Gericht / Entscheidungsdatum: AG Velbert, Urt. v. 30.07.2021 - 19 C 16/21
Leitsatz: Zur Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren bei zuvor erfolgter wiederholter anwaltlicher Abmahnung von Falschparkern.
19 C 16/21
Amtsgericht Velbert
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit pp.
hat das Amtsgericht Velbert
auf die mündliche Verhandlung vom 30.07.2021
durch die Richterin am Amtsgericht
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten für die Halterauskunft in Höhe von 5,10 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 12 % und der Beklagte zu 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks an der pp.straße in V. In der Nähe befindet sich ein Bäckereigeschäft; insgesamt finden sich wenige Parkmöglichkeiten in der direkten Umgebung. Auf dem Grundstück des Klägers befindet sich zumindest ein Parkplatz, der durch ein Schild als Privatparkplatz gekennzeichnet ist. Da vermehrt Unbefugte ihr Kraftfahrzeug auf dem Privatparkplatz des Klägers abstellten, stellte der Kläger eine Kamera auf, die Aufzeichnungen der Falschparker macht. Darüber hinaus beauftragte er einen Rechtsanwalt damit, Unterlassungserklärungen von den unbefugt Parkenden anzufordern. Dies geschah in zumindest 13 Fällen von 2019 bis 2020.
Am 29.11.2020 um 08:58 Uhr stellte der Beklagte sein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen pp. auf diesem Parkplatz ab. Der Kläger machte eine Halterabfrage, die Kosten in Höhe von 5,10 EUR verursachte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2020 mahnte der Kläger den Beklagten ab, forderte ihn auf eine Unterlassungserklärung abzugeben und die Rechtsanwaltskosten in Höhe von 196,62 EUR zu zahlen. Bei der Berechnung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde ein Streitwert von 1.500,00 EUR zugrunde gelegt. Am 28.12.2020 erklärte der Beklagte per E-Mail, damit nicht einverstanden zu sein.
Der Kläger ist der Ansicht, er dürfte auch weiterhin einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung der Unterlassungserklärungen beauftragen. Die dadurch entstehenden Kosten hätten die jeweiligen Gegner zu tragen. Dies gelte insbesondere in diesem Fall, da der Beklagte nicht einmal auf die anwaltliche Aufforderung reagiert habe, sodass nicht davon auszugehen sei, dass er auf ein privates Aufforderungsschreiben des Klägers selbst reagiert hätte.
Ursprünglich hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dass er es unter Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten es zu unterlassen, den Parkplatz des Klägers pp.straße, V. zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen, es sei denn, dass der Kläger der Benutzung vorher ausdrücklich zu gestimmt hat. Mit Schreiben vom 02.04.2021 hat der Kläger diesen Antrag für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Der Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen und erklärte Kostenübernahme im Umfang der Erledigung.
Nunmehr beantragt der Kläger,
den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts pp. in Höhe von 196,62 EUR sowie den Kosten für die Halterauskunft in Höhe von 5,10 EUR freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe kein Anrecht auf Freistellung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, da er durch die mehrfachen vorangegangenen Störungen wusste, welche Recht ihm zustünden und wie er dagegen vorgehen könne. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich gewesen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet. Nach der teilweisen, übereinstimmenden Erledigungserklärung und der im gleichen Umfang erklärten Kostenübernahmeerklärung war lediglich über die Kostentragungspflicht bezüglich der Halterabfrage und den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu entscheiden.
Der Kläger hat Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die durch die Halterabfrage entstanden sind. Diese sind als Aufwendungen ersatzfähig, da sie der Vorbereitung des Klägers dienen, den Beklagten zur Unterlassung aufzufordern, §§ 683, 677, 670 BGB (BGH, Urteil vom 10.05.2012 I ZR 70/11). Nur durch die Abfrage erhält der Kläger Kenntnis von der Person, die unbefugt auf seinem Privatgrundstück parkt. Insofern ist er auf die Abfrage angewiesen, insbesondere, wenn er den Störer nicht rechtszeitig in persona konfrontieren kann.
Hingegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Nach § 670 BGB sind lediglich die Aufwendungen ersatzfähig, die der Geschäftsführer den Umständen nach für erforderlich halten darf. Hierbei ist sorgfältig nach den Gesamtumständen und im Einzelfall zu prüfen, was er vernünftigerweise aufwenden darf (MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, BGB § 670 Rn. 8). Im hiesigen Fall wusste der Kläger insbesondere aufgrund der zahlreichen vorangegangenen Fälle, welche Rechte ihm bei derartigen Verstößen zustehen und was zu veranlassen ist. Unschädlich ist dabei, dass die vorangegangenen Fälle alle unter anwaltlicher Tätigkeit gelöst wurden. Der Kläger hätte spätestens beim hiesigen Fall die Vorgehensweise erkennen und persönlich durchführen müssen, da er entsprechend über die Vorgehensweise betreffend der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches informiert ist. Dabei bleibt, da hier die Sicht ex ante entscheidend ist, unklar, ob der Beklagte nicht vielmehr auf eine privat an ihn gerichtete Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung reagiert hätte, da dadurch nicht automatisch eine Zahlungsaufforderung einherging. Es ist durchaus denkbar, dass ein juristischer Laie dem Irrtum unterliegt, dass er durch die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung auch zwangsläufig die Übernahme der Rechtsanwaltskosten erklärt, was wiederum zu einem Widerwillen führt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a, 92 Abs. 1 ZPO. Aufgrund der teilweise erklärten Kostenübernahmebereitschaft des Beklagten ist festzustellen, dass der Kläger insgesamt im Umfang von 88% obsiegt und im Umfang von 12 % verliert.
Weiterhin wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO die Berufung zugelassen, da die Rechtsprechung des hiesigen Gerichts vereinheitlicht werden sollte und derartige Fallkonstellationen kein Einzelfall im hiesigen Gerichtsbezirk sind.
Der Streitwert beträgt bis zum 22.03.2021 1.505,10 EUR und ab dann 201,72 EUR.
Einsender: RA M. Schroeder, Velbert
Anmerkung:
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