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Entscheidungen

StPO

Hinreichender Tatverdacht, Umstände aus anderen Verfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 03.03.2021 – 12 KLs 504 Js 1658/18

Leitsatz:
Zum Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts, wenn die Staatsanwaltschaft den Anklagevorwurf – teils auch – auf aus anderen Ermittlungsverfahren stammende Zeugenaussagen stützt, die im gegenständlichen Strafverfahren nur auszugsweise und teils geschwärzt präsentiert werden und bei denen die Zeugenpersonalien nur rudimentär angegeben sind.


In pp.

1. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 20. Februar 2020 (Az.: 504 Js 1658/18) wird zur Hauptverhandlung zugelassen, soweit den Angeschuldigten R. und A. Steuerhinterziehungen – und dem Angeschuldigten C. Beihilfe dazu – betreffend die Jahre 2012 bis 2015 vorgeworfen werden (Fälle 2-5, 7-9, 11-13 und 15-17 der Anklage).
Insoweit wird das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Nürnberg - Schöffengericht - eröffnet.
2. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird im Übrigen aus tatsächlichen Gründen abgelehnt, soweit die Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth den Angeschuldigten R. und A. vier Fälle der Steuerhinterziehung betreffend das Jahr 2011 vorwirft (Fälle 1, 6, 10 und 14 der Anklage).
3. Im Umfang der Ablehnung werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der insoweit notwendigen Auslagen der Angeschuldigten R. und A. der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth legt in ihrer Anklageschrift vom 20. Februar 2020 den Angeschuldigten R. und A. jeweils Steuerhinterziehung in 13 Fällen zur Last (Hinterziehung von Gewerbesteuer 2011 bis 2014 und Umsatzsteuer 2011 bis 2015, je zugunsten der M. GbR, und Hinterziehung von Einkommensteuer 2011 bis 2014 je zu eigenen Gunsten). Sämtlichen Vorwürfen der Steuerhinterziehungen habe – zusammengefasst – in tatsächlicher Hinsicht zugrunde gelegen, dass die Angeschuldigten R. und A. sog. Scheinrechnungen in die Buchführung der von ihnen beiden als Gesellschafter gebildeten M. GbR eingestellt und sodann hierauf aufbauend Steuern hinterzogen haben sollen. Um Scheinrechnungen habe es sich deshalb gehandelt, weil die Unternehmen, die aus Rechnungen jeweils als Aussteller erkennbar gewesen seien, die dort jeweils berechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht hätten. Das habe für die Einkommen- und die Gewerbesteuererklärungen zur Folge gehabt, dass diese falsch gewesen seien, weil die jeweils aus den Scheinrechnungen ersichtlichen Beträge – die als tatsächlich ausgegeben behauptet worden seien – als unberechtigte Betriebsausgaben den Gewinn gemindert und damit zu zu geringen Steuerfestsetzungen geführt hätten. Auch die Umsatzsteuervoranmeldungen seien falsch gewesen, weil die Angeschuldigten dort aus den Scheinrechnungen die Vorsteuer geltend gemacht hätten. Teilweise hätten die Angeschuldigten pflichtwidrig die Abgabe von Steuererklärungen unterlassen (Umsatzsteuerjahreserklärungen 2012 bis 2015 und Gewerbesteuererklärung 2014). Der Angeschuldigte C. soll den beiden anderen Angeschuldigten als Buchhalter der M. GbR zur Begehung der Steuerhinterziehungen in den Jahren 2012 bis 2015 Hilfe geleistet haben.

Bezogen auf die einzelnen Jahre hätten die Angeklagten nach dem Anklagevorwurf Scheinrechnungen in folgendem Umfang genutzt:



II.

Das Hauptverfahren war im tenorierten Umfang vor dem Amtsgericht Nürnberg - Schöffengericht - zu eröffnen (nachfolgend unter 3); hinsichtlich der im Jahr 2011 mutmaßlich begangenen Steuerhinterziehungen lagen die Voraussetzungen für eine Eröffnung nicht vor, sodass die Nichteröffnung zu beschließen war (nachfolgend unter 2).

1. Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn die nach Maßgabe des Akteninhalts vorzunehmende vorläufige Tatbewertung ergibt, dass die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich ist. Eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, wenn unter erschöpfender Zugrundelegung des Ergebnisses der Ermittlungen und der daran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand bei Einschätzung des mutmaßlichen Ausgangs der Hauptverhandlung mehr für eine Verurteilung als für einen Freispruch spricht. Dabei wird eine an Sicherheit grenzende Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht gefordert. Auch wird nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit verlangt wie beim dringenden Tatverdacht nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung des Angeschuldigten muss aber so groß sein, dass es einer Entscheidung durch das erkennende Gericht in der Hauptverhandlung bedarf, um festzustellen, ob noch bestehende Zweifel gerechtfertigt sind. Für den strafrechtlichen Entscheidungsgrundsatz "in dubio pro reo" ist bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts zwar grundsätzlich noch kein Raum, jedoch kann hinreichender Tatverdacht mit der Begründung verneint werden, dass nach Aktenlage bei den gegebenen Beweismöglichkeiten am Ende wahrscheinlich das Gericht nach diesem Grundsatz freisprechen wird (zum Ganzen Schneider in KK-StPO, 8. Aufl., § 203 Rn. 3 ff.; Rosenau in SSW-StPO, 4. Aufl., § 203 Rn. 3 f. je m.w.N.).

2. An diesem Maßstab gemessen war für die vier vorgeworfenen Fälle der Steuerhinterziehung im Jahr 2011 (Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zugunsten der M. GbR und je einmal Einkommensteuer zugunsten der Angeschuldigten R. und A., d.h. die Fälle 1, 6, 10 und 14 der Anklage) aus tatsächlichen Gründen das Hauptverfahren nicht zu eröffnen (§ 204 Abs. 1 StPO).

a) Steuererklärungen der M. GbR (Umsatzsteuer und Gewerbesteuer) sowie der Angeschuldigten R. und A. wurden jeweils abgegeben. Insoweit geht der Tatvorwurf jeweils auf Steuerhinterziehung durch das Machen unrichtiger Angaben (§ 370 Abs.1 Nr. 1 AO). Die gemeinsame tatsächliche Grundlage hierfür soll in der Verwendung von Scheinrechnungen der Fa. N. GmbH gelegen haben.

b) Der in der Akte dokumentierte Ermittlungsstand lässt eine darauf gestützte Verurteilung nicht wahrscheinlich erscheinen, weil er eine hinreichend sichere Überzeugungsbildung nicht zu tragen vermag, es habe sich bei den Rechnungen der N. GmbH an die M. GbR um Scheinrechnungen gehandelt, denen keine Leistungen zugrunde gelegen hätten.

aa) Ausweislich der – von der Anklage für sachlich falsch gehaltenen – Rechnungen habe die N. GmbH der M. GbR gegenüber Leistungen v.a. bei der Kuvertierung erbracht, daneben seien Kataloge postfertig gemacht worden oder Einlagen erfolgt.

bb) Von den Angeschuldigten hat sich allein der Angeschuldigte R. zur Sache eingelassen und erklärt, er habe zweimal mit der N. GmbH zusammengearbeitet; der Kontakt sei von dem Mitangeschuldigten A. gebracht worden, dieser habe die Geschäfte auch abgewickelt.

cc) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft geben die Aussagen der vernommenen Mitarbeiter der M. GbR kein brauchbares Indiz gegen eine tatsächliche Leistungserbringung von Mitarbeitern der N. GmbH bei der M. GbR.

(1) Der Mitarbeiter S.K. verneinte zwar die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er sei aber nur ein Mitarbeiter in dem über drei Schichten arbeitenden Betrieb der M. GbR gewesen und deshalb wisse er nicht, ob auch andere Leute oder Firmen für die M. GbR arbeiten. Er frage auch nicht nach, wenn ein paar neue oder fremde Leute zum Arbeiten kommen. Er arbeite immer mit unterschiedlichen Leuten zusammen. Diese begrüße er in der Muttersprache, aber sonst habe er keinen Kontakt zu ihnen. Mit den Namen der Mitarbeiter könne er nichts anfangen. Er sei nicht immer bei der Arbeit gewesen, es könne also sein, dass andere Personen dort gewesen seien, wenn er abwesend gewesen sei. Die Angeschuldigten R. und A., seine Chefs, hätten in den letzten Jahren eine andere Firma zur Unterstützung gebracht, um mit der Arbeit fertig zu werden.

(2) Der Mitarbeiter A.A. verneinte ebenfalls die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er habe nur kurz bei der M. GbR gearbeitet. Er wisse nicht, ob die M. GbR Subunternehmer einsetze. Auf die Frage, mit welchen anderen Arbeitnehmern er zusammengearbeitet habe, antwortete er „nein“.

(3) Der Mitarbeiter D.D. verneinte die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er habe erst ab Oktober 2013 bei der M. GbR gearbeitet – also nach dem für die N. GmbH relevanten Zeitraum. Es seien auch Mitarbeiter von Fremdfirmen gekommen und hätten bei der Arbeit geholfen. Welche Firmen das gewesen sein, wisse er nicht. Er kenne lediglich einige der Arbeitskollegen mit Namen.

(4) Der Mitarbeiter A.I. verneinte die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er habe erst ab Februar 2013 bei der M. GbR gearbeitet, also nach dem für die N. GmbH relevanten Zeitraum. Ob die M. GbR Subunternehmer eingesetzt habe, wisse er nicht. Manchmal, wenn Fehler passiert seien, seien andere Leute gekommen, da die Zeit knapp geworden sei. Wenn es viel Arbeit gebe, komme eine fremde Firma, um die Prospekte oder Unterlagen per Hand zu sortieren. Den Namen der Firma wisse er nicht.

(5) Der Mitarbeiter D.M. verneinte die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er arbeite zwar seit 2010 oder 2011 bei der M. GbR, kenne aber nur die Leute, die mit ihm (in seiner Schicht) zusammenarbeiten, meistens handele es sich um vier vom Zeugen namentlich genannte Personen. Einmal habe er Subunternehmer bei der M. GbR wahrgenommen, es habe sich um zwei Türken gehandelt, er wisse jedoch nicht, für welche Firma diese gearbeitet hätten. Es seien auch Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma vor Ort gewesen.

Dass es sich bei den bei der M. GbR eingesetzten Fremdarbeitern um Türken gehandelt habe, bestätigte in Übereinstimmung damit auch der Angeschuldigte R. So seien er und der Mitangeschuldigte A. gleichberechtigte Geschäftsführer gewesen, der Mitangeschuldigte C. sei Buchhalter gewesen. Fremdfirmen seien kurzfristig herangezogen worden, wenn bei M. GbR die Zeit knapp gewesen sei. Es habe sich dabei allesamt um Türken gehandelt. Die Verhandlungen mit ihnen habe A. geführt, weil er Türkisch spreche.

(6) Der Mitarbeiter A.H. verneinte die Frage, ob ihm die Firma N. GmbH etwas sage. Weiter führte er aus, er arbeite immer wieder mit verschiedenen Personen zusammen, drei davon könne er namentlich nennen. Er habe zudem auch mal paar andere Leute gesehen, wisse jedoch nicht, woher diese gekommen seien und wie die Firma geheißen habe.

(7) Bewertet man die vorstehend in ihrem relevanten Kern skizzierten Aussagen, so ist die Kammer der Auffassung, dass die übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen, die Firma N. GmbH sage ihnen nichts, nicht belegen, die N. GmbH habe vor Ort bei der M. GbR keine Leistungen erbracht. Die Zeugen, sofern sie überhaupt in den Jahren 2011 und 2012 bei M. GbR gearbeitet haben, kannten schon ihre eigenen Kollegen, die ebenfalls bei der M. GbR angestellt waren, weitgehend nicht. Alle berichteten über Fremdfirmen und Fremdarbeiter, die gelegentlich vor Ort aufgetaucht sein, zu denen sie aber keine weiteren Angaben machen können. Daher folgt aus der Tatsache, dass – neben anderen auch – die N. GmbH ihnen nichts sagte, nichts dafür, die N. GmbH habe nicht vor Ort gearbeitet.

dd) Entgegen der Wertung der Staatsanwaltschaft folgt aus den Aussagen der in anderen Ermittlungsverfahren vernommenen Mitarbeiter der N. GmbH nichts gegen eine tatsächliche Leistungserbringung der N. GmbH bei der M. GbR.

(1) Von den nachfolgend jeweils vermerkten Einschränkungen abgesehen gaben die befragten Zeugen jeweils an, unterschiedliche Arbeiten – v.a. Reinigungstätigkeiten – bei der N. GmbH erbracht zu haben, jedenfalls aber keine Einlege- oder Verpackungstätigkeit. Sie gaben weiterhin nicht an, in ... gearbeitet zu haben. So sind vernommen worden die Zeuginnen und Zeugen Al., An. (es habe die Möglichkeit gegeben zu verpacken, aber nicht für sie), Sy., Bu., Tu., To., Ay. (unklar ist, was er gemacht hat), Es., Ad., Nu., Öz., Ya., Ca., Mu., Lu. und Be.

(2) Die vorstehend genannten Zeugenaussagen sind beweistechnisch wertlos. Es handelt sich hierbei um teils collageartig zusammengestellte Aussageschnipsel, die aus Vernehmungen in anderen Verfahren stammen, teils nur wenige Zeilen lang und teils – darüber hinaus – geschwärzt. Der (jeweils mutmaßlich vorhandene) Rest der jeweiligen Aussagen ist nicht Aktenbestandteil, sodass die Kammer den Kontext und den weiteren Gehalt der jeweiligen Aussagen und teils auch die jeweilige Fragestellung, die zu den Aussagen geführt hat, nicht beurteilen kann, auf den es – siehe oben unter cc – aber entscheidend ankommen kann. Es liegen entgegen § 200 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht einmal, jenseits von Name, Vorname und teils Beruf, die jeweiligen vollständigen Zeugenpersonalien vor, sodass das Gericht, wenn es denn darauf ankäme, die Zeugen nicht laden könnte. Was soll die Kammer mit derartigen „Beweismitteln“ anfangen?

ee) Die Behauptung der Staatsanwaltschaft, bei der N. GmbH habe es sich um ein reines Serviceunternehmen gehandelt, das es ihren Kunden ermöglicht habe, Rechnungen ohne tatsächliche Leistungserbringung zu erwerben, wird durch den Hinweis auf einen Aktenvermerk der Steuerfahndung belegt. Aus diesem Aktenvermerk vom … ergibt sich, dass gegen die Verantwortlichen der N. GmbH ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden sei und dass nach den bisherigen Ermittlungen der Verdacht bestehe, dass es sich bei dieser Gesellschaft um ein reines Serviceunternehmen gehandelt habe. Der Vermerk belegt also nicht etwa sichere Erkenntnisse der Steuerfahndung, sondern berichtet lediglich davon, dass die Steuerfahndung einen dahingehenden Verdacht habe. Weiterführende Anhaltspunkte zu dieser Thematik finden sich in der Ermittlungsakte nicht.

ff) Weitere Verdachtsmomente, auf die die Staatsanwaltschaft ihren Verdacht stützt, betreffen die Person des anderweit verfolgten Ö. und seiner Ehefrau A.Ö. – im Hintergrund soll der gerichtsbekannt anderweit verfolgte H. stehen –, die beide dubios seien und in im Einzelnen nicht ganz geklärter Weise bei der N. GmbH gewirkt haben sollen. Das mag dahinstehen, denn jedenfalls ist der Ermittlungsakte zu entnehmen, dass A.Ö. ihre Geschäftsanteile bei der N. GmbH erst am 21. Dezember 2012 übernommen hat und auch erst an diesem Tag zur Geschäftsführerin bestellt worden ist. Eine Betätigung der Ö.s bei der N. GmbH vor dem genannten Zeitpunkt ist nicht feststellbar. Rechnungen der N. GmbH sind im hiesigen Verfahren aber nur für die Jahre 2011 und 2012 von Interesse. Die letzte Rechnung datiert vom 24. Februar 2012, also aus einer Zeit, in der das Ehepaar Ö. keine erkennbare Rolle bei der N. GmbH hatte.

Die eigene Aussage des Ö. als Beschuldigter in anderer Sache belegt nichts anderes. Danach habe er von D. und H. immer wieder Firmen übernommen. Die Firma M. GbR sage ihm nichts. Für Verpackung oder Einlegearbeiten habe er keine Rechnungen erstellt, für Baustellen schon. An die N. GmbH erinnere er sich auch nicht. Letztlich habe H. alles gesteuert. Was H. mit der N. GmbH gemacht habe, wisse er, Ö., nicht.

gg) Aus dem Vermerk in der Datenbank „Zauber“ folgt, dass Ö. im August 2013 als Bauleiter für die N. GmbH auf einer Baustelle in … aufgetreten sei. Es seien mehrere Arbeiter im Wechsel auf der Baustelle gewesen. Die Arbeiten seien tatsächlich durchgeführt worden. Legt man diesen Vermerk zugrunde, wie es auch die Staatsanwaltschaft tut, ist das mit der oben (ee) referierten weiteren Behauptung der Staatsanwaltschaft, bei der N. GmbH habe es sich um ein reines Serviceunternehmen gehandelt, das lediglich Rechnungen ausgestellt, jedoch keine „realen“ Leistungen erbracht habe, nicht zu vereinbaren. Das gleiche gilt für die Aussage des anderweit verfolgten Ü., wonach die N. GmbH in bestimmten „realen“ Geschäftsfeldern tätig gewesen sei, namentlich Reinigung, aber auch Verpackung, die im …-Areal stattgefunden habe. Der zitierte Vermerk in „Zauber“ zeigt zudem anschaulich, dass formalen Umständen, wie der fehlenden Anmeldung von Arbeitnehmern bei der DRV (0 in 2013), fehlenden Lohnsteueranmeldungen (0 in 2013) oder Umsatzsteuervoranmeldungen (0 seit Ende 2012) beim Finanzamt für die Frage, ob das Unternehmen für seine Auftraggeber tätig geworden ist und ihnen gegenüber umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht hat, letztlich keine Bedeutung zukommt. Es wurde dort gleichwohl gearbeitet.

Unterstellt man zudem, bei den oben (dd) zusammengestellten Aussageschnipseln handelte es sich um sinntragende, verwertbare Beweismittel, würden diese tendenziell die These von der N. GmbH als reinem Serviceunternehmen für Rechnungsschreiben widerlegen. Es soll sich nämlich um Aussagen von Arbeitnehmern der N. GmbH handeln, die ausweislich der Schnipsel für die N. GmbH tatsächlich, v.a. im Bereich der Reinigungsdienstleistungen, gearbeitet haben sollen.

hh) Insgesamt meint die Kammer – und diese Erwägung gilt grundsätzlich gleicherweise für die nachfolgend unter 3.b.bb.(2) abgehandelten weiteren Firmen –, die zentrale Erwägung der Steuerfahndung in ihren Schlussberichten, der sich die Staatsanwaltschaft angeschlossen hat, ist nicht tragfähig. Danach sollen nämlich die eher im formalen Bereich feststellbaren Unregelmäßigkeiten beim Betrieb der N. GmbH (teilweise Nichterfüllung steuerlicher Pflichten, Nichtanmeldung von Arbeitnehmern) die Schlussfolgerung tragen, die gegenüber der M. GbR in Rechnung gestellten Leistungen seien nicht erbracht worden. Eine solche Schlussfolgerung ist unzulässig. Es gibt, was als allgemeinkundig vorausgesetzt werden kann, eine ganze Reihe von Unternehmen, die in bestimmten Branchen häufiger auftreten als andernorts, die es mit der Erfüllung gesetzlicher Pflichten (aus den Bereichen Steuern, Sozialabgaben, Arbeitsschutz usf.) nicht ernst nehmen bzw. bei denen es zum Geschäftsmodell gehört, diese Pflichten nicht zu erfüllen, etwa indem man in größerem Umfang Schwarzarbeiter beschäftigt und deshalb seine Leistungen am Markt günstiger als die Konkurrenz anbieten kann. Gleichwohl sind diese Unternehmen am Markt tätig und erbringen ihre Leistungen, gegebenenfalls „schwarz“. Es handelt sich bei diesen Unternehmen nicht um reine „Rechnungsschreiber“. Die vorliegende Anklage mag sich in einem solchen Umfeld bewegen. Dies hat aber nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen zu Nichtleistungen würden oder dass die Steuerbarkeit der Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entfiele (vgl. Robisch in Bunjes, UStG, 19. Aufl., § 1 Rn. 39).

c) Die nicht ausreichende tatsächliche Grundlage der Tatvorwürfe lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht durch ergänzende Beweiserhebungen im Zwischenverfahren (§ 202 StPO) beheben. Nach der genannten Vorschrift sind nur einzelne, punktuelle Beweiserhebungen statthaft, nicht jedoch umfangreiche eigene Ermittlungen des Gerichts (OLG Celle, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 Ws 271 - 274/11, juris Rn. 17; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 1 Ws 131/08, juris Rn. 13; pointiert AG Gummersbach, Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 81 Ds 922 Js 2198/14 - 326/14, juris Rn. 7 ff.). Letztere wären allerdings erforderlich, wollte man das Jahr 2011 für die Strafverfolgung noch retten.

3. Hinsichtlich der Tatvorwürfe betreffend die Jahre 2012 bis 2015 lagen demgegenüber die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor (§ 203 StPO). Der Umfang der prognostisch beweisbaren Straftaten rechtfertigt allerdings nicht die Durchführung der Hauptverhandlung vor der Strafkammer; vielmehr ist die Strafgewalt des Amtsgerichts - Schöffengericht - (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG) ausreichend.

a) Die Staatsanwaltschaft hat die Erhebung der Anklage vor der Wirtschaftsstrafkammer auf die Erwartung gestützt, es käme die Verhängung von Freiheitsstrafen von über vier Jahren in Betracht. Dies folgt aus dem Normzitat der § 24 Abs. 1 Nr. 2, § 74 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GVG auf S. 39 der Anklageschrift.

b) Diese Erwartung ist nicht gerechtfertigt.

Die der Wahl des angegangenen Gerichts zugrunde liegende Einschätzung der Staatsanwaltschaft zur Höhe der zu erwartenden Strafe unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung (Siolek in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 24 Rn 13), sodass die Bestimmung des gesetzlichen Richters letztlich nicht der Staatsanwaltschaft obliegt (Schuster in MünchKomm-StPO, § 24 GVG Rn. 5). Die Zusammenschau der wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkte, soweit sie nach Aktenlage absehbar sind, lässt die von der Staatsanwaltschaft gehegte Straferwartung indes nicht als gerechtfertigt erscheinen. Insbesondere sind hierbei folgende Punkte zu sehen:

aa) Alle drei Angeschuldigte sind nicht vorbestraft.

bb) Der für die Strafzumessung relevante Steuerschaden ist in deutlich geringerem Maße nachweisbar als in der Anklage angenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist beim Tatvorwurf der Steuerhinterziehung der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - 1 StR 447/14, juris Rn. 99; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1842).

Allein durch den Wegfall – infolge der Nichteröffnung des Hauptverfahrens (s.o. unter 2) – der angeklagten Steuerstraftaten für 2011 entfällt bei den Angeschuldigten R. und A. bei der Umsatzsteuer vom Gesamtschadensbetrag von … € ein Teilbetrag von … €, sowie die mutmaßlich hinterzogene Einkommensteuer samt Solidaritätszuschlag von insgesamt … €. Bei den Jahren 2012 bis 2015 reduziert sich der Umfang des Steuerschadens erheblich, weil nach Aktenlage lediglich die Rechnungen der X. als für die Steuerhinterziehung relevante Scheinrechnungen zu werten sind. Die Rechnungen der übrigen Lieferanten oder Geschäftspartner der M. GbR (N. GmbH, O. GmbH & Co. KG, I. GmbH, D. GmbH und L. GmbH) sind demgegenüber nicht hinreichend wahrscheinlich als Scheinrechnungen zu beweisen.

Im Einzelnen:

(1) Die in die Buchhaltung der M. GbR eingestellten Rechnungen der X. sind prognostisch zu 100% als Scheinrechnungen ohne jede zugrunde liegende Leistung zu werten. Das ergibt sich in tragfähiger Weise aus den im Kern übereinstimmenden und wegen der darin jeweils enthaltenen Selbstbelastung glaubhaften Aussagen des Angeschuldigten C. und der hier als Zeugen geführten, anderweit verfolgten Ar. und T.

Weil Rechnungen der X. von 2012 bis 2015 allen für diese Jahre abgegebenen Steuererklärungen (bei der Umsatzsteuer: den Umsatzsteuervoranmeldungen) mit zugrunde gelegt worden sind, sie also in diesen Taten enthalten sind, kommt trotz der folgenden Ausführungen eine Nichteröffnung des Hauptverfahrens insoweit nicht in Betracht.

(2) Die Prognose, auch die Rechnungen der weiteren Aussteller ließen sich als Scheinrechnungen ohne entsprechende Gegenleistung beweisen, ist nach der Bewertung der Kammer negativ.

(a) Hinsichtlich der einen Rechnung der N. GmbH für 2012 kann auf die Ausführungen oben unter 2 verwiesen werden.

(b) Die Rechnungen der O. weisen als Leistungen an die M. GbR Aushilfstätigkeiten aus, die in den Rechnungen jeweils noch näher bezeichnet sind (Post fertig, Aufräumen, Sortieren, Bündeln, Händling usf.).

Nach bisheriger Einlassung des Angeschuldigten R. habe die M. GbR zweimal mit O. zusammengearbeitet; der Kontakt sei vom Mitangeschuldigten A. hergestellt worden, dieser habe die Geschäfte auch abgewickelt; an Weiteres habe der Angeschuldigte keine Erinnerung. Der Angeschuldigte A. hat dazu – wie auch zu den übrigen Vorwürfen – bislang keine Aussage gemacht.

Die inkriminierten Rechnungen stammen aus der zweiten Jahreshälfte 2012 (August bis Oktober), als der bereits erwähnte, anderweit verfolgte Ö. dort Geschäftsführer war. Dieser hat ausgesagt, H. und D. hätten ihm das Unternehmen übergeben. Als es der Firma wirtschaftlich schlecht gegangen sei, habe ihn H. aufgefordert, sie pleite gehen zu lassen. Rechnungen der O. seien von H. erstellt worden. O., das seien zwei Firmen gewesen, eine GmbH und eine GmbH & Co.KG [allerdings zog Ö. in seiner Aussage eine klare Differenzierung zwischen beiden juristischen Personen nicht durch]. Das Unternehmen erbringe auch Dienstleistungen. So sei er, Ö., einmal mit H. in … gewesen, um sich eine Halle anzuschauen [unklar ist, ob damit die Halle der M. GbR gemeint war]. Ö. sei nur im Bereich Bau tätig gewesen. Die Firma M. GbR sage ihm nichts. O. habe Arbeitnehmer gehabt und habe tatsächlich gearbeitet; es sei keine Scheinfirma gewesen. Ob zur Zeit seiner Geschäftsführung bei O., d.h. ab …, von O. tatsächlich Arbeiten ausgeführt worden seien, wisse er nicht. Ein Nachweis von Nichtleistungen folgt aus alldem nicht.

Hinsichtlich der in den Ermittlungsberichten der Steuerfahndung im Einzelnen aufgeführten (eher formalen) Mängel (fehlerhafte Firmierung auf den Rechnungen, fehlende Anmeldung von Arbeitnehmern bei der DRV und Lohnsteuer-Anmeldungen, fehlerhafte Ortsbezeichnungen und Postleitzahlen u.a.) und die als ungewöhnlich angesehene – tatsächlich bei „schwarz“ abgewickelten Geschäften übliche – Barzahlung geben für die Schlussfolgerung, es habe die in den Rechnungen zugrunde gelegten Leistungen nicht gegeben, nichts her. Auf bereits oben Ausgeführtes kann insoweit verwiesen werden.

Schließlich verweist die Steuerfahndung in ihren Schlussberichten darauf, dass aus den Rechnungen schon formell ein Vorsteuerabzug zu versagen wäre. Gemeint ist damit wohl nicht, es lägen bei den Rechnungen die formellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 mit §§ 14, 14a UStG nicht vor – das scheint nach Auffassung der Kammer durchaus der Fall gewesen zu sein –, sondern eher, dass der Vorsteuerabzug wegen Missbrauchs ausgeschlossen wäre (dazu vgl. Heidner in Bunjes, UStG, 19. Aufl., § 15 Rn. 184 ff.). Die genaue Stoßrichtung des Arguments kann aber letztlich offenbleiben, denn in beiden Fällen wäre für die Verurteilung wegen einer Steuerhinterziehung ein entsprechender Vorsatz aufseiten der Angeschuldigten nachzuweisen. Es ist aus den in der Akte dokumentierten Ermittlungsergebnissen nicht ersichtlich, dass die in den Schlussberichten aufgeführten Einzelindizien und Verdachtsmomente den hier Angeschuldigten bekannt gewesen und in ihrer Tragweite erkannt worden sind.

Der positive Nachweis einer Nichtleistung durch O. an M. GbR kann nach alldem prognostisch nicht geführt werden.

(c) Die Rechnungen der I. GmbH beschränken sich beim Ausweis des Leistungsgegenstandes lediglich darauf mitzuteilen, dass soundso viele Arbeitsstunden von soundso vielen Leuten zu jeweils 11,80 € berechnet worden seien. Was genau die Leute gemacht haben sollen, ergibt sich aus den Rechnungen nicht.

Allerdings waren, wie teilweise auch bei den anderen Firmen, Arbeitnehmer der I. GmbH weder bei der Sozialversicherung noch beim Finanzamt gemeldet. Wie bei den anderen Firmen belegt dieser Umstand aber lediglich die Nichterfüllung gesetzlicher Pflichten durch das Unternehmen I. GmbH, nicht jedoch die Nichterbringung geschuldeter Leistungen gegenüber Vertragspartnern.

Nichts anderes folgt aus einer Kontrollmitteilung des Hauptzollamtes. Mitarbeiter des Hauptzollamtes haben bei einer Vor-Ort-Kontrolle des angeblichen Firmensitzes am … 2016 festgestellt, dass eine Firma I. GmbH dort nicht zu finden sei. Die bei dieser Gelegenheit befragte, namentlich nicht festgestellte Mitarbeiterin einer anderen Firma auf dem Gelände habe gesagt, die I. GmbH sei dort nicht ansässig. Es käme immer wieder Post für die I. GmbH, auch die Staatsanwaltschaft sei schon dagewesen. Eine Schlussfolgerung auf das hier relevante Jahr 2014 ist daraus allerdings nicht zu ziehen.

Soweit die Steuerfahndung – wie auch bei den anderen Gesellschaften – ein Argument für ihre Wertung darin sieht, dass das angemeldete Gewerbe bzw. der Geschäftsgegenstand der I. GmbH nicht mit demjenigen der M. GbR übereinstimmt, so handelt es sich allenfalls um ein sehr schwaches Argument. Bereits aus der Höhe des in Rechnung gestellten Stundenlohns (11,80 €) folgt, dass damit keine hochgradig spezialisierten Arbeiten entlohnt sein können, sondern allenfalls einfachere Dienstleistungen, die auch von ungelerntem Personal erledigt werden könnten (etwa Reinigen, Verpacken oder sonstige Handlangerdienste). Die fehlende Gleichheit des Geschäftsgegenstandes wirkt sich in diesem Bereich nicht aus. Anders wäre es dann zu sehen, wenn Spezialisten (Programmierer, Ingenieure u.ä.) plötzlich fachfremd arbeiten sollten. Dafür ist hier nichts ersichtlich.

Der positive Nachweis einer Nichtleistung durch die I. GmbH an die M. GbR kann daher prognostisch mit den gegebenen Beweismitteln nicht geführt werden.

(d) Die Rechnungen der D. GmbH weisen als Leistungen an die M. GbR Aushilfstätigkeiten aus, die in den Rechnungen jeweils noch näher bezeichnet sind (Post fertig machen, Aufräumen, Sortieren, Auspacken, Händling usf.).

Der Angeschuldigte R. gab an, einmal mit dieser Gesellschaft zusammengearbeitet zu haben [wobei unklar ist, ob damit ein einmaliger Arbeitsvorgang oder das Abarbeiten eines Auftrags durch eine Mehrzahl von Arbeitseinsätzen gemeint ist]; der Kontakt sei von A. vermittelt worden und dieser habe das Geschäft auch abgewickelt. Die Rechnung sei bar bezahlt worden.

Der auch an dieser Stelle beteiligte Ö. führte dazu aus, H. habe ihm auch diese Gesellschaft übergeben. Später habe H. erzählt, sein Kompagnon D. habe ihn selbst betrogen; beide hätten sich zerstritten, er, Ö., habe nur noch mit H. zu tun gehabt. H. habe auch die Rechnungen geschrieben. Die D. GmbH habe auch Dienstleistungen erbracht. Ö. sei einmal mit H. in … gewesen. Ö. sei nur im Bereich Bau tätig gewesen. Die D. GmbH habe Arbeitnehmer gehabt und habe gearbeitet; es sei keine Scheinfirma gewesen. Ob zur Zeit der Geschäftsführung des Ö. bei der D. GmbH tatsächlich Arbeiten ausgeführt worden seien, wisse Ö. nicht.

Die an dieser Stelle, ähnlich schon zur Fa. O., gebrachte Einlassung des anderweit verfolgten Ö., H. habe eigentlich die Geschäfte der Gesellschaft geführt und habe auch die Rechnungen geschrieben, erschwert zudem die Beweisführung. Denn selbst wenn man darauf abstellt, dass der im Vordergrund stehende formelle Geschäftsführer Ö. eine zweifelhafte Gestalt ist, ist nicht letztlich klar, mit wem genau ein Verantwortlicher der M. GbR GbR (nach Angaben des Angeschuldigten R. soll es sich um den Angeschuldigten A. gehandelt haben) seinen geschäftlichen Kontakt hatte. Sollte es sich dabei um H. gehandelt haben, wofür auch der Umstand spricht, dass Ö. sich allein auf den Bereich Bau beschränkt haben will, so ergeben sich aus der Akte keine Umstände, die einen entsprechenden Kontakt näher aufhellen und belegen, dass H. Scheinrechnungen erstellt hätte.

Zu den „Formalmängeln“ des Geschäftsgebarens der D. GmbH und ihrem Beweiswert für die hier entscheidende Fragestellung kann zur Meidung von Wiederholungen auf oben verwiesen werden.

Der positive Nachweis einer Nichtleistung durch die D. GmbH an die M. GbR kann nach alldem prognostisch nicht geführt werden.

(e) Aus den im Schlussbericht der Steuerfahndung zusammengestellten Unregelmäßigkeiten bei der L. GmbH folgt nicht, dass sie die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht hätte.

Die Beweissituation ist hier letztlich die gleiche, wie bei den anderen bereits abgehandelten Gesellschaften. Der anderweit verfolgte Ö. sagte aus, er habe von D. und H. immer wieder Firmen übernommen, wisse aber nicht, ob die L. GmbH etwas für die M. GbR gemacht habe; das wisse H.

Es ist im Übrigen gerichtsbekannt, dass die L. GmbH auch noch im Jahr 2015 tatsächlich am Markt tätig war und Dritten gegenüber Leistungen erbrachte.

So hat die Kammer in dem Verfahren 12 KLs … (rechtskräftiges Urteil vom …) festgestellt, dass die Gesellschaft in den Jahren 2014/2015 ein Projekt für die B. AG abgewickelt hat. Das geschah zwar in der Weise, dass H. und Ö., die beide für die L. GmbH auftraten, die eigenen Lieferanten teilweise betrogen und dass auch andere Straftaten im Vorfeld oder bei der Vertragsabwicklung begangen wurden; allerdings hat die L. GmbH ihre Leistungspflichten gegenüber ihrem Auftraggeber – mehr oder weniger – erfüllt. Eine Nichtleistung war nur insoweit festzustellen, als dass die L. GmbH teilweise die ihr von den eigenen Vertragspartnern (Subunternehmern) gestellten Rechnungen nicht bezahlte.

cc) Selbst wenn man weiter – den Tatnachweis vorausgesetzt – unterstellt, dass die Angeschuldigten R. und A. im weiteren Fortgang des Verfahrens nicht geständig sein sollten und ihnen der günstige Strafzumessungsgesichtspunkt eines Geständnisses nicht zustatten kommt, wäre nach Wertung der Kammer die Verhängung von Gesamtfreiheitsstrafen von mehr als je vier Jahren nicht zu erwarten.

dd) Die Kammer war für die hiesige Entscheidung nicht gehalten, den aus ihrer Sicht verbleibenden Rest der hinterzogenen Steuern genau auszurechnen, der verbleibt, wenn man die Rechnungen der vorgenannten (oben 3.b.bb.(2)) Gesellschaften nicht als Scheinrechnungen wertet …

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.


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