d.A.) eine stationäre Geschwindigkeitsmessanlage der Firma Jenoptik, Typ Traffistar S330, ausweislich vorgelegten Eichscheins (Bl. 21 d.A.) zur Tatzeit gültig geeicht. Messort und Messgerät waren kurz zuvor durch einen kommunalen Bediensteten überprüft worden, dokumentiert durch das Messprotokoll, ohne dass sich Hinweise auf Unregelmäßigkeiten ergeben hätten.
Randnummer6
Bei Messungen mit dem hier zum Einsatz gekommenen Messgerät der Firma Jenoptik, Typ Traffistar S330, handelt es sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung um standardisierte Messverfahren (vergl. OLG Jena, Beschluss vom 14.04.2008, 1 Ss 281/07, OLG Hamm, Beschluss vom 16.02.2016, 3 RBs 385/).

Die Richtigkeit der Messung bzw. Verwertbarkeit des Messergebnisses ist zwar seitens des Betroffenen in Abrede gestellt worden.

Folgendes wurde eingewandt:

Es werden keine Rohmessdaten gespeichert, weshalb die Messung nicht verwertbar sei.

Diese Einwände waren jedoch für die Entscheidung nicht von Bedeutung.

Der Umstand, dass bei diesem Geschwindigkeits-Messgerät sog. Rohmessdaten nicht gespeichert werden bzw. nicht vorhanden sind – wie mittlerweile bei den meisten Messgeräten -, führte nach Auffassung des Gerichts nicht zu einem Verwertungsverbot betreffend Messung und Messdaten.

Diese Auffassung gründet zum einen auf die Funktionsweise des Messverfahrens.

Zusammengefasst ist diese durch die PTB wie folgt beschrieben: Das Messgerät Traffistar S 330 ist ein halb- analoges Messsystem. Es nutzt drei druckempfindliche Sensoren in der Fahrbahn, deren Abstand voneinander bekannt ist. Für ein Fahrzeug werden die Zeitintervalle zwischen dem Auslösen der jeweiligen Sensoren erfasst. Zusammen mit dem Sensorabstand ergibt sich daraus durch Division die Geschwindigkeit als "Weg-pro-Zeit".

Das Gerät zeigt diejenige Geschwindigkeit an, die mit den beiden äußeren Sensoren (1 und 3) ermittelt wird, weil das die längste Messbasis ist und daher die höchste Genauigkeit bringt. Im Rahmen einer internen Plausibilisierung werden jedoch auch die aus den Sensorpaaren 1-2 bzw. 2-3 gebildeten Geschwindigkeiten betrachtet und bei zu großer Abweichung die Messung ggf. annulliert. Dies entspricht den Vorgaben der "PTB-Anforderungen", dass eine Mehrfachmessung durchgeführt werden muss.

Es gibt also keine "Rohmessdaten", aber das Gerät macht intern an Plausibilisierung, was überhaupt nur möglich ist, nämlich den Vergleich der Sensorpaare.

Ausführlicher ist diese dargelegt im Beschluss des OLG Jena vom 14.04.2008 (1 Ss 281/07):

Dass von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt am 01.07.2003 zugelassene Geschwindigkeitsüberwachungsgerät TRAFFIPAX TraffiStar S 330 – die Bauartzulassung ist ebenso wie die Gebrauchsanweisung des Messgeräts ausweislich der Akte dem Betroffenen und dem Verteidiger bekannt – dient der stationären Messung der Geschwindigkeit vorbeifahrender Fahrzeuge auf einer Fahrspur. Hierbei wird die Geschwindigkeit nach dem Verfahren der Weg-Zeit-Messung mit jeweils 3 in Fahrtrichtung hintereinanderliegenden Sensoren, die den Druck der Fahrzeugräder registrieren, bestimmt. Überschreitungen eines Geschwindigkeitsgrenzwertes (und somit der vorgeschriebenen zulässigen Höchstgeschwindigkeit) werden zusammen mit der Verkehrssituation, die von einer Digitalkamera mit Unterstützung eines Blitzes aufgenommen wird, dokumentiert und in einer Computerdatei gespeichert.

Von einem Auswerte-PC können diese Dateien über eine Netzwerkverbindung (Ethernet) von der Digitalkamera abgerufen, angezeigt und ausgewertet werden. Hierbei ist die Authentizität der Dateien gewährleistet.

Im Einzelnen wird die Messung folgendermaßen vorgenommen:

Als Messfühler dienen drei piezoelektrische Drucksensoren, die hintereinander in Abständen von 1 m im Fahrbahnbelag eingelassen sind und somit 3 Messstrecken s12, s23 und s13 bilden.

Der intelligente Piezo-Vorverstärker (IPV) dem die Sensorsignale zugeführt werden, führt 3 voneinander unabhängige Zeitmessungen für die Messstrecken durch. Mit der Überfahrt der Vorderachse eines Fahrzeuges über den Startsensor der jeweiligen Messstrecke wird die Zeitmessung gestartet, die Überfahrt über den jeweiligen Stoppsensor beendet sie.

Beim IPV werden die analogen Drucksignale der 3 Piezokabel zunächst digitalisiert, um aus dem Verlauf insbesondere auch jeweils den Zeitpunkt der maximalen Steigung zu ermitteln. Diese Zeitpunkte werden zum Starten bzw. Stoppen der 3 Zeiten t12, t23 und t13 verwendet. Aus diesen Zeiten und den als Konfigurationsparameter am IPV festgelegten Abständen der Piezokabel s12, s23 und s13 werden im IPV drei Geschwindigkeitsmesswerte v12, v23 und v13 berechnet.

Der IPV führt selbständig verschiedene Plausibilitätskontrollen durch, die ggf. zu einer Annullation der Messung führen. Über eine Schnittstelle werden die drei Geschwindigkeitsmesswerte sowie der Fahrspurcode, der Fahrzeugtypcode, die Zeit t13 und eine CRC16-Checksumme, die über diese Daten gebildet wurde, an die SmartCamera weitergegeben.

Die Fahrzeuge werden anhand der Impulsform des Mess-Signals bei der Überfahrt automatisch klassifiziert (Fahrzeugtypen: PKW oder LKW). Dies ermöglicht es, für diese Fahrzeugtypen automatisch zwei unterschiedliche Geschwindigkeitsgrenzwerte zur Auslösung eines Fotos zur Dokumentation einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu verwenden. Die Richtigkeit der Klassifizierung ist nicht Gegenstand der Zulassung. Der Anwender muss sich jeweils anhand der Abbildung des Fahrzeuges von der Richtigkeit der Klassifizierung überzeugen.

Die digitale Fotoregistriereinrichtung SmartCamera dient zur Dokumentation einer Verkehrssituation durch ein Digitalfoto. Darüber hinaus werden die vom IPV empfangenen Daten weiterverarbeitet, gespeichert und können von einem Auswerte-PC über FTP über eine Netzwerkverbindung (Ethernet) abgerufen werden.

Nach dem Empfang eines Datenstrings vom IPV wird anhand eines Checksummenvergleichs (CRC 16) die Integrität des Strings überprüft. Bei positivem Ergebnis wird dem String ein Zeitstempel hinzugefügt. Der auf einen ganzzahligen Wert abgerundete Geschwindigkeitsmesswert v13 wird mit dem vom Fahrzeugtyp (PKW oder LKW) abhängigen Fotogrenzwert verglichen. Bei Überschreitung des Grenzwertes wird ein Digitalfoto der Messsituation mit dem betreffenden Fahrzeug (eventuell mit Ausleuchtung durch einen Infrarotblitz) ausgelöst. Dieses Foto hat eine hohe Helligkeitsdynamik (12 Bit), die bei Darstellung auf einem Monitor nicht vollständig genutzt werden kann. Das Foto wird daher in ein helles Bild (zur Fahreridentifikation) und ein dunkles (zur Kennzeichenerkennung) aufgespalten.

Die Bilddaten des CCD-Chips der Digitalkamera werden mittels eines Frame-Grabbers in den internen Speicherbereich der SmartCamera eingelesen. Dann werden die Messdaten als Pixelgrafiken in jeweils ein schwarz hinterlegtes Grafikfeld des digitalen Fotos eingefügt. Die Messwerte (im ASCII-Format), die Bilddaten, die MAC-ID der Ethernet-Schnittstelle und die Seriennummer der SmartCamera werden in einer gemeinsamen Datei abgelegt. Die MAC-ID und die Seriennummer dienen der Identifizierung der Anlage.

Diese Datei wird anschließend digital signiert. Dabei wird als Hash-Algorithmus MD5 verwendet. Der so berechnete Hash-Wert wird mit einem RSA-Algorithmus mit geheimem Schlüssel (im System gespeichert, 1024 Bit) verschlüsselt. An die Datei werden nun diese Signatur und der Name des öffentlichen Schlüssels angehängt. Den öffentlichen Schlüssel stellt die SmartCamera bei Bedarf zur Verfügung (Abruf über den Namen des Schlüssels). Optional kann diese gesamte Datei verschlüsselt werden, was nicht Bestandteil der Zulassung ist.

Schließlich wird die Datei in einem firmenspezifischen Format (SBF) in einem von außen über ein Netzwerk zugängliches Verzeichnis gespeichert.

Der Auswerte-PC, der aus einem PC mit Netzwerkanbindung und einer durch die PTB zugelassenen Auswertesoftware besteht, dient der Visualisierung (Sichtbarmachung) des Beweisfotos mit den eingeblendeten Daten. Im eichrechtlichen Sinne handelt es sich hierbei um die eichpflichtige Anzeigeeinheit Zusätzlich werden die Daten in dem firmenspezifischen Format (SBF) archiviert, da nur sie (im Zusammenhang mit dem öffentlichen Schlüssel) als unveränderbare Beweismittel gelten. Das Beweisfoto kann dann auch ausgedruckt oder/und als JPEG-Datei auf einem Speichermedium gespeichert werden, um es dann weiter zu verarbeiten.

Der PC, der mit einer Netzwerkanbindung mit der SmartCamera verbunden ist, ruft die in der SmartCamera gespeicherten Dateien der dokumentierten Geschwindigkeitsverstöße (u.U. automatisiert) ab und legt sie zur weiteren Bearbeitung in einem lokalen Speicher ab.

Falls die abgerufene Datei von der SmartCamera verschlüsselt wurde (optional; nicht Bestandteil der Zulassung) muss diese zunächst mit einem entsprechenden Algorithmus entschlüsselt werden. Anschließend muss zur Prüfung der Integrität die Signatur überprüft werden. Hierzu wird folgendermaßen vorgegangen:

- Extrahieren der Signatur und des Namens des öffentlichen Schlüssels aus der Datei
- Beschaffung des öffentlichen Schlüssels (über eine Datei im Auswerte-PC oder ggf. durch Abruf von der SmartCamera)
- Entschlüsselung der Signatur (mit RSA-Algorithmus) mit dem öffentlichen Schlüssel und damit Rekonstruktion des in der Kamera berechneten Hash-Wertes
- Berechnung des Hash-Wertes über die empfangene Datei (Bilddaten, Messwerte und Zusatzinformationen) mit dem auch in der Kamera verwendeten Hash-Algorithmus
- Vergleich des so berechneten Hash-Wertes mit dem aus der Signatur rekonstruierten Hash-Wert (bei Nichtübereinstimmung wird die Auswertung abgebrochen)

Ergab die Überprüfung der Hash-Werte eine Übereinstimmung, so liefert das Programm eine Anzeige der beiden zusammengehörigen Teilfotos mit dem schwarz hinterlegten Datenfeld und zusätzlich der Messwerte in einem separaten Textfeld. Außerdem wird als Symbol für die erfolgreiche Prüfung in der oberen linken Ecke ein Schloss eingeblendet.

Die Authentifizierung der Daten kann der Bediener anhand des Kameracode (MAC-ID der Ethernet-Schnittstellenkarten) im übertragenen Datenstring durchführen.

Für die Verwertbarkeit der Messung trotz nicht gespeicherter/vorhandener Rohmessdaten spricht auch, dass nach Stellungnahmen der PTB (zusammengefasst in der Fassung vom 04.11.2021, https://doi.org/10.7795/520/20211104) eine Messung an Hand von Rohmessdaten nicht aussagekräftig überprüft bzw. plausibilisiert werden kann.

Hierzu ein Auszug aus der Fassung vom 03.04.2019 (https://doi.org/10.7795/520.20190217:

In Deutschland ist die Infrastruktur des gesetzlichen Messwesens bundeseinheitlich strukturiert, insbesondere über das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Mess- und Eichgesetz (MessEG) sowie die zugehörige Verordnung (MessEV). MessEG und MessEV regeln einheitlich für ca. 150 Messgerätearten das Verfahren der Konformitätsprüfung, die Pflichten der Hersteller, der Verwender und der metrologischen Überwachungsbehörden. Sie sind zugleich Umsetzung europäischen Rechts. Das Eichrecht hat sich aus einer jahrhundertealten Tradition stetig weiterentwickelt und ist insbesondere für solche Messgeräte gemacht, bei denen die Messung nicht wiederholbar ist. Alle Beteiligten sollen auf die Richtigkeit der Messwerte vertrauen können, damit Handel und bürgerliche Pflichtenmahnung in einfacher Weise abgewickelt werden können. Ein anschauliches Beispiel ist der Haushaltsgaszähler: Die Menge Gas, die beim Durchströmen gemessen wurde, ist verbrannt und kann nicht durch Wiederholung der Messung nachgeprüft werden. Gleiches gilt z. B. für Elektrozähler oder Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte. Zum Umgang mit derartigen Problematiken gibt es das Mess- und Eichrecht, dessen staatlich geordnete und überwachte Infrastruktur sicherstellt, dass geeichte Messwerte verlässlich sind und daher das Vertrauen in sie gerechtfertigt ist. Ziel des Mess- und Eichrechts ist also die Gewährleistung von Messrichtigkeit und Messbeständigkeit, d. h. die Einhaltung der gesetzlichen Fehlergrenzen innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Eichung.

Weder das Mess- und Eichgesetz noch die Mess- und Eichverordnung fordern, dass ein geeichter Messwert unabhängig überprüfbar sein muss. Das kann nicht verwundern, denn insbesondere für Messungen, bei denen eine Wiederholung der Einzelmessung nicht sinnvoll möglich ist, ist das Eichrecht mit seinen mehrstufigen Prüfungs- und Überwachungsmechanismen des Messgerätes gemacht. Kurz gesagt: Statt auf den Einzelmesswert wird die Überprüfbarkeit auf das Messgerät selbst verlagert, zusammen mit verschiedenen anderen Schutzvorschriften z. B. in Form von Verkehrsfehlergrenzen und Eichfristen. Hält das Messgerät bei der Überprüfung nach § 39 MessEG unter Berücksichtigung der Verwendungssituation alle Anforderungen bezüglich Messrichtigkeit und Messbeständigkeit ein, dann hat das Messgerät auch bei der gegenständlichen Messung korrekt gearbeitet, da die Verwendungssituation in beiden Fällen gleich war. Durch diesen Rückschluss wird die Problematik aufgelöst, dass der gegenständliche Messvorgang nicht wiederholbar ist.

Weiter erhellend auch ein Beitrag von Privat-Dozent Dr. Robert Wynands „Vom Nutzen der Schätzung, oder was bringt uns eine nachträgliche Plausibilisierung“ (PTB-Mitteilungen 129 – 2019 -, Heft 2, Seite 91 ff):

Wenn ein nachträglicher Schätzwert mit nur zwei Messpunkten messtechnisch sinnlos ist, sollte man dann nicht fordern, dass alle Messdaten in die Falldatei geschrieben werden, damit Gutachter noch einmal nachrechnen können? Nein, denn das bringt in der Sache nichts. Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass die Abspeicherung von Daten erst ab dem Schritt in der umfangreichen Signalverarbeitungskette möglich ist, wo die analoge Datenverarbeitung abgeschlossen und deren Ergebnis digitalisiert worden ist. Im Allgemeinen sind bis dahin jedoch schon verschiedene geräteinterne Verarbeitungsschritte und Kontrollmaßnahmen anhand der analogen Signale erfolgt, die man durch Betrachten der späteren digitalen Signale so gar nicht „plausibilisieren“ kann. Wenn überhaupt, kann es also nur um die nachträgliche Plausibilisierung der digitalen Verarbeitungsschritte gehen…

Dann könnte man tatsächlich alle Messdaten nutzen und sie in den bekannten Algorithmus des Messgerätes einspeisen. Die „fest verdrahtete“ Messgerätesoftware liegt jedoch im geeichten Messgerät in unveränderlicher Form vor, nämlich Bit-zu-Bit-identisch mit der geprüften Softwareversion. Es steht in diesem Sinne also ab dem Digitalisierungsschritt fest, was herauskommen wird, denn die nachträgliche „Plausibilisierung“ wird den geeichten Messwert reproduzieren. Die Situation ist in gewisser Weise analog zu einem Taschenrechner, bei dem man behaupten würde, man müsse immer und immer wieder sachverständig überprüfen, ob die Eingabe von 2 + 2 wirklich noch 4 ergibt.

Denn genau wie bei Gaszählern, Zapfpistolen und vielen anderen der ca. 150 Messgerätearten des Mess- und Eichrechts ist eine messtechnisch sinnvolle nachträgliche Überprüfung des Messwertes nicht möglich. Daher wird mit den bewährten Mechanismen des Eichrechts, insbesondere der mehrstufigen Prüfung der Messrichtigkeit und Messbeständigkeit des Messgerätes, gewährleistet, dass alle Nutzer bzw. Betroffenen des Messergebnisses Vertrauen in den geeichten Messwert haben können.

Zur Frage der Realisierbarkeit, Geräte, die keine Rohmessdaten speichern, umzurüsten sowie des Nutzens der Auswertung solcher Daten durch externe Sachverständige hat sich die PTB in der Auskunft vom 21.08.2019 auf gerichtliche Anfrage hin wie folgt geäußert:

Das Abspeichern der Zwischenwerte bedeutet eine zusätzliche Arbeitslast für die Prozessoren, die Datenspeicher und Datenbussysteme der Geräte. Für eine derartige Konstellation sind die Messgeräte im Allgemeinen weder ausgelegt noch getestet worden. Die überwiegende Mehrzahl der Geräte müsste daher um- oder neukonstruiert werden, um die Forderung zu erfüllen. Das würde Monate bis Jahre dauern, zzgl. der sich anschließenden Konformitätsbewertungen durch die Stellen bei PTB und Eichbehörden, die pro Gerät weitere Monate bis Jahre dauern können. Es würde daher zu einer längeren Phase kommen, in der die alten Geräte nicht mehr eingesetzt werden dürften, die neuen aber noch nicht bereitstünden, wo also keine wirksame Geschwindigkeitsüberwachung stattfinden dürfte.

Um die Rohmessdaten der neu konstruierten Geräte dann auswerten zu können, muss sich jemand Kompetentes finden, der willens und in der Lage ist, die komplette Softwareentwicklung durch das Team beim Hersteller unabhängig zu wiederholen. Datenanalyse, interne Plausibilisierung und Annullationskriterien müssen entwickelt und getestet werden, im Labor, im Straßenverkehr und in speziellen Szenarien auf abgesperrten Verkehrsflächen. All dies natürlich an einer metrologisch rückgeführten Referenzanlage mit genügend kleiner Messunsicherheit – ein anderes geeichtes Gerät reicht als Referenz nicht aus. Das muss mindestens mit der gleichen Kompetenz und Sorgfalt wie beim Hersteller geschehen. Selbst wenn auch dieses geschafft wäre, bliebe noch ein wesentlicher Unterschied in den Qualitätssicherungsmaßnahmen übrig, weil die Prüfung des Algorithmus durch eine unabhängige kompetente Instanz fehlt. Bei dem geeichten Gerät war das die Zulassung bzw. Konformitätsbewertung durch die PTB, bei dem selbstentwickelten Privatalgorithmus fehlt dieser Schritt. Wenn man also dem geeichten Messwert nicht traut, wie kann man dann dem privaten Algorithmus trauen?

Nach diesen einleuchtenden Erläuterungen der PTB ist also nicht davon auszugehen, dass mit der Löschung/Nichtspeicherung von Rohmessdaten eine nachträgliche Überprüfung der Messung verhindert werden soll, wie es einige sog. Sachverständigenbüros suggerieren wollen. Vielmehr soll damit verhindert werden, dass an Hand von Hilfsgrößen, mit denen eine Messung nicht reproduziert und damit nicht überprüft werden kann, der geeichte Messwert – gesetzliche Grundlage des Messwesens - von außergerichtlich beauftragten Sachverständigen in Frage gestellt wird.

Die Einschätzung des erkennenden Gerichts zur Verwertbarkeit von Messungen/Messergebnissen stützt sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (19.08.1993, 4 StR 627/92 und 30.10.1997, 4 StR 24/97), mit welcher das Institut des standardisierten Messverfahrens geschaffen wurde. Den Entscheidungen lagen Geschwindigkeitsmessungen mit dem Lasermessgerät L TI 20/20 (Vorgängermodell des Messgeräts Riegel FG 21-P) zu Grunde, bei welchen keinerlei Daten oder Fotos gespeichert oder gefertigt werden.

Mittlerweile kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass nahezu alle Oberlandesgerichte in Deutschland diese Auffassung zur Verwertbarkeit von Messungen vertreten.

An der Verwertbarkeit einer Messung trotz nicht vorhandener Rohmessdaten hat auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 – nichts geändert. Danach folgt aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren in der Ausprägung des Gedankens der „Waffengleichheit“, dass einem Betroffenen im Bußgeldverfahren wegen des Vorwurfs einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf sein Verlangen hin durch die Verwaltungsbehörde Informationen/Daten zu einem Messverfahren zugänglich zu machen sind, über die sie selbst verfügt, auch wenn sich diese Daten nicht in der Verfahrensakte befinden. Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen. Der Entscheidung des BVerfG ist hingegen nicht zu entnehmen, dass Messungen und Messergebnisse nicht verwertet werden dürfen, wenn nach dem Messvorgang geräteintern (Roh-) Messdaten nicht abgespeichert werden. Im Gegenteil ist aus dem Postulat der „Waffengleichheit“ zwischen Verfolgungsbehörde und Betroffenem zu folgern, dass ein Betroffener nur die Daten herausverlangen kann, die auch bei der Verfolgungsbehörde vorhanden sind und dieser einen Informationsvorteil verschaffen könnten. Auch ergibt sich aus der Entscheidung unter dem Aspekt, dass eine sachgerechte Eingrenzung des Informationszugangs geboten ist und angeforderte Daten/Informationen eine erkennbare Relevanz für die Verteidigung aufweisen müssen, aus Sicht des erkennenden Gerichts kein Anspruch eines Betroffenen auf Zugang zu den Daten einer gesamten Messreihe (hierzu PTB Fassung vom 30.03.2020, https://doi.org/10.7795/520.20200330).

Hinzu kommt, dass die Verwaltungsbehörde selbst bei Vorhandensein von Rohmessdaten mit diesen nichts anfangen könnte, da es insoweit einer Auswertung durch einen Sachverständigen, der über entsprechende Software und Algorithmen verfügt, bedürfte. Insofern hätte die Behörde keinen Wissensvorsprung unter dem Aspekt der Waffengleichheit.

Wenn man trotz dieser einleuchtenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und höchstrichterlichen Leitlinien fordern sollte, dass Ergebnisse von bewährten Geschwindigkeitsmessgeräten, die über eine Zulassung oder Konformitätsbescheinigung verfügen, geeicht sind und von geschultem Personal bedient oder eingesetzt werden, somit die Voraussetzungen für ein standardisiertes Messverfahren erfüllen, aber keine Rohmessdaten speichern, nicht verwertet werden dürfen, werden Geschwindigkeitsmessungen nicht mehr möglich sein angesichts dessen, dass die meisten Messgeräte keine Rohmessdaten – mehr – speichern (mittlerweile auch das semi-stationäre Gerät poliscan enforcementtrailer der F. Vitronic mit der nunmehr vorgeschriebenen Software 4.4.9). Dies hätte eine signifikante Beeinträchtigung der Sicherheit im Straßenverkehr zur Folge, da insbesondere gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen für die Fahrer keine Konsequenzen mehr hätten, es auch keine abschreckende Wirkung mehr gäbe, wenn Geschwindigkeitsmessungen nicht mehr stattfänden oder nicht verwertbar wären. In Anbetracht des realen Verkehrsaufkommens und der Verkehrsdichte könnte der Staat das Grundrecht der Bürger und damit aller Verkehrsteilnehmer auf körperliche Unversehrtheit nicht mehr in ausreichendem und möglichem Ausmaß gewährleisten.

Ausgehend von einer solchen Messung im standardisierten Messverfahren bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme zur Überprüfung der Messung. Konkrete Messfehler oder Unregelmäßigkeiten waren nicht ersichtlich, wurden auch seitens d. Betroffenen nicht vorgebracht.

Wenn behauptete Fehlerquellen nicht in dem konkret durchgeführten Messvorgang, sondern – wie hier – allgemein oder strukturell in der Messtechnik, der Mess- oder Auswertesoftware angelegt sein sollen, müssen Zweifel an der Messrichtigkeit erst dann aufkommen, wenn sich Umstände ergeben, die es im konkreten Einzelfall als plausibel erscheinen lassen, dass die Messung trotz Zulassung des Messgeräts durch die PTB fehlerhaft sein könnte (Saarländisches OLG, 21.04.2017, Ss RS 13/2017 26/17 OWi).

Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt – ebenso wie die Berücksichtigung eines Toleranzabzugs für etwaige systemimmanente Messfehler – gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalls freizustellen. Dies ist insbesondere im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung unbedenklich angesichts der Tatsache, dass nach erfolgter Zulassung eines Messverfahrens jedes zum Einsatz kommende Einzelgerät noch zusätzlich dem Erfordernis der regelmäßigen Eichung – mithin einer turnusmäßigen Kontrolle der Gerätefunktionen und ihrer Konformität mit dem bei der PTB hinterlegten Baumuster durch eine unabhängige Behörde unterliegt. Bedenkt man, dass schon in Strafsachen regelmäßig die Ergebnisse allgemein anerkannter kriminaltechnischer oder rechtsmedizinischer Untersuchungsverfahren verwertet werden, ohne dass die genaue Funktionsweise der verwendeten Messgeräte bekannt ist, so besteht kein Anlass für insoweit strengere Anforderungen in Bußgeldsachen, bei denen es lediglich um die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geht und die im Hinblick auf ihre vorrangige Bedeutung für Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet sind (vergl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2014, IV-1 RBs 50/14).

Im Bereich der Messstelle galt die örtlich zulässige Höchst- Geschwindigkeit von 50 km/h. Dies war dem in der Hauptverhandlung vorgelegten Messprotokoll zu entnehmen.

Die Messung ergab, dass d. Betroffene die Messstelle um 10.52 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 81 km/h (nach vorgeschriebenem Toleranzabzug von 3 km/h) passierte. Dies war den vorgelegten Dateneinblendungen in den Lichtbildern, auf die gemäß §§ 46 OWiG, 267 Abs.1 Satz 3 StPO Bezug genommen wird, zu entnehmen. Mithin überschritt der Betroffene die – innerorts - zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h. Hierbei ging das Gericht lediglich von fahrlässiger Begehensweise aus trotz erkennbar zusammenhängender innerörtlicher Bebauung.

Dem Betroffenen war eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach den §§ 3 Abs. 3, 49 Abs.1 Nr.3 StVO, 24 StVG vorzuwerfen.

Der Verstoß war mit einer Geldbuße i.H.v. 160,- Euro zu ahnden.

Es gab keine Anhaltspunkte, um von der Regelsanktion nach BußgeldkatalogVO abzuweichen.

Ferner war ein Fahrverbot von 1 Monat anzuordnen. Es war kein tragfähiger Grund ersichtlich, von diesem Regelfahrverbot nach § 25 StVG abzusehen, seitens d. Betroffenen auch nicht vorgetragen. Die Unannehmlichkeiten und Widrigkeiten, die mit einem Fahrverbot einhergehen und als Denkzettel gewollt sind, die aber nicht die Grenze der unzumutbaren Belastung übersteigen, sind von d. Betroffenen hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 OWiG, 465 StPO.


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