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Entscheidungen

Gebühren

Strafverfahren, Rahmengebühren, Festsetzung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Aachen, Beschl. v. 26.05.2021 - 60 Qs 18/21

Leitsatz: 1. In strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren besteht eine Abhilfemöglichkeit nicht. Ein gleichwohl erlassener Nichtabhilfebeschluss ist im Hinblick hierauf (deklaratorisch) aufzuheben.
2. Dem Verteidiger steht gegen einen den Antrag auf Festsetzung der Wahlverteidigervergütung teilweise ablehnenden Kostenfestsetzungsbeschluss keine Beschwerderecht zu (Anschluss an LG Saarbrücken, Beschluss vom 7. November 2012 - 2 Qs 40/12; LG Hagen, Beschluss vom 6. Juli 2016 - 44 Qs 65/16). Zu Gunsten des ehemaligen Angeklagten ist ein von dem Verteidiger im eigenen Namen eingelegtes Rechtsmittel daher so auszulegen, dass dieses (auch) im Namen des ehemaligen Angeklagten eingelegt worden ist.
3. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, einen Beruf auszuüben, ist untrennbar mit der Freiheit verbunden, eine angemessene Vergütung zu fordern. Gesetzliche Vergütungsregelungen und ihre Anwendung durch die Fachgerichte sind daher am Maßstab dieses Grundrechts zu messen (BVerfG, Kammerbeschuss vom 19. August 2011 - 1 BvR 2473/10).
4. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche die RVG-VV eine (Betrags-)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten (hier: der Landeskasse), zu erstatten, ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Unbillig ist der Gebührenansatz dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 % über der angemessenen Höhe liegt.
5. Darüber hinaus liegt eine vom ersatzpflichtigen Dritten zu tolerierende Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt nur dann vor, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles in Verbindung mit den Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG getroffen worden ist. Liegt eine solche Ermessensentscheidung nicht vor (hier: pauschale Erhöhung der Gebührentatbestände aufgrund einer psychischen Erkrankung des Mandanten ohne Berücksichtigung der hierdurch jeweils abgegoltenen Tätigkeit), ist die vom Verteidiger vorgenommene Gebührenbestimmung auch dann unbillig, wenn sie die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschreitet (Anschluss an OLG Stuttgart, Urteil vom 19. April 2012 - 2 U 91/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 1998 - 1 Ws 148/98; LG Tübingen, Beschluss vom 15. Juni 2016 - 9 Qs 37/16).
6. Sind wesentliche Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG als eher unterdurchschnittlich anzusehen und ist aufgrund einer psychischen Erkrankung des Mandanten ausschließlich die Informationsbeschaffung im Rahmen des Erstgesprächs als überdurchschnittlich anzusehen, kann auch unter Berücksichtigung rechtlicher Schwierigkeiten des Rechtsfalles davon auszugehen sein, dass unter Berücksichtigung des konkreten Umfangs der entfalteten anwaltlichen Tätigkeit bezogen auf den Abgeltungsbereich der Grundgebühr im Vergleich sämtlicher Strafverfahren einschließlich Schwurgerichts- oder Wirtschaftsstrafverfahren insgesamt der Ansatz einer Mittelgebühr angemessen ist (sog. Kompensationstheorie; Anschluss an OLG Saarbrücken, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 1 Ws 254/13).
7. Ist der später freigesprochene Angeklagte einem Hauptverhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der auf diesen Tag entfallenden Gebühren und Auslagen seines Verteidigers. Die von dem Verteidiger entfaltete Tätigkeit stellt sich in diesem Fall als zwecklos dar. Die hierdurch entstandenen Gebühren sind daher keine erstattungsfähigen notwendigen Auslagen i.S. des § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V. mit § 91 Abs. 2 ZPO (Anschluss an LG Osnabrück, Beschluss vom 16. September 1997 - 2 Qs 36/97; AG Koblenz, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 2060 Js 49013/04 und AG Tiergarten, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 232b Ds 10/15).


In pp.

1. Der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Aachen - Rechtspflegerin - vom 05.05.2021 wird aufgehoben.
2. Die sofortige Beschwerde des ehemaligen Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Aachen - Rechtspflegerin - vom 14.04.2021 wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der ehemalige Angeklagte zu tragen.
Gründe

I.

In einem Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Aachen wurde dem ehemaligen Angeklagten mit der ihm am 24.07.2019 zugestellten Anklageschrift vom 12.07.2019 vorgeworfen, sich des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall (Mitsichführen eines anderen gefährlichen Werkzeugs [hier: Teppichmesser in der linken Hosentasche]) und der Beleidigung schuldig gemacht zu haben.

Mit Schriftsatz vom 30.07.2019 beantragte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten die Gewährung von Akteneinsicht und Verlängerung der Frist zur Stellungnahme im Zwischenverfahren. Nach Gewährung der Akteneinsicht beantragte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten mit Schriftsatz vom 19.08.2019, das Hauptverfahren mit der Maßgabe zu eröffnen, dass der Tatbestand der Beleidigung bereits aus Rechtsgründen ausscheide, da der dem ehemaligen Angeklagten vorgeworfene Ausspruch "Fick Dich!" keine herabwürdigende und ehrverletzende Äußerung im Sinne einer Beleidigung, sondern eine heftige und deutlich ablehnende Reaktion auf eine vorangegangene Aktion darstelle. Der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten begründete seinen Antrag weitergehend unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Ehingen (Bl. 39-40 GA).

Mit Beschluss vom 29.08.2019 ließ das Amtsgericht die Anklage der Staatsanwaltschaft ohne Einschränkungen zu und beraumte Termin zur Hauptverhandlung an. Mit Schriftsatz vom 28.08.2019 (Bl. 44-48 GA) reichte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten eine Bescheinigung des XXX vom XXX Aachen zur Akte, wonach bei dem ehemaligen Angeklagten eine paranoide Schizophrenie vorliege. Weiter führte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten aus, dass im Hinblick hierauf einerseits die Verhandlungsfähigkeit des ehemaligen Angeklagten, andererseits auch die Frage einer möglicherweise verminderten oder situationsbedingt ganz aufgehobenen Schuldfähigkeit zu überprüfen sei. Ferner regte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 StPO an. Nachdem die Staatsanwaltschaft einer Verfahrenseinstellung nicht zugestimmt hatte, ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.09.2019 die Einholung eines Gutachtens zu der Frage an, ob der ehemalige Angeklagte zur Tatzeit schuldunfähig oder eingeschränkt schuldfähig war.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige XXX reichte sein Gutachten vom 19.10.2019 (Bl. 58-83 GA) zur Akte und kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei dem ehemaligen Angeklagten diagnostisch ein langjähriger Cannabismissbrauch (drogeninduzierte Psychose zum damaligen Zeitpunkt unter neuroleptischer Medikation weitgehend remittiert mit zumindest diskreten kognitiven Basisstörungen), eine Traumatisierung und eine Spielsucht vorlägen. Die Vernehmungsfähigkeit des ehemaligen Angeklagten sei unter der mit einer neuroleptischen Medikation weitgehend remittierten drogeninduzierten Psychose krankheitsbedingt leicht beeinträchtigt. Zudem führte der Sachverständige aus, dass vieles dafür spreche, dass aufgrund der in dem Gutachten aufgeführten Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 StGB vorlägen. Inwieweit die Einsichtsfähigkeit in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt gewesen sei, dass sogar die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 StGB vorlägen oder dieses durch eine krankheitsbedingt vollständig aufgehobene Steuerungsfähigkeit bedingt werde, sollte abschließend in der Hauptverhandlung diskutiert werden.

Mit Schriftsatz vom 25.10.2019 (Bl. 85-87 GA) nahm der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten Stellung zu dem vorgenannten Sachverständigengutachten und vertrat u.a. die Auffassung, dass nach dem Ergebnis des Gutachtens nicht ausgeschlossen werden könne, dass der ehemalige Angeklagte krankheitsbedingt die Polizeibeamten nicht als solche erkannt habe. Der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten beantragte, das Verfahren gegen den ehemaligen Angeklagten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft einzustellen und für diesen Fall die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des ehemaligen Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen. Zudem beantragte er, ihn dem ehemaligen Angeklagten als Pflichtverteidiger beizuordnen.

Zu dem Hauptverhandlungstermin am 29.10.2019 erschien der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht. Das Amtsgericht ordnete daraufhin die zwangsweise Vorführung des Angeklagten zu dem nächsten Hauptverhandlungstermin an. Diese Anordnung wurde vom Amtsgericht aufgehoben, nachdem er mit Schriftsatz vom 29.10.2019 (Bl. 92-93 GA) Ausführungen zu den Gründen des Fernbleibens des ehemaligen Angeklagten gemacht hatte.

Mit Schriftsätzen vom 06.01., 29.06. und 16.12.2020 beantragte der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten erneut Akteneinsicht, die ihm durch das Amtsgericht jeweils gewährt wurde.

Am 02.03.2021 fand, nachdem zunächst für den18.02.2020, 11.08.2020, 19.01.2021, 19.03.2021 und 15.06.2021 anberaumte Termine aufgehoben worden waren, zwischen 10.00 Uhr und 12.25 Uhr vor dem Amtsgericht eine Hauptverhandlung statt, in der der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten zum Pflichtverteidiger bestellt wurde. Der ehemalige Angeklagte ließ sich sodann - teilweise über seinen Verteidiger - dahingehend ein, dass es sich nach seiner Wahrnehmung um zivile Leute gehandelt habe, die ihn angesprochen hätten, er sei dann in die Stresssituation geraten und weggeflüchtet. Im Anschluss machte der Verteidiger Ausführungen dazu, dass seiner Auffassung nach weder eine Beleidigung noch eine Widerstandshandlung gegeben sei. Nach Vernehmung von drei Zeugen und Erstattung eines Gutachtens durch den Sachverständigen XXX sprach das Amtsgericht den Angeklagten frei, die Staatskasse hatte die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 03.03.2021 hat der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten beantragt, Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse wie folgt festzusetzen:

Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 280,00 Euro
Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG 230,00 Euro
Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG
(HVT 29.10.2010 und 02.03.2021) 660,00 Euro
Auslagenpauschale 20,00 Euro
Dokumentenpauschale 38,20 Euro
1.228,20 Euro
19 % MWSt 233,36 Euro
Gesamtsumme 1.416,56 Euro

In dem vorgenannten Schriftsatz heißt es: "...Der Unterzeichner hat die Wahlverteidigermittelgebühr maßvoll erhöht. Die Erhöhung begründet sich darin, dass die Einarbeitung in den Fall aufgrund des komplexen Krankheitsbildes des Mandanten, aber auch die Beratung des Mandanten von besonderem Umfang geprägt waren. Es handelte sich teilweise um medizinisch komplizierte Sachverhalte, die zunächst einmal erarbeitet und sodann in juristischer Hinsicht bewertet werden mussten. Zudem war auch der Sachverhalt nicht ohne Schwierigkeit, was sich auch in der verhältnismäßig langen Dauer des Hauptverhandlungstermins äußerte. Zudem war eine Begutachtung des Mandanten erforderlich. Auch das Gutachten musste durchgearbeitet und mit dem Mandanten in rechtlicher und medizinischer Hinsicht besprochen werden. Hinzu trat, dass bereits mehrere zuvor festgesetzte Hauptverhandlungstermine vorbereitet, dann jedoch wieder abgesagt und verlegt wurden.".

Mit Verfügung vom 19.03.2021 hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen Stellung zu dem vorgenannten Antrag genommen und die Auffassung vertreten, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Angeklagten als durchschnittlich zu bewerten sei; seine Einkommensverhältnisse lägen im unteren Durchschnitt. Im Einzelnen hat sie zu der Gebühr Nr. 4100 VV-RVG dargelegt, dass diese die erstmalige Einarbeitung abdecke. Abgegolten sei mithin das erste pauschale Gespräch mit dem Mandanten, die Beschaffung der erforderlichen Information, insbesondere die erste Akteneinsicht nach § 147 StPO. Die Akteneinsicht habe eine überlassene Akte (Bl. 1-35 GA) umfasst. Der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit in diesem zu bewertenden Verfahrensabschnitt der Informationsbeschaffung seien durchschnittlich gelagert. Für die entfaltete Tätigkeit werde eine Gebühr in Höhe von 200,00 Euro für angemessen erachtet. Zu der Gebühr Nr. 4106 VV-RVG hat die Bezirksrevisorin dargelegt, dass die Einarbeitung in das komplexe Krankheitsbild, Beratung nach Einsicht der Akten diesem Verfahrensabschnitt zuzuordnen seien. Die Gebühr sei daher angemessen ermittelt und für die Landeskasse verbindlich. Zu der Gebühr Nr. 4108 VV-RVG ist ausgeführt worden, dass zwei Hauptverhandlungen stattgefunden hätten. Da das Ermessen von dem Verteidiger nicht explizit pro Verhandlungstag ausgeübt worden sei, sei davon auszugehen, dass eine Gebühr in Höhe von 330,00 Euro angemeldet worden sei. Der Termin am 29.10.2019 habe ohne den Angeklagten stattgefunden, der unentschuldigt dem Termin ferngeblieben sei. Der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Mühewaltung seien als unterdurchschnittlich zu bewerten. Darüber hinaus sei anzumerken, dass notwendige Auslagen, die durch das Erscheinen eines Verteidigers in einer wegen schuldhafter Abwesenheit des Angeklagten ausgesetzten Hauptverhandlung entstanden seien, als eine zulässige, aber zwecklose Tätigkeit mangels Notwendigkeit i.S. des § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V. mit § 91 Abs. 2 ZPO anzusehen seien mit der Folge, dass diese grundsätzlich nicht erstattungsfähig und mithin im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht berücksichtigungsfähig seien. Der Verteidiger sei zugleich Pflichtverteidiger. Sie halte eine Gebühr in Höhe von 220,00 Euro (Festgebühr Pflichtverteidigung) für angemessen. Die weitere Gebühr Nr. 4108 VV-RVG sei ermessensfehlerfrei ermittelt und für die Landeskasse verbindlich. Es errechne sich ein festzusetzender Betrag in Höhe von 1.235,46 Euro. Der Festsetzung der Wahlverteidigervergütung werde nur zugestimmt, wenn der Verteidiger auf die Geltendmachung der Pflichtverteidigervergütung verzichte. Sollte ein solcher Verzicht nicht erklärt werden, seien die notwendigen Auslagen nur in der Höhe festzusetzen, als diese das Pflichtverteidigerhonorar überstiegen.

Mit Verfügung vom 24.03.2021 hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht dem Verteidiger die Stellungnahme der vorgenannten Verfügung der Bezirksrevisorin übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben sowie um Mitteilung gebeten, ob auf die Pflichtverteidigervergütung verzichtet werde.

Mit Schriftsatz vom 31.03.2021 hat der Verteidiger unter Beifügung eines Pflichtverteidigervergütungsantrages über einen Gesamtbetrag in Höhe von 940,34 Euro (Bl. 169-170 GA) ausgeführt, dass lediglich die Differenz geltend gemacht werde. Zu den Ausführungen der Bezirksrevisorin hat der Verteidiger ausgeführt, dass nicht diese die Gebühren im eigenen Ermessen festsetze, sondern der Verteidiger. Das ausgeübte Ermessen des Verteidigers unterliege nur einer eingeschränkten Überprüfung. Immerhin habe die Bezirksrevisorin nicht neben dem Verteidiger gesessen und könne den Aufwand und den Schwierigkeitsgrad im Rahmen der anwaltlichen Beratung nicht ansatzweise einschätzen. Dies gelte umso mehr, als der Mandant nachgewiesenermaßen unter einer psychischen Erkrankung leide. Gründe, warum der Verteidiger das ihm eröffnete Ermessen hier missbraucht habe, würden nicht vorgetragen. Zu Nr. 4108 VV-RVG sei anzumerken, dass abermals es der Bezirksrevisorin nicht zustehe, ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des Verteidigers zu setzen. Selbstverständlich seien der Schwierigkeitsgrad und der Umfang hier erhöht gewesen. Trotz der "nur" 35 Blatt Aktenmaterial habe es sich um einen hoch dynamischen komplexen Vorgang mit vielen Beteiligten, der mit dem Mandanten einerseits vorbereitet und sodann zum Termin noch einmal zur Vorbereitung durch den Verteidiger habe durchgearbeitet werden müssen. Immerhin sei es das Ziel der Verteidigung gewesen, hier einen Freispruch zu erreichen, sodass auch eine umfangreiche Zeugenbefragung vorzubereiten gewesen sei. Wenn zwischen den Zeilen zu lesen stehe, dass die Bezirksrevisorin dem Verteidiger vorwerfe, er habe hier absichtlich unnötige Kosten produziert, sei das eine Frechheit, die ihresgleichen suche. Wie aus der diesseitigen Zuschrift an das Gericht vom 29.10.2019 hervorgehe, sei der Verteidiger selbst nicht darauf vorbereitet gewesen, dass der Mandant nicht erscheinen würde. Vielmehr habe er den gesamten Hauptverhandlungstag, inklusive einer voraussichtlich umfangreichen Befragung der Zeugen vorbereitet. Dass der Verhandlungstag letztlich kürzer abgelaufen sei, ändere am Umfang der Vorbereitung nichts. Diese Tatsache ändere jedoch auch nichts an der Höhe der Gebühr, denn immerhin sei mit dieser Gebühr auch der Nachgang abgegolten, nämlich diejenige Tätigkeit, die damit verbunden gewesen sei, zu verhindern, dass gegen den Mandanten ein Haftbefehl erlassen werde. Es sei immer leicht, sich im Nachgang anhand von irgendwelchem Akteninhalt vorzustellen, wie einfach die Arbeit eines anderen doch sei, um dann an der Ausübung des Ermessens irgendwie herumzumäkeln. Es bleibe jedoch dabei, dass der Verteidiger das Ermessen ausübe und nicht die Bezirksrevisorin.

Mit Beschluss vom 08.04.2021 (Bl. 171 GA) hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Aachen die dem Verteidiger zu erstattenden Pflichtverteidigergebühren antragsgemäß auf 940,34 Euro festgesetzt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.04.2021 hat das Amtsgericht Aachen die nach dem rechtskräftigen Urteil vom 02.03.2021 dem ehemaligen Angeklagten aus der Landeskasse zu erstattenden Auslagen auf 295,12 Euro festgesetzt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung ist in dem vorgenannten Beschluss ausgeführt worden, dass die angemeldete Grundgebühr in Höhe von 280,00 Euro sowie die Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin am 29.10.2019 in Höhe von 330,00 Euro jeweils unbillig hoch und daher im Sinne von § 14 RVG nicht verbindlich für die Landeskasse seien. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für den Angeklagten als durchschnittlich zu bewerten. Seine Einkommensverhältnisse (monatliche Krankengeldzahlung in Höhe von 1.080,00 Euro) lägen im unteren Durchschnitt. Mit der Grundgebühr werde pauschal das erste Gespräch mit dem Mandanten und die erste Beschaffung der erforderlichen Informationen, wozu auch die erste Akteneinsicht zähle, erfasst. Insoweit komme dem Aktenumfang eine besondere Bedeutung zu. Ebenfalls erfasst seien sämtliche übrigen Tätigkeiten im zeitlichen Zusammenhang mit der Übernahme des Mandats. Die Bestellung des Verteidigers sei am 30.07.2019 erfolgt, die ihm überlassene Akte habe 35 Seiten umfasst. Der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit in diesem zu bewertenden Verfahrensabschnitt der Informationsbeschaffung seien durchschnittlich gelagert. Für die entfaltete Tätigkeit erscheine eine Gebühr in Höhe von 200,00 Euro daher angemessen. Die Einarbeitung in das komplexe Krankheitsbild und die Beratung des Mandanten nach Einsicht der Akten und des eingeholten Sachverständigengutachtens seien dem von der Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG abgegoltenen Verfahrensabschnitt zuzuordnen. Diese Gebühr sei daher mit 230,00 Euro angemessen ermittelt und für die Landeskasse verbindlich. Hinsichtlich der Gebühren für die Hauptverhandlungstermine hat die Rechtspflegerin für den Termin am 29.10.2019 eine Gebühr in Höhe von 220,00 Euro in Ansatz gebracht und hat insoweit eine der Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 19.03.2021 gleichlautende Begründung angeführt. Die für den Termin am 02.03.2021 angesetzte Gebühr in Höhe von 330,00 Euro hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht als zutreffend ermittelt und daher für die Landeskasse verbindlich angesehen. Unter Zugrundelegung dessen ist ein festzusetzender Betrag in Höhe von 1.235,46 Euro ermittelt und unter Abzug der bereits zur Auszahlung angewiesenen Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 940,34 Euro ein restlicher Betrag in Höhe von 295,12 Euro festgesetzt worden.

Gegen den vorgenannten, ihm am 19.04.2021 zugestellten Beschluss hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung zunächst auf seinen Schriftsatz vom 31.03.2021 Bezug genommen. Die dort vorgebrachten Argumente seien in dem angefochtenen Beschluss vollständig ignoriert und keines einzigen Argumentes gewürdigt worden, mit welchen sich mit den hiesigen Argumenten auseinandergesetzt werde. Noch einmal werde darauf hingewiesen, dass nicht der Kostenbeamte oder der Bezirksrevisor die Ermessensentscheidung anstelle des Rechtsanwaltes treffe, sondern er lediglich eine eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit habe und nur bei grober Unbilligkeit das durch den Verteidiger ausgeübte Ermessen ersetzen dürfe. Eine solche Situation liege hier nicht vor. Über dem gesamten Mandat hätten die schwerwiegende psychische Erkrankung des Mandanten gestanden. Dies unterscheide den Arbeitsaufwand und die Art und Weise der Beratung grundlegend vom Normalfall. Dass der Kostenbeamte bzw. der Bezirksrevisor diesen Umstand im Bereich der Grundgebühr vollständig außer Acht lasse, habe nach der Hoffnung des Unterzeichners lediglich mit blanker Unwissenheit in Bezug auf das Krankheitsbild zu tun und nicht etwa mit einer Diskriminierung kranker Menschen. Gerade aufgrund der Erkrankung des Mandanten sei das erste Gespräch mit dem Mandanten überdurchschnittlich umfangreich gewesen, da es sich schwierig gestaltet habe, die notwendigen Informationen vom Mandanten zu erhalten. Gerade vor dem Hintergrund, dass bei dem Krankheitsbild des Mandanten Fehlvorstellungen und wahnhaft eingefärbte Erinnerungen vorliegen könnten, jedoch nicht in allen Einzelbereichen vorliegen müssten, sei es schwierig gewesen, zu erfragen, wie der Geschehensablauf aus Sichtweise des Mandanten sich dargestellt habe. Auch die Art und Weise der Informationsvermittlung durch den psychisch erkrankten Mandanten sei vergleichsweise schwierig gewesen, da dies nicht chronologisch und auch logisch geordnet erfolgt sei, sondern eher sprunghaft und teilweise unter Vermischung der tatsächlichen Zeitabläufe. Auch dies habe mit dem Krankheitsbild des Mandanten zu tun. Vor diesem Hintergrund sei bereits das erste Gespräch von einer weit überdurchschnittlichen Dauer und Komplexität gewesen, als dies üblicherweise der Fall sei. De Ansetzung der reinen Mittelgebühr unterstelle geradezu, dass es in diesem Mandat keinerlei Besonderheiten gegeben habe. Zum einen gehe dies erkennbar an der Realität vorbei, zum anderen erschöpfe sich die Kritik des Kostenbeamten auch lediglich in rein pauschalen Erwägungen. Was die Terminsgebühr für den ersten Termin anbetreffe, so sei eine ebenso umfassende Vorbereitung von Nöten, wie dies für den zweiten Termin der Fall gewesen sei. Anders als bei dem zweiten Termin habe der Verteidiger im Nachgang zum ersten Termin - und insoweit als zusätzlicher Aufwand zu einer normalen Terminsgebühr mit stattgefundener Hauptverhandlung - mit dem Mandanten Kontakt aufnehmen und den Grund für sein Fernbleiben in Erfahrung bringen und ihn gleichzeitig über mögliche Konsequenzen dieses Fernbleibens informieren und aufklären müssen. Immerhin sei seitens des Gerichts die Vorführung zum nächsten Termin angeordnet worden. Die Klärung der Situation mit dem Mandanten, die Aufklärung des Mandanten über die drohenden Konsequenzen sowie die Abstimmung über das weitere Vorgehen und die Bedeutung der Ladung zu einem künftigen Termin, habe krankheitsbedingt abermals mehr Zeit und Aufwand in Anspruch genommen, als dies in einem üblichen Mandat der Fall sei. Immerhin habe der Verteidiger noch am gleichen Tag zur Vermeidung weiterer Nachteile für den Mandanten einen Schriftsatz an das Gericht übermittelt, um die Entschuldigung des Mandanten und dessen Bedauern über sein unentschuldigtes Fernbleiben zum Ausdruck zum Ausdruck zu bringen und die Hintergründe hierfür zu erklären und weiterhin zu beantragen, für den nächsten Termin von einer Vorführung abzusehen. Insgesamt habe der Verteidiger dadurch mindestens genauso viel, wenn nicht sogar zeitlich noch mehr Zeiteinsatz nötig, als die Dauer der Verhandlung des zweiten Hauptverhandlungstermins in Anspruch genommen habe. Derartige Nacharbeitung einer Hauptverhandlung, welche nicht habe stattfinden können, gehöre jedoch ebenfalls zu der Tätigkeit, welche mit der Terminsgebühr abgegolten werde. Auch insoweit sei die Erhöhung der Gebühr durch den Unterzeichner im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens als äußerst moderat zu bezeichnen, was aus diesem Grunde keiner Abänderung zugänglich sei.

In ihrer Verfügung vom 03.04.2021 hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen die Auffassung vertreten, das eingelegte Rechtsmittel sei zulässig, aber sachlich unbegründet. Zu bewerten seien die Gebühren für die jeweilige anwaltliche Tätigkeit in den dafür im Gebührenrecht vorgegebenen Verfahrensabschnitten. Insoweit werde auf die hiesige Stellungnahme vom 19.03.2021 und den angegriffenen Beschluss Bezug genommen. § 14 RVG bedinge zu jeder beantragten Gebühr eine Gesamtschau der Voraussetzungselemente. Soweit die Herabsetzung der Grundgebühr gerügt werde, sei darauf hinzuweisen, dass das "eingehende" Studium der Akten nicht mehr von der Grundgebühr erfasst werde. Generell sei das Gespräch bei der Übernahme des Mandanten nicht sehr lange. Spätere, sich daran anschließende Gespräche würden aber nicht mehr von der Grundgebühr, sondern von der neben der Grundgebühr entstehenden Verfahrensgebühr abgegolten. Das gelte auch dann, wenn das Gespräch, in dem weitere Informationen erteilt würden, in zeitlicher Nähe zu den die Grundgebühr auslösenden Tätigkeiten geführt werde. Soweit vorgetragen werde, dass das Erstgespräch aufgrund der Erkrankung länger gedauert habe, sei darauf hinzuweisen, dass die anderen Voraussetzungen des § 14 RVG nicht derart überdurchschnittlich seien, als dass die Höhe der beantragten Gebühr gerechtfertigt gewesen wäre. Die in dem Beschwerdeschriftsatz vorgebrachten Argumente beträfen die Gebühr Nr. 4106 VV-RVG. Die Beratung des Mandanten, das Durcharbeiten des Gutachtens, weitere Besprechungen mit dem Mandanten die Kontaktaufnahme mit diesem aufgrund seines Fernbleibens im Termin bzw. Nacharbeitung der Hauptverhandlung u.v.m. fielen u.a. darunter. Diese habe der Anwalt selbst mit 230,00 Euro für angemessen erachtet und beantragt. Die Landeskasse sei dem nicht entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 05.05.2021 hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht dem Rechtsmittel des Verteidigers gegen den Beschluss vom 14.04.2021 nicht abgeholfen und zur Begründung vollumfänglich auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 11.05.2021 hat die Kammer den Verteidiger mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche auf Folgendes hingewiesen:

"Es wird darauf hingewiesen, dass die zulässige Beschwerde insbesondere unter Bezugnahme auf die nach Auffassung der Kammer sachlich zutreffenden, diesem Schriftsatz beigefügten Ausführungen der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Aachen vom 03.05.2021 unbegründet sein dürfte. Die in der Beschwerdeschrift aufgeführte psychische Erkrankung des ehemaligen Angeklagten ist hinreichend berücksichtigt worden, insbesondere im Rahmen der antragsgemäß festgesetzten Gebühr nach Nr. 4106 VV-RVG. Auch die weiteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift dürften unter Berücksichtigungen der Begründung des angegriffenen Beschlusses nicht durchgreifen. Es geht in der Sache auch nicht darum, dass die Bezirksrevisorin bzw. die Kammer anstelle des Verteidigers die angemessenen Gebühren festsetzt. Die Kammer folgt insoweit in ständiger Rechtsprechung einer vergleichbaren Entscheidung des Landgerichts Tübingen vom 15.06.2016 (Az.: 9 Qs 37/16). Dieses hat Folgendes ausgeführt: "Maßgeblich für die Billigkeit der vom Verteidiger nach billigem Ermessen zu bestimmenden Rahmengebühren sind nach § 14 Abs. 1 RVG sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögenslage des Auftraggebers. Für die Beurteilung der Billigkeit des Gebührenansatzes ist grundsätzlich ein dem Verteidiger bei der Bestimmung der Gebühren zustehender Spielraum im Sinne einer Toleranzgrenze von 20 % zu berücksichtigen. Hält sich der Verteidiger innerhalb dieser Grenze ist die Gebührenbestimmung nicht unbillig und von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012, VI ZR 273/11, juris, Rn. 4). Eine vom ersatzpflichtigen Dritten zu tolerierende Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt liegt jedoch nur vor, wenn sie aufgrund der Umstände des Einzelfalles in Verbindung mit den Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG getroffen worden ist. Liegt eine solche Ermessensentscheidung nicht vor, ist die vom Verteidiger vorgenommene Gebührenbestimmung auch dann unbillig, wenn sie die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschreitet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 19.04.2012, 2 U 91/11, juris, Rn. 66; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.1998, 1 Ws 148/98, juris, Rn. 12)." Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles in Verbindung mit den Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG sowie insbesondere des jeweiligen Abgeltungsbereichs der in Ansatz gebrachten Gebührentatbestände dürfte indes aufgrund der in dem angegriffenen Beschluss sowie den Stellungnahmen der Bezirksrevisorin dargelegten Aspekten keine bindende Gebührenbestimmung vorliegen."

Mit Schriftsatz vom 17.05.2021 hat der Verteidiger zu der vorgenannten Verfügung der Kammer mitgeteilt, dass er über die Sichtweise des Gerichts erschreckt sei, die eine völlige Aufgabe der Freiheit des Rechtsanwalts, seine eigenen Gebühren im eigenen Ermessen der Höhe nach festzusetzen, darstelle. Es habe den Anschein, als solle die Rechtsanwaltschaft in ihren diesbezüglichen, nun immerhin auch grundgesetzlich geschützten Freiheiten, endgültig rechtelos gestellt werden. Was hier passiere, sei aus Sicht des Unterzeichners nicht mehr und nicht weniger als die Umkehrung der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Rechtsanwalt seine Gebühren im eigenen Ermessen festsetze und diese nur dann nicht zu erstatten seien, wenn sie grob unbillig seien. Der jetzige Versuch stelle aus der Wahrnehmung des Unterzeichners den Versuch dar, das Ermessen der Staatskasse an die Stelle des Ermessens des Rechtsanwalts zu stellen und dessen Gebühren zur vollen Überprüfung der Bezirksrevisoren und Kostenbeamten zu stellen. Da dies jeder bisherigen Rechtsprechung, aber insbesondere auch dem Grundgesetz entgegenstehe, bestehe der Unterzeichner selbstverständlich darauf, dass hier entschieden werden möge.

II.

1. Soweit die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 05.05.2021 der sofortigen Beschwerde des ehemaligen Angeklagten nicht abgeholfen hat, ist dieser Beschluss (deklaratorisch) aufzuheben, da eine Abhilfemöglichkeit in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht besteht. Aus § 464b Satz 3 StPO i.V. mit § 572 Abs. 1 ZPO ergibt sich nicht, dass eine Abhilfemöglichkeit in strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren besteht. Nach dieser Bestimmung sind auf das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung die Vorschriften der Zivilprozessordnung (nur) entsprechend anzuwenden. Deshalb finden auf das Verfahren (§§ 103 ff. ZPO) und die Vollstreckung (§§ 794 ff. ZPO) der Kostenfestsetzung die Vorschriften der ZPO lediglich insoweit Anwendung, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen. Demgemäß sind für das Beschwerdeverfahren die §§ 304 ff. StPO - also auch § 311 Abs. 3 StPO - und nicht die entsprechenden Vorschriften der ZPO anwendbar (zutreffend BGH, Beschl. v. 27.11.2002 - 2 ARs 239/02, BGHSt 48, 106 = NJW 2003, 763; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, § 464b Rn. 4 m.w.Nachw. zum Streitstand).

2. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 464b Satz 3 StPO i.V. mit §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 304 Abs. 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Erstrebt wird, wie sich aus der Begründung des Rechtsmittels ergibt, die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses sowie die Festsetzung von Kosten in Höhe von weiteren 226,10 Euro.

Die Kammer geht zu Gunsten des ehemaligen Angeklagten davon aus, dass die sofortige Beschwerde des Verteidigers - was nicht ausdrücklich geschehen ist - im Namen seines Mandanten eingelegt wurde. Das Rechtsmittel steht allein dem von dem Kostenfestsetzungsbeschluss beschwerten ehemaligen Angeklagten zu. Der Verteidiger kann hingegen nicht ausschließlich in eigenem Namen das Rechtsmittel einlegen (vgl. LG Saarbrücken, Beschl. v. 07.11.2012 - 2 Qs 40/12, juris Rn. 22 m.w.Nachw,; LG Hagen, Beschl. v. 06.07.2016 - 44 Qs 65/16, BeckRS 2016, 21397 Rn. 13).

Die sofortige Beschwerde ist darüber hinaus form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdefrist beträgt - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung des angegriffenen Beschlusses zutreffend ausgeführt - nicht gemäß § 311 Abs. 2 StPO eine Woche, sondern gemäß § 464b Satz 4 StPO i.d. Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I, S. 3202) zwei Wochen (vgl. hierzu KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, § 464b Rn. 4a).

3. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Festsetzung der (restlichen) Wahlverteidigergebühren durch das Amtsgericht und die Zurückweisung des weitergehenden Kostenfestsetzungsantrages sind zu Recht erfolgt.

a) Der Kammer liegt es entgegen der Ausführungen des Verteidigers des ehemaligen Angeklagten fern, "die Rechtsanwaltschaft" in ihren grundgesetzlich geschützten Freiheiten "rechtelos" zu stellen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, einen Beruf auszuüben, untrennbar mit der Freiheit verbunden ist, eine angemessene Vergütung zu fordern. Gesetzliche Vergütungsregelungen und ihre Anwendung durch die Fachgerichte sind daher am Maßstab dieses Grundrechts zu messen (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschl. v. 19.08.2011 - 1 BvR 2473/10, juris Rn. 15 m.w.Nachw.). Ebenso fern liegt es der Kammer, das Recht eines Rechtsanwalts, seine Gebühren im eigenen Ermessen festzusetzen, umzukehren oder gar aufzugeben. Insbesondere geht es - worauf erneut hinzuweisen ist - nicht darum, das Ermessen der Staatskasse an die Stelle des Rechtsanwalts zu setzen und dessen Gebühren "zur vollen Überprüfung der Bezirksrevisoren und Kostenbeamten" zu stellen. Vielmehr gilt Folgendes:

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche - wie vorliegend - die VV-RVG eine (Betrags-)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten, wie hier der Landeskasse, zu erstatten, ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Unbillig ist der Gebührenansatz nach herrschender, auch von der Kammer geteilter, Ansicht dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 % über der angemessenen Höhe liegt (vgl. nur BGH, Urt. v. 31.10.2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420, 421, juris Rn. 5; BGH, Urt. v. 08.05.2012 - VI ZR 273/11, juris, Rn. 4; OLG Celle, Beschl. v. 27.05.2020 - 2 Ws 161/20, juris Rn. 22; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.01.2014 - 1 Ws 254/13, juris Rn. 12). In diesem Fall berechnet der/die Rechtspfleger/in die ihm/ihr als billig erscheinende Gebühr, vergleicht diese mit der durch den Rechtsanwalt bestimmten und toleriert - wie vorliegend bezogen auf die von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten bemessene Verfahrensgebühr sowie die Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin am 02.03.2021 geschehen - Abweichungen in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes mit der Begründung, eine Abweichung innerhalb dieses Prozentsatzes mache die bestimmte Gebühr noch nicht zu einer unbilligen; umgekehrt macht dann aber ein Überschreiten der Grenze die anwaltliche Feststellung und Festsetzung unverbindlich (vgl. hierzu Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Aufl. 2019, § 14 Rn. 12). Darüber hinaus liegt eine vom ersatzpflichtigen Dritten zu tolerierende Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt nur dann vor, wenn sie aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles in Verbindung mit den Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG getroffen worden ist. Liegt eine solche Ermessensentscheidung nicht vor, ist die vom Verteidiger vorgenommene Gebührenbestimmung auch dann unbillig, wenn sie die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschreitet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 19.04.2012 - 2 U 91/11, juris, Rn. 66; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.04.1998 - 1 Ws 148/98, juris, Rn. 12; LG Tübingen, Beschl. v. 15.06.2016 - 9 Qs 37/16, juris Rn. 12; VG Stuttgart, Beschl. v. 01.03.2013 - 7 K 2641/12, BeckRS 2013, 50435; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Aufl. 2019, § 14 Rn. 12 m.w.Nachw.).

Nach dem Gesagten trifft es daher zu, dass die Gebührenbemessung durch den Rechtsanwalt nach billigem Ermessen erfolgt. Entgegen der Auffassung des Verteidigers ist es aber im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG gerade nicht so, dass die Gebührenbemessung einer Überprüfung durch die Landeskasse und die Gerichte entzogen ist. Dabei geht es entgegen der Auffassung des Verteidigers des ehemaligen Angeklagten nicht darum, an der Gebührenbemessung des Rechtsanwalts "herumzumäkeln" oder diese zu kritisieren, vielmehr ist unter Zugrundelegung der Bemessungskriterien des § 14 RVG unter Berücksichtigung des Abgeltungsbereichs der jeweiligen Gebührentatbestände die angemessene Gebühr für die Tätigkeit des Rechtsanwalts zu ermitteln, wobei die Behauptungs- und Beweislast bei der Landeskasse liegt (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Auf. 2019, § 14 Rn. 7).

b) Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen war das von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten ausgeübte Ermessen auch im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG unbillig und daher für die Landeskasse nicht bindend. Das Amtsgericht war daher bei Prüfung der Notwendigkeit der geltend gemachten Auslagen berechtigt, die nach § 14 RVG bestimmten Rahmengebühren herabzusetzen (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

Der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten hat in seinem Antrag vom 03.03.2021 zwar sein Ermessen insoweit erkennbar ausgeübt, als er - im Grundsatz zutreffend - auf die Besonderheiten des Falls aufgrund der psychischen Erkrankung des ehemaligen Angeklagten abgestellt hat. Die Ermessensausübung ist jedoch schon deshalb unbillig, weil der Verteidiger des ehemaligen Angeklagten mit der vorgenannten Begründung die Wahlverteidigermittelgebühren pauschal, also ohne Bezugnahme auf die jeweiligen Gebührentatbestände und die hierdurch jeweils abgegoltenen Tätigkeiten und die hierauf bezogenen jeweils konkret in Rede stehenden Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, erhöht hat. Dies lässt auf ein ermessensfehlerhaft ausgeübtes Bestimmungsrecht schließen (vgl. LG Tübingen, Beschl. v. 15.06.2016 - 9 Qs 37/16, juris Rn. 14). Dass der ehemalige Angeklagte unter einer psychischen Erkrankung leidet, ist zwar zweifelsohne ein Umstand, der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bei der Bemessung der Gebühren zu berücksichtigen ist. Dementsprechend haben sowohl das Amtsgericht in dem angegriffenen Beschluss als auch die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme bezogen auf die Verfahrensgebühr sowie die Termingebühr für die Hauptverhandlung vom 02.03.2021 zutreffend ausgeführt, dass diese Gebühren - im Hinblick auf die notwendige Einarbeitung in das komplexe Krankheitsbild und die Beratung nach Einsicht der Akten - angemessen ermittelt und daher für die Landeskasse verbindlich seien. Demgegenüber rechtfertigt die psychische Erkrankung des ehemaligen Angeklagten weder allein, also ohne Berücksichtigung der weiteren in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungskriterien, noch bezogen auf sämtliche geltend gemachten Gebührentatbestände und die hiermit jeweils abgegoltenen Tätigkeiten eine (pauschale) Erhöhung der Wahlverteidigermittelgebühren.

c) Die von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten bestimmte Grundgebühr nach Nr. 4100 VV-RVG in Höhe von 280,00 Euro ist nach dem Gesagten unbillig. Die in dem angefochtenen Beschluss festgesetzte Grundgebühr in Höhe von 200,00 Euro (Mittelgebühr) begegnet demgegenüber keinen Bedenken.

Die Grundgebühr umfasst sämtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts im Rahmen der erstmaligen Einarbeitung in den Rechtsfall. Der Abgeltungsbereich der Grundgebühr umfasst die erstmalige Einarbeitung in den Sachstand, die Entgegennahme der Informationen einschließlich der Informationsbeschaffung, die Sachverhaltsermittlung sowie das Erstgespräch mit dem Mandanten (vgl. hierzu LG Hagen, Beschl. v. 06.07.2016 - 44 Qs 65/16, BeckRS 2016, 21397 Rn. 18; BeckOK-RVG/Knaudt, 51. Ed. 01.03.2021, RVG VV 4100 Rn. 3; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV Nr. 4100 Rn. 10). Für die Bemessung der Gebühr maßgeblich sind daher insbesondere der Umfang der Akte, in die zur erstmaligen Einarbeitung Einsicht genommen wird, der Tatvorwurf, tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten sowie die Dauer des Erstgesprächs (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.01.2014 - 1 Ws 254/13, juris Rn. 17; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV Nr. 4100 Rn. 22 m.w.Nachw.; BeckOK-RVG/Knaudt, 51. Ed. 01.03.2021, RVG VV 4100 Rn. 15.1). Alle anderen bzw. weiteren Tätigkeiten, die nicht zusätzlicher Aufwand der erstmaligen Einarbeitung sind, werden - wie sowohl das Amtsgericht als auch die Bezirksrevisorin zutreffend angeführt haben - mit der jeweiligen, ebenfalls anfallenden Verfahrensgebühr abgegolten (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.01.2014 - 1 Ws 254/13, juris Rn. 13; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV Nr. 4100 Rn. 11), also auch spätere, sich an das Erstgespräch anschließende Gespräche, die etwa dem konkreten Aufbau einer Verteidigungsstrategie dienen. Das gilt auch dann, wenn das Gespräch, in dem weitere Informationen erteilt werden, in zeitlicher Nähe zu den die Grundgebühr auslösenden Tätigkeiten geführt wird (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV Nr. 4100 Rn. 10).

Unter Berücksichtigung all dessen ist der Ansatz der Mittelgebühr angemessen. Zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme des Verteidigers umfasste die Ermittlungsakte lediglich 35 Blatt. Die Sachlage war - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um einen dynamischen Vorgang mit mehreren Beteiligten handelte - eher unterdurchschnittlich (zum zugrunde zu legenden Vergleichsmaßstab vgl. LG Neuruppin, Beschl. v. 19.04.2012 - 21 Qs 4/12, juris Rn. 4; LG Tübingen, Beschl. v. 15.06.2016 - 9 Qs 37/16, juris Rn. 17; BeckOK-RVG/Knaudt, 51. Ed. 01.03.2021, RVG VV 4100 Rn. 15.1). Die Sachverhaltsschilderung in der Strafanzeige umfasste knapp drei Seiten (Bl. 2 unten-5 Mitte GA). Am unmittelbaren Tatgeschehen beteiligt waren drei Polizeibeamte, zwei weitere Polizeibeamte wurden erst im weiteren Verlauf des Geschehens zur Unterstützung hinzugerufen. Andererseits wies der Sachverhalt insoweit rechtliche Schwierigkeiten auf, als es um die Beurteilung der Frage des Vorsatzes des ehemaligen Angeklagten bezogen auf den Tatvorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte ging, ebenso bezogen auf die Frage, ob die von dem ehemaligen Angeklagte (vermeintlich) getätigte Äußerung ("Fick Dich!") den Straftatbestand des § 185 StGB verwirklicht hat. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Erstgespräch und die damit einhergehende Informationsbeschaffung insoweit besondere Schwierigkeiten aufwiesen, als das Erstgespräch - dessen genaue Dauer der Verteidiger nicht dargelegt hat - aufgrund der Erkrankung des ehemaligen Angeklagten überdurchschnittlich umfangreich gewesen ist, da es sich schwierig gestaltet hat, die notwendigen Informationen von dem ehemaligen Angeklagten zu erhalten, gerade vor dem Hintergrund, dass bei dem Krankheitsbild des ehemaligen Angeklagten Fehlvorstellungen und wahnhaft eingefärbte Erinnerungen vorliegen können, jedoch nicht in allen Einzelbereichen vorliegen müssen. Weiter ist insoweit zu berücksichtigen, dass unter Zugrundelegung der Angaben des Verteidigers die Art und Weise der Informationsvermittlung durch den ehemaligen Angeklagten schwierig gewesen ist. Allein aus dem Umstand, dass nach dem Gesagten einzelne Bemessungskriterien bezogen auf die Grundgebühr als überdurchschnittlich anzusehen sind, folgt indes entgegen der Auffassung des Verteidigers des ehemaligen Angeklagten nicht, dass der Ansatz der Mittelgebühr nicht als angemessen angesehen werden kann. Insbesondere unterstellt dies gerade nicht, dass es bei dem zugrunde liegenden Mandat keinerlei Besonderheiten gegeben hat. Vielmehr ist vorliegend unter Berücksichtigung des Umstandes, dass wesentliche Bemessungskriterien als eher unterdurchschnittlich anzusehen sind und aufgrund der psychischen Erkrankung des ehemaligen Angeklagten ausschließlich die Informationsbeschaffung im Rahmen des Erstgesprächs als überdurchschnittlich angesehen werden sowie unter Berücksichtigung der dargelegten rechtlichen Schwierigkeiten davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung des Umfangs der entfalteten anwaltlichen Tätigkeit bezogen auf den Abgeltungsbereich der Grundgebühr im Vergleich sämtlicher Strafverfahren einschließlich Schwurgerichts- oder Wirtschaftsstrafverfahren (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.01.2014 - 1 Ws 254/13, juris Rn. 12; LG Tübingen, Beschl. v. 15.06.2016 - 9 Qs 37/16, juris Rn. 17) insgesamt der Ansatz einer Mittelgebühr angemessen ist (zur sog. Kompensationstheorie vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.01.2014 - 1 Ws 254/13, juris Rn. 13 m.w.Nachw.; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 24. Aufl. 2019, § 14 Rn. 11).

Die weitergehenden Ausführungen der Verteidigers des ehemaligen Angeklagten zum Arbeitsaufwand und die Art und Weise der Beratung, ebenso die Ausführungen dazu, dass es sich um einen dynamischen komplexen Vorgang mit vielen Beteiligten gehandelt habe, der mit dem Mandanten einerseits vorbereitet und sodann zum Termin noch einmal zur Vorbereitung durch den Verteidiger habe durchgearbeitet werden müssen, betreffen - wie die Bezirksrevisorin zutreffend und in Übereinstimmung mit den obigen Ausführungen dargelegt hat - nicht den Abgeltungsbereich der Grund-, sondern der Verfahrensgebühr (vgl. OLG München, Beschl. v. 27.02.2014 - 4c Ws 2/14, BeckRS 2014, 7255). Insoweit hat das Amtsgericht in dem angegriffenen Beschluss die von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten getroffene, (zu Recht) über der Mittelgebühr liegende Gebührenbemessung als für die Landeskasse verbindlich angesehen.

d) Die von dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten bestimmte Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV-RVG für den Hauptverhandlungstermin am 29.10.2019 in Höhe von 330,00 Euro ist nach dem Gesagten ebenfalls unbillig. Die in dem angefochtenen Beschluss festgesetzte Grundgebühr in Höhe von 220,00 Euro begegnet demgegenüber im Ergebnis keinen Bedenken.

In diesem Zusammenhang kommt es auf die weitergehenden Ausführungen des Verteidigers des ehemaligen Angeklagten zu der Vor- und Nachbereitung des Hauptverhandlungstermins am 29.10.2019 nicht an. Ebenso kann letztlich dahinstehen, ob die in dem angegriffenen Beschluss festgesetzte Gebühr zutreffend ermittelt worden ist. Ist der später freigesprochene Angeklagte - wie hier - einem Hauptverhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben, hat er (gar) keinen Anspruch auf Erstattung der auf diesen Tag entfallenden Gebühren und Auslagen seines Verteidigers. Die von dem Verteidiger entfaltete Tätigkeit stellt sich in diesem Fall als zwecklos dar. Die hierdurch entstandenen Gebühren sind daher keine erstattungsfähigen notwendigen Auslagen i.S. des § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V. mit § 91 Abs. 2 ZPO (vgl. LG Osnabrück, Beschl. v. 16.09.1997 - 2 Qs 36/97; AG Koblenz, Beschl. v. 28.02.2007 - 2060 Js 49013/04, NStZ-RR 2007, 327; AG Tiergarten, Beschl. v. 11.01.2016 - 232b Ds 10/15, juris; BeckOK-StPO/Niesler, 39. Ed. 01.01.2021, § 464a Rn. 11). Da nach dem Gesagten die fehlende Notwendigkeit der Auslagen allein auf das unentschuldigte Fernbleiben des Angeklagten beruht, geht es nicht darum, dem Verteidiger des ehemaligen Angeklagten hiermit vorzuwerfen, er habe "hier absichtlich unnötige Kosten produziert".

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

5. Eine (weitere) Beschwerde gegen diesen Beschluss findet nicht statt (vgl. § 310 StPO).

Die Kammer kann nicht gemäß § 464b Satz 3 StPO i.V. mit § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entscheiden, da die Regelung aus den oben genannten Gründen in Kostenfestsetzungsverfahren in Strafsachen keine Anwendung findet (vgl. BGH, Beschl. v. 27.11.2002 - 2 ARs 239/02, BGHSt 48, 106 = NJW 2003, 763). Jedenfalls ist kein Grund für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde erkennbar, dem Beschwerdeverfahren liegen keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zugrunde, es geht ausschließlich um die Rechtsanwendung im Einzelfall.


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