Gericht / Entscheidungsdatum: VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 21.05.2021 - 2 L 664/21
Leitsatz: Die Verwaltungsbehörde darf einem Rechtsanwalt in NRW einen Impftermin nicht mit der Begründung verweigern, es sei nicht genügend Impfstoff vorhanden und daher dürfe man nur die Justiz berücksichtigen.
VG Gelsenkirchen
2 L 664/21
Beschluss
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
des Rechtsanwalts pp.
gegen
die Stadt Bochum, vertreten durch den Oberbürgermeister, 44777 Bochum,
Antragsgegnerin,
wegen Seuchenrechts
hier: Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat die 2. Kammer des
VERWALTUNGSGERICHTS GELSENKIRCHEN
am 21. Mai 2021
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht,
die Richterin am Verwaltungsgericht und
den Richter am Landgericht
beschlossen:
1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, über den Antrag des Antragstellers vom 5. Mai 2021 auf Erhalt einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem mRNA-Impfstoff im Impfzentrum der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts bis zum 28. Mai 2021 (neu) zu entscheiden.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Der sinngemäß gestellte Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller unverzüglich eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem mRNA-Impfstoff im Impfzentrum der Antragsgegnerin zu ermöglichen, hat nur im aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Er ist zulässig. Insbesondere besteht entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin für den Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht deshalb, weil der Antragsteller die Möglichkeit hätte, sich mit einem der Vektor-Impfstoffe von AstraZeneca oder Johnson & Johnson impfen zu lassen, für die die Priorisierung aufgehoben wurde. Denn beide Impfstoffe werden von der Ständigen Impfkommission derzeit nur für über 60-jährige empfohlen, und der Kläger ist erst 40 Jahre alt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass für Personen, die noch keine 60 Jahre alt sind, ebenfalls die Möglichkeit besteht, sich nach ausführlicher ärztlicher Beratung mit einem dieser Impfstoffe impfen zu lassen. Die Kammer hat keinen An-lass, an der anwaltlichen Versicherung des Antragstellers zu zweifeln, dass ihm sein Hausarzt von einem solchen Vorgehen abgeraten habe. Einem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für den vorliegenden Antrag steht ebenfalls nicht entgegen, dass neben den Impfzentren auch niedergelassene Ärzte Impfungen mit mRNA-Impfstoffen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 anbieten. Denn der Kläger hat anwaltlich versichert, eine solche Möglichkeit derzeit nicht zu haben. Dies ist ohne weiteres plausibel, weil die Zahl der Menschen, die sich bei den niedergelassenen Ärzten um eine Impfung bemühen, die Zahl der derzeit verfügbaren Impfdosen weit übersteigt.
Der Antrag ist jedoch nur teilweise begründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwG0) kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt in beiden Fällen voraus, dass der zu Grunde liegende materielle Anspruch, der Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, der Anordnungsgrund, glaubhaft gemacht sind, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 294, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Diese Voraussetzungen liegen hier nur im aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang vor. Der Antragsteller hat zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung lediglich einen Anordnungsanspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf sofortige Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem mRNA-Impfstoff im Impfzentrum der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht.
Sowohl ein etwaiger einfach-gesetzlicher Anspruch aus § 20 Abs. 5 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder aus § 1 Abs. 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 (Coronavirus-lmpfverordnung CoronalmpfV) als auch der verfassungsrechtliche Leistungs- und Teilhabeanspruch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bestehen nur im Rahmen der aktuell tatsächlich zur Verfügung stehenden Kapazitäten.
Vgl. bereits VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. Januar 2021 - 20 L 1812/20 -, juris Rn. 50; siehe zum Ganzen inzwischen auch BVerfG, Beschluss vom 22. Februar 2021 - 1 BvQ 15/21 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 16. Februar 2021 - 20 CE 21.442 juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 2. Februar 2021 LSV 1121 B ER -, juris.
Dies folgt mit Blick auf § 1 Abs. 1 Satz 1 CoronalmpfV bereits aus dem Wortlaut der Norm, wonach nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe" ein Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus besteht. Im Übrigen ist die Begrenzung des Anspruchs auf Teilhabe an staatlichen Leistungen auf die jeweils aktuell vorhandenen Kapazitäten allgemein anerkannt.
Gewährt der Staat eine staatliche Leistung, folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Teilhabe, wenn die Nichtleistung dem Anspruchsteller gegenüber eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt. Der Anspruch steht allerdings unter dem Vorbehalt des Möglichen in dem Sinn, dass die Verwaltung beispielsweise nicht mehr als die ihr für eine bestimmte Subvention zur Verfügung gestellten Mittel ausgeben oder nur bis zur Kapazitätsgrenze Personen zur Nutzung einer Einrichtung zulassen kann. Diese Grenzen des Möglichen sind mit anderen Worten auch unter Gleichheitsgesichtspunkten sachgerechte Gründe für eine Beschränkung des Anspruchs. Die praktische Ausgestaltung der kapazitätsbedingten Beschränkung (z. B. Windhundprinzip, gleichmäßige Begrenzung der Leistung, je unterschiedliche Leistungen) obliegt der Verwaltung, solange die dabei gefundenen Differenzierungen nur wiederum sachgerecht sind.
Vgl. nur Kischel, in: Epping/Hiligruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 45. Edition (Stand: 15. November 2020), Art. 3 Rn. 88 ff. m. w. N.; siehe auch Nußberger, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 53 ff.
Aufgrund der wie allgemein bekannt nur begrenzt zur Verfügung stehenden Impf-stoffe, obliegt es der Antragsgegnerin daher, die Impfdosen anhand sachgerechter Kriterien unter den jeweiligen Anspruchsberechtigten zu verteilen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit E-Mail vom 7. Mai 2021 mitgeteilt, dass sie mit Impfungen von Personen der Priorität 3 (Anspruchsberechtigte nach § 4 CoronalmpfV) begonnen hat. Der Antragsteller unterfällt auch nach Auffassung der Antragsgegnerin aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt der Gruppe der Anspruchsberechtigten nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b CoronalmpfV.
Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronalmpfV können innerhalb einer Gruppe von Anspruchsberechtigten auf Grundlage der jeweils vorliegenden infektiologischen Er-kenntnisse, der jeweils aktuellen Empfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut und der epidemiologischen Situation vor Ort bestimmte Anspruchsberechtigte vorrangig berücksichtigt werden. Sofern eine solche Priorisierung innerhalb der einzelnen Gruppen nach der Coronavirus-Impfverordnung vorgenommen wird, ist aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Impfstoffe wiederum eine willkürfreie, an sachlichen Kriterien orientierte Auswahlentscheidung zu verlangen. Die Antragsgegnerin nimmt zur Begründung der von ihr praktizierten Impfreihenfolge Bezug auf die Weisung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) im Erlass vom 5. Mai 2021, der derzeit eine Impfung unter anderem von Beschäftigten in den Servicebereichen der Gerichte und Justizbehörden, Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, nicht aber von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorsieht. Zur Begründung dieser Differenzierung führt sie aus, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte hätten ebenso wie die genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz berufsbedingt zahlreiche Kontakte zu anderen Menschen. Bei typisierender Betrachtungsweise sei jedoch davon auszugehen, dass die Justizbeschäftigten zur Erfüllung der ihnen gesetzlich obliegenden Aufgaben tendenziell häufiger Kontakte zu anderen Menschen hätten, während Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte tendenziell häufiger Mandantengespräche auch mittels Telefonat oder Video-Telefonie führen könnten.
Diese Priorisierungsentscheidung ist auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstabes des § 114 Satz 1 VwGO zu beanstanden. Das Gericht prüft ausschließlich, ob die Behörde in der Erkenntnis des ihr eingeräumten Ermessens alle die den Rechtsstreit kennzeichnenden Belange in ihre Erwägung eingestellt hat, dabei von richtigen und vollständigen Tatsachen ausgegangen ist, die Gewichtung dieser Belange der Sache angemessen erfolgt ist und das Abwägungs-ergebnis vertretbar ist, insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Dabei sind Ermessenserwägungen bis zur letzten Verwaltungsentscheidung zu berücksichtigen, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch ergänzt werden können (§ 114 Satz 2 VwGO).
Die getroffene Priorisierungsentscheidung entbehrt einer nachvollziehbaren, auf tragfähige Tatsachen gestützten Begründung. Die Entscheidung beruht wesentlich auf der Annahme, Richter, Staatsanwälte und Beschäftigte in den Serviceeinheiten der Gerichte hätten typischerweise mehr berufliche Kontakte zu anderen Menschen als Rechtsanwälte und seien deshalb einem höheren Risiko ausgesetzt, sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren. Die Antragsgegnerin hat diese Einschätzung nicht durch belastbare Quellen belegt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, weil die Richtigkeit der Einschätzung nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Im Gegenteil spricht nach den Erfahrungen der Kammer mit dem beruflichen Alltag von Richtern, Staatsanwälten, Mitarbeitern der Geschäftsstellen der Gerichte und Rechtsanwälten bei summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass Rechtsanwälte nicht weniger berufliche Kontakte zu anderen Menschen haben als Angehörige der anderen genannten Berufsgruppen.
Richter nehmen meist nur an einem oder zwei Tagen der Woche an Gerichtsverhandlungen teil, verhandeln an diesen Tagen jedoch häufig in demselben Sitzungssaal eine Vielzahl von Fällen mit unterschiedlichen Beteiligten. Rechtsanwälte haben demgegenüber an bis zu fünf Tagen pro Woche Termine bei unterschiedlichen Ge-richten und bei unterschiedlichen Spruchkörpern desselben Gerichts wahrzunehmen. Dass diese Unterschiede in der Teilnahme an Gerichtsterminen zur Folge haben, dass Richter während ihrer Sitzungstätigkeit eine größere Zahl verschiedener Menschen treffen als Rechtsanwälte, kann die Kammer nicht feststellen. Hinzu kommt, dass Rechtsanwälte während der Sitzungen einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt sind, weil sie deshalb in unmittelbarer Nähe häufig wechselnder Personen sitzen, weil sie in den unterschiedlichen Terminen unterschiedliche Mandanten vertreten. Die Besetzung der Richterbank bleibt demgegenüber während eines Sitzungstags meist unverändert. Innerhalb des Sitzungssaals sind die Plätze der Richter zudem meist relativ weit von denen der Beteiligten entfernt.
Während der beruflichen Tätigkeit, die sich außerhalb von Gerichtssälen abspielt, begegnen Richter ebenfalls nicht typischerweise einer größeren Anzahl von Personen als Rechtsanwälte. Im Gegenteil dürften Rechtsanwälte mehr unvermeidliche persönliche Kontakte haben als Richter und deshalb einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt sein. Denn Richter können nach den Erfahrungen der Kammer im beruflichen Alltag persönliche Begegnungen fast immer dadurch vermeiden, dass sie per Telefon oder E-Mail kommunizieren. Auch Kammerberatungen und Absprachen mit den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, der Gerichtsverwaltung usw. sind nahezu ausnahmslos auf diesem Weg möglich. Zudem beschränken sich diese Kontakte auf einen vergleichsweise kleinen und im Wesentlichen gleichbleibenden Personenkreis. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass auch Rechtsanwälte viele Besprechungen mit Mandanten, anderen Rechtsanwälten usw. telefonisch oder per Videokonferenz abwickeln oder durch andere elektronische Korrespondenz (z. B. E-Mails) ersetzen können. Der Anteil der Gespräche, die persönlich geführt werden müssen, dürfte aber höher sein als bei Richtern. Während die für eine elektronische Kommunikation der Justizangehörigen untereinander erforderlichen technischen Voraussetzungen vorliegen, verfügt ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung und damit der Mandantschaft der Rechtsanwälte wie die Erfahrungen mit dem Distanzunterricht in den Schulen eindrucksvoll gezeigt haben nicht über die mediale Aus-tattung und die technischen Kenntnisse, die für eine problemlose elektronische Kommunikation unabdingbar sind. Zudem ist es keineswegs ungewöhnlich, dass Rechtsanwälte Gespräche mit Mandanten führen müssen, die an einer uneingeschränkten elektronischen Kommunikation gehindert sind, weil sie sich z. B. in Justizvollzuganstalten oder therapeutischen Einrichtungen befinden.
Ähnlich stellen sich Vergleiche des beruflichen Alltags von Staatsanwälten und Rechtsanwälten sowie von Mitarbeitern der Geschäftsstellen der Gerichte und Rechtsanwälten dar.
Die aufgezeigten Mängel der Priorisierungsentscheidung führen jedoch nicht dazu, dass der Antragsteller einen Anspruch hat, unverzüglich eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem mRNA-Impfstoff zu erhalten. Denn es er-scheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Priorisierung von Richtern, Staatsanwälten und Mitarbeitern der Geschäftsstellen der Gerichte gegenüber Rechtsanwälten aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein könnte. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Gerichts, sachliche Gründe zur Rechtfertigung für eine Un-gleichbehandlung durch die Antragsgegnerin zu finden, wenn diese die Gründe nicht zum Gegenstand ihrer Entscheidungen macht.
Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2021 -13 B 58/21 -, juris Rn. 14.
Ebenso wenig erscheint ausgeschlossen, dass der Antragsgegner sein Ermessen fehlerfrei dahingehend ausüben kann, Richter, Staatsanwälte, Mitarbeiter der Geschäftsstellen der Gerichte und Rechtsanwälte hinsichtlich der Priorisierung gleich zu behandeln, der Antragsteller aber dennoch derzeit noch keinen Impftermin erhalten könnte. Dies wäre insbesondere denkbar, wenn der Antragsgegner das ihm zu-stehende Ermessen dahingehend ausüben würde, noch nicht sämtlichen Angehörigen der genannten Berufsgruppen ein Impfangebot zu machen, sondern nur solchen, bei denen aufgrund ihres Alters, ihrer konkreten Tätigkeit oder ihrer Vorerkrankungen eine erhöhte Gefahr für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung besteht.
Dem Antragsteller steht schließlich auch kein Anspruch im Sinne einer Ermessensreduktion auf Null zu, weil die Antragsgegnerin bereits anderen Angehörigen der Priorisierungsgruppe 3 eine Schutzimpfung anbietet. Aus einer einmaligen, möglicherweise rechtswidrigen Vergabe des Impfstoffs kann der Antragsteller jedenfalls derzeit noch keine Ansprüche herleiten. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht.
Vgl. nur Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 45. Edition (Stand: 15. November 2020), Art. 3 Rn. 115 ff. m. w. N.
Allenfalls dann, wenn die Antragsgegnerin systematisch gleichheitswidrig bei der Verteilung des Impfstoffes vorgehen sollte,
vgl. zur Abwehr systematisch gleichheitswidriger Gesetzesanwendung notfalls auch durch Gewährung gesetzwidriger Vorteile nur Nußberger, in: Sechs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 52,
könnte sich ein Anspruch auch des Antragstellers auf eine unverzügliche Schutzimpfung ergeben.
Vgl. hierzu bereits VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. Januar 2021 - 20 L 1812/20 -, juris Rn. 60 ff.
Die Frage, ob die Antragsgegnerin systematisch gleichheitswidrig vorgeht, hängt entscheidend davon ab, ob es ihr innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist gelingen wird, eine sachlich gerechtfertigte Priorisierungsentscheidung zu treffen.
Der Anordnungsgrund für diese einstweilige Anordnung ist gegeben, da mit einer zeitnahen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren nicht zu rechnen ist und es um den Schutz des Antragstellers vor schwerwiegenden Gesundheitsgefahren geht.
Die Kammer stellt abschließend klar, dass sie derzeit keine Veranlassung sieht, die Verimpfung des vorhandenen Impfstoffes als vorläufige Sicherungsmaßnahme zu stoppen. Denn sie geht davon aus, dass Impfstoff für den Antragsteller auch dann noch bzw. wieder vorhanden sein wird, wenn seinem Anspruch auf rechts- und ermessensfehlerfreie Entscheidung innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nachgekommen wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs_ 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt die mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beabsichtigte Vorwegnahme der Hauptsache.
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