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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Strafvollstreckungsverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Brandenburg, Beschl. 17.11.2021 – 1 Ws 123/21 (S)

Eigener Leitsatz: Für die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist im Strafvollstreckungsverfahren maßgeblich, ob die vollstreckungsrechtliche Lage schwierig ist. Das ist dann der Fall, wenn in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Fragen aufgeworfen werden, die Aktenkenntnis erfordern und über die regelmäßig auftretenden Probleme hinausgehen. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit erneut erheblich und einschlägig straffällig geworden und deswegen rechtskräftig verurteilt worden ist.


In pp.

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Neuruppin vom 17. August 2021 wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 4. Oktober 2021, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insgesamt Bezug nimmt und die durch das Gegenvorbringen des Rechtsmittelführers vom 15. Oktober 2021 nicht entkräftet werden, als unbegründet verworfen.

Der Antrag des Verurteilten, ihm Rechtsanwalt pp aus pp. für das Vollstreckungsverfahren zum Pflichtverteidiger zu bestellen, wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO).

Gründe

Auch der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers hat keinen Erfolg.

Im Vollstreckungsverfahren ist in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO dem Verurteilten nur dann ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder sonst ersichtlich ist, dass sich der Betroffene nicht selbst verteidigen kann (vgl. BVerfG 70, 297, 323; BVerfG NJW 2002, 2773; OLG Schleswig NStZ-RR 2008, 253; OLG Köln NStZ-RR 2010, 326; OLG Stuttgart StV 1993, 378; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 64. Aufl., § 140 Rdnr. 33 m.w.N.) oder wenn die Entscheidung von besonders hohem Gewicht ist (vgl. BVerfG NJW 1992, 2947, 2954 für die Aussetzung einer lebenslangen Strafe).

Im Vollstreckungsverfahren besteht in weitaus geringerem Maße als in dem kontradiktorisch ausgestalteten Erkenntnisverfahren ein Bedürfnis für die Mitwirkung eines Verteidigers auf Seiten des Verurteilten (vgl. BVerfG NJW 2002, 2773, 2774). Daher sind im Vollstreckungsverfahren die drei abschließend genannten Merkmale des § 140 Abs. 2 StPO einschränkend zu beurteilen (vgl. Senat, vom 2. Oktober 2019 - 1 Ws 130/19 - und 27. Mai 2015 - 1 Ws 65/15 -; KG StV 2007, 94; KG NStZ-RR 2006, 211; KG StraFo 2002, 244). Die Schwierigkeit beurteilt sich nicht nach den Verhältnissen im Erkenntnisverfahren, denn der Beschwerdeführer muss sich nicht gegen einen Tatvorwurf verteidigen. Das Vollstreckungs- und das Beschwerdegericht sind an die rechtskräftigen Feststellungen des Tatrichters gebunden. Auch die Rechtsprechung über die Notwendigkeit der Verteidigung wegen der Schwere der Tat lässt sich nicht auf das Vollstreckungsverfahren übertragen. Die Höhe der Strafe steht – anders als im Erkenntnisverfahren – fest. Die im vorliegenden Fall noch nicht verbüßte Reststrafe ist auch nicht so hoch, dass nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 1992 (BVerfG NJW 1992, 2947, 2954) die Mitwirkung eines Verteidigers geboten wäre.

Maßgeblich ist hier vielmehr, ob die vollstreckungsrechtliche Lage schwierig ist. Das ist dann der Fall, wenn das Beschwerdeverfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Fragen aufwirft, die Aktenkenntnis erfordern und über die regelmäßig auftretenden Probleme hinausgehen (vgl. KG NStZ-RR 2006, 211). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn es ist unstreitig, dass der Beschwerdeführer in der Bewährungszeit erneut erheblich und einschlägig straffällig geworden und deswegen rechtskräftig verurteilt worden ist.


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