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Entscheidungen

StPO

Berufungsverfahren, Verschlechterungsverbot, gewährte Ratenzahlung

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 05.02.2021 – (3) 121 Ss 189/20 (1/21)

Leitsatz: Das Verschlechterungsverbot gilt bei Berufung des Angeklagten auch für die Höhe der Raten, es sei denn, es liegen neue Tatsachen im Sinne des § 459a Abs. 2 Satz 2 StPO vor.


(3) 121 Ss 189/20 (1/21)

In der Strafsache
gegen pp.

wegen fahrlässiger Körperverletzung

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts am 5. Februar 2021 beschlossen:

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ber-lin vom 15. Juli 2020 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet mit der Maßgabe verworfen, dass dem Angeklagten ge-stattet wird, die Geldstrafe in monatlichen Teilbeträgen von 100 (einhun-dert) Euro, fällig jeweils am 1. eines Monats, beginnend mit dem auf die Bekanntgabe dieser Entscheidung folgenden Monat zu zahlen.
Diese Vergünstigung entfällt, wenn der Angeklagte schuldhaft mit der Zahlung für mehr als einen Monat in Verzug geraten ist.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.


Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten am 28. Februar 2019 we-gen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt und ihm gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten von 100 Euro, fällig jeweils am 1. eines Monats, zu zahlen. Die unbeschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin mit der angefochtenen Entscheidung verworfen. Das Landgericht hat dem Angeklagten nachgelassen, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu je 200 Euro, beginnend mit dem auf die Rechtskraft der Ent-scheidung folgenden Monat, zu zahlen.

1. Die mit der Revision erhobenen Sach- und Verfahrensrügen des Angeklagten sind aus den Gründen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Berlin im We-sentlichen offensichtlich unbegründet. Der Schriftsatz des Verteidigers vom
2. Februar 2021 lag vor.

Allerdings verstößt die von der Strafkammer vorgenommene Erhöhung der dem An-geklagten gestatteten monatlichen Ratenzahlungen auf 200 Euro gegenüber der erstinstanzlich festgesetzten Rate von 100 Euro gegen das Verschlechterungsverbot im Sinne des § 331 Abs. 1 StPO.

Das in den §§ 331 Abs. 1, 358 Abs. 2 Satz 1 StPO für das Rechtsmittelverfahren und in § 373 Abs. 2 Satz 1 StPO für die Wiederaufnahme normierte Verbot der Ver-schlechterung gewährleistet, dass der Angeklagte bei seiner Entscheidung, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel bzw. einem Wiederaufnahmeantrag Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt wird, es könne ihm durch die Einlegung ein Nachteil erwachsen (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 5 StR 387/18 –, juris m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl., § 331 Rn. 1 m.w.N).
Das Verschlechterungsverbot gilt nach seinem Wortlaut grundsätzlich für alle Rechtsfolgen der Tat in Art und Höhe. Durchbrochen wird es aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen (§ 331 Abs. 2, § 358 Abs. 2 Satz 2, § 373 Abs. 2 Satz 2 StPO) nur für die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus und in der Entzie-hungsanstalt.

Grundsätzlich nehmen auch die vom erstinstanzlichen Gericht nach § 42 StGB bewil-ligte Zahlungserleichterungen am Verschlechterungsverbot teil (vgl. KG, Beschlüsse vom 4. April 2018 – (5) 121 Ss 44/18 (26/18) – und 15. April 2015 – (2) 161 Ss 72/15 (23/15) –; OLG Hamburg MDR 1986, 517; Frisch in SK, StPO 5. Aufl., § 331 Rn. 48; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 331 Rn. 46 m.w.N.).

Die Gegenansicht, wonach Zahlungserleichterungen uneingeschränkt zum Nachteil des Angeklagten geändert werden dürfen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O, § 331 Rn. 6; Beukelmann in Radtke/Hohmann, StPO, § 331 Rn. 4; Grube in Leipziger Kommentar, StGB 13. Aufl., § 42 Rn. 23; Albrecht in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB 5. Aufl., § 42 Rn. 10), übersieht, dass Zahlungserleichterungen in der Urteils-formel festzulegen sind und die Schlechterstellung des Angeklagten hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten einer Geldstrafe zweifellos die Höhe der Rechtsfolgen der Tat im Sinne des § 331 Abs. 1 StPO tangiert (vgl. OLG Hamburg a.a.O.; Paul in KK, StPO 8. Aufl., § 331 Rn. 4).

Der in § 331 Abs. 1 StPO verwendete Begriff der „Höhe der Rechtsfolgen“ kann al-lerdings nicht isoliert auf Entscheidungen nach § 42 StGB bezogen werden in dem Sinne, dass die vom Erstrichter festgesetzte Geldstrafe nicht nur ihrer Gesamthöhe nach, sondern auch als „Monatsrate“ für das Rechtsmittelgericht als Obergrenze festgeschrieben wäre (vgl. OLG Schleswig NJW 1980, 1535). Denn nach § 459a Abs. 2 Satz 2 StPO ist es sogar der Vollstreckungsbehörde möglich, bei Vorliegen neuer Tatsachen eine rechtskräftige Entscheidung nach § 42 StGB zum Nachteil des Verurteilten nachträglich zu ändern oder aufzuheben. Demzufolge kann es auch dem Berufungsgericht nicht stets verboten sein, die vom Erstgericht festgesetzte Raten-höhe zum Nachteil des Angeklagten zu verändern oder eine Ratenzahlungsbewilli-gung ganz zu versagen (vgl. OLG Schleswig a.a.O.), nämlich dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 459a Abs. 2 Satz 2 StPO vorliegen (vgl. KG, Beschlüsse vom
4. April 2018 und 15. April 2015 a.a.O.; OLG Hamburg a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O.; Fischer, StGB 68. Aufl., § 42 Rn. 13; Gössel a.a.O.; Brunner in KMR, StPO 63. EL, § 331 Rn. 35; Rautenberg/Reichenbach in Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO 6. Aufl., § 331 Rn. 8; Brunner in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO 4. Aufl., § 331 Rn. 35).

Vorliegend sind neue Tatsachen im Sinne des § 459a Abs. 2 Satz 2 StPO jedoch nicht festzustellen. Die Strafkammer hat gleichwohl bei nahezu gleich gebliebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten zwar die Tagessatzhö-he unverändert festgesetzt, aber die monatliche Rate verdoppelt.

Der Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot zwingt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Vielmehr kann der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Zahlungserleichterungen selbst gewähren, denn der Sachverhalt liegt einfach und das Landgericht hat hierfür ausreichende Feststellungen getroffen (vgl. BGH, Be-schluss vom 24. April 1990 – 5 StR 122/90 –, juris; Senat, Beschluss vom 28. Au-gust 2019 – (3) 161 Ss 120/19 (66/19) –; KG, Beschluss vom 14. August 2012 – (4) 161 Ss 125/12 (159/12) –, juris).

Er erachtet eine monatliche Ratenzahlung von 100 Euro für angemessen. Die Fest-setzung einer (noch) geringeren Ratenhöhe war nicht geboten. Denn Ratenzahlun-gen dürfen eine Geldstrafe in ihrem Wesen nicht verändern und müssen als ernstes Übel fühlbar bleiben (vgl. Fischer a.a.O. § 42 Rn. 10 m.w.N.; ständige Rspr. des KG, z.B. Senat, Beschluss vom 13. Juni 2018 – (3) 161 Ss 90/18 (11/18) – m.w.N.; KG Beschluss vom 2. November 2012 – (4) 121 Ss 146/12 (265/12) –, juris).
Die Verfallsklausel beruht auf § 42 Satz 2 StGB.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Der geringe Erfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).


Einsender: RiKG U. Sandherr, Berlin

Anmerkung:


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