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Entscheidungen

Zivilrecht

Obliegenheitsverletzung, Aufbewahrung des Fahrzeugschlüssels, Nachweis eines Diebstahls

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Dresden, Beschl. v. 05.07.2021 – 4 U 428/21

Leitsatz: 1. Die für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls erforderlichen Mindesttatsachen können nur dann durch informatorische Anhörung des Versicherungsnehmers bewiesen werden, wenn Zeugen hierfür nicht zur Verfügung stehen.
2. Die Berufung auf eine Obliegenheitsverletzung seitens des Versicherers erfordert in der Regel die Vorlage der Versicherungsbedingungen, die eine solche Obliegenheit enthalten.
3. Werden Fahrzeugschlüssel nicht so aufbewahrt, dass sie vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt sind, kann hierin ein grob fahrlässiges Verhalten liegen.


In pp.

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.07.2021 wird aufgehoben.
4. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf 45.434,50 € festzusetzen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Wiederbeschaffungswert ihrer Fahrzeuge aus ihrer Teilkaskoversicherung.

Die Klägerin betreibt eine Spedition und hat für den Lkw pp. (Zugmaschine) mit dem amtlichen Kennzeichen pp. sowie den Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen pp. jeweils eine Teilkaskoversicherung unter Vereinbarung eines Selbstbehaltes von 150,00 € abgeschlossen. Sie meldete am 29.01.2018 den Diebstahl der Zugmaschine und des Anhängers am 26.01.2018 um 23:10 Uhr. Die Beklagte hat am 14.12.2018 5.640,50 € und am 18.12.2018 28.175,00 € bezahlt.

Die Klägerin hat behauptet, ihre Fahrer hätten den Lkw nebst Anhänger gegen 18:00 Uhr des 26.01.2018 auf dem Betriebshof der Klägerin abgestellt. Die Fahrer hätten die Anweisung, den Fahrzeugschlüssel in Briefkästen - die den jeweiligen Fahrzeugen zugeordnet seien - im Eingangsbereich der Fahreranmeldung nach der Fahrt einzuwerfen. Für den Fall eines Fahrerwechsels sollten die Fahrzeugschlüssel auf den Haken, der auf dem Briefkasten angebracht sei, eingehängt werden. Die Briefkästen seien nur über eine Glastür zu erreichen, die durch einen Code geöffnet werden könne. Der Zeuge S. habe auf Anweisung des Geschäftsführers F. K. das Gespann mit zwei Containern in der Zeit von 20:50 Uhr bis 21:10 Uhr neu beladen und wieder abgestellt. Er habe sich hierbei den Schlüssel in der firmeneigenen Werkstatt - die auch freitags bis 22:00 Uhr besetzt sei - geholt und ihn auch dort wieder abgegeben. Am 27.01.2018 habe sich Herr J. K. gegen 7:00 Uhr auf das Betriebsgelände begeben und den Lastzug nicht mehr auf dem Betriebshof aufgefunden. Anhand der Telematikaufzeichnung sei festgestellt worden, dass der Lastzug um 23:17 Uhr vom Betriebshof entfernt worden sei. Zuletzt sei ein GPS-Signal gegen 6:06 Uhr des 27.01.2018 gesendet worden, zu diesem Zeitpunkt habe sich der Lastzug bereits 486 km weit bewegt. Der Wiederbeschaffungswert der Zugmaschine, des Anhängers sowie der zwei Wechselkoffer betrage 84.150,00 €.

Die Beklagte bestreitet die behauptete Entwendung. Es sei nicht einleuchtend, dass der Zeuge S. das Fahrzeug beladen haben will, zumal in der Schadensanzeige angegeben worden sei, dass der Geschäftsführer der Klägerin das Fahrzeug in eine Fremdwerkstatt habe fahren wollen. Die Klägerin habe es unterlassen, ausreichende Sicherheitsvorkehrungen vorzusehen und einzusetzen. Die Glastür sei für jedermann einsehbar. Zudem hätten alle Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter die Kombination des Zahlencodes der Glastür gekannt. Des Weiteren sei das Rolltor des Betriebsgeländes noch um 23:10 Uhr noch offen gestanden. Die Höhe des Wiederbeschaffungswertes werde bestritten.

Das Landgericht hat den Geschäftsführer F.K. sowie den Zeugen S. angehört und ein Sachverständigengutachten zum Wiederbeschaffungswert eingeholt. Es hat mit Urteil vom 08.02.2021 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - der Klage in Höhe von 45.434,50 € stattgegeben und im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt zur Begründung vor, die Angaben der Geschäftsführer der Klägerin seien nicht konsistent. In der Schadensanzeige sei davon die Rede gewesen, dass das Gespann durch den Geschäftsführer der Klägerin in die Werkstatt nach Bodenbach habe verbracht werden sollen. Im Verfahren werde behauptet, dass es für die nächste Fracht beladen worden sei. Weshalb überhaupt ein Aufenthalt in einer Fremdwerkstatt erforderlich gewesen sein soll, wenn die Klägerin über eine eigene Werkstatt verfüge, sei nicht nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar sei auch die Behauptung, dass die jeweiligen Fahrzeugschlüssel zwar grundsätzlich in den Briefkasten geworfen werden sollten, bei einem Tausch der Fahrzeuge hiervon jedoch abgewichen werden soll. Hier habe man sich zwischen 16:00 und 18:00 Uhr des Tages der Entwendung zu einem Fahrzeugtausch entschlossen. Es sei aber nicht klar, weshalb dann der Schlüssel nicht in den Briefkasten des Fahrers geworfen worden sei, der als nächstes hätte fahren sollen. Weshalb die Beladung des Fahrzeuges mit dem Zweitschlüssel aus der Werkstatt erfolgt sein soll, sei ebenfalls unklar, denn es hätte auch der Originalschlüssel aus der Disposition verwendet werden können. Unklar sei auch, weshalb der Geschäftsführer den Schlüssel nicht gesucht habe, nachdem er auf das Fehlen durch den Zeugen S. aufmerksam gemacht worden sei. Darüber hinaus habe die Klägerin ihre Obliegenheiten durch die Art der Aufbewahrung der Fahrzeugschlüssel verletzt. Die Fahrzeugschlüssel hätten nach Rückkehr auch auf den Haken eines Briefkastens gehängt werden können, was für jedermann sichtbar gewesen sei. Die Fahrzeugschlüssel seien offen präsentiert worden, und die Glastür sei nur mit einem Zahlenschloss gesichert gewesen, dessen Kombination jeder gekannt habe, der für die Klägerin arbeite oder gearbeitet habe. Die Klägerin habe es unterlassen, die Zahlenkombination turnusgemäß zu ändern. Dies sei im Hinblick auf die Fluktuation der Mitarbeiter notwendig gewesen. Die Klägerin habe auch andere Sicherheitsvorkehrungen unterlassen, indem sie das Rolltor freitags erst um 24:00 Uhr schließe. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den Einwendungen gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruches und zu den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen befasst.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.

II.

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht der Klage im tenorierten Umfang stattgegeben. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des Wiederbeschaffungswertes aus dem zwischen den Parteien bestehenden Teilkaskoversicherungsvertrag (Ziff. A 2.2.2) zu.

1. Der Klägerin ist der Beweis für die Entwendung der Fahrzeuge gelungen.

Beim Fahrzeugdiebstahl kommen der Klägerin Beweiserleichterungen zugute. Sie muss den Beweis für das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung erbringen. Der Beweis für das äußere Bild ist erbracht, wenn ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen, bewiesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.01.2002 - IV ZR 263/00 - juris; vgl. Senat, Urteil vom 04.09.2018 - 4 U 427/18 - juris). Dieses Mindestmaß wird in der Regel erfüllt, wenn bewiesen wird, dass das Fahrzeug vom Versicherungsnehmer an einen bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit abgestellt, dort aber nicht wieder aufgefunden worden ist (vgl. BGH a.a.O.; Senat a.a.O.).

Das Landgericht hat angenommen, dass der Klägerin der Beweis für das Abstellen nach dem Ergebnis der Einvernahme des Zeugen S. und der Anhörung des Geschäftsführers J. K. gelungen ist. Der Zeuge S. - von Beruf Kraftfahrer - hat vor dem Landgericht angegeben, dass er den Schlüssel am Haken auf dem Briefkasten nicht vorgefunden habe und sich den Zweitschlüssel aus der Werkstatt geholt habe. Er habe dann das Fahrzeug umgeladen und verschlossen wieder abgestellt und anschließend den Zweitschlüssel in der Werkstatt abgegeben. Der Geschäftsführer J. K. erklärte bei seiner Anhörung, dass er dem Zeugen S. nach der Rückkehr des Lkw's und des Hängers den Auftrag gegeben habe, die Container zu tauschen. Der Zeuge S. habe dann zwei Wechselbrücken vom Lkw und Anhänger entfernt, abgestellt und zwei neue Container, die mit Haushaltsgeräten beladen gewesen seien, aufgeladen. Der Zeuge S. habe den Lkw mit den Hängern auf die gleiche Position zurückgefahren, wo er vorher schon abgestellt worden sei. Das Landgericht hat den Zeugen S. für glaubwürdig gehalten und seine Aussage für glaubhaft. Sie stimmt mit den Angaben des Geschäftsführers J. K. im Wesentlichen überein. Dies ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Ohne Erfolg bemängelt die Beklagte die vermeintliche Inkonsistenz der Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht und im Rahmen der Schadensanzeige, insofern als in der Schadensanzeige (Anlage K 3) angegeben wurde, dass der Geschäftsführer J. K. am 27.01.2018 den Lastzug zu Wartungsarbeiten in eine Werkstatt nach Bodenbach habe bringen wollen, in Abweichung hiervon aber nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung die Fahrzeuge mit neuen Containern - mit Haushaltsgeräten - für die nächste Fahrt beladen worden seien. Ob hierdurch die Redlichkeitsvoraussetzung der Geschäftsführer der Klägerin erschüttert ist, kann dahinstehen, denn die Klägerin konnte den Beweis bereits durch die Angaben des Zeugen S. führen. Nur wenn die Klägerin den Beweis nicht mit unmittelbaren Zeugen führen kann, so kann die Beweisführung auch durch die informatorische Anhörung des Versicherungsnehmers geführt werden (vgl. Senat, Urteil vom 12.02.2014 - 7 U 871/13 - juris; vgl. BGH, Urteil vom 30.01.2002 - IV ZR 263/00). Voraussetzung hierfür ist dann seine Glaubwürdigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.1997 - IV ZR 320/95 - juris). Hier hat der Zeuge S. bereits das Abstellen der Fahrzeuge bestätigt. Bedenken an seiner Glaubwürdigkeit sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht geäußert. Die Fahrzeuge wurden am nächsten Morgen, dem 27.01.2018, vom Geschäftsführer der Klägerin J. K. nicht wieder aufgefunden. Die Entwendung wurde bei der Polizei gemeldet. Dies hat die Beklagte weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren in Abrede gestellt.

2. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Obliegenheiten berufen. Sie hat schon nicht dargelegt, welche vertraglichen Obliegenheiten bestehen und inwieweit die Klägerin dagegen verstoßen haben soll. Nach § 28 Abs. 2 VVG rechtfertigt die Verletzung einer Obliegenheit, die Leistungsfreiheit oder die Kürzung der Versicherungsleistung nur dann, wenn die Obliegenheit vertraglich begründet ist. Obliegenheiten müssen klar vereinbart sein (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin in Kommentar zum VVG, 31. Aufl., § 28 Rn. 3). Die Beklagte hat weder ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgelegt noch substantiiert dargelegt, welche Obliegenheiten der Klägerin auferlegt worden sind.

3. Eine Leistungskürzung wegen des grob fahrlässigen Herbeiführens eines Versicherungsfalles gemäß § 81 Abs. 2 VVG ist nicht gerechtfertigt. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grad außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste (vgl. Senat, Urteil vom 04.09.2018 - 4 U 427/18 - juris). Als grob fahrlässig ist ein den Eintritt des Versicherungsfalles förderndes Verhalten dann zu werten, wenn sich schon bei einfachen und naheliegenden Überlegungen die erhöhte Schadenswahrscheinlichkeit und die Notwendigkeit, ein anderes als das geübte Verhalten in Betracht zu ziehen, aufdrängt (so Senat a.a.O.). Zu den von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zu erwartenden Sicherungsvorkehrungen gegen einen Diebstahl eines Fahrzeuges gehört es, die Fahrzeugschlüssel so aufzubewahren, dass sie vor dem unbefugten Zugriff beliebiger Dritter geschützt sind (so Senat a.a.O.).

Die Klägerin hat ihre Sorgfaltspflichten nicht verletzt, indem sie die Fahrzeugschlüssel im Bereich der Anmeldung der Fahrer hinter einer Glastür in den Fahrzeugen zugeordneten Briefkasten oder auf Haken auf den Briefkasten verwahrt hat. Die Glastür ermöglicht zwar einen Blick in das Innere, so dass auch für dritte Personen der Ort der Schlüsselverwahrung ohne weiteres erkennbar ist. Allerdings befindet sich die Anmeldung der Fahrer auf dem umfriedeten Betriebsgelände der Klägerin, so dass ein zufälliges Vorbeikommen von Passanten und dritten Personen sehr unwahrscheinlich ist und die Glastür darüber hinaus auch für einen potentiellen Dieb die Gefahr des Entdecktwerdens mit sich bringt. Zudem ist die Glastür nur durch einen Zahlencode, einem Transponder oder mit einem Schlüssel zu öffnen. Damit ist die Glastür hinreichend vor unbefugtem Eindringen Dritter gesichert. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei nicht ersichtlich, dass der Zahlencode regelmäßig geändert wurde, um sicherzustellen, dass ehemalige Mitarbeiter der Klägerin keinen Zutritt erhalten, so kann offenbleiben, wie oft der Zahlencode geändert wurde. Die regelmäßige Änderung des Zahlencodes mag die Sicherheit erhöhen, jedoch wäre das Unterlassen der Klägerin insoweit als allenfalls leicht fahrlässig anzusehen. Ersichtlich erfolgt die Behauptung zudem „ins Blaue hinein“.

Keinen Sorgfaltsverstoß stellt es dar, dass an den Briefkästen, die jeweils einem Fahrzeug zugeordnet waren und für die der jeweilige Fahrer einen Briefkastenschlüssel besaß, noch ein Haken angebracht war, an den der Fahrzeugschlüssel angehängt werden konnte, wenn ein Tausch der Fahrzeuge beabsichtigt war. Für diese Verfahrensweise bestand ein praktisches Bedürfnis, denn hätte der jeweilige Fahrer den Fahrzeugschlüssel stets in den Briefkasten geworfen, so hätte der nächste Fahrer, der nicht über den Briefkastenschlüssel verfügt, keinen Zugriff auf den Fahrzeugschlüssel gehabt.

Die Klägerin hat auch das Offenstehen des Rolltores nachvollziehbar erklärt, denn das Tor ist wochentags von 6:00 bis 22:00 Uhr, an Freitagen jedoch bis 24:00 Uhr geöffnet, um u. a. Kunden zu der auf dem Gelände befindlichen Lkw-Waschstraße den Zugang zu ermöglichen. Darüber hinaus wird den zurückkehrenden Fahrzeugen die Einfahrt ermöglicht. Selbst wenn man die Schließung des Rolltores an Freitagen erst um 24:00 Uhr statt um 22:00 Uhr als sorgfaltswidrig ansehen sollte, handelt es sich hier allenfalls um eine leichte Fahrlässigkeit.

Das Landgericht musste aus der Aussage des Zeugen S., dass er den Originalschlüssel nicht am Haken des Briefkastens vorgefunden und dies dem Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt habe, keinen Sorgfaltsverstoß entnehmen. Denn aus diesem Umstand musste der Geschäftsführer der Klägerin nicht auf die Entwendung des Schlüssels schließen. Der Fahrzeugschlüssel hätte sich auch im Briefkasten befinden können.

4. Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 81 Abs. 1 VVG leistungsfrei. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat, sind nicht ersichtlich.

Der Versicherer kann den Nachweis der Mindesttatsachen (des äußeren Bildes) entkräften, indem er Tatsachen beweist, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit naheliegend erscheinen lassen, dass die Entwendung nur vorgetäuscht ist. Dabei reichen für den „Gegenbeweis“ des Versicherers nicht erst solche Tatsachen aus, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Versicherungsfalles begründen, sondern schon solche, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit hierfür nahelegen (vgl. Senat, Urteil vom 04.09.2018 - 4 U 427/18 - juris). Dass die widersprüchlichen Angaben im Prozess und in der Schadensanzeige zur beabsichtigten Verwendung der Fahrzeuge - Beladen und Bereitstellen für die nächste Fahrt und beabsichtigte Verbringung in eine Werkstatt - hierfür nicht ausreichen, hat das Landgericht ohne Fehler in der Beweiswürdigung angenommen. Ebenso wenig genügen die von der Beklagten beanstandeten unterlassenen Sicherheitsvorkehrungen, wie die behauptete unsichere Verwahrung der Fahrzeugschlüssel und das Offenstehenlassen des Rolltors bis 24:00 Uhr für die Annahme eines vorsätzlich herbeigeführten Versicherungsfalles. Eine erneute oder ergänzende Bezugnahme hält der Senat im Anschluss hieran nicht für geboten (§ 529 Abs. 1 ZPO).

5. Zutreffend hat das Landgericht den Wiederbeschaffungswert der Fahrzeuge auf Grundlage des Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. S. auf 79.550,00 € netto bemessen. Soweit die Beklagte Einwendungen gegen die Feststellungen des Sachverständigen erhoben hat, hat dieser sie in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2021 vor dem Landgericht ausgeräumt. Auf die Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung vom Landgericht am 13.01.2021 wird Bezug genommen. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren nicht dargelegt, welche Fragen für sie offen geblieben sind. Im Hinblick auf die ausführlichen Angaben des Sachverständigen genügt der allgemeine Hinweis auf die erstinstanzlichen Einwendungen nicht.


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