Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 15.04.2021 - 3 Ws 91/21
Leitsatz: 1. Eine auf § 176 GVG gestützte Anordnung, zum Schutz vor einer Covid19-Infektion in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, ist regelmäßig nicht zu beanstanden.
2. Eine grundlose Weigerung des Verteidigers, dieser Anordnung zu folgen, kann eine Aus-setzung des Verfahrens und hiernach eine Kostentragungspflicht nach § 145 Abs. 4 StPO zur Folge haben.
Oberlandesgericht Celle
Beschluss
3 Ws 91/21
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger: Rechtsanwalt
,
wegen Betrugs
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der Strafkammer 4 1. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim vom 10. März 2021 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 15. April 2021 beschlossen:
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Mit dem in der Hauptverhandlung vom selben Tage verkündeten Beschluss vom 10. März 2021 hat die Strafkammer 4 1. große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim das Verfahren gegen den Angeklagten B. abgetrennt, die Hauptverhandlung gegen diesen nach § 145 Abs. 1 StPO wegen eines einem unentschuldigten Ausbleiben gleichzusetzenden Verhaltens seines Verteidigers in der Hauptverhandlung ausgesetzt und dem Verteidiger die durch die Aussetzung verursachten Kosten gemäß § 145 Abs. 4 StPO auferlegt. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass der Verteidiger sich wiederholt geweigert hatte, der von der Kammer getroffenen Anordnung, im Gerichtssaal einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und durch die die Kammer eine von dem Vorsitzenden zuvor getroffenen Anordnung bestätigt hat, zu folgen
Die Kammer hat hierzu ausgeführt, die Anordnung, in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, sei aus Gründen des vorbeugenden Infektionsschutzes ergangen, zumal die Hauptverhandlung gegen zwei 74-jährige Angeklagte geführt werde, von denen einer auch unter Asthma leide und daher einer Risikogruppe zuzuordnen seien. Eine Fortsetzung der Hauptverhandlung unter Mitwirkung des Verteidigers sei ausgeschlossen, weil nicht das unnötige Risiko eingegangen werden könne, dass eine möglicherweise infizierte Person die Luft im Gerichtssaal durch Ausatmen mit Viren so anreichere, dass sich andere im Saal anwesende Personen infizieren könnten. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes stelle hiernach das geeignetste und mildeste Mittel dar, um diesen Schutz zu gewährleisten. Das Befolgen der Anordnung sei dem Verteidiger ohne weiteres möglich gewesen; ein ärztliches Attest, welches ihm vom Tragen einer entsprechenden Maske hätte befreien können, habe dieser nicht vorgelegt. Die Kammer sehe in diesem Verhalten des Verteidigers einen Pflichtenverstoß, der einem Entfernen aus der Hauptverhandlung zur Unzeit oder einem Nichterscheinen gleichzusetzen sei. Von jedem Verfahrensbeteiligten dürfe erwartet werden, vor Gericht so aufzutreten und rechtmäßig ergangene Anordnungen zu befolgen, dass ihm unter Beachtung der Unversehrtheit der Rechtsgüter der anderen im Gerichtssaal anwesenden Personen der Aufenthalt gestattet werden kann. Dies gilt insbesondere in Zeiten einer Pandemie, die ihre Ursachen in einem über die Atem- und Raumluft durch Aerosole übertragbaren Virus habe. Bei dem Verhalten des Verteidigers handele es sich nicht um eine bloße Ungebühr, die vom Gericht zunächst zu tolerieren und gegebenenfalls auf berufsrechtlichen Weg zu ahnden wäre. Denn vorliegend gehe es um den Schutz der weiteren am Verfahren beteiligten Personen vor einer unnötigen Steigerung des Infektionsrisikos.
Die Beiordnung eines weiteren Verteidigers stelle nach 19 Verhandlungstagen und einer weitgehend durchgeführten Beweisaufnahme keine Alternative zur Aussetzung dar. Auch in Anbetracht des Verfahrensumfangs wäre einem neuen Verteidiger ein Zeitraum zur Einarbeitung zu gewähren, der eine dreiwöchige Unterbrechung der Hauptverhandlung übersteigen würde. Die Auferlegung der Verfahrenskosten gemäß § 145 Abs. 4 StPO sei geboten, da das schuldhafte Verhalten des Verteidigers die Aussetzung erforderlich gemacht habe. Der Verteidiger habe es ohne gewichtige Gründe abgelehnt, der Anordnung zu folgen. Auch die Möglichkeit der Beibringung eines ärztlichen Attests sei von ihm entgegen seiner Ankündigung vom 20. Hauptverhandlungstag nicht genutzt worden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 15. März 2021, mit welcher er sich namentlich gegen die Annahme eines Pflichtenverstoßes sowie die hierauf gestützte Abtrennung des Verfahrens, die Aussetzung der Hauptverhandlung sowie die Auferlegung der hierdurch verursachten Kosten wendet. Die Anordnung, im Sitzungssaal einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, könne nicht auf § 176 Abs. 2 GVG gestützt werden und entbehre daher einer rechtlichen Grundlage. Die Abstände im Sitzungssaal seien gewahrt, es werde regelmäßig gelüftet und auch um seinen Sitzplatz seien Plexiglaseingrenzungen installiert worden. Er selbst sei weder von der Hauptverhandlung ausgeblieben noch habe er sich geweigert, die Verteidigung zu führen. Überdies hätte ein anderer Verteidiger beigeordnet und die Hauptverhandlung hiernach fortgeführt werden können. Die Kammer habe ihr insoweit zustehendes Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
Die Kammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft wurde gehört; sie hat beantragt, wie erfolgt zu entscheiden.
II.
Die Beschwerde des Angeklagten ist zulässig. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Abtrennung richtet, steht dem die Regelung des § 305 Satz 1 StPO nicht entgegen, weil der Beschluss nur das Verfahren hemmt und bei der Urteilsfällung nicht erneut geprüft wird. (OLG Celle Nds, Rpfl. 2013,250 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl., § 2 StPO Rn. 13). Dies gilt nach heute überwiegender Auffassung auch im Hinblick auf die Anordnung der Aussetzung des Verfahrens, weil diese Entscheidung mit der Urteilsfindung nicht in innerem Zusammenhang steht (LR-Jahn, StPO, 27. Aufl., § 145 Rn. 39; MK-StPO-Thomas/Kämpfer, § 145 Rn. 24; KK-Willnow, Strafprozessordnung, 8. Aufl., § 145 Rn. 13; SSW-Beulke, Strafprozessordnung, 3. Aufl., § 145 Rn 29; BeckOK StPO-Krawczyk, § 145 Rn. 20; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt, § 145 Rn. 25). Im Hinblick auf die angefochtene Kostenentscheidung ist davon auszugehen, dass die hierfür maßgebliche Wertgrenze aus § 304 Abs. 3 StPO überschritten ist.
III.
Dem Rechtsmittel bleibt in der Sache ein Erfolg indessen versagt. Die Kammer hat aus grundsätzlich zutreffenden tatsächlichen wie rechtlichen Erwägungen, die der Senat auch seiner Entscheidung zu Grunde liegt, das Verfahren den Angeklagten B. betreffend abgetrennt, die Hauptverhandlung insoweit ausgesetzt und dem Verteidiger die hierdurch verursachten Kosten auferlegt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung.
1. Die von der Kammer angeordnete Abtrennung des Verfahrens betreffend den Angeklagten B. ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft im Rahmen ihrer - dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger inzwischen bekannt gemachten - Zuschrift ausgeführt:
Nach § 2 Abs. 2 StPO kann das Gericht die Trennung verbundener Strafsachen aus Gründen der Zweckmäßigkeit anordnen. Diese Entscheidung steht zwar im Ermessen des Gerichts, sie unterliegt im Beschwerdeverfahren aber grundsätzlich der vollen Nachprüfung, nicht nur derjenigen auf Ermessensfehler (vgl. OLG Frankfurt, StV 1991, 504; OLG Düsseldorf NStZ 1991, 145). Maßgeblicher Grund für die Trennung war, das Verfahren entsprechend dem Gebot der Verfahrensbeschleunigung, dem hier mit Blick auf die bisherige Dauer des Verfahrens ein erhebliches Gewicht zukam, zügig fortzuführen, nachdem aufgrund der Maskenverweigerung des Verteidigers eine Hauptverhandlung mit diesem nicht mehr möglich war und die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 StPO eingetreten waren.
Entgegen der Auffassung des Verteidigers war ihm mit der Vorgabe, eine Mund-Nasenschutzmaske zu tragen, keine unverhältnismäßige Maßnahme abverlangt worden, die der Vorsitzende im Rahmen einer sitzungspolizeilichen Anordnung nach § 176 Abs. 1 GVG nicht hätte treffen dürfen und die der Verteidiger nicht hätte befolgen müssen. Ihm wurde durch das Gericht die Zurverfügungstellung einer sogar transparenten Mund-Nasenschutzmaske mit Partikelfilter angeboten. Die Vorgehensweise des Vorsitzenden ist vorbildlich verantwortungsbewusst im Hinblick auf die auch schon bei Beschlussfassung kontinuierlich steigenden Zahlen der täglichen Neuinfektionen. Sie wird durch die derzeitige Corona-Lage in Hildesheim bestätigt, der Hinweis des Verteidigers auf eine 7-Tage-Inzidenz von 52,6 (Stand 10.03.2021) ist längst überholt. Die 7-Tage-Inzidenz liegt lt. im Internet abrufbarer Mitteilung der Landesregierung derzeit (Stand: 26.03.2021) bei 107. Von einem über 100 liegenden Wert ist auszugehen, wenn die Kammer am kommenden Dienstag gegen den anderen Angeklagten weiterverhandeln wird.
Im Hinblick auf die sich bekanntermaßen immer mehr verbreitende, hochansteckende englische Mutationsvariante hat das Gericht hinsichtlich der Gefahr durch Aerosole auch zu Recht nicht allein auf den Schutz durch offene Plexiglaswände gesetzt.
Der Trennungsbeschluss stellte eine zweckmäßige Maßnahme dar, das Verfahren unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verfahrensbeschleunigung fortzuführen, nachdem eine Fortsetzung der bisherigen Hauptverhandlung durch das Verhalten des Verteidigers unmöglich gemacht worden war. Die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 StPO lagen vor.
Die Vorschrift, die nur das Verfahren in der Hauptverhandlung regelt, soll sicherstellen, dass dem Angeklagten ein ausreichend vorbereiteter Verteidiger zur Seite steht (KK-Willnow, StPO, 8. Aufl., § 145 StPO, Rn. 1). Dem Ausbleiben steht eine Verhandlungsunfähigkeit gleich. Aufgrund der eng zu ziehenden Grenzen der Fremdkontrolle der Strafverteidigung durch das Gericht sind nur extreme Ausnahmefälle relevant (Löwe-Rosenberg-Lüderssen/Jahn, StPO, 26. Aufl., § 145 StPO, Rn. 14). Bloße Ungebühr kann nicht mit einem Ausbleiben, einem sich Entfernen oder der Weigerung, die Verteidigung zu führen, gleichgesetzt werden. Bei der Weigerung des Verteidigers, der gerichtlichen Anordnung nachzukommen und eine Maske in der Hauptverhandlung zu tragen, handelt sich aber nicht um einen bloßen Fall der Ungebühr, sondern um ein eklatantes Fehlverhalten, das aus Gründen des Gesundheitsschutzes aller weiteren Prozessbeteiligten eine Verteidigung unmöglich machte, weil dieses Verhalten einer Anwesenheit des Verteidigers im Sitzungssaal entgegenstand.
Der Verteidiger hat durch sein Verhalten seine tatsächliche physische Fähigkeit, dem Angeklagten während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung zur Seite zu stehen, zunichte gemacht. Damit lag eine Verhandlungsunfähigkeit vor, wie sie auch in Fällen einer Trunkenheit angenommen wird und die einem Ausbleiben in der Hauptverhandlung i. S. d. § 145 Abs. 1 S. 1 StPO gleichsteht.
Sollte der Senat eine dem Ausbleiben in der Hauptverhandlung gleichstehende Verhandlungsunfähigkeit nicht für gegeben halten, weil die Ursache letztlich in einem Verhalten und nicht in dem körperlichen und geistigen Zustand des Verteidigers liegt, wäre darauf abzustellen, dass das Verhalten des Verteidigers die Weigerung beinhaltete, den Angeklagten zu verteidigen. Zwar war der Verteidiger grundsätzlich willens, in der Hauptverhandlung zu erscheinen und die Verteidigung weiterzuführen, jedoch sollte das nach seinen eigenen Maßstäben geschehen ohne Maske, unter Außerachtlassung der von der Kammer beschlossenen Maßnahmen des vorbeugenden Infektionsschutzes , d. h. auf eine nicht durchführbare Weise. Durch die Nichtbefolgung der dem Gesundheitsschutz aller weiteren Prozessbeteiligten dienenden Maßnahme, eine Maske zu tragen, ist der Verteidiger den rechtmäßigen Vorgaben der Kammer für ein Auftreten in der Hauptverhandlung nicht gefolgt und hat durch seine Verweigerungshaltung seine Möglichkeit, den Angeklagten für die gesamte Dauer der Hauptverhandlung zu verteidigen, vereitelt.
Diesen Ausführungen tritt der Senat im Ergebnis bei und bemerkt ergänzend:
Nach heute im Grunde nicht mehr bestrittener Auffassung kann sich eine sitzungspolizeiliche Anordnung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Form einer Maske mit auch höherer Schutzklasse im Gerichtssaal auf vernünftige Gründe des Gemeinwohls stützen, ist diese zumindest zur Senkung der Wahrscheinlichkeit einer Covid-19-Infektion geeignet und sind mildere und gleich geeignete Mittel insoweit nicht ersichtlich (vgl. BVerfG MDR 2020, 1523; LG Frankfurt, AnwBl Online 2021, 453; Schmidt/Rau, COVID-19, Rechtsfragen zur Coronakrise, 2. Aufl., § 19 Straf- und Strafprozessrecht, Rn. 86; Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 Corona- Gesetzgebung - Gesundheit und Soziales, § 20 Verfahrensrecht, Rn.67). Dies gilt vor dem Hintergrund der aktuell bundesweit und auch im Landkreis Hildesheim wieder massiv gestiegenen Infektionszahlen der sog. Dritten Welle und dem Auftreten der sog. Virusmutanten erst recht. Anfänglichen Zweifeln (vgl. etwa noch Heuser und Bockemühl: Der Rechtsstaat braucht den freien Blick ins Gesicht, Maskerade in der Hauptverhandlung, KriPoZ 2020, 168; auf der Heiden: Prozessrecht in Zeiten der Corona-Pandemie NJW 2020, 1023; Fromm, Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren und Covid-19-Pandemie, COVuR 2020, 82), ob das sitzungspolizeiliche Anordnen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung im Sitzungssaal eine verhältnismäßige Maßnahme darstellt, ist im Anblick der gegenwärtigen Entwicklung der Covid-19-Pandemie, der hiermit einhergehenden massiven gesundheitlichen Gefahren und der entsprechenden und dringenden Empfehlung des Robert-Koch-Instituts zum Tragen entsprechender Masken zur Überzeugung des Senats der Boden entzogen. Dies gilt umso mehr, als anders als noch zu Beginn der Pandemie das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes von irrationalen Erwägungen abgesehen inzwischen unstreitig das Infektionsrisiko senkt. Das Anordnen zum Tragen eines entsprechenden medizinischen Schutzes auch in der Hauptverhandlung ist hiernach nicht nur zulässig, sondern vielmehr dringend geboten und wird nach Beobachtung des Senats vom ganz überwiegenden Teil sämtlicher Verfahrensbeteiligter nicht nur geduldet, sondern regelmäßig auch gefordert. Nach alledem steht es nicht im Belieben einzelner Verfahrensbeteiligter, sich aus offenkundigen und dringenden Gründen des Gesundheitsschutzes angeordneten Maßnahmen zu widersetzen.
Dies gilt auch für die hier angefochtene Maßnahme im Einzelfall, die ihre Grundlage in § 176 Abs. 1 GVG findet. Die Maßnahme ist auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Sie ist verhältnismäßig und hält sich im Rahmen des der Kammer eröffneten pflichtgemäßen Ermessens. Insoweit hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 15. Februar 2021 (das - unzulässige - Ablehnungsgesuch des Angeklagten betreffend) ausgeführt:
Wie im beanstandeten Beschluss vom 02.02.2021 ausgeführt, hat die Anordnung des Vorsitzenden ihre gesetzliche Grundlage in § 176 Abs. 1 GVG. Diese Vorschrift soll die Wahrung der Ordnung in der Sitzung sicherstellen und ermächtigt zu den Maßnahmen, die erforderlich sind, um den störungsfreien und gesetzmäßigen Ablauf der Sitzung zu sichern. Sie dient damit neben dem Schutz einer geordneten Rechtspflege, des Prozesses der Rechts- und Wahrheitsfindung und daneben auch der Wahrung der subjektiven Rechte der Verfahrensbeteiligten oder betroffener Dritter (BVerfG, Beschluss vom 11.05.1994 - 1 BvR 733/94, NStZ 1995, 40). § 176 GVG ermächtigt den Vorsitzenden zu den nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen. Das Ermessen des Vorsitzenden bezieht sich dabei sowohl auf die Frage, ob überhaupt eingeschritten wird, als auch darauf, in welcher Weise auf eine drohende Störung unter Abwägung der von der Anordnung betroffenen Rechtsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu reagieren ist (vgl. BeckOK-GVG/Walther, 9. Ed., 15.11.2020, § 176 Rn. 4 m.w.N.). Der Vorsitzende ist in der Wahl seiner sitzungspolizeilichen Anordnungen grundsätzlich - im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens - frei. Die Anordnungsbefugnis nach § 176 Abs. 1 GVG umfasst dabei nicht zuletzt als Ausfluss der aus Art. 2 Abs. 2 GG folgenden Pflicht zum Schutz der Sicherheit von Leben und körperlicher Unversehrtheit aller im Sitzungssaal anwesenden Personen - von den Angeklagten nicht in Abrede genommen - auch Maßnahmen des Infektionsschutzes (auf der Heiden, NJW 2020, 1023).
Zum Schutz der Beteiligten ist der Vorsitzende angesichts des grundrechtlich verankerten Schutzgutes von Leben und körperlicher Unversehrtheit dazu verpflichtet, durch sitzungspolizeiliche Maßnahmen sicherzustellen, dass die Gefahr der Ansteckung mit einer möglicherweise gefährlichen oder im Einzelfall gar tödlichen Erkrankung in der Sitzung so gering wie möglich gehalten wird. Wenn sich der Vorsitzende - oder die seine Entscheidung bestätigende Kammer - dabei im Rahmen gesundheitsbehördlicher Empfehlungen bewegt, wird dies in aller Regel nicht zu beanstanden sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.09.2020 - 1 BvR 1948/20 juris Rn. 4). Denkbar sind insoweit Maßnahmen zum Abstand und zur Hygiene. Unter Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann hierzu auch die Anordnung gehören, dass Verfahrensbeteiligte im zumutbaren Rahmen Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen haben (vgl. für den Zivilprozess, dessen Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung keine grundsätzlichen Unterschiede zum Strafprozess aufweist, etwa LG Frankfurt, Beschluss vom 05.11.2020 - 2-03 T 4/20, juris Rn. 15f ; allgemein zustimmend Metz, DRiZ 2020, 256, 257; ablehnend auf der Heiden, NJW 2020, 1023; Heuser/Bockemühl, KriPoZ 2020, 342).
Dem steht auch nicht die erst 2019 in das Gerichtverfassungsgesetz eingefügte Regelung in § 176 Abs. 2 GVG entgegen. Zwar bestimmt § 176 Abs. 2 Satz 1 GVG, dass an der Verhandlung beteiligte Personen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen dürfen. Hierbei hat es der Gesetzgeber allerdings nicht belassen, so dass für das von den Verteidigern der Angeklagten angeführte Argument einer am Wortlaut begrenzten Auslegung jede Grundlage fehlt. Denn in § 176 Abs. 2 Satz 2 GVG hat der Gesetzgeber weiter bestimmt, dass der Vorsitzende Ausnahmen vom Verbot des Verhüllens gestatten kann, wenn und soweit die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens kann der Vorsitzende daher Ausnahmen von § 176 Abs. 2 Satz 1 GVG bestimmen. Die Regelung ist ihrem Wortlaut nach zwar als Ausnahmeregelung konzipiert. Sind indes besonders gewichtige Schutzgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Verfahrensbeteiligten betroffen, wird sich sowohl das Entschließungs- wie auch das Auswahlermessen des Vorsitzenden zunehmend einschränken und sich ggf. unter besonderer Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in eine Handlungsverpflichtung zur Anordnung des (teilweisen) Verhüllens umwandeln.
Daran gemessen war die Anordnung des Vorsitzenden zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen und der diese bestätigende, u.a. von den abgelehnten Richtern gefasste Beschluss vom 02.02.2021 rechtmäßig, wenn nicht gar geboten. Die Maßnahme stellt sich keinesfalls als grob willkürlicher Verfahrensverstoß dar, der eine Befangenheit der abgelehnten Richter besorgen lassen könnte.
Die Anordnung des Tragens von Mund-Nasen-Bedeckungen ist angesichts der derzeitigen SARS-CoV2-Pandemie geeignet, Infektionen zu vermeiden. Nach den Empfehlungen des gemäß § 4 Abs. 1 IfsG hierzu berufenen Robert Koch-Institutes ist es notwendig, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert, z. B. indem sie Abstands- und Hygieneregeln konsequent einhält, Innenräume lüftet und, wo geboten, eine OP-Maske (Mund-Nasen-Schutz, MNS) oder eine FFP2-Maske (bzw. KN95 oder N95-Maske) korrekt trägt. Menschenansammlungen - besonders in Innenräumen - sollten möglichst gemieden werden (Täglicher Lagebericht des RKI vom 01.02.2021, S. 2). Es ist auch kein gleich geeignetes, milderes Mittel ersichtlich, da eine Mund- und Nasenbedeckung in geschlossenen Räumen einen höheren Schutz vor Infektionen bieten dürfte als das bloße Einhalten eines Abstands und das Belüften der Räumlichkeiten (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 28.09.2020, 1 BvR 1948/20, juris Rn. 4)
Durch die Anordnung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wird auch nicht in unzumutbarer Weise das Wesen der Beweisaufnahme beeinträchtigt oder in die Möglichkeiten der Verteidigung eingegriffen. Denn gerade die Einschränkung der Anordnung des Vorsitzenden, dass derjenige, dem das Wort erteilt ist, von der Anordnung ausgenommen ist, erlaubt es allen Verfahrensbeteiligten, neben dem bloßen Inhalt einer mündlichen Äußerung auch die mimischen Regungen des Sprechenden wahrzunehmen. Zuzugeben ist den Angeklagten und der Verteidigung insoweit lediglich, dass durch das Verhüllen der unteren Gesichtshälfte die Mimik der übrigen Beteiligten nicht in dem Maße wahrgenommen werden kann, wie dies bei unbedeckten Gesichtern der Fall wäre. Dass hierdurch die Verteidigung in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wäre, ist indes nicht ersichtlich. Entsprechende Wahrnehmbarkeitsprobleme gibt es im Einzelfall auch ohne Mund-Nasen-Bedeckungen. Bei sehr zahlreichen Verfahrensbeteiligten in sehr großen Gerichtssälen war auch bislang schon das Erkennen jeder einzelnen Gesichtsregung aller übrigen Verfahrensbeteiligten erschwert. Gleiches galt auch schon bislang etwa bei Trägern dichter Bärte. Die Wahrnehmbarkeit der Gestik bleibt dagegen stets erhalten. Die unveränderliche Physiognomie aller Beteiligter dürften sich die Verfahrensbeteiligten in den vergangenen 17 Verhandlungstagen in ausreichendem Maße vergegenwärtigt haben.
Das Tragen einer Maske stellt schließlich auch keine Beeinträchtigung der Verteidigung zu einer spontanen Intervention dar. Denn spontanes Sprechen ist auch mit Mund-Nasen-Bedeckung ohne weiteres möglich. Insoweit erweist sich die Maske allenfalls als lästig. Wie und warum eine nach der Anordnung ausreichende, nach Kenntnis der Kammer äußerst leichte medizinische OP-Maske jenseits der Lästigkeit bei sitzender Tätigkeit das Atmen behindern kann, erschließt sich im Übrigen nicht. Jedoch wahrt die beanstandete Anordnung des Vorsitzenden auch für diese Fälle die Verhältnismäßigkeit, in dem sie diejenigen Verfahrensbeteiligten von der Maskenpflicht ausnimmt, denen durch ärztliches Attest nachgewiesen das dauerhafte Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus medizinischen Gründen nicht zumutbar ist.
Auch der Umstand, dass die Hauptverhandlung über 17 Verhandlungstage ohne die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung ausgekommen ist, macht die am 18. Verhandlungstag getroffene Anordnung nicht widerrechtlich. Denn der Vorsitzende kann und muss seine sitzungspolizeilichen Anordnungen an sich wechselnde Umstände anpassen dürfen. Wie sich aus dem Wortlaut der Anordnung ergibt, beruht diese auf der Überlegung, dass sich trotz sinkender absoluter Zahlen mit dem SARS-CoV2-Virus Infizierter in der Bevölkerung unter den Infizierten vermehrt von sogenannten Mutanten Betroffene befinden. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts gibt es für diese klinisch-diagnostische und epidemiologische Hinweise auf eine erhöhte Übertragbarkeit und schwerere Krankheitsverläufe (vgl. etwa den täglichen Lagebericht des RKI a.a.O.). Im Hinblick auf diese Annahme gehen auch die vom Verteidiger des Angeklagten B. angestellten Überlegungen fehl, dass die nach dem bisherigen Kenntnisstand ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen wie ausreichender Abstand und regelmäßiges Lüften ausreichend sind, um eine Ansteckung mit SARS-CoV2 zuverlässig zu verhindern.
Das Ablehnungsgesuch der Angeklagten stellt sich insoweit als durchaus überraschend dar, zumal die Angeklagten wegen ihres Alters und jedenfalls der Verteidiger des Angeklagten B. wegen seiner Erkrankung an Diabetes mellitus durchaus zu dem von einer Infektion mit dem SARS CoV2-Virus und einem schweren oder tödlichen Verlauf einer hierauf beruhenden Erkrankung an Covid-19 besonders gefährdeten Personenkreis gehören.
Entgegen der im Ablehnungsgesuch vorgetragenen, aber unzutreffenden Auffassung erstreckt sich die Befugnis für sitzungspolizeiliche Anordnungen des Vorsitzenden auch auf am Strafverfahren beteiligte Verteidiger. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 176 Abs. 2 GVG, dessen Regelungsgehalt sich an alle am Verfahren beteiligte Personen richtet. Darüber hinaus können sich aber anerkanntermaßen auch sonstige, nach § 176 Abs. 1 GVG getroffene Anordnungen gegen am Verfahren beteiligte Verteidiger richten, was - wiederum entgegen der Auffassung des Verteidigers des Angeklagten B. - auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung nicht beanstandet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 07.04.1978 - 2 BvR 202/78, BVerfGE 48, 118, juris Rn. 17; Beschluss vom 29.09.1997 - 2 BvR 1676/97, juris Rn. 25; Beschluss vom 05.01.2006 - 2 BvR 2/06, juris Rn. 3; vgl. aus dem jüngeren Schrifttum etwa Eckel, DRiZ 2020, 394).
Einzig zutreffend ist in diesem Zusammenhang die Annahme, dass die in § 177 GVG einzeln aufgeführten sitzungspolizeilichen Zwangsmaßnahmen bei Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen des Vorsitzenden gegen am Verfahren beteiligte Rechtsanwälte - wie auch gegen beteiligte Staatsanwälte und Gerichtspersonen - regelmäßig nicht zur Anwendung kommen können. Grund hierfür ist der durch den Gesetzgeber gewährte Vertrauensvorschuss für alle am Verfahren beteiligten Organe der Rechtspflege, von denen im Umkehrschluss erwartet wird, sich an rechtmäßige sitzungspolizeiliche Anordnungen zu halten.
Mit dem Einwand, die Kammer habe nach erfolgter Abtrennung einen Teil der bereits vermummt durchgeführten Beweisaufnahme wiederholt und hierdurch gezeigt, dass die zur Erkennbarkeit der Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Bedenken der Verteidigung berechtigt gewesen seien, dringt die Beschwerde nicht durch. Wie aus der - auch dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger zwischenzeitlich bekannt gemachten - Nichtabhilfeentscheidung der Kammer hervorgeht, beruhte die Wiederholung eines Teils der Beweisaufnahme auf dem Umstand, dass seitens der Kammer transparente MNS-Masken beschafft worden waren, weil die Kammer die Verwendung solcher Masken als das mildeste geeignete Mittel ansah, um dem notwendigen Infektionsschutz gerecht zu werden. Auch zum Tragen einer solchen transparenten Maske war der Verteidiger aber nicht bereit. Ein vom Tragen einer Maske befreiendes ärztliches Attest hat der Verteidiger entgegen seiner vorangegangenen Ankündigung nicht vorgelegt, sondern weiterhin erklärt, er werde eine solche Maske in der Hauptverhandlung nicht tragen.
2. Auch die von der Kammer angeordnete Aussetzung des Verfahrens ist nicht zu beanstanden. Soweit die Beschwerde hierzu vorbringt, anstelle der erfolgten Aussetzung hätte die Hauptverhandlung lediglich unterbrochen und dem von ihm vertretenen Angeklagten eine andere Anwältin beigeordnet werden können, geht aus der Nichtabhilfeentscheidung der Kammer vom 19. März 2021 hervor, dass das Beiordnen eines anderen Verteidigers nach weitgehend durchgeführter Beweisaufnahme nicht mehr in Betracht gekommen sei, weil zu diesem Zeitpunkt bereits 21 Verhandlungstage stattgefunden hatten, an denen 17 Zeugen und Zeuginnen vernommen, weitere Zeugenaussagen sowie Urkunden verlesen und viele Urkunden in Augenschein genommen worden waren. Überdies hatte der Angeklagte B. sich zur Sache eingelassen und auch Fragen des Gerichts beantwortet. Der Senat teilt insoweit die Einschätzung der Kammer, dass zu diesem Zeitpunkt ein wesentlicher Teil der Beweisaufnahme bereits durchgeführt worden war und ein anderer Verteidiger sich in kurzer Zeit in das umfangreiche Verfahren nicht sachgerecht hätte einarbeiten können. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass dem Grundsatz der Kontinuität der Verteidigung zufolge einem Angeklagten nach Möglichkeit der eingearbeitete und vertraute Verteidiger zu erhalten ist und eine Aussetzung des Verfahrens trotz der dadurch eintretenden Verfahrensverzögerung vor der Bestellung eines neuen Verteidigers nach dem Sinn und Zweck der Regelung letztlich grundsätzlich den Vorzug verdient (BGHSt 58, 296; OLG Köln, NStZ-RR 2010, 245; LR-Jahn, § 145 StPO Rn. 19; KK-Willnow § 145 StPO Rn. 7; Meyer-Goßner/Schmitt, § 145 StPO Rn. 9).
Eine längerfristige Unterbrechung der Hauptverhandlung kam demgegenüber - und als mildere Maßnahme - nicht in Betracht, weil der Nichtabhilfeentscheidung zufolge die Hauptverhandlung nach § 229 Abs. 2 StPO für einen Zeitraum von bis zu einem Monat zuletzt zwischen dem 17. und dem 18. Verhandlungstag, die am 8. Januar 2021 am 2. Februar 2021 stattgefunden hatten, bereits unterbrochen worden war - und seither nicht Hauptverhandlungstage in ausreichender Anzahl stattgefunden haben, um ein erneutes längerfristiges Unterbrechen zu ermöglichen. Das Feststellen der Hemmung des Laufs einer Unterbrechungsfrist gemäß § 10 EGStPO kam nicht in Betracht, da vorliegend nicht Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus die rechtzeitige Fortsetzung der Hauptverhandlung unmöglich gemacht haben, sondern das Verhalten des Verteidigers, der sich weigerte, ein aus Gründen des Infektionsschutzes erteilten Anweisung Folge zu leisten.
3. Hieran anknüpfend hat die Beschwerde auch hinsichtlich der angefochtenen Kostenentscheidung keinen Erfolg. Die Auferlegung der Verfahrenskosten beruht auf § 145 Abs. 4 StPO. Hiernach sind einem Verteidiger (und nicht seinem Mandanten) die hierdurch entstandenen Kosten aufzuerlegen, wenn eine Aussetzung des Verfahrens auf dessen Ausbleiben oder Verschulden beruht. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn sich der Verteidiger im Hinblick auf die in § 145 Abs. 1 StPO benannten Fälle objektiv prozessordnungswidrig und subjektiv vermeidbar pflichtwidrig verhalten hat (OLG Köln NJW 2005, 3588 [mit anwaltsgerichtlicher Folgeentscheidung AnwGH Hamm, NJW-RR 2006, 1491]; OLG Koblenz NStZ 1982,43; LR-Jahn, § 145 StPO Rn. 34; Meyer-Goßner/Schmitt, § 145 StPO Rn. 17). So liegen die Dinge auch hier.
Der Verteidiger hat sich vorliegend nachhaltig und ohne ersichtlichen Grund der als solcher nicht zu beanstandenden Anordnung, im Sitzungssaal eine medizinische Maske zu tragen (siehe oben unter III 1), widersetzt und auch - trotz entsprechender Ankündigung - ein ihn hiervon befreiendes Attest nicht beigebracht. Er hat hierdurch die notwendige Verteidigung seines Mandanten und eine Fortsetzung der Hauptverhandlung im Sinne von § 145 Abs. 1 StPO unmöglich gemacht. Hierbei kann letztlich dahinstehen, ob das Verhalten des Verteidigers einem Ausbleiben oder einem Sich-Entfernen zur Unzeit von der Hauptverhandlung gleichzusetzen ist, weil der Verteidiger sich durch sein Verhalten jedenfalls geweigert hat, die notwendige Verteidigung in der konkreten Situation weiter zu führen. Auf eine analoge Anwendung der Vorschrift (vgl. hierzu LR-Jahn, § 145 StPO Rn. 33) kam es hiernach nicht an. Berechtigte oder auch nur nachvollziehbare Gründe, der Anordnung zum Tragen einer medizinischen Maske nicht nachzukommen und somit das Verhalten des Verteidigers zu entschuldigen, lagen nicht vor - was die Kammer vor schließlich erfolgter Aussetzung dem Verteidiger bereits auch zum Ausdruck gebracht hatte. Einwänden im Hinblick auf die eingeschränkte Wahrnehmbarkeit der Mimik von Verfahrensbeteiligten ist die Kammer dadurch gerecht geworden, dass sie transparente Masken zur Verfügung gestellt hat. Auch eine solche hat der Verteidiger zu tragen sich geweigert. Ein vom anwaltlichen Berufsrecht gegebenenfalls gedecktes prozessuales Notwehrrecht (vgl. hierzu OLG Köln a.a.O.; LR-Jahn Rn. 36) lag ersichtlich nicht vor. Zwar ist ein Verschulden des Verteidigers im Sinne von § 145 Abs. 4 StPO im Ganzen mangels Zurechnungszusammenhang ausgeschlossen, wenn die durch ihn verursachte Störung der Hauptverhandlung auch durch eine bloße Unterbrechung hätte behoben werden können, das Gericht aber gleichwohl das Verfahren ausgesetzt hat (MK-StPO-Thomas/Kämpfer, § 145 StPO Rn. 18). Ein solcher Fall lag (siehe oben unter III 2) aber nicht vor. Nach alledem war das der Aussetzung zugrunde gelegte Verhalten des Verteidigers nicht lediglich ungebührlich, sondern schuldhaft sowie überdies rücksichtslos und unverantwortlich.
Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht des Verteidigers nach § 145 Abs. 4 StPO erfolgt lediglich dem Grunde nach; über die Höhe der Kosten wird im Verfahren nach § 464b StPO entschieden (vgl. nur LR-Jahn, § 145 StPO Rn. 37 m.w.N.).
IV.
Die Entscheidung über die Kosten für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
V.
Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Einsender: 3. Strafsenat des OLG Celle
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".