Gericht / Entscheidungsdatum: LG Regensburg, Beschl. v. 17.08.2021 - 5 Qs 172/21
Leitsatz: Bei der Beurteilung der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen ist zu beachten, dass dabei auch alle sonstigen Rechtsfolgen, die in dem betreffenden Strafverfahren angeordnet werden können, zu berücksichtigen sind. Dazu gehört auch die Einziehung.
Landgericht Regensburg
5 Qs 172/21
In dem Strafverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Geldwäsche
erlässt das Landgericht Regensburg - 5. Strafkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 17. August 2021 folgenden
Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers pp. hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 28.07.2021 aufgehoben.
2. Dem Beschwerdeführer wird RA pp. als Pflichtverteidiger bestellt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe:
Mit Verfügung vom 27.04.2021 erhob die Staatsanwaltschaft Regensburg Anklage gegen den Beschwerdeführer zum Amtsgericht Regensburg - Strafrichter - wegen leichtfertiger Geldwäsche (Blatt 89-93).
Mit Schriftsatz vom 16.06.2021 (Blatt 96-97) beantragte Rechtsanwalt pp.
als Pflichtverteidiger für den Beschwerdeführer bestellt zu werden. Die Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung lägen vor, da wegen der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen, insbesondere der drohenden Einziehung von Wertersatz in Höhe von 22.296,24 , die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Für den derzeit arbeitslosen Beschwerdeführer stelle die drohende Einziehung eine existenzbedrohende Rechtsfolge dar.
Mit Verfügung vom 30.06.2021 (Blatt 99) trat die Staatsanwaltschaft Regensburg einer Pflichtverteidigerbestellung nicht entgegen. Mit Verfügung vorn 13.07.2021 (Blatt 104 ergänzte die Staats-anwaltschaft, die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht zu befürworten, da der im Raum stehende Einziehungsbetrag nicht so hoch sei, dass eine solche angezeigt sei.
Mit Beschluss vom 28.07.2021 (Blatt 102), dem Beschwerdeführer am 04.08.2021 und dem Verteidiger am 06.08.2021 zugestellt, lehnte das Amtsgericht Regensburg den Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers ab. Die Mitwirkung eines Verteidigers sei nicht wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen oder wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geboten. Die drohende Einziehung von 22.296,24 stelle keine Rechtsfolge dar, aufgrund derer die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erforderlich erscheine. Eine Existenzbedrohung sei nicht ersichtlich, ausländerrechtliche Konsequenzen drohten nicht. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass sich der Angeklagte nicht selbst verteidigen könne.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2021 (B12tt 106-107), eingegangen bei Gericht am selben Tag, legte der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 28.07.2021 ein. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 16.06.2021 verwiesen.
Am 09.08.2021 verfügte das Amtsgericht die Vorlage an das Beschwerdegericht. Mit Verfügung vom 11.08.2021 (Blatt 111) beantragte die Staatsanwaltschaft Regensburg, die sofortige Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Beiordnung von RA pp. als Pflichtverteidiger.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 142 Abs. 7 Satz 1. StPO der statthafte Rechtsbehelf gegen den Beschluss vom 28.07.2021. Die Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO wurde eingehalten, die Beschwerde ist auch sonst zulässig.
2. Die Beschwerde ist inhaltlich begründet. Es liegt ein Fall notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO vor.
Die notwendige Bestellung eines Pflichtverteidigers ergibt sich für die Kammer aufgrund der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen. Insoweit ist zu beachten, dass dabei auch alle sonstigen Rechtsfolgen, die in dem betreffenden Strafverfahren angeordnet werden können, zu berücksichtigen sind. Dazu gehört auch die Einziehung (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 140, Rn. 23b). Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass dem Beschwerdeführer neben der drohenden Strafe die Einziehung in Höhe von 22.296,24 und damit eines nicht unerheblichen Betrages droht. Ungeachtet dessen, ob dies - wie vom Verteidiger vorgetragen - für den derzeit arbeitslosen Beschwerdeführer eine existenzbedrohende Rechtsfolge darstellt, handelt es sich insoweit jedenfalls um einen drohenden Nachteil solch schwerwiegender Art, dass aus Sicht der Kammer aufgrund der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolgen die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO analog.
Einsender: RA D. Hölldobler, Regensburg
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